Schmiedesimulation: Umfrage- ergebnisse zur Wirtschaftlichkeit
Schmiedesimulation: Umfrage- ergebnisse zur Wirtschaftlichkeit
Schmiedesimulation: Umfrage- ergebnisse zur Wirtschaftlichkeit
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
<strong>Schmiedesimulation</strong>:<br />
<strong>Umfrage</strong><strong>ergebnisse</strong><br />
<strong>zur</strong><br />
<strong>Wirtschaftlichkeit</strong><br />
Dr. ir. Wim Slagter, Gouda (Niederlande) und<br />
Dr.-Ing. Jochen Hambrecht, Alzenau<br />
Während in jüngster Zeit in einer Reihe von<br />
Fachbeiträgen etwas über die Funktionalität<br />
von 3D-<strong>Schmiedesimulation</strong>sprogrammen zu<br />
lesen war, wurden bislang keine Erkenntnisse<br />
bezüglich deren wirtschaftlicher Auswirkungen<br />
veröffentlicht. Dieser Beitrag widmet<br />
sich dieser Thematik, indem er das Nutzenpotenzial,<br />
das sich aus dem Einsatz eines<br />
<strong>Schmiedesimulation</strong>sprogramms ergibt, anhand<br />
einiger Beispiele aus der Praxis kon-<br />
Schmiedeprodukte sind weiterhin einem erheblichen<br />
Preisdruck ausgesetzt, obwohl in<br />
den meisten europäischen Ländern Material-,<br />
Energie- und Lohnkosten im Steigen begriffen<br />
sind. Aus diesem Grund ist die Schmiedeindustrie<br />
bestrebt, Fertigungskosten zu kontrollieren<br />
und zu minimieren. Dies<br />
geschieht auf vielfältige Art und<br />
Weise, z. B. durch Erhöhung der<br />
Produktivität, Verkürzung von<br />
Entwicklungszyklen, Erhöhung<br />
der Maschinenauslastung, aber<br />
auch z. B. durch Konzentration auf<br />
umformtechnische Kernkompetenzen.<br />
Schmieden, die MSC.SuperForge<br />
einsetzen, berichten einstimmig<br />
von Einsparungen ihrer Produktgesamtkosten,<br />
von Verringerungen<br />
ihrer Erprobungs- und Entwicklungszyklen<br />
und von einer Erhöhung ihrer<br />
Flexibilität und Wettbewerbsfähigkeit. In einer<br />
Reihe von Befragungen mit verschiedenen<br />
Schmieden, die die 3D-<strong>Schmiedesimulation</strong> in<br />
der täglichen Praxis im Einsatz haben, wurde<br />
versucht, den wirtschaftlichen Nutzen zu quantifizieren,<br />
den diese Unternehmen aus dem<br />
Einsatz der Simulation ziehen. Für die<br />
SCHMIEDE-JOURNAL SEPTEMBER 2002<br />
REPORT<br />
Interviews wurde die interne Rentabilität der<br />
Simulation für die kommenden drei Jahre erfragt.<br />
Außerdem wurde die Amortisationsspanne<br />
und der sich aus der Simulation ergebende<br />
Nettoertrag (d. h. Nutzen abzüglich der<br />
Investitionen) ermittelt.<br />
Von den oben angegebenen Schmieden<br />
wurden übereinstimmend vier Bereiche angegeben,<br />
in denen die Einsparungen erwirtschaftet<br />
wurden. Diese Bereiche sind:<br />
• Werkzeugkosten<br />
• Stillstand von Produktionspressen<br />
• Erhöhung der Produktmarge<br />
• Materialkosten.<br />
14<br />
kretisiert und quantifiziert. Die im Beitrag<br />
enthaltenen Zahlen gründen sich auf<br />
Berichte und <strong>Umfrage</strong>n von bzw. in<br />
Schmiedeunternehmen, die das Programm<br />
MSC.SuperForge im Einsatz haben.<br />
Netto- Interne Amortisations-<br />
Kunde ertrag Rentabilitäts- spanne<br />
(EUR) rate<br />
Spezialisiert auf Kleinserienteile 168570 92 % 12 Monate<br />
Blattfedernschmiede 167610 144 % 8 Monate<br />
Turbinenschaufelschmiede<br />
Spezialisiert auf mittelschwere<br />
Teile in Fahrzeugen, Bergbau<br />
1070480 519 % 3 Monate<br />
und Maschinen<br />
Schmiede von Fahrwerks-<br />
52520 35 % 16 Monate<br />
und Antriebsstrangteilen 394440 212 % 6 Monate<br />
Rentabilität und Amortisation von MSC.SuperForge über 3 Jahre<br />
Einsparung von Werkzeugkosten<br />
