Das Buch der Menschlichkeit - The Dalai Lama Foundation

7. Kapitel – Die Ethik der Tugend
Hauptpunkte
Eine Ethik der Tugend is notwendig, um uns echtes Glück und inneren Frieden erleben zu
lassen. Ein tibetanisches Sprichwort lautet: Tugendhaft zu handeln ist so schwer, wie einen Esel
bergauf zu treiben, aber destruktiv zu handeln ist so leicht, wie Felsbrocken bergab zu rollen.
Durch ständige Praxis und Bemühung wird die Ausübung von Tugend spontan und zur
Gewohnheit.
Eine Ethik der Tugend fordert, dass wir unsere positiven Qualitäten bewußt, aktiv und
ununterbrochen ausüben und vertiefen. Unter diesen Qualitäten verstehen wir die ganz
grundlegenden menschlichen und spirituell-geistigen Eigenschaften. Nach der Liebe selbst sind
diejenigen Eigenschaften zu betonen, die in dem tibetanischen Begriff ‚sõ pa’ enthalten sind.
Sõ pa. Oft wird dieser Begriff einfach mit Geduld oder Ertragen-können übersetzt, aber in
einem tieferen Sinn schließt er auch Mut und Selbstkontrolle mit ein, nämlich die Fähigkeit,
angesichts von Schwierigkeiten eine ruhige Haltung zu bewahren. Somit bezeichnet er eine
bewußte und überlegte Reaktion auf starke negative Gedanken und Gefühle. Sõ pa verleiht uns
die Kraft, dem Leiden zu widerstehen und bewahrt uns davor, unser Mitgefühl für diejenigen zu
verlieren, die uns Schaden zufügen wollen. Außerdem bedeutet sõ pa eine gewisse
Entschlossenheit, negativen Impulsen nicht nachzugeben und nicht Leid mit Leid zu vergelten.
Auf diese Weise praktizieren wir wahre Gewaltlosigkeit.
Wir sollten allerdings sõ pa nicht mit bloßer Passivität verwechseln. Wenn harte Worte oder
energische Maßnahmen erforderlich sind, verhindert das Prinzip des sõ pa, dass wir uns von
negativen Gedanken oder Gefühlen überwältigen lassen. Es bewahrt unsere innere Haltung, so
dass wir in der Lage sind, eine angemessene gewaltlose Reaktion zu wählen. Wir bleiben
standhaft und mutig, selbst wenn wir Angst haben. Unsere Handlungsweise ist somit in
ethischer Hinsicht untadelig.
Entwicklung von sõ pa. Um in schwierigen Situationen Geduld an den Tag legen zu können,
müssen wir sie täglich ausüben. Dabei hilft es, wenn wir uns die Vorteile von Geduld vor Augen
führen, wie zum Beispiel:
• Wenn wir mit einem Urteil zurückhalten, unser Mitgefühl aktivieren, und der
Vergebung Platz einräumen.
• Wenn wir ein gewisses Maß an Ruhe und Gelassenheit entwickelt haben, erleichtert
das den Kontakt zu anderen.
• Wenn wir durch Entwicklung von Geduld emotional besser gefestigt sind, dann
profitieren wir auch gesundheitlich.
• Geduld ist das stärkste Gegengewicht zu den Heimsuchungen der Wut und der Ärgers.
Außerdem ist es hilfreich, wenn wir bedenken, dass Notlagen nicht unbedingt eine Bedrohung
unseres Seelenfriedens darstellen, sondern eher eine gute Gelegenheit sind, Geduld zu
praktizieren. Menschen, die uns Leid antun wollen, lehren uns sõ pa.
Qualitäten, die emotionalen Heimsuchungen entgegenwirken:
Studienanleitung für Das Buch der Menschlichkeit —
www.dalailamafoundation.org/studyguides
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