PDF 45 - Deutsche Sprachwelt
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Seite 10 Werkstatt<br />
Von Thomas Paulwitz<br />
B<br />
aden-Württembergs neue<br />
Sprachpolitik erscheint auf<br />
den ersten Blick widersprüchlich.<br />
An einigen Stellen schmälert die<br />
Landesregierung die Bedeutung der<br />
deutschen Sprache, an anderen stärkt<br />
sie das <strong>Deutsche</strong>. Auf den zweiten<br />
Blick klärt sich dieser Widerspruch<br />
auf, denn die Zielgruppe der neuen<br />
Sprachpolitik ist nicht die Allgemeinheit.<br />
Statt dessen ist sie einseitig auf<br />
Einwanderer ausgerichtet. Die<br />
schlechten Deutschkenntnisse<br />
der zugewanderten Bevölkerung<br />
sorgen somit<br />
für auffällige politische<br />
Entscheidungen der<br />
neuen baden-württembergischen<br />
Regierung.<br />
Ohne die Deutschmängel<br />
der Einwandererkinder<br />
wäre es nie gelungen, das<br />
von Günter Oettinger eingeführte<br />
überflüssige Grundschulenglisch<br />
zurückzudrängen. Dieser hatte vor<br />
über fünf Jahren getönt: „Deutsch<br />
bleibt die Sprache der Familie, der<br />
Freizeit, die Sprache, in der man Privates<br />
liest, aber – Englisch wird die<br />
U<br />
Anzeigen<br />
Mal für, mal gegen<br />
die deutsche Sprache<br />
Sprachpolitik in Baden-Württemberg in grün-roten Zeiten<br />
Arbeitssprache. ... Deswegen haben<br />
wir in Baden-Württemberg, ab der<br />
Grundschule, 1. Klasse, Englisch<br />
eingeführt.“<br />
Deutsch in der Grundschule<br />
gestärkt<br />
Kultusministerin Gabriele Warminski-Leitheußer<br />
(SPD) will nun statt<br />
dessen in der 1. und 2. Klasse wieder<br />
mehr Deutsch und Mathematik<br />
unterrichten lassen. Anfang August<br />
kündigte sie in der Frankfurter Allgemeinen<br />
an: „Wir werden die Klas-<br />
und rufen unsere Leser zum Protest auf<br />
Volkswagen mit Schluckauf<br />
Mit dem VW „up!“ fährt das Unternehmen die Sprache an die Wand<br />
p! Verzeihung, aber dieser Name<br />
ist zum Aufstoßen. Up! Sprachlich<br />
schlecht gefedert holpert der neue Volkswagen<br />
(VW) über die Zunge. Up! Wer<br />
möchte eigentlich ein Auto haben, das so<br />
heißt? Up! Davon bekommt man beim Lesen<br />
Schluckauf. Up! Oder Sodbrennen?<br />
Up! Wie wird sich ein Auto mit einem solchen<br />
Namen erst fahren? – „Willkommen bei up!“<br />
begrüßt der Netzauftritt des Wolfsburger Autobauers<br />
seine Besucher. Up! Darauf klicken wir.<br />
„Download the up! racing game!“ werden wir aufgefordert.<br />
Up! Das tun wir nicht. Statt dessen sehen<br />
wir uns die Ausstattungsbezeichnungen des Ups an:<br />
„take up!“, „move up!“ und „high up!“. Anscheinend<br />
muß dieser „Up!“ englisch ausgesprochen werden,<br />
also „ab!“. Die Ausstattungen gibt es allerdings nicht<br />
in deutscher Übersetzung. Wir reimen sie uns also<br />
selbst zusammen, etwa: „Rad ab!“, „Spiegel ab!“ und<br />
„Auspuff ab!“. Das klingt nicht gerade verlockend.<br />
Auch die Sonderausstattung ist offenbar nur für eng-<br />
sen 1 und 2 wahrscheinlich ausklammern,<br />
denn viele weiterführende<br />
Schulen sagen, daß der Fremdsprachenunterricht<br />
in der Grundschule<br />
nur wenige positive Auswirkungen<br />
auf das Sprachverständnis hat, oder<br />
sogar negative.“<br />
Hintergrund ist der Bericht eines<br />
„Expertenrats“. Dieser bemängelt,<br />
daß vor allem Einwandererkinder<br />
Schwierigkeiten mit der deutschen<br />
Sprache haben. Statt sie<br />
mit einer weiteren Fremdsprache<br />