Der konventionelle Entwicklungsprozess für<br />
Schmiedewerkzeuge ist iterativ. Häufig muss<br />
der Entwurf eines Gesenks zwei, drei und mehr<br />
Mal verändert werden, bevor das Gesenk in<br />
Produktion gehen kann. Eine Eliminierung von<br />
einer oder mehrerer dieser Erprobungszyklen<br />
ist nicht nur mit direkten<br />
Kostenersparnissen verbunden,<br />
sondern auch mit deutlichen Verkürzungen<br />
der Serienanlaufzeit<br />
eines Neuteils. Dadurch verbessert<br />
sich insgesamt die Wettbewerbsfähigkeit<br />
eines Unternehmens.<br />
Eine namhafte Schmiede aus<br />
dem NE-Metallbereich hat die Erfahrung<br />
gemacht, dass sich durch<br />
Einsatz von MSC.SuperForge diese<br />
Erprobungszyklen nicht nur reduzieren,<br />
sondern z. T. gänzlich eliminieren<br />
lassen. Das Unternehmen hat bei<br />
bestimmten Schmiedeteilen die Anzahl der<br />
Erprobungen von 3 auf 1 reduziert, spart dadurch<br />
wertvolle Ressourcen und gewinnt zusätzliche<br />
Produktionskapazität auf ihren teuren<br />
Aggregaten. Im amerikanischen FORGING<br />
Magazin (Ausgabe November 2000) erklärt<br />
die Konstruktionsleitung:
‘Innerhalb von 3 Wochen können wir 3<br />
verschiedene Geometrien eines komplexen<br />
Teils simulieren und die Geometrie optimieren.<br />
Durch die direkte Überführung dieses<br />
Gesenkentwurfs in die Produktion können<br />
wir die Entwicklungszeit um den Faktor 3<br />
reduzieren, weil das Gesenk nicht drei mal<br />
geändert und in der Presse erprobt werden<br />
muss .’<br />
Es ist offensichtlich, dass durch die Einsparung<br />
von Erprobungs- und Gesenkänderungszyklen<br />
erhebliche Kosten eingespart<br />
werden können, selbst wenn die dadurch<br />
erhöhte Verfügbarkeit von Produktionskapazitäten<br />
nicht berücksichtigt wird. Die folgende<br />
überschlägige Analyse quantifiziert anhand<br />
einiger Beispiele die möglichen Einsparungen.<br />
Die Ausgangswerte der folgenden<br />
Tabelle sind von Kunden angegebene<br />
Schätzwerte für den Aufwand, der für die<br />
Erstellung eines Gesenks für ein "typisches<br />
Neuteil" bis <strong>zur</strong> ersten Erprobung erforderlich<br />
ist.<br />
Schmiedeunternehmen<br />
Arbeitsschritt A B C<br />
Gesenkkonstruktion 3410 EUR 5460 EUR 6830EUR<br />
Gesenkherstellung 1620 EUR 40480 EUR 2430EUR<br />
Einbau/Erprobung 320 EUR 8070 EUR 650 EUR<br />
Summe 5350 EUR 54010 EUR 9910 EUR<br />
Kostenschätzungen (Lohnkosten) für ein<br />
durchschnittliches Neuteilgesenk<br />
Die Schmiedeunternehmen A, B und C,<br />
von denen eines in den USA liegt und zwei in<br />
Europa ansässig sind, schmieden hauptsächlich<br />
Schaufeln für Flugzeugtriebwerke (A),<br />
Schaufeln für Kompressoren (B) und<br />
Automobilteile (C). Die angegebenen Werte<br />
stellen brauchbare Anhaltspunkte für die<br />
Kosten eines typischen Schmiedegesenks<br />
dar.<br />
Die Schmiede "A" schätzt, dass für die erforderlichen<br />
Änderungen im Durchschnitt<br />
40 % der Kosten des Erstgesenks, d. h.<br />
ca.2140 EUR anfallen.<br />
Schmiede "B" schätzt diesen Anteil auf ca.<br />
50 % der Kosten des vorigen Gesenks, gibt<br />
gleichzeitig jedoch an, dass in der Regel zwei<br />
Gesenkänderungen und Erprobungen bis<br />
zum Serienanlauf erforderlich sind. Das<br />
bedeutet für die europäische Kompressorschaufelschmiede<br />
"B", dass sich die Kosten<br />
der ersten Änderung auf ungefähr 27000<br />
EUR und die der zweiten Änderung auf ungefähr<br />
13500 EUR belaufen.<br />
Schmiede "C" berichtet ähnliche Werte<br />
wie die beiden anderen Betriebe, gibt jedoch<br />
an, dass gerade im Werkzeugbau immer wieder<br />
Engpässe zu beklagen sind und der<br />
