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Theaterzeitung Februar 2013 - Theater Hagen

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Der Wildschütz oder die Stimme der Natur<br />

aber gelang Lortzing daneben auch die Parodie<br />

einer exzessiven Sophokles-Schwärmerei. Nur<br />

wenige Monate nach der Potsdamer Aufführung von<br />

Sophokles´ „Antigone“ mit der Musik Mendelssohns<br />

war der Funke der Begeisterung auch nach Leipzig<br />

übergesprungen. Lortzing verspottet die damalige<br />

Gräkomanie in der närrischen Suada der Gräfin, die<br />

sie der Dienerschaft zu Beginn des 2. Aktes vorträgt.<br />

Unmissverständlich entlarvt in dieser Episode der<br />

banale Allerwelts-Ton der letzten Zeile („Schade,<br />

schade, dass wir´s nicht verstehn“) die natürlich<br />

nur vorgegebene Begeisterung. Gerade bei dieser<br />

Parodie der spleenigen Griechenschwärmerei macht<br />

sich Lortzing, der auf Geschraubtheit und Bigotterie<br />

allergisch reagierte, zum Anwalt des „gesunden<br />

Menschenverstandes“.<br />

Ein MeisterwerK<br />

„Lortzing componirt nicht im Schweisse seines<br />

Angesichts, sondern unter Lächeln“, schrieb<br />

ein Rezensent nach der ersten Aufführung des<br />

„Wildschütz“ in Frankfurt am Main. Auf jeden<br />

Fall hatte sein Name einen so guten Klang<br />

gewonnen, dass die neue Oper bald nach<br />

der Leipziger Uraufführung von anderen Bühnen<br />

nachgespielt wurde. In Berlin, wo das Publikum<br />

„vom zweiten Akt an fortwährend im Lachen“ blieb,<br />

waren „vorzüglich des pikanten und belustigenden<br />

Sujets wegen“ die Eintrittskarten sofort vergriffen.<br />

<strong>Februar</strong> <strong>2013</strong><br />

Baculus<br />

Der etwas andere, junge Blick hinter die Kulissen mit und von Jeannie Hannibal.<br />

