05.03.2013 Aufrufe

Biarritz. - Karl-May-Gesellschaft

Biarritz. - Karl-May-Gesellschaft

Biarritz. - Karl-May-Gesellschaft

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

— 10 —<br />

irgend einer Gelegenheit ausgeschlagen oder ausgedrückt worden war, – der aber mit dem<br />

zweiten desto mehr zu sehen schien, denn es funkelte wie das eines Luchses. Der Kerl hatte<br />

eine merkwürdige Kopfbildung, indem fast das ganze Gesicht nur aus der kolossalen Nase<br />

bestand, die, ein wahres Monstrum, wenigstens drei Viertel der Visage füllte und in Blau, Violet<br />

und Roth schimmerte, auch, sei es in Folge der Spirituosen, sei es durch die Gewohnheit<br />

des ewigen Kratzens daran, eine Menge kleiner Näschen und sonstiger Auswüchse zeigte.<br />

Der Besitz dieses ausgezeichneten Gliedes hatte ihm unter seinen Freunden den Kriegsnamen<br />

»Gurkenwilhelm« verschafft. Er streckte seine Beine quer über die Thürschwelle wie ein<br />

Cerberus, der den Eingang zur Unterwelt bewacht, und schwerlich hätte selbst ein Orpheus<br />

einen solchen<br />

[26]<br />

Wächter mit der Leier bestochen, wenn er sein entlaufenes Weib aus diesem Tartarus hätte<br />

zurückholen wollen.<br />

Eben öffnete sich die Küchenthür, ein etwas struppiger Kopf streckte sich herein und lugte<br />

umher. Als er den Kassirer, denn diesen Titel pflegte sich der Cerberus beizulegen, allein sah,<br />

kam der ganze Körper herein.<br />

»Guten Abend, Gurkenwilhelm,« sagte er mit heiserer Stimme, indem er mit dem Daumen<br />

nach der Thür wies, – »Alles sicher drinnen oder giebts Bosser-Ische 1 da?«<br />

Der Kassirer schüttelte den Kopf. »Kannst herein kommen – ’sist kein Schauter da, Zigeunerfritz,<br />

der Dich anzeigen könnte. Die jofe 2 Amande ist schon lange da, tanzt mit dem ›Todtschläger‹<br />

und hat schon drei Mal gefragt, wo Du wärst?«<br />

Die Nachricht von dem Mädchen schien aus Eifersucht sofort jedes Bedenken des Verbrechers<br />

zu beseitigen, denn ein solcher der gefährlichsten Art war der Eintretende. Es war [ein]<br />

großer schlanker Bursche von 27 oder 28 Jahren, seiner Abstammung oder seiner braunen<br />

Hautfarbe wegen der ›Zigeuner-Fritz‹ genannt. Ein leichter Accent, wenn er nicht das Gemisch<br />

der Diebssprache redete, wie das schmale schön geformte Gesicht mit den dunklen<br />

melancholischen Augen, den blendend weißen Zähnen und dem pechschwarzen Haar, bewies<br />

allerdings, daß er slavischer oder magyarischer Abstammung war, und in der That hatte<br />

er – bis er eine höhere Carrière begonnen, – zu der <strong>Gesellschaft</strong> der jungen slavonischen<br />

Kesselflickerburschen<br />

[27]<br />

gehört, die vor den Thoren Berlins eine förmliche Kolonie unter einem bestimmten Vorstand<br />

bilden.<br />

»Ich will dem Todschläger einmal sein Dam 3 abzapfen, wenn er das Schönthun mit dem<br />

Mädchen nicht läßt. Ich fürchte mich nicht vor ihm und vor Keinem. Laß mich hinein. Gurken-<br />

Wilhelm!«<br />

»Nicht eher, als bis Du das Dalled-gedaulim-chatiche 4 bezahlt hast, es ist heute Bal paré<br />

drinnen!«<br />

1<br />

Polizei-Vigilant.<br />

2<br />

Hübsche.<br />

3<br />

Blut.<br />

4<br />

Eintrittsgeld.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!