Durchsatz insgesamt deutlich erhöht werden<br />
könnte, wenn der Werkzeugbau durch eine<br />
Reduktion der Erprobungen und Gesenkän-<br />
REPORT<br />
derungen entlastet werden könnte. Außerdem<br />
sind im Werkzeugbau sehr hochqualifizierte<br />
Werker tätig, deren Einsatz so nutzbringend<br />
wie möglich gestaltet werden sollte.<br />
Durch den Einsatz von Simulationssoftware<br />
konnte "B" eine oder beide Nacharbeiten<br />
bei vielen Ihrer Neuteilgesenke eliminieren,<br />
was mit Einsparungen zwischen<br />
13500 EUR und 40500 EUR pro Neuteil verbunden<br />
ist.<br />
Die obige Grafik basiert auf den Erfahrungen<br />
dieser drei Schmieden und zeigt, dass<br />
die Einsparungen von Werkzeugkosten durch<br />
die Simulation im Jahr leicht einige zehnoder<br />
sogar hunderttausend Euro ausmachen<br />
können.<br />
Einsparungen durch Reduktion der Aggregatausfallzeit<br />
Da durch den Einsatz von Simulationssoftware<br />
die Anzahl der Erprobungen deutlich<br />
reduziert werden kann, sind zusätzliche<br />
Einsparungen durch die damit Hand in Hand<br />
gehende Reduktion der erprobungsbedingten<br />
Aggregatausfallzeiten möglich. Wie lange<br />
ein Aggregat durch eine Erprobung belegt<br />
wird, hängt von einer Vielzahl von Faktoren<br />
ab, wie z. B. von Typ und Größe des Aggregats<br />
und des Gesenks, von der Erfahrung der<br />
Werker bis hin zu den evtl. erforderlichen<br />
Umrüstmaßnahmen an der Erwärmungsanlage<br />
und anderen peripheren Maschinen.<br />
Die folgende Tabelle gibt einen Überblick<br />
über die erprobungsbedingten Pressenaus-<br />
SCHMIEDE-JOURNAL SEPTEMBER 2002 15<br />
Mögliche Kosteneinsparungen bei Werkzeugen durch Einsatz von Simulation<br />
Kunde Aggregatausfallzeit Anzahl Neuteile Gesamtausfallzeit<br />
(pro Neuteil) pro Jahr Maschinentage<br />
pro Jahr<br />
A 4 Tage nicht verfügbar nicht verfügbar<br />
B 15 Tage 20-30 300-450<br />
C 3 Tage 200 600<br />
Von Schmieden berichtete Pressenausfallzeiten<br />
fallzeiten, die von den zuvor erwähnten<br />
Schmiedebetrieben "A", "B" und "C" berichtet<br />
wurden. Die dabei geschätzten Kosten<br />
können verschiedene Anteile enthalten,<br />
beginnend mit den typischen für die<br />
Kalkulation verwendeten Stundensätzen, die<br />
in der Regel auch einen gewissen Anteil von<br />
Aggregatausfallzeiten pauschal enthalten.<br />
Eine präzisere Kalkulation müsste hier natürlich<br />
insbesondere auch den Umsatzverlust<br />
berücksichtigen, der dadurch zustande<br />
kommt, dass während der Erprobung die<br />
Produktion stillsteht, also keine realisierbare<br />
Wertschöpfung erfolgt.<br />
Kosteneinsparungen durch Reduktion der<br />
durch Erprobungen verursachten Pressenausfallzeiten<br />
Schmiede "C" setzt für die <strong>zur</strong> Verfügung<br />
stehenden hydraulischen Aggregate mit<br />
Presskräften zwischen 800 und 30000 Tonnen<br />
Pressenstundensätze zwischen 200 und<br />
1300 EUR an. In dieser Untersuchung wurden<br />
keine Opportunitäts- und Finanzierungskosten,<br />
sowie Kosten<br />
für Generalüberholungen<br />
und Reparaturenberücksichtigt.<br />
Die Grafik auf<br />
Seite 16 zeigt, dass<br />
die jährlichen Einsparungen,<br />
die durch<br />
die Reduktion der<br />
Erprobungen und der Pressenstillstandzeiten<br />
mit Hilfe von Simulationssoftware erzielt<br />
werden können, erheblich sind. Die<br />
Einsparungen können einige zehntausend<br />
Euro im Jahr betragen, selbst wenn von einer<br />
Reduktion der Erprobungen von 20 % ausgegangen<br />
wird. Im Anbetracht der oben von<br />
den Schmieden "A", "B" und "C" berichteten<br />
Einsparungen ist dies ein sehr konservativer<br />
Ansatz.
