Regenbogenparade 2008 im Rückblick - LAMBDA-Nachrichten
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In Budapest hatte die Polizei heuer größte Mühe, den aggressiven Mob in Schach zu halten und ein Blutbad zu verhindern.<br />
enischen Medien war überwältigend.<br />
Seitenweise wurde darüber<br />
berichtet, auch Tage später<br />
stand die italienische Amtskirche<br />
ob der kirchenkritischen<br />
Kommentare noch Kopf.“<br />
Budapest: Polizei<br />
verhindert Blutbad<br />
Am schl<strong>im</strong>msten waren dieses<br />
Jahr die Ausschreitungen gegen<br />
eine Pride-Parade wohl in Budapest<br />
am 5. Juli. „Die Gewalt gegen<br />
die Homosexuellenparade<br />
hätte in einem Blutbad geendet,<br />
hätte sie die Polizei nicht vehement<br />
geschützt“, berichtet Ungarn-Korrespondent<br />
Gregor Mayer<br />
<strong>im</strong> Standard am 7. Juli: „Man<br />
muss diese bierdunstdumpfe Mischung<br />
aus Karnevals- und Pogromst<strong>im</strong>mung<br />
miterlebt haben,<br />
wie sie da unter den homophoben<br />
Zaungästen der Budapester<br />
Gay-Pride-Parade am Samstag<br />
herrschte. Diese St<strong>im</strong>mung<br />
findet sich schon seit längerem<br />
überall dort, wo die Schwarzhemden<br />
der ‚Ungarischen Garde‘<br />
aufmarschieren oder wo das angebliche<br />
Volk den Platz vor dem<br />
Parlament besetzt. Kulminiert ist<br />
dies alles <strong>im</strong> Herbst 2006, als<br />
nach dem Bekanntwerden der<br />
berüchtigten ‚Lügenrede‘ des<br />
sozialistischen Premiers Ferenc<br />
Gyurcsány Rechtsextremisten<br />
das Fernsehgebäude in Brand<br />
steckten.“<br />
Und Mayer liefert auch gleich die<br />
politische Analyse mit: „Salonfähig<br />
gemacht hat den rechtsrechten<br />
Ungeist der Rechtspopulist<br />
Viktor Orbán. Als er zwischen<br />
1998 und 2002 das Land regierte,<br />
arbeitete er taktisch mit der<br />
rechtsextremen Partei MIÉP von<br />
István Csurka zusammen. Für ihn<br />
und seinen ‚Bund junger Demokraten‘<br />
(Fidesz) gibt es – sei es<br />
aus Machtkalkül, sei es aus gefühlter<br />
ideologischer Nähe – keine<br />
wirkliche Abgrenzung nach<br />
rechts außen.“<br />
Von einer „Lynch- und Pogromst<strong>im</strong>mung“<br />
sprach nach der Parade<br />
auch die sozialistische Europaabgeordnete<br />
Katalin Lévai.<br />
Sie und der frühere Staatssekretär<br />
Gábor Szetey, der sich <strong>im</strong> Vorjahr<br />
als erstes ungarisches Regierungsmitglied<br />
als schwul geoutet<br />
hatte (vgl. LN 1/08, S. 28<br />
f), wurden am Ende der Parade<br />
von einem Polizeiwagen in Sicherheit<br />
gebracht, dessen Windschutzscheibe<br />
durch einen Steinwurf<br />
demoliert wurde. Der liberale<br />
Politiker Gábor Horn wurde<br />
nach Verlassen der Veranstaltung<br />
von Neonazis bespuckt, geohrfeigt<br />
und mit Bier begossen. Der<br />
bekannte Radioreporter József<br />
Orosz wurde verprügelt. Bilanz<br />
der Ausschreitungen: 57 Festnahmen,<br />
zwölf verletzte PolizistIn-<br />
In Bologna ging’s am 28. Juni hingegen sehr friedlich zu.<br />
FOTO: ARCILESBICANAZIONALE (FLICKR)<br />
nen, zwölf beschädigte Polizeifahrzeuge.<br />
Dabei findet in Budapest der Gay<br />
Pride seit 1997 statt, und zehnmal<br />
ist die Parade friedlich über<br />
die Bühne gegangen! Erst <strong>im</strong> Vorjahr<br />
kam es zum ersten Mal zu An-<br />
und Übergriffen. Das schien damals<br />
auch die Polizei überrascht<br />
zu haben, denn sie reagierte eher<br />
passiv. Dieses Jahr war man aber<br />
gewarnt, nicht zuletzt durch den<br />
Umstand, dass es in der Woche<br />
vor der Parade zwei Anschläge<br />
mit Molotow-Cocktails auf Szenelokale<br />
in Budapest gab, wobei<br />
niemand verletzt wurde. Die Polizei<br />
reagierte jedenfalls professionell,<br />
schützte die ParadenteilnehmerInnen<br />
vor dem gewalttätigen<br />
Mob und bekam dabei selber das<br />
Ärgste ab. Ihr Einsatz wurde daher<br />
ausdrücklich von den ParadenorganisatorInnen<br />
gelobt.<br />
KURT KRICKLER<br />
Mitarbeit: JOHANNES<br />
LANGER, JONA SOLOMON<br />
und MARKUS KÖNIG<br />
nachrichten<br />
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