Biarritz. - Karl-May-Gesellschaft
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»Es wird seine Sache sein, ob er von sich hören läßt oder nicht. Ich weiß nicht einmal<br />
seinen Namen. – Leben Sie wohl Herr und – halten Sie Ihr Wort!«<br />
Er hatte seinen Hut genommen, der Redacteur hielt<br />
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höflich die Thür der Barrière geöffnet – der Fremde hatte bereits die Hand auf den Griff<br />
der Thüre gelegt – aber er öffnete sie nicht, er blieb stehen, und wandte sich nach kurzem<br />
Besinnen wieder zu dem Journalisten.<br />
»Mein Herr,« sagte er – »mein Benehmen hat Sie wahrscheinlich beleidigt – ich gestehe<br />
es, ich hatte Unrecht, ich kam mit einer vorgefaßten Meinung hierher. Verzeihen Sie, was<br />
Sie verletzen konnte; – ich muß Ihnen wie ein von schwerer Schuld Belasteter oder wie ein<br />
Tollhäusler vorgekommen sein, und dennoch ist Beides nicht der Fall. Ich fühle mich nur<br />
darüber unglücklich, daß ich mit meinem Leben nicht den zerstörten Frieden eines andern<br />
Lebens zurückkaufen kann.«<br />
»Ich bedauere Sie!«<br />
»Ich kann nur denken, daß ein Mann wie Sie sich aus der Kenntniß jener Schriftstücke das<br />
ganze Leben zweier durch die Verhältnisse um ihr Lebensglück betrogener und getrennter<br />
Menschen klar gelegt hat. Sie wissen also auch – daß ein Zweifel über die Existenz jenes<br />
armen unglücklichen Wesens nahe liegt, das allerdings einer Schuld sein Dasein verdankt,<br />
dessen Leben aber doch vielleicht unser Schicksal geändert hätte, auf dem sich wenigstens<br />
die Sorge zweier Herzen, die der Aberwitz der Menschen von einander gerissen, begegnet<br />
hätte. – Vielleicht wäre es möglich durch Sie eine Spur der Wahrheit zu erhalten.«<br />
»Erklären Sie sich näher – ich bin gern bereit, Ihnen zu dienen, so viel ich kann.«<br />
Der Fremde hatte dem Journalisten die Hand<br />
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entgegengestreckt, dieser schlug ein und zeigte ihm mit warmem Druck, daß sein Anerbieten<br />
aufrichtig sei.<br />
»Wie sind Sie in den Besitz der Papiere gekommen?«<br />
»Ich habe Ihnen bereits die Wahrheit gesagt.«<br />
»Kennen Sie die Personen, welche Ihnen die Papiere verkauften?«<br />
»Nein. Ich habe wenigstens das Frauenzimmer, welches die Papiere besaß, nur einmal gesehen<br />
und nicht nach ihren Verhältnissen geforscht. Es schien eine gewisse Dankbarkeit, vielleicht<br />
auch die Besorgniß, daß man sie ihr bei erster Gelegenheit abnehmen würde, daß sie<br />
mir die Papiere anbot, weil ich ihrem Zuhälter durch meinen Rath und die Bekanntschaft mit<br />
unseren Criminal-Commissarien aus einer argen Klemme geholfen hatte. Er ist ein Herumtreiber<br />
und Lüderjahn der schlimmsten Art, und doch dabei eigentlich ein Genie, freilich ein<br />
verkommenes.«<br />
»Kennen Sie ihn, wissen Sie seinen Namen?«<br />
»Ich kenne ihn nur unter dem Spitznamen bei seinen Genossen, einer <strong>Gesellschaft</strong> von Gaunern<br />
und Vagabonden. Er heißt: der schwarze Springer! – Möglich, daß er wirklich Springer<br />
heißt, oder daß es von seinem Gewerbe kommt, denn der Mensch soll Schauspieler, Kunstreiter,<br />
Seiltänzer, Gaukler, kurz alles Mögliche gewesen sein, und ist in der That ein Bursche,<br />
der wohl bei Frauen gewisser Stände eine wahnwitzige Leidenschaft erwecken kann, und<br />
eine solche Anziehungskraft scheint er auf das Frauenzimmer geübt zu haben, die jetzt seine<br />
Geliebte oder Zuhälterin macht, denn ich glaube schwerlich, daß sie verheirathet sind.«