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© HandelsZeitung; 21.11.2007; Nummer 47; Seite 11<br />
Boom baut auf «Made in China»<br />
Spielwarenbranche - Die anhaltende Rückrufwelle von Spielzeug «Made<br />
in China» bremst das boomende Geschäft nicht. Als Folge steigt aber<br />
dennoch auch die Nachfrage für Schweizer Produkte.<br />
Robert Wildi<br />
Konjunkturzyklen beeinträchtigen die Kauflust stärker als negative Schlagzeilen:<br />
Diesen Schluss lässt die aktuelle Situation im Spielwaren-Markt zu. Trotz<br />
anhaltender Rückrufaktionen wegen Giftstoffen in Produkten aus China wächst der<br />
Markt. Gemäss Ruedi Zurflüh von der Geschäftsstelle des Spielwarenverbands<br />
Schweiz (SVS) ist in diesem Jahr mit einer Umsatzsteigerung von 3 bis 5% zu<br />
rechnen. Das entspricht in einem Gesamtmarkt, den das Marktforschungsinstitut<br />
IHA-GfK für 2006 auf rund 600 Mio Fr. schätzt, immerhin gegen 30 Mio Fr.<br />
Die Händler sind zufrieden mit ihren Verkaufszahlen und schauen den wichtigsten<br />
Wochen im Jahr optimistisch entgegen. «Das Weihnachtsgeschäft ist sehr gut<br />
angelaufen», sagt Thomas Bombeli, Geschäftsführer bei Franz Carl Weber (FCW).<br />
Bei der Migros sind die Umsätze in der Spielwarenabteilung gegenüber dem Vorjahr<br />
ebenfalls gestiegen. Für Weihnachten wird ein Ansturm erwartet, dies auch bei Coop<br />
und Manor.<br />
Für FCW-Chef Bombeli können die zuletzt negativen Schlagzeilen sogar positive<br />
Folgen für die Branche bringen: «Durch die breite Thematisierung der Produkte<br />
‹Made in China› und der damit verbundenen strengeren Kontrollen erwarten wir<br />
längerfristig eine Steigerung der Produktqualität.»<br />
China-Ware dominiert<br />
Diese scheint den Konsumenten in den meisten Fällen zu genügen. So stellt keiner<br />
der Spielwaren-Grossverteiler eine spürbare Nachfrageverlagerung zu Produkten<br />
aus europäischer Herstellung fest. Thomas Bombeli räumt zwar ein, dass vereinzelte<br />
Kunden nach einheimischen Spielsachen fragen. Ein Trend lasse sich daraus aber<br />
nicht ableiten.<br />
Eine Sensibilisierung der Kundschaft in Bezug auf die Herkunft der Produkte habe<br />
zwar stattgefunden, heisst es auch bei Manor. «Bei den effektiven Verkäufen hat<br />
Europa gegenüber China aber nicht aufgeholt», so Sprecherin Elle Steinbrecher. Bei<br />
Migros steigen die Verkäufe für Produkte aus China ebenfalls nicht unterproportional.<br />
Eine Verlagerung sei allein aufgrund des Angebotssortiments nicht angezeigt, sagt<br />
Sprecherin Cinzia Venafro. «Sehr viele europäische Hersteller haben ihre Produktion<br />
in den letzten zehn Jahren nach Fernost ausgelagert.» Die Folge: Gegen 80% der<br />
hierzulande verkauften Spielzeuge werden in Asien hergestellt, vorwiegend in China.<br />
Tendenz steigend. Von den übrigen Produkten stammt wiederum nur ein ganz<br />
minimaler Anteil aus Schweizer Produktion.
Dies erklärt auch, weshalb ein Boom in der Branche gar nicht möglich wäre ohne den<br />
Erfolg von chinesischen Spielsachen. Das weiss man auch beim Lego-Konzern, der<br />
noch immer fast ausschliesslich in Europa produziert, sein Umsatzzuwachs von<br />
bisher rund 5% in diesem Jahr aber nicht mit Rückrufaktionen von China-Produkten<br />
in Verbindung setzt.<br />
Schweizerisches mehr im Trend<br />
Etwas differenzierter sieht das Bild für Spielzeug «Made in Switzerland» aus. Die<br />
gewachsene Sensibilität der Kundschaft für Qualität hat sich bei den Grosshändlern<br />
zwar nicht mit Ertragseinbrüchen für die Massenware manifestiert, bei Spielwaren-<br />
Kleinläden mit mehr helvetischen Produkten aber zu einem Nachfrageschub geführt.<br />
Das bestätigt Ruedi Zurflüh vom SVS: «Schweizer Produkte liegen wieder mehr im<br />
Trend.»<br />
Das belegen etwa die Zahlen der Ahorn AG, eines Holzspielzeug-Herstellers im<br />
Emmental. «Wir liegen in diesem Jahr rund 10% über dem Vorjahresniveau», freut<br />
sich der Geschäftsführer Walter Stuker. Ahorn produziert unter anderem<br />
Holzeisenbahnen, die etwa beim Spielwarenspezialisten Pastorini erhältlich sind.<br />
Nachdem dieser zuletzt in Schwierigkeiten steckte, haben sich die Verkaufszahlen in<br />
diesem Jahr erholt. Ko-Inhaberin Christa Pastorini bestätigt, dass die<br />
Stammkundschaft wieder gewachsen sei.<br />
Aber auch für sie liegt der Hauptgrund dafür weniger bei den Meldungen über<br />
mangelhafte Ware aus China, als vielmehr in der guten Konjunktur. «Wenn Kunden<br />
knapp bei Kasse sind, entscheiden sie sich eher für die Holzeisenbahn aus Fernost,<br />
die 100 Fr. günstiger ist als diejenige aus der Schweiz.»<br />
Pastorini kann den Kunden heute beides anbieten. Die Produktionsauslagerung<br />
macht auch vor den Lieferanten des Luxus-Spielwarenhändlers nicht Halt. Immer<br />
mehr Angebote aus dem Sortiment werden in China hergestellt. Dazu gehört jetzt<br />
auch die Brio-Bahn.