zu überfordern,<br />
sollten sie sich erst einmal<br />
mit der deutschen<br />
Sprache vertraut machen.<br />
Polizisten mit gebrochenem<br />
Deutsch?<br />
Kopfschütteln löst hingegen das Vorhaben<br />
des baden-württembergischen<br />
Innenministeriums aus, die Anforderungen<br />
an die Deutschkenntnisse für<br />
angehende Polizisten herabzusetzen,<br />
um mehr Einwanderer dienen zu<br />
lassen. Innenminister Reinhold Gall<br />
lischsprachige Kunden gedacht, etwa „city<br />
box“, „cool & sound“ und das „Infotainmentsystem“<br />
„maps + more“. Das Lenkrad<br />
befindet sich jedoch auf der linken Seite.<br />
Mit diesem neuen Auto rast Volkswagen der<br />
deutschen Sprache davon, überfährt gleich<br />
mehrere rote Sprachampeln und fährt den Ruf<br />
der Marke an die Wand. Wenn die Verantwortlichen<br />
bei Volkswagen einmal die Luft anhielten und über ihren<br />
sprachlichen Mißgriff nachdächten, wer weiß, ob<br />
dann der Schluckauf verschwände? Up? (dsw)<br />
Sprachsünder Ecke An dieser Stelle stellen wir Sprachsünder vor, die besonders unangenehm aufgefallen sind,<br />
Hat VW ein Rad ab? Warum ist den Autobauern<br />
kein griffiger deutscher Name eingefallen? Fragen<br />
Sie Volkswagen und lassen Sie uns bitte ein Doppel<br />
zukommen:<br />
Sprachsünder Prof. Dr. rer. nat. Martin Winterkorn,<br />
Vorstandsvorsitzender der Volkswagen AG, Berliner<br />
Ring 2, D-38440 Wolfsburg, Telefon +49-(0)5361-9-0,<br />
Telefax +49-(0)5361-9-28282, vw@volkswagen.de<br />
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A. Neussner<br />
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(SPD) möchte auch Bewerber zulassen,<br />
die den Deutsch-Test nicht bestehen,<br />
berichtet der neueste Focus.<br />
Serbisch- oder Türkischkenntnisse<br />
könnten statt dessen mangelnde<br />
Deutschkenntnisse ausgleichen.<br />
Ein Scherzbold schlug daraufhin vor,<br />
die Polizei solle auch ihre Übungszielscheiben<br />
vergrößern, da nicht alle<br />
Bewerber so gut träfen. Tatsache ist:<br />
Die Qualität der Polizei soll aus politischen<br />
Gründen gesenkt werden,<br />
nur um den Anteil der Polizisten mit<br />
nichtdeutschen Vorfahren zu erhöhen.<br />
Wenn Sie also künftig einen Polizisten<br />
nach dem Stuttgarter Bahnhof<br />
fragen, dann wundern Sie sich nicht,<br />
wenn er antwortet: „Wallah, gehstu<br />
Arnulf-Klett-Platz, Lan, isch schwör.<br />
Gibs so voll krassen Service Point<br />
und so. Jetz machstu grüne Ampel,<br />
Alder!“ Daß Schwäbischkenntnisse<br />
ebenfalls Mängel im Hochdeutschen<br />
ausgleichen können, ist allerdings<br />
nicht zu erwarten.<br />
Ulm will amerikanisch werden<br />
In Ulm überlegen unterdessen Vertreter<br />
der Stadt, der Wirtschaft und der<br />
Wissenschaft, wie sie die Stadt noch<br />
„internationaler“ machen können,<br />
das heißt amerikanischer. Das geht<br />
aus einem Bericht der Augsburger<br />
Allgemeinen von Ende Juli hervor.<br />
Professor Karl Joachim Ebeling, Präsident<br />
der Universität Ulm, wünscht<br />
sich zum Beispiel ein „Welcome-<br />
Paket“ für ausländische Studenten,<br />
die Umbenennung von Plätzen und<br />
historischen Orten auf englisch, sowie<br />
englischsprachige Artikel in der<br />
örtlichen Presse.<br />
Ohnehin biete die Universität bereits<br />
sieben Masterstudiengänge in englischer<br />
Sprache an. Dabei kommen nur<br />
zwölf Prozent der Ulmer Studenten<br />
aus dem Ausland, in den seltensten<br />
