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PDF 45 - Deutsche Sprachwelt

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<strong>Deutsche</strong> <strong>Sprachwelt</strong>_Ausgabe <strong>45</strong>_Herbst 2011 Sprachraum<br />

Seite 9<br />

Von Dietrich Scholze<br />

I<br />

m Jahr 631 traten die Vorfahren<br />

des kleinen Volkes ins Licht der<br />

Überlieferung: Sie wurden – auf Latein<br />

als Surbi – in einer fränkischen<br />

Chronik erstmals erwähnt. Zu der<br />

westslawischen Gruppe gehörten<br />

damals etwa 20 Stämme. Darunter<br />

waren die Milzener, die späteren<br />

Obersorben, und die Lusizer, die<br />

späteren Niedersorben, die der Region<br />

ihren Namen gaben: Łužica –<br />

Lausitz. Weitere deutsch-slawische<br />

Berührungsräume existierten an Elbe<br />

und Saale, an Main und Regnitz oder<br />

im Hannoverschen Wendland. Doch<br />

nur die Lausitzer Sorben – bis 19<strong>45</strong><br />

meist Wenden genannt – konnten<br />

Neues zur Straße<br />

der deutschen Sprache<br />

Treffen der Arbeitsgemeinschaft „Straße der deutschen Sprache“ am 7. Juli in<br />

Reppichau Bild: Hildebrandt<br />

A<br />

uf ihrem zweiten Arbeitstreffen,<br />

das am 7. Juli in Reppichau<br />

stattfand (siehe Bild), legte<br />

die Arbeitsgemeinschaft „Straße der<br />

deutschen Sprache“ (AG SddS) die<br />

Zielgruppen der geplanten Ferienstraße<br />

fest. Sie unterscheidet dabei nationale<br />

und internationale Zielgruppen,<br />

und diese schlüsselt sie wiederum<br />

nach Reisemotiven und Bevölkerungsmerkmalen<br />

auf. Außerdem legte<br />

die AG die folgenden Leitsprüche<br />

fest: „Sprache verbindet“; „Sprache<br />

erfahren“; „Wo Sprache lebendig<br />

wird“; „Auf der Spur der deutschen<br />

Sprache“. Diese Leitsprüche sollen<br />

auch die Grundlage für ein Erkennungszeichen<br />

bilden. Dazu wird die<br />

AG voraussichtlich im Frühjahr 2012<br />

einen Wettbewerb ausschreiben.<br />

Weiterhin entwickelte die AG Richtlinien<br />

für die Teilnahme an der Straße.<br />

Dies geschah im Zusammenhang<br />

mit der Erstellung eines Erfassungsbogens,<br />

in dem die Sehenswürdigkeiten<br />

der einzelnen Orte verzeich-<br />

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Einem Teil unserer Ausgabe liegen Prospekte<br />

