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Biarritz. - Karl-May-Gesellschaft

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— 26 —<br />

der vierziger Jahre, in Berlin eine höchst respektable Bürgerklasse. Aber wie gesagt, die jüdische<br />

Spekulation, die es verstand, die Arbeit zum Handel auszubeuten und die Schranken<br />

der damaligen Gewerbe-Ordnung, das Innungs- und Corporationswesen leicht zu überspringen,<br />

drängte die selbstständigen Meister immer mehr zurück, machte den wohlhabendem die<br />

Fortsetzung des alten Betriebes leid und zwängte diejenigen, welche auf den Erwerb von der<br />

Hand<br />

[60]<br />

in den Mund angewiesen waren, bald unter die Botmäßigkeit der Magaziniers.<br />

Wir erinnern uns noch der berüchtigten »Schneider-Revolution« im Jahre 1829 in Breslau,<br />

wo die von den Meistern nothgedrungen entlassenen Gesellen für die ruinirten Meister gegen<br />

die großen Kleider- und Möbel-Magazine Partei nahmen, diese Magazine verwüsteten<br />

und zwei Tage lang die schlesische Hauptstadt in Bewegung hielten bis – die Truppen vom<br />

Manöver zurückgekommen waren. Vielleicht, daß der spätere Agitator Lassalle aus seiner<br />

Kinderzeit damals die Sympathien für die Arbeiter entnahm!<br />

Frau Martini war die Wittwe eines Maschinenbauers. Der Mann, ein tüchtiger Arbeiter, war<br />

beim Brande der Kasernen am 18. März 1848 verunglückt, und also einer der Märzgefallenen,<br />

um deren Hinterbliebene nach Abwickelung des gesammelten Kapitals die Demokratie<br />

sich herzlich wenig gekümmert hat. Sie war bald heruntergekommen, im Vermögen wie in<br />

der Moralität, und lebte gegenwärtig mit einem Handlanger bei den Maurer-Arbeiten in wilder<br />

Ehe. Der Mann, obschon roh und gemein und dem Vergnügen ergeben, und viel jünger<br />

als sie, war nicht ohne Gutmüthigkeit und hielt zu der älteren Frau aus einem gewissen Dankgefühl,<br />

weil sie – als er bei ihr in Schlafstelle lag – ihn in einer schweren Krankheit trotz ihrer<br />

Bedürftigkeit aufopfernd gepflegt hatte.<br />

Wir führen den Leser in diese Kellerwohnung, können uns aber nicht enthalten, vorher<br />

noch einige Worte über<br />

[61]<br />

die Kellerwohnungen der jetzigen Hauptstadt des deutschen Reichs zu sagen.<br />

Es ist ein hohes Verdienst des Kaisers Louis Napoleon, das ihm zugestanden werden muß,<br />

wie wenig man auch sonst Sympathien für ihn hegen mag, daß er mit den durchgreifendsten<br />

Maßregeln zunächst den Parisern Luft und Licht schaffte, und dies Verdienst wird ihm<br />

bleiben, wie auch der politische Fanatismus ihn schmähen mag! Wir haben in Berlin zahlreiche<br />

neuere baupolizeiliche Vorschriften, die den Unternehmer zwingen, in gewisser Höhe<br />

aus dem Grunde herauszubauen, aber, wenn man einmal human sein will, warum duldet<br />

man überhaupt die Anlage von Troglodyten-Wohnungen, warum verbietet man mit einem<br />

scharfen Schnitte in’s Fleisch überhaupt nicht die Kellerwohnungen bei Neubauten? und vor<br />

Allem, warum cassirt man mit einem harten, aber nothwendigen Gebot nicht ohne Weiteres<br />

alle jene notorisch ungesunden, der Menschen nicht würdigen alten Keller-Wohnungen, die<br />

nur die Habsucht der Hausbesitzer zu solchen gemacht hat und die weder genügende Luft<br />

noch Licht gewähren, die bei jedem Platzregen, der die Gossen füllt, unter Wasser stehen und<br />

die Hülfe der Feuer- und Wasserwehr fordern! Fürchtet man den Eingriff in das Eigenthum?<br />

Nun, zum Henker, die liberale Gesetzgebung hat solchen Eingriff bei hundert anderen gerechten<br />

und ungerechten Dingen nicht gefürchtet und Wittwen und Waisen ohne Gewissensbisse<br />

ihres Eigenthums damit beraubt! Und ist eine gute Gesundheitspflege nicht das Erste und<br />

Dringendste, namentlich für eine große Stadt, dem

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