Muskel-Skelett-Erkrankungen in Europa.pdf
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T G B N E W S L E T T E R • J U N I 9 9 • N r . 1 1 - 1 2<br />
SONDERTEIL<br />
<strong>Muskel</strong>-<strong>Skelett</strong>-<strong>Erkrankungen</strong> <strong>in</strong> <strong>Europa</strong><br />
* Frau J.A. R<strong>in</strong>gelberg ist Convenor<strong>in</strong><br />
der Arbeitsgruppe „Biomechanik“ des<br />
CEN/TC 122<br />
1 CEN, Europäisches Komitee für Normung,<br />
Rue de Stassart 36, B – 1050<br />
Bruxelles<br />
2 89/392/EWG und ihre letzte Fassung<br />
98/37/EG e<strong>in</strong>schließlich verschiedener<br />
Änderungen<br />
42<br />
Europäische Normen und Risikobeurteilung im<br />
Bereich der <strong>Muskel</strong>-<strong>Skelett</strong>-<strong>Erkrankungen</strong><br />
– e<strong>in</strong>e Herausforderung für die Zukunft<br />
Die Anfänge der Normung im Bereich<br />
der <strong>Muskel</strong>-<strong>Skelett</strong>-<strong>Erkrankungen</strong><br />
1985 wurde von der europäischen Normungsorganisation<br />
CEN 1 e<strong>in</strong> spezielles Technisches Komitee für<br />
den Bereich Ergonomie (CEN/TC 122) mit der Unterstützung<br />
des Technischen Komitees 114 „Masch<strong>in</strong>ensicherheit“<br />
e<strong>in</strong>gesetzt. Die Arbeitsgruppe „Biomechanik“<br />
fand sich 1988 <strong>in</strong> Nijmegen (Niederlande)<br />
zu ihrer ersten Sitzung zusammen, zu e<strong>in</strong>em Zeitpunkt,<br />
da sich die europäische Richtl<strong>in</strong>ie zur manuellen<br />
Handhabung von Lasten (90/269/EWG) <strong>in</strong> Vorbereitung<br />
befand. Man stellte damals fest, daß der<br />
Normungsprozeß durchaus geeignet wäre, e<strong>in</strong> Verfahren<br />
zur Risikobeurteilung für die manuelle Handhabung<br />
von Lasten zu erarbeiten. Die Niederlande<br />
(die niederländische Normungsorganisation NNI)<br />
hatte die Führung des Sekretariats sowie die Koord<strong>in</strong>ierung<br />
des Ausschusses angeboten. 1990 entschieden<br />
die Generaldirektion III der Europäischen Kommission<br />
und das CEN/TC 122, das Mandat der Arbeitsgruppe<br />
„Sicherheit und Gesundheitsschutz am<br />
Arbeitsplatz“ <strong>in</strong> „Masch<strong>in</strong>ensicherheit“ unter der<br />
Richtl<strong>in</strong>ie 89/392/EWG 2 umzuwandeln. 1993 wurden<br />
drei Teile des Norm-Entwurfs prEN 1005 (s. Kasten<br />
S. 44) <strong>in</strong> die erste öffentliche Umfrage gegeben.<br />
Hieraus ergab sich, daß der Gestaltung von Masch<strong>in</strong>en<br />
e<strong>in</strong> höherer Stellenwert e<strong>in</strong>geräumt und wichtige<br />
masch<strong>in</strong>enbezogene A-Normen, die <strong>in</strong> der Zwischenzeit<br />
veröffentlicht wurden, berücksichtigt werden<br />
sollten. Der grundsätzliche Ansatz und die Anforderungen<br />
dieser A-Normen werden derzeit <strong>in</strong> die<br />
vier Teile des Norm-Entwurfs prEN 1005 e<strong>in</strong>gearbeitet<br />
(die Anmerkungen zu den ersten drei Teilen s<strong>in</strong>d<br />
<strong>in</strong> die zweite öffentliche Umfrage vom Dezember<br />
1998 e<strong>in</strong>geflossen; die erste Umfrage zum vierten<br />