des Bundes für deutsche Schrift<br />

und Sprache e.V. und des Verlags für<br />

die deutsche Wirtschaft bei. Wir bitten<br />

um freundliche Beachtung. Vielen Dank.<br />

Gering an Zahl, doch sprachbewußt<br />

Wie das kleine Volk der Lausitzer Sorben seine Sprache bewahrt<br />

ihre Sprache, Kultur und Tradition<br />

bis in die Gegenwart bewahren. Diesem<br />

Phänomen liegen zumindest drei<br />

Ursachen zugrunde:<br />

1. der geographische Aspekt: Ober-<br />

und Niederlausitz bilden eine<br />

relativ isolierte, im Norden von<br />

Wäldern und Sümpfen (etwa dem<br />

Spreewald), im Süden von Gebirgen<br />

begrenzte Region.<br />

2. der demographische Aspekt: Die<br />

zahlenmäßige Stärke des Lusizer-,<br />

insbesondere aber des Milzenerstammes<br />

ermöglichte die Ausdehnung<br />

in das zwischen beiden<br />

net werden. All diese Maßnahmen<br />

dienen dazu, die Außendarstellung<br />

vorzubereiten, wie sie zum Beispiel<br />

in Form eines Netzauftritts und eines<br />

Faltblattes geplant ist. Dies ist<br />

in Zusammenarbeit mit den Tourismusvermarktungsgesellschaften<br />

der<br />

Länder geplant.<br />

Unterdessen hat die Magdeburger<br />

Stadtratsfraktion von Bündnis 90/<br />

Den Grünen beantragt, daß die Stadt<br />

sich entgegen einer früheren Entscheidung<br />

der Stadtverwaltung doch<br />

an der „Straße der deutschen Sprache“<br />

beteiligen möge. Im November<br />

soll der Stadtrat darüber entscheiden.<br />

Zwischenzeitlich befaßt sich der Kulturausschuß<br />

damit. „Zeit genug für<br />

die Grünen, um Überzeugungsarbeit<br />

zu leisten“, meinte die „Magdeburger<br />

Volksstimme“ am 21. September.<br />

Das nächste Arbeitstreffen der AG<br />

SddS findet am 17. November in Bad<br />

Lauchstädt statt. (dsw)<br />

www.straße-der-deutschen-sprache.de<br />

Das einzige<br />

Lehrbuch<br />

Stämmen gelegene Heidegebiet.<br />

Der mittelalterliche<br />

Landesausbau aber<br />

betraf diesen Zweig der<br />

Elbslawen nur an der Peripherie.<br />

3. der politische Aspekt:<br />

Die beiden Lausitzer<br />

Markgraftümer befanden<br />

sich zur böhmischen (bis<br />

1635), meißnisch-sächsischen<br />

oder brandenburgischen<br />

Herrschaft stets<br />

in einer Randlage. Sie<br />

waren Nebenländer ohne<br />

Sitz des Landesherrn und<br />

daher zentralistischen<br />

Tendenzen bis ins 19.<br />

Jahrhundert hinein kaum<br />

ausgesetzt.<br />

Die Sorben, die alles in allem<br />

nie mehr als eine Viertelmillion<br />

Menschen zählten<br />

(dies um 1800), haben zwei vollwertige<br />

Sprachen hervorgebracht: Obersorbisch<br />

und Niedersorbisch. Mit<br />

der Epoche der Aufklärung begann<br />

ihre „nationale Wiedergeburt“, in<br />

der eine reiche bäuerliche Volkskultur<br />

zu einer bürgerlichen Hochkultur<br />

ausgebaut wurde. Die wirtschaftliche<br />

Modernisierung, der soziale Wandel<br />

setzten in Sachsen und Brandenburg<br />

nach Aufhebung der Erbuntertänigkeit<br />

ein, im ersten Drittel des 19.<br />

Jahrhunderts. Jetzt benötigten die<br />

sorbischen Bauern das <strong>Deutsche</strong>, um<br />

ihre Erzeugnisse zu vermarkten. Ein<br />

Teil der Bevölkerung wanderte in die<br />

Städte ab. Beruflicher Aufstieg führte<br />

zur Anpassung an das Staatsvolk,<br />

zur Assimilation. Industrialisierung,<br />

Braunkohlegewinnung und Verkehrswegebau<br />

hinterließen tiefe Spuren in<br />

dem strukturschwachen Territorium.<br />

Nach der Reichseinigung von 1871<br />

sank das offizielle Prestige des Sorbischen<br />

oder Wendischen. Um 1900<br />

gab es noch 166.000 Sprachträger,<br />

eine knappe Mehrheit davon in der<br />

preußischen Niederlausitz.<br />

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In der Weimarer Republik entfaltete<br />

