Biarritz. - Karl-May-Gesellschaft
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Der Doctor sah etwas geringschätzig auf den kleinen Mann, und überschlug in Gedanken,<br />
ob es wohl der Mühe lohne, ihn noch zu empfangen.<br />
»Ich komme in einer Börsen-Angelegenheit, wegen einer Eisenbahnfrage,« flüsterte der<br />
kleine Meier, denn dieser war es; »wollten der Herr Doctor nicht die Güte haben, mich anzuhören?<br />
– Sie würden das Haus Röder und Compagnie sehr verbinden.«<br />
»Treten Sie ein.«<br />
Eine Stunde darauf verließ der kleine Meier sehr vergnügt das Bureau des Redacteure,<br />
der sogleich zur Druckerei schickte und dem Factor sagen ließ – die ›Oeffentlichkeit‹ war ein<br />
Morgenblatt, – der bereits gesetzte Leitartikel müsse zurückgestellt werden, er werde anderes<br />
Manuscript senden. –<br />
In dem Salon, das heißt im großen Vorderzimmer der Geheimräthin begannen schon die<br />
Theetassen zu klirren, – die <strong>Gesellschaft</strong> hatte sich eingefunden; selbst der große Kritikus<br />
war erschienen, freilich etwas spät – doch das gehört zum guten Ton, – und bereits etwas<br />
angeheitert, was jedenfalls dem Trauerspiel Fräulein Adelaiden’s zu Gute kommen mußte,<br />
die an einem besondern kleinen Boudoirtisch von Rosenholz saß, das Manuscript von ›Ewald<br />
und Theodolinde‹ vor sich, zur Seite zwei Doppelleuchter mit brennenden Wachskerzen trotz<br />
der ganz guten Gasbeleuchtung des ›Salons‹, und einen höchst<br />
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mißbilligenden Blick nach dem ›Speisesaal‹ warf, von woher die unästhetische Schwester<br />
noch mit Gläsern und Tellern klapperte, damit sie endlich die große Vorlesung, Act IV., in<br />
dem das Unglück der beiden durch die Hand des Fatums in Eifersucht und Verläumdung getrennten<br />
Liebenden bis zum, wie die Geheimräthin zu behaupten pflegte, Unerträglichen sich<br />
steigerte, beginnen könnte. Ja bis zum Unerträglichen; denn der große Kritikus und selbst die<br />
beiden Gardelieutenants schienen es kaum noch ertragen zu können, so unruhig rückten sie<br />
in den Fauteuils, und so sehnlichst durstige Blicke sandten sie von den Erquickungen des geheimderäthlichen<br />
Thees – und in diesem Artikel sind die Berliner Geheimräthinnen bekannt<br />
und gefürchtet, wie die Sachsen mit der Sauce zum Kalbsbraten und dem Blümchenkaffee!<br />
– nach den Thüren, hinter denen hoffentlich etwas Substantielleres geboten wurde, als das<br />
unglückliche von den Intriguen des Hülsenschen Lesecomité’s verschmähte Trauerspiel.<br />
Nebenan aber im Cabinet des Geheimraths Görling saß dieser und schrieb an dem großen<br />
Schlußreferat über die . . . Eisenbahn und spickte es mit solchen Zahlen und scharfsinnigen<br />
Bemerkungen aus, daß dem entscheidenden Minister gewiß ganz blümerant um den Kopf<br />
wurde und er nicht anders sagen konnte, als: diese oder keine! und wieder nebenan, im<br />
Redactionsbureau der ›Oeffentlichkeit‹ saß der Doctor Heitel und seine Stahlfeder flog über<br />
das Papier, daß die auf die einzelnen Streifen harrenden – und so wie einer herunter war, mit<br />
diesem davon zum Setzersaal fliegenden – Druckerjungen einen wahrhaft<br />
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heiligen Respect vor der Gelahrtheit des gefürchteten Chefredacteurs kriegten, und am andern<br />
Tag sicher kein Hund in Berlin einen Bissen Brod und noch viel weniger eine Actie aus<br />
der Hand des eigennützigen, jedes staatsökonomischen Blickes entbehrenden Consortiums<br />
genommen hätte, das es versucht, gegen eine so klar vortheilhafte und wichtige Linie, wie<br />
die des Kommerzienraths Röder und seiner <strong>Gesellschaft</strong> in die Schranken zu treten, und daß