Muskel-Skelett-Erkrankungen in Europa.pdf
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T G B N E W S L E T T E R • J U N I 9 9 • N r . 1 1 - 1 2<br />
SONDERTEIL<br />
<strong>Muskel</strong>-<strong>Skelett</strong>-<strong>Erkrankungen</strong> <strong>in</strong> <strong>Europa</strong><br />
26<br />
haben (s. Analyse der Haltungen und Bewegungen<br />
unter 3.).<br />
Um die technischen Tätigkeiten so gut wie möglich<br />
beschreiben zu können, ist es erforderlich, die Arbeit<br />
zu filmen und den Film danach <strong>in</strong> Zeitlupe ablaufen<br />
zu lassen. Darüber h<strong>in</strong>aus verfügen Unternehmen<br />
häufig über Informationen zur Art und Zahl der Aufgaben<br />
sowie zur Dauer und den Elementen der aufe<strong>in</strong>anderfolgenden<br />
technischen Tätigkeiten (Zeitund<br />
Bewegungsuntersuchungen).<br />
Die Häufigkeit wird <strong>in</strong> der folgenden Reihenfolge<br />
analysiert:<br />
• Beschreibung der technischen Tätigkeiten;<br />
• Berechnung der Häufigkeit der Tätigkeit. Aus der<br />
vorhergehenden Analyse der Arbeitsorganisation liegen<br />
bereits folgende Informationen vor: die genaue<br />
Dauer der repetitiven Aufgabe; die Zahl der repetitiven<br />
Zyklen, die der Aufgabe zugrunde liegen; die<br />
Dauer jedes Zyklus.<br />
Ausgehend von der Beschreibung der technischen<br />
Tätigkeiten kann die Zahl der Tätigkeiten pro Zyklus<br />
und dementsprechend die Häufigkeit der Tätigkeit <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>er bestimmten Zeite<strong>in</strong>heit berechnet werden: Diese<br />
entspricht der Zahl der Tätigkeiten pro M<strong>in</strong>ute.<br />
Ebenso kann man die Gesamtzahl der Tätigkeiten <strong>in</strong>nerhalb<br />
der Aufgabe(n) und hieraus resultierend die<br />
Gesamtzahl der Tätigkeiten <strong>in</strong>nerhalb der Schicht berechnen.<br />
2. Kraft<br />
Die Kraft stellt die eigentliche biomechanische Anstrengung<br />
dar, die für die Ausführung e<strong>in</strong>er bestimmten<br />
Tätigkeit oder Reihe von Tätigkeiten erforderlich<br />
ist. Die Notwendigkeit, während der Arbeitstätigkeiten<br />
Kraft auszuüben, kann sich daraus ergeben, daß<br />
Werkzeuge und Gegenstände an e<strong>in</strong>en anderen Ort<br />
gebracht oder gehandhabt werden bzw. daraus, daß<br />
e<strong>in</strong> Teil des Körpers <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er bestimmten Haltung verharrt.<br />
Die Kraftanwendung kann statische Tätigkeiten<br />
(statische Kontraktionen) oder dynamische Tätigkeiten<br />
(dynamische Kontraktionen) be<strong>in</strong>halten.<br />
Die Quantifizierung der Kraft <strong>in</strong> konkreten Situationen<br />
bleibt problematisch. Um dieser Schwierigkeit<br />
zu begegnen, werden im folgenden zwei verschiedene<br />
Verfahren dargestellt, um die Kraftanwendung bei<br />
der Ausführung technischer Tätigkeiten im Rahmen<br />
e<strong>in</strong>es Zyklus zu beurteilen.<br />
■ Dynamometer<br />
Dieses Verfahren wird für Tätigkeiten empfohlen, bei<br />
denen e<strong>in</strong> Hebel oder Teile von Masch<strong>in</strong>en und Gegenständen<br />
betätigt werden. E<strong>in</strong> Dynamometer kann<br />
e<strong>in</strong>gesetzt werden, um die Kraft zu bestimmen, die<br />
erforderlich ist, e<strong>in</strong>en Hebel zu betätigen oder, sofern<br />
dieser mit e<strong>in</strong>er geeigneten Schnittstelle ausgestattet<br />
ist, um die Tätigkeit von den betroffenen Arbeitern<br />