Fällen ist Englisch deren Muttersprache.<br />
Dennoch fordert Professor<br />
Klaus-Peter Kratzer, Prorektor der<br />
Hochschule Ulm, von der Stadt ein<br />
Kulturangebot in englischer Sprache<br />
für ausländische Studenten. Der Puertoricaner<br />
Carlos Sanchez, Standortleiter<br />
im Ulmer Forschungs- und<br />
Entwicklungszentrum von Nokia,<br />
wünscht sich für seine Mitarbeiter<br />
englischsprachige „Communities“<br />
<strong>Deutsche</strong> <strong>Sprachwelt</strong>_Ausgabe <strong>45</strong>_Herbst 2011<br />
<strong>Deutsche</strong><br />
Wortwelt<br />
Das entbehrliche Fremdwort<br />
Queerversity<br />
„Queerversity ist das Einführen<br />
der Differenz des Differenten<br />
in die Diversität“, schreibt<br />
das vom deutschen Bundesfamilienministerium<br />
begründete<br />
„GenderKompetenzZentrum“,<br />
das genauso entbehrlich ist<br />
wie dieses von ihm erfundene<br />
Fremdwort.<br />
Das richtig geschriebene Wort<br />
Entgelt<br />
Das Entgelt besteht zwar<br />
manchmal aus Geld, dennoch<br />
endet das Wort „Entgelt“ mit<br />
„t“. Es leitet sich nämlich von<br />
dem Tätigkeitswort „entgelten“<br />
ab.<br />
Das treffende Wort<br />
launig / launisch<br />
„Haushaltsdebatten sorgen<br />
für die launischsten Reden im<br />
Parlament“, ist sich „Spiegel<br />
online“ sicher. Das Magazin<br />
meinte damit jedoch gewiß<br />
nicht launische, also unberechenbare<br />
oder wankelmütige,<br />
sondern launige, also humorvolle<br />
oder geistreiche Reden.<br />
Ob die Reden tatsächlich so<br />
geistreich sind, steht auf einem<br />
anderen Blatt.<br />
Das richtig gebeugte Wort<br />
gedowngeloadet?<br />
Frage: Heißt es richtig „downgeloadet“<br />
oder „gedownloadet“<br />
oder gar „gedowngeloadet“?<br />
Die richtige Antwort loadet,<br />
Verzeihung, lautet: „heruntergeladen“.<br />
Welche weiteren Wörter sollten<br />
in dieser Wortwelt stehen?<br />
Schreiben Sie uns!<br />
Weltweite Verständigung<br />
durch die internationale Sprache<br />
Ido<br />
Kulturelle und sprachliche Vielfalt ist ein Reichtum der Menschheit<br />
– doch der Prozess des Sterbens von Sprachen dauert an, auch in Europa.<br />
Helfen Sie beim Erhalt der Sprachen und Kulturen:<br />
Mit der neutralen Zweitsprache, geschaffen von einer internationalen<br />
Wissenschaftlergruppe, schützen wir auch unsere Muttersprache.<br />
Informieren Sie sich über eine der leichtesten Sprachen der Welt.<br />
Lernen Sie Ido in kostenlosen (Fern-)Kursen<br />
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Info + Literatur: <strong>Deutsche</strong> Ido-Gesellschaft, Archiv<br />
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Weitere Informationen gegen 55 Cent<br />
in Briefmarken, Kurzkursus 2,50 Euro.<br />
als Treffpunkte und englischsprachige<br />
Informationen der Ulmer Schulen.<br />
Daß sich die baden-württembergische<br />
Sprachpolitik einseitig an den<br />
Deutsch-Schwächen der Einwanderer<br />
ausrichtet, zeigt, wie angreifbar<br />
die Stellung der deutschen Sprache<br />
nach wie vor ist. Erst wenn selbstverständlich<br />
ist, daß die deutsche Sprache<br />
für die Allgemeinheit zu schützen<br />
ist, daß sie Kultur und Identität<br />
gibt, wird die Sprachpolitik auf einer<br />
gesunden Grundlage stehen. Deutsch<br />
muß die unangefochtene Leitsprache<br />
in Deutschland sein.<br />
Kostenlose öffentliche<br />
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finden regelmäßig<br />
in Berlin statt!