Mögliche Kosteneinsparungen durch Reduktion der Erprobungen<br />
Erhöhung der Produktmarge durch Simulation<br />
Einer der Schwerpunkte der <strong>Schmiedesimulation</strong><br />
ist die Prozessauslegung für<br />
Neuteile. In der Regel liegen jedoch auch in<br />
der Produktion laufender Serienteile erhebliche<br />
Einsparpotenziale verborgen. Schmiede<br />
”B” nahm sich dieser Thematik an und nutzte<br />
vorhandene 3D-CAD-Modelle älterer Schmiedeteile,<br />
um das Optimierungspotenzial dieser<br />
Teile zu beurteilen. In einem dieser Fälle ge-<br />
SCHMIEDE-JOURNAL SEPTEMBER 2002<br />
REPORT<br />
lang es, eine Umformstufe einzusparen und<br />
das Schmiedeteil statt 3- nur noch 2-stufig herzustellen,<br />
was zu einer Kosteneinsparung von<br />
fast einem Drittel der Stückkosten führte. An<br />
den betreffenden Turbinenschaufeln konnten<br />
mehrere Hundert EUR pro Stück eingespart<br />
werden, was sich auf mehrere 100000 EUR<br />
pro Jahr zusätzlicher Produktmarge summierte.<br />
In Anbetracht des erheblichen Zeitaufwands<br />
und der Kosten, die mit der konventionellen<br />
16<br />
Bilder: MSC Software<br />
Methode der Werkzeugentwicklung und Serienoptimierung<br />
verbunden sind, ist es den<br />
wenigsten Umformfirmen möglich, eine systematische<br />
Prozessoptimierung durchzuführen.<br />
In den meisten der befragten Firmen wird ein<br />
Schmiedeprozess, wenn er in der Serie einmal<br />
mit ausreichender Stabilität läuft, nicht weiter<br />
optimiert. Eine systematische Optimierung, die<br />
nur mit der Betrachtung einer Vielzahl von<br />
Prozessvarianten zu erreichen ist, ist mit vertretbarem<br />
Aufwand nur durch die Simulation<br />
möglich.<br />
Mit Hilfe der Simulation können solche<br />
Einsparungen in der laufenden Serienproduktion<br />
mit sehr geringem Kostenaufwand realisiert<br />
werden und der Profitabilität direkt zugute<br />
kommen.<br />
Die Schmieden, die im Rahmen der<br />
Untersuchungen befragt wurden, hatten in das<br />
3D-<strong>Schmiedesimulation</strong>swerkzeug<br />
MSC.SuperForge von MSC.Software investiert.<br />
Während der ersten drei Jahre erwirtschafteten<br />
die befragten Schmieden im<br />
Durchschnitt Kosteneinsparungen in Höhe von<br />
370 724 EUR mit einer Amortisationsspanne<br />
von 9 Monaten. ■<br />
Die befragten Schmieden erklärten sich mit<br />
der Veröffentlichung der Ergebnisse unter<br />
der Bedingung einverstanden, dass sie<br />
namentlich nicht genannt werden.