8440 km und ein alter Koffer. Ein junger Amerikaner<br />

in <strong>Hagen</strong>. Ein Mann, der die Frau seines Vaters liebt.<br />

Eine neugierige Kolumnistin auf der Suche nach einer<br />

guten Story.<br />

Was das Ganze soll? Nein, hierbei handelt es sich nicht<br />

um ein Stück unseres theaterhagen, sondern vielmehr<br />

um ein Comeback – und ein Date von alten Bekannten.<br />

Darf ich euch ein Geheimnis anvertrauen? Aber ihr<br />

müsst es natürlich für euch behalten! Ich habe mich<br />

nämlich ein bisschen verliebt… Könnt ihr euch noch<br />

daran erinnern, wie ich euch von dem Probenbesuch<br />

bei „Don Carlo“ erzählt habe? Und erinnert ihr euch<br />

auch noch an mein Treffen mit dem amerikanischen<br />

Austauschschüler Wiley?* Nach dem Interview mit<br />

Wiley hatte ich eine Idee, die mir nicht mehr aus dem<br />

Kopf ging. Wie es wohl wäre, einmal gemeinsam<br />

ins <strong>Theater</strong> zu gehen? Und warum nicht in ein so<br />

romantisches Stück wie „Don Carlo“?<br />

Gedacht. Getan. Ganz ehrlich: Ein Date im theaterhagen<br />

kann ich euch nur ans Herz legen. Vielleicht werdet ihr<br />

im Publikum fast die Einzigen in eurem Alter sein. Aber<br />

Kritik gab es dagegen wegen der vermeintlichen<br />

Frivolität des Werkes. Wie bei Mozarts Oper „Così<br />

fan tutte“, die manche Bearbeiter im 19. Jahrhundert<br />

gewaltsam zu „moralisieren“ suchten, stand auch<br />

beim „Wildschütz“ eine Zeitlang das Sujet einer<br />

durchgreifenden Rezeption im Wege. In einer<br />

moralinsauren Zeit wurde Jahrzehnte hindurch<br />

dem „Wildschütz“ vom „Waffenschmied“ und<br />

vor allem vom „Zar und Zimmermann“ der Rang<br />

abgelaufen. Erst im 20. Jahrhundert setzte sich die<br />

Erkenntnis durch, dass Lortzing gerade<br />

mit dem „Wildschütz“ eine Oper<br />

geschaffen hatte, die das Etikett<br />

„Meisterwerk“ verdient.<br />

dafür trefft ihr hier keine störenden Spione, die am<br />

nächsten Tag im Freundeskreis oder wo auch immer<br />

ihren neuesten Klatsch loswerden wollen („Ich habe<br />

euch gestern gesehen, was läuft denn da?“). Außerdem<br />

sind im <strong>Theater</strong> die Sitze ein kleines bisschen näher<br />

zusammen als im Kino – perfekte Ausgangssituation,<br />

um sich ganz zufällig näher zu kommen. Und wenn einer<br />

von euch beiden dann den Kopf ein bisschen drehen<br />

muss, um durch eine Lücke auf die Bühne zu schauen,<br />

kommt das einer romantischen, idealtypischen Szene<br />

wie aus dem Drehbuch zu einem Liebesfilm schon<br />

verdammt nahe …<br />

Unabhängig davon – sei es nun für ein erstes Date,<br />

oder ein zweites, drittes… – ist „Don Carlo“ ein klasse<br />

Stück und alles andere als spießig oder langweilig. Nur<br />

am Rande erzählt: Es gab eine Szene, in der ein Kerl<br />

seiner Angebeteten unter den Rock guckt, nachdem<br />

sie ihn dazu aufgefordert hat. Und das Beste an dieser<br />

Szene: Keiner im Publikum wird rot. Krass! Ich konnte<br />

mich letztlich aber gar nicht entscheiden, was mich am<br />

meisten umgehauen hat. Die mitreißende Performance<br />

des Orchesters? Das aufwendige Bühnenbild, das<br />

Kinderchor<br />

sieben (!) verschiedene<br />

„Bilder“ zeigte? Die<br />

spannenden Momente, in<br />

denen Don Carlo für seine<br />

Liebe Elisabetta kämpft?<br />

Oder der nette Amerikaner<br />

neben mir? ;-)<br />

Nach so einem Stück kann der schöne <strong>Theater</strong>abend<br />

natürlich nicht im Raum stehen bleiben. Geht doch<br />

mit eurem Date noch etwas trinken, so wie Wiley<br />

und ich. Selbstverständlich bleibt es eurer Fantasie<br />

überlassen, was ihr aus dem angebrochenen Abend<br />

macht! Schreibt mir doch mal, was aus eurem Date<br />

geworden ist.<br />

Nur Mut – ich habe mich schon im theaterhagen<br />

verliebt. Habt ihr auch schon Schmetterlinge im<br />

Bauch?<br />

Bis bald<br />

Weitere Termine: 8./ 22.3., 17./ 21.4. (18.00 Uhr),<br />

24.4., 21./ 30.5. (18.00 Uhr), 16.6. (15.00 Uhr), 22./<br />

30.6. (18.00 Uhr) und 7.7.<strong>2013</strong> (15.00 Uhr) – jeweils<br />

um 19.30 Uhr, wenn nicht anders angegeben<br />

Lehrertisch zu DER WILDSCHÜTZ<br />

am 28. <strong>Februar</strong> <strong>2013</strong> um 18.15 Uhr<br />

im <strong>Theater</strong>café.<br />

Zu Gast: Dramaturg Thilo Borowcak.<br />

Anmeldung unter<br />

www.theater.hagen.de oder<br />

miriam.walter@stadt-hagen.de.<br />

Materialmappen für den Schulunterricht<br />

können kostenfrei bestellt werden bei<br />

miriam.walter@stadt-hagen.de,<br />

Tel. 02331/207-3282<br />

* Dezember- und Januar-<br />

ausgabe der <strong><strong>Theater</strong>zeitung</strong>, Anm. d. Redaktion<br />

kultich.theaterhagen@gmail.com<br />

theaterzeitung<br />

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