Drei Gondeln, zwei Halunken und eine Handvoll Krebse Auf Freeridetour mit Marcus Klausmann und Johannes Fischbach 54 ^Text: Falco Mille °Bild: Marco Knopp ©pedaliéro #01/10
Als ich die breite Treppe zum Hotel Diana hinaufkomme, weht mir Gelächter durch die offenen Fenster entgegen. Ich setze meine schwere Fotoausrüstung ab und sehe mich in der stilvollen, weitläufigen Hotellounge um. Meine Zielpersonen sind schnell lokalisiert. Immer dem Gegacker nach. Vor einem Panoramafenster mit Blick auf den Latemar lümmeln zwei Jungs in Freerideklamotten auf breiten Sesseln und witzeln über mich. Marcus Klausmann und Johannes Fischbach. Klausmann ist zwölffacher Deutscher Meister in der Disziplin Downhill und World-Cup-Sieger, Fischbach einer der erfolgreichsten internationalen 4Crosser und Multitalent. „Willst du den K2 besteigen?“, ruft Fischi mir zu. Ich durchschreite die Lounge und rücke mir einen Kuhfellhocker an ihren Tisch. „Wieso?“, frage ich etwas außer Atem. „Na wegen deiner Ausrüstung“, erwidert Marcus. „Wir wollen die Drei-Gondel-Tour fahren und du schleppst ein halbes Studio mit.“ „Das ist das Minimum, was man braucht, damit ihr auf euren Bikes einigermaßen gut ausseht“, kontere ich. Auf dem Tisch liegen Karten ausgebreitet, die verschiedene Strecken und Touren quer durch Südtirol zeigen. Normalerweise übernimmt Hotelchef Albrecht als ausgebildeter Bikeguide selbst die Führung der Freeridetour, doch heute haben sich die beiden deutschen Top-Piloten Klausmann und Fischbach im Diana eingefunden, um das zu übernehmen. So steuert Albrecht heute nur die Karten zu und gibt ein paar Tipps ab. Gemeinsam schauen wir auf die Pläne, Fischi nickt anerkennend. „Super Service hier. Kein Flatterkram. Knick- und wasserfest.“ Er knickt und dehnt die Karte exzessiv. „Spar dir deine Kräfte“, sagt Marcus und schnappt sich seinen Helm. Ich will endlich auf den Trail. Also, Aufbruch, oder was? Wir beladen meinen geliehenen Land Rover Defender und fahren von Welschnofen das Eggental hinunter nach Bozen. An der Talstation der Ritten-Seilbahn treffen wir Ignaz, unseren Guide. Mit einer omnibusgroßen Highspeed- Luxusgondel geht es den Ritten hoch nach Oberbozen, von dort mit den Bikes weiter hinauf zum Ritten-Kreuz, mit herrlicher Aussicht über Bozen und das Eisack Tal. Hier beginnt der eigentliche Downhill. Anfangs ist die Strecke flowig und wir fahren Train. Dann wird es immer felsiger und technischer, bis wir uns auf einem reinrassigen Rockbomber abwärts arbeiten. Je mehr Ignaz und ich mit der Strecke zu kämpfen haben, um so mehr blühen Fischi und Klausi auf. Wir sind ihnen eindeutig zu lahm, ich spüre ihren Atem im Rücken, aber das macht mich auch nicht schneller. Darum ändern die beiden ihre Strategie, bleiben stehen, um Ignaz und mich voraustrialen zu lassen. Nach ein paar Minuten kommen sie dann von hinten angefahren, blasen an uns vorbei und ehe sich der Staub verzieht, sind die Halunken auch schon außer Sicht – bis wir sie irgendwann, rumalbernd an einer Gabelung stehend, wieder einholen. Ich kam mir noch nie so langsam auf dem Bike vor und ändere meine Taktik ebenfalls. An besonders fetten Stellen stoppe ich, um die Jungs im Vorbeiflug auf SD-Karte zu bannen. Ich denke nicht, ©pedaliéro #01/10 55