sich ein reges nationales und kulturelles<br />

Leben in den Vereinen, erstmals<br />

wurden vom sächsischen Staat<br />

Schullesebücher gedruckt. 1937<br />

jedoch verbot das NS-Regime jede<br />

prosorbische Aktivität, weil sich die<br />

Dachorganisation Domowina („Heimat“)<br />

geweigert hatte, ihre Mitglieder<br />

in einer neuen Satzung als<br />

„wendisch-sprechende <strong>Deutsche</strong>“ zu<br />

deklarieren. Lehrer und Pfarrer beider<br />

Bekenntnisse wurden zwangsversetzt.<br />

Das slawische Bewußtsein<br />

hatte sich, auch durch Kontakte zu<br />

Tschechen, Slowaken, Polen, Russen<br />

oder Ukrainern, gerade unter der Intelligenz<br />

weithin durchgesetzt.<br />

Die DDR betrachtete die Sorben,<br />

mit Rücksicht auf ihre slawischen<br />

Verbündeten, als Brudervolk. 1948<br />

erließ Sachsen das historisch erste<br />

Gesetz zu Schutz und Förderung der<br />

Minderheit. Die rechtliche Stellung<br />

der Sorben war im europäischen<br />

Vergleich vorbildhaft, gesichert war<br />

Karikatur von Bernd Zeller<br />

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nicht nur die zweisprachige<br />

Beschriftung von Ortstafeln,<br />

Straßen und Dokumenten.<br />

Ein differenziertes<br />

Schulsystem wurde eingerichtet,<br />

das bis heute seinen<br />

Auftrag erfüllt. Kulturelle<br />

und wissenschaftliche Einrichtungen<br />

– Folkloreensemble,<br />

Theater, Museen,<br />

Verlag, Forschungsinstitut<br />

– ermöglichten jedermann<br />

die Pflege einer sorbischen<br />

oder sorbisch-deutschen,<br />

also mehrfachen Identität.<br />

Freilich diente die „marxistisch-leninistischeNationalitätenpolitik“<br />

auch einem<br />

politisch-ideologischen<br />

Zweck: der Einbindung der<br />

Minderheit in die realsozialistische<br />

Ordnung.<br />

Ende 1989 konstituierte sich<br />

an der Basis eine Sorbische<br />

Volksversammlung, die eine Reihe<br />

von Forderungen aufstellte. Sie<br />

betrafen den Schutz des sorbischen<br />

Siedlungsgebiets vor der weiteren<br />

Zerstörung durch den Braunkohlebergbau,<br />

die Zweisprachigkeit bei<br />

staatlichen Behörden, die Entwicklung<br />

von Kultur, Schule und Kirche<br />

sowie die Wiederzulassung der Vereinstätigkeit.<br />

Der deutsch-deutsche<br />

Einigungsvertrag von 1990 garantierte<br />

den Sorben in einer Protokollnotiz<br />

die Wahrung ihrer nationalen<br />

Identität. Grundlegende Rechte gewähren<br />

unterdessen Brandenburg<br />

und Sachsen in ihren Verfassungen<br />

und in besonderen „Sorbengesetzen“<br />

den „Ureinwohnern“ der Lausitzen.<br />

Im Zeitalter der Globalisierung leidet<br />

jede alteingesessene, autochthone<br />

Minderheit unter der Assimilation an<br />

größere Kulturen. Man spricht heute<br />

von 50 000 bis 60 000 Menschen<br />

sorbischer Herkunft in Deutschland,<br />

davon zwei Drittel in der Ober- und<br />

ein Drittel in der Niederlausitz. Legt<br />

man jedoch die Sprachbeherrschung<br />

zugrunde, dann bleibt nur die Hälfte:<br />

etwa 25 000 Sprecher des Obersorbischen<br />

(darunter 15 000 Katholiken)<br />

und bis zu 5 000 des Niedersorbischen.<br />

Daher läuft seit 1998 mit dem<br />

Witaj-Modellprojekt ein groß angelegter<br />

Versuch zur Wiederbelebung der<br />

Sprache, namentlich in Kindergärten<br />

und Schulen. Denn Schönreden hilft<br />

nicht: Falls diese Aktion scheitert, ist<br />

die sorbische nationale Substanz langfristig<br />

in ihrem Kern gefährdet.<br />

Prof. Dr. Dietrich Scholze ist Direktor<br />

des Sorbischen Instituts, Sächsischer<br />

Kultursenator und Chefredakteur des<br />

„Lě topis. Zeitschrift für sorbische<br />

Sprache, Geschichte und Kultur“.<br />

www.serbski-institut.de<br />

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