Muskel-Skelett-Erkrankungen in Europa.pdf

wurde jedoch von jenen abgelehnt, nach deren
Auffassung die Normung den Konsens aller
interessierten Kreise widerspiegeln soll, und
zwar insbesondere im Hinblick auf Leitlinien,
denen seitens der öffentlichen Hand der Status
der Vermutungswirkung mit den gesetzlichen
Vorgaben eingeräumt wird.
Richtlinie unter Beschuß
Die Richtlinie trat am 1. Januar 1993 in Kraft.
Nach dem Ablauf bestimmter Übergangsfristen
fand sie seit 1995 auf alle Arten von Maschinen
Anwendung. Mit ihrem Erlaß wurde auf die
Nachfrage der Industrie reagiert, ein wirksames
Instrument zur Unterstützung des freien Marktes
zu schaffen. Seither wurden jedoch ihr Anwendungsbereich,
die Überschneidung mit anderen
Richtlinien sowie die resultierende Papierarbeit
scharf von der Industrie kritisiert. In
einem 1995 von der Molitor-Gruppe veröffentlichten
Bericht wurde gefordert, den Begriff der
„Maschine“ klarer zu definieren, den Markt für
Gebrauchtmaschinen zu schützen, die Risikobeurteilungsverfahren
für die Hersteller zu vereinfachen
und die Kosten, die mit der Erfüllung
der Richtlinienanforderungen verknüpft sind,
zu senken 2 . Die Forderungen der Industrie
nach einer Beschränkung der Richtlinie ließen
fortan nicht mehr nach. Als Reaktion auf den
Molitor-Bericht kündigte die Kommission an,
bis Ende 1997 Entwürfe für die komplette
Überarbeitung der Richtlinie vorzulegen.
Der Kontext der Überarbeitung
Der überarbeitete Entwurf wurde von dem unter
der Richtlinie eingesetzten Ständigen Ausschuß,
in dem die Kommission den Vorsitz führt, erarbeitet.
In ihm sind alle Mitgliedstaaten vertreten.
Außerdem haben Vertreter der Industrie,
des TGB, des Koordinationsgremiums der zertifizierten
Stellen sowie die CEN-Consultants für
den Bereich Maschinen die Möglichkeit, an den
Sitzungen des Ausschusses teilzunehmen. Verschiedene
Textversionen wurden diskutiert. Zur
letzten Fassung (ref. EN-III/4101/97 rev.3) wurde
außerdem der dreigliedrige Beratende Ausschuß
in Luxemburg hinzugezogen. Anfang
1999 wurden die verschiedenen Delegationen
aufgefordert, offizielle Stellungnahmen abzugeben.
Das TGB reagierte mit einer Reihe von Bemerkungen
und detaillierten Kommentaren. Der
Vertreter der Kommission erklärte, daß die Kommissare
vor Jahresende einen Entwurf verabschieden
würden. Einschränkend wurde hinzugefügt,
daß sich der Zeitplan durch den Massenrücktritt
der Kommission verzögern könne.
Die Inhalte der Diskussionen zu dem Entwurf
sind nicht nur vor dem Hintergrund der Vor-
schläge der Molitor-Gruppe zu sehen. Gleichzeitig
spielen das von einigen Ländern in Anspruch
genommene Schutzklauselverfahren
und zahlreiche an die Kommission gerichtete
Fragen zur Interpretation der Richtlinie eine
Rolle. Der unter der Maschinenrichtlinie eingesetzte
Ständige Ausschuß hat seit seiner Einrichtung
etwa 150 Fragen beantwortet. Diese
Konsensentscheidungen wurden jedoch nicht
innerhalb der Gemeinschaft veröffentlicht und
sind aus rechtlicher Sicht nicht relevant. Die
abschließende Entscheidungsgewalt zur Umsetzung
der Richtlinie liegt bei den Mitgliedstaaten,
so daß die genannten Antworten nur
als Leitlinien anzusehen sind. Offiziellen Charakter
können diese nur dadurch erhalten, daß
die Kommission dem Rat - entsprechend dem
im EG-Vertrag festgelegten Verfahren - einen
Entwurf vorlegt.
Die Herangehensweise an die Inhalte des Entwurfs
und die Reaktionen der Hersteller mögen
auch von den Veränderungen am Markt und
den neuen Technologien im Bereich von Maschinen
und Anlagen gefärbt sein. Das „Panorama
der Europäischen Industrie“ von 1997
enthält ein von Orgalime verfaßtes Kapitel über
„Maschinen und Anlagen“, in dem darauf aufmerksam
gemacht wird, daß sich in der Maschinenfertigung,
die die Bereiche Maschinenbau,
Mikroelektronik, Optik und Sensortechnologie
sowie neue Materialien vereint, technologische
Veränderungen widerspiegeln. Die einstige
Einzelmaschine scheint ihren zentralen
Platz in der Produktpalette verloren und ihn an
komplexe Systeme mit integrierter Computertechnologie
abgegeben zu haben. Für den Betrieb
dieser Systeme greifen die Benutzer jedoch
mehr und mehr auf unterstützende
Dienstleistungen zurück. Zehn bis fünfzehn
Prozent des Verkaufsumsatzes, der heute von
den Maschinenherstellern erzielt wird, ist im
Dienstleistungssektor angesiedelt. Als weiterer
wichtiger Faktor ist in diesem Zusammenhang
die sinkende Standardfertigung in Europa und
die steigende Spezialisierung durch die Hersteller
mit breit angelegter, internationaler Arbeitsteilung
zu nennen, in der kleine Firmen eine
wichtige Rolle spielen. Von den 142.000
Unternehmen der Branche beschäftigen
122.000 maximal zwanzig Arbeitnehmer; ihr
Schwerpunkt liegt in der Herstellung von Ersatzteilen
und im Reparaturbereich. In dem Bericht
wird davon ausgegangen, daß zur Herstellung
komplexer Anlagen eine Mindestzahl von
zwanzig Beschäftigten erforderlich ist.
Das Ziel der Überarbeitung
■ Komplexe Anlagen
Die Diskussion über den Kommissionsentwurf
konzentriert sich derzeit auf die Definition von
2 S. Molitor Group: Deregulation assault on health
and safety; Newsletter Nr. 1, Oktober 1995, S. 2–3.
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