simulieren zu lassen. Dennoch ist es nicht<br />
e<strong>in</strong>fach, alle<strong>in</strong> mit Hilfe des Dynamometers alle<br />
technischen Tätigkeiten zu bestimmen, für die die<br />
Anwendung von Kraft erforderlich ist.<br />
Um die Kraftanwendung zu beurteilen, müssen die<br />
am Arbeitsplatz gemessenen Ergebnisse mit denen<br />
e<strong>in</strong>er Bezugsgruppe von Erwerbstätigen verglichen<br />
werden. E<strong>in</strong>schlägige Daten s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> der Fachliteratur<br />
zu f<strong>in</strong>den (Rohmert et al., 1994) bzw. über nationale<br />
oder <strong>in</strong>ternationale Stellen zugänglich.<br />
■ Psychophysische Beurteilungsskalen<br />
In diesem Fall wird auf die subjektive Beurteilung des<br />
Arbeitnehmers zurückgegriffen, um die körperliche<br />
Beanspruchung im Rahmen des Zyklus technischer<br />
Tätigkeiten zu bestimmen. Aus den verschiedenen<br />
psychophysischen Skalen haben wir die Skala CR 10<br />
von Borg zur Messung der wahrgenommenen Beanspruchung<br />
benutzt.<br />
Zwar s<strong>in</strong>d diese subjektiven Skalen nicht vollkommen<br />
verläßlich, doch bei korrekter Anwendung ermöglichen<br />
sie dem Wissenschaftler, die Anstrengung,<br />
die mit jeder technischen Tätigkeit verbunden wird,<br />
zu bestimmen. Die Referenzwerte für die Beurteilung<br />
s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> der Skala selbst enthalten.<br />
Wenn dieses Verfahren auf alle betroffenen Arbeitnehmer<br />
angewandt wird, kann e<strong>in</strong> Durchschnittswert<br />
für jede technische Tätigkeit sowie das gewichtete<br />
Mittel für alle Tätigkeiten <strong>in</strong>nerhalb des Zyklus ermittelt<br />
werden.<br />
Schließlich, unabhängig von dem zur Beschreibung<br />
und Beurteilung der Kraft angewandten Verfahren, ist<br />
es erforderlich, folgendes zu berücksichtigen:<br />
• die durchschnittliche Kraft, die <strong>in</strong>nerhalb des gesamten<br />
Zyklus erforderlich ist. Diese wird als maximale<br />
Kraftkapazität bezeichnet. Sie wird für bestimmte<br />
Referenzgruppen bzw. für e<strong>in</strong>e Gruppe betroffener<br />
Arbeitnehmer def<strong>in</strong>iert.<br />
• Welche und wie viele technische Tätigkeiten, bei<br />
denen ggf. e<strong>in</strong>e oberhalb der vorgegebenen Werte<br />
liegende Kraft aufgebracht werden muß, s<strong>in</strong>d erforderlich<br />
(„Maximalkraft“)?<br />
3. Körperhaltungen und Bewegungsarten<br />
In der Literatur besteht E<strong>in</strong>igkeit darüber, daß durch<br />
extreme Körperhaltungen und Bewegungen jedes<br />
Gelenks – diese reichen von lang andauernden Körperhaltungen<br />
(selbst wenn diese nicht extrem s<strong>in</strong>d)<br />
bis h<strong>in</strong> zu speziellen und stark repetitiven Bewegungen<br />
der verschiedenen Segmente – potentielle Schäden<br />
entstehen können. Über die Beschreibung der<br />
Positionen und Bewegungen jedes e<strong>in</strong>zelnen Segments<br />
der oberen Gliedmaßen <strong>in</strong>nerhalb der technischen<br />
Tätigkeiten e<strong>in</strong>es Zyklus h<strong>in</strong>aus wird der Risikofaktor<br />
im Zusammenhang mit dem Repetitionsgrad<br />
beschrieben. Die Analyse der Positionen und Bewegungen<br />
konzentriert sich auf jedes e<strong>in</strong>zelne Segment<br />
der oberen Gliedmaßen (Hand, Handgelenk, Ellbogen,<br />
Schulter). Hierbei geht es darum, <strong>in</strong> bezug auf<br />
jedes berücksichtigte Segment/Gelenk festzustellen,