Teil hat im November 1998 begonnen).<br />
Die Ergonomen und die<br />
arbeitsbed<strong>in</strong>gten <strong>Muskel</strong>-<strong>Skelett</strong>-<br />
<strong>Erkrankungen</strong><br />
Experten aus dreizehn europäischen Ländern<br />
(Deutschland, Österreich, Belgien, Dänemark, Spanien,<br />
F<strong>in</strong>nland, Frankreich, Italien, Norwegen, Niederlande,<br />
Tschechische Republik, Großbritannien<br />
und Schweden) beteiligen sich an der Erarbeitung<br />
J. A. R<strong>in</strong>gelberg *<br />
von Normen, <strong>in</strong> denen es um die manuelle Handhabung<br />
von Lasten, empfohlene Kraftgrenzen, die Beurteilung<br />
von Körperhaltungen bei der Arbeit sowie um<br />
wiederholte manuelle Handhabung bei hoher Frequenz<br />
geht. Die Experten verfügen über unterschiedliche<br />
wissenschaftliche Ausbildungen und praktische<br />
Erfahrungen – Wirtschaft, Arbeitsorganisation, Gesundheitsschutz<br />
am Arbeitsplatz, Arbeitspsychologie,<br />
Physiotherapie, Biomechanik, angewandter Masch<strong>in</strong>enbau,<br />
K<strong>in</strong>etik, Industriedesign –, kommen jedoch<br />
alle aus dem Bereich der praktischen Ergonomie.<br />
Vor allem zu den folgenden Themen mußten die unterschiedlichen<br />
Ansätze auf e<strong>in</strong>en geme<strong>in</strong>samen<br />
Nenner gebracht werden, um e<strong>in</strong>en Konsens zu erzielen:<br />
• Ergonomie: Soll der Arbeitsplatz an den Benutzer<br />
oder der Benutzer an den Arbeitsplatz angepaßt werden?<br />
• Geschlecht: Reicht es aus, daß sich die grundlegenden<br />
Anforderungen der Masch<strong>in</strong>enrichtl<strong>in</strong>ie alle<strong>in</strong><br />
auf männliche Arbeitnehmer beziehen oder sollte<br />
versucht werden, männliche und weibliche Arbeitnehmer/<strong>in</strong>nen<br />
<strong>in</strong> gleicher Weise zu berücksichtigen?<br />
Warum können männliche und weibliche Anforderungen<br />
nicht gleichzeitig behandelt werden? Trägt<br />
dies zum Schutz der Frauen bei oder fördert es ihre<br />
Diskrim<strong>in</strong>ierung? Diese Fragen haben e<strong>in</strong>e ethische,<br />
praktische und philosophische Diskussion über Fragen<br />
der Gleichbehandlung, Gleichheit und Risikobeurteilung<br />
nach sich gezogen.<br />
• rechtlicher Status harmonisierter Normen: Wie<br />
können eventuelle Diskrepanzen zwischen dem Status<br />
von Normen, die sich aus Unterschieden der nationalen<br />
Rechtssysteme ergeben, behandelt werden?<br />
• Stand der Technik: Wie können die unterschiedlichen<br />
wissenschaftlichen und praktischen Ansätze,<br />
wie z.B. die Veröffentlichung <strong>in</strong> <strong>in</strong>ternationaler Literatur<br />
oder die direkte Nutzung von Forschungsergebnissen,<br />
<strong>in</strong> Leitfäden und Normen mite<strong>in</strong>ander vere<strong>in</strong>bart<br />
werden?<br />
Obwohl die Aufgabe der CEN-Arbeitsgruppe dar<strong>in</strong><br />
besteht, e<strong>in</strong> Konsensdokument zu erarbeiten, das den<br />
Stand der Technik <strong>in</strong> Wissenschaft und Praxis widerspiegelt,<br />
vertreten die e<strong>in</strong>zelnen Experten häufig die<br />
„Position“ ihrer eigenen nationalen Normungsaus-