Programmheft - Badisches Staatstheater Karlsruhe
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nen Halbton (h) verfehlte Grundton bei den<br />
Phrasen „seh‘ ich ihn allein“, „schwebt<br />
sein Bild mir vor“, „nicht begehr‘ ich mehr“<br />
sowie „weinen still im Kämmerlein“. Doch<br />
sobald die Singstimme ihren Zielton erreicht<br />
hat, verfehlt die Klavierbegleitung<br />
den B-Dur-Akkord um einen halben Ton (fis<br />
statt f).<br />
In klaren Achtelakkorden rauscht er, der<br />
herrlichste von allen vorüber. In der Art<br />
einer Reprise werden die ersten Worte bekräftigend<br />
am Ende wieder aufgenommen.<br />
Zu Beginn erklingt das charakteristische<br />
Dreiklang-Motiv in der frommen Tonart<br />
Es-Dur, am Ende in der reinen Tonart C-<br />
Dur. Als Synthese dieser beiden Tonarten<br />
entpuppt sich das c-moll in ich kann’s<br />
nicht fassen, nicht glauben, einem Lied,<br />
das eher von Harmonik als von differenzierter<br />
Rhythmik geprägt ist. Die Melodie<br />
besteht aus Tonwiederholungen, heiteren<br />
Quart-, Quint- und Sextsprüngen „O lass<br />
im Träume mich sterben“ sowie pathetisch-chromatischen<br />
Passagen „es hat ein<br />
Traum mich berückt“. Auffällig ist jedoch,<br />
dass Schumann im Mittelteil ab den Worten<br />
„Mir war’s er habe gesprochen“ in der<br />
geschlossenen Liedform einen überraschend<br />
dramatischen Eingriff vornimmt: Er<br />
komponiert in einem freien rezitativischen<br />
Deklamationsrhythmus.<br />
Du ring an meinem finger ist eine innige<br />
Romanze, es erstreckt sich eine periodisch<br />
gegliederte Melodie auf den gebrochenen<br />
Akkorden des Klaviers. Bei den Worten<br />
„Ich will ihm dienen“ ertönen die Achtelrepetitionen<br />
von er, der herrlichste von<br />
allen ein weiteres Mal, gehen aber rasch<br />
wieder in der Weihestimmung des A-Teils<br />
unter. Ein plastisches Hochzeitsgemälde<br />
schuf Schumann in helft mir, Schwestern,<br />
freundlich mich schmücken. Eine reine<br />
12<br />
Tonalität ohne Eintrübung durchzieht den<br />
Großteil des Liedes, in dem sich die Braut<br />
für die Hochzeit schmückt. Eine Eintrübung<br />
mit hörbaren Tief-Alterationen auf<br />
die Worte „Aber euch Schwestern grüß‘<br />
ich mich Wehmut“ erzeugt einen melancholischen<br />
Abschiedsschmerz, bevor das<br />
Lied abrupt in einem heiteren Hochzeitsmarsch<br />
ausklingt. Ebenso ergreifend ist<br />
die Klangsprache, die der Komponist für<br />
die letzten Gedanken vor der Hochzeitsnacht<br />
fand. Die Braut sieht sich in Süßer<br />
freund bereits als baldige Mutter, während<br />
sich zu den Worten „dass ich fest<br />
und fester nur dich drücken mag“ in einem<br />
nahezu Wagner‘schen Liebesrausch die<br />
Klavierbegleitung teils verdichtet, teils<br />
wieder entspannt, um mit innig-farbigen<br />
Harmonien im Nachspiel auszuklingen.<br />
In verklärter Ekstase hört man im letzten<br />
Takt noch einmal fragmentarisch und isoliert<br />
den Ausruf „dein Bildnis“.<br />
an meinem herzen, an meiner Brust ist<br />
das Charakterbild einer starken Frau, die<br />
glücklich ihr Kind im Arm hält. Die strahlende<br />
Heldentonart D-Dur bestärkt diesen<br />
Habitus. Zum ersten Mal steht nicht mehr<br />
der Mann im Mittelpunkt ihres Glückes.<br />
Insbesondere die Worte „nur eine Mutter<br />
weiß allein, was lieben heißt und glücklich<br />
sein“ zeugen davon. Beim Erklingen<br />
des letzten Liedes im Zyklus fühlt man<br />
sich stark an Schuberts Leiermann erinnert.<br />
Auch in hier hast du mir den ersten<br />
Schmerz getan verschwindet die Melodik<br />
in trister Deklamation. Der Gesang dieses<br />
äußerst kurzen Liedes endet bereits nach<br />
21 Takten. Das Nachspiel gleicht einem<br />
„Lied ohne Worte“, das in wehmütiger<br />
Rückbesinnung die Melodik des Zyklusbeginns<br />
Seit ich ihn gesehen wieder aufgreift.<br />
Leichtigkeit und Schwärmerei sind<br />
verschwunden und jene reine Harmonik,