28.03.2013 Aufrufe

Digitaltrends_1-2013

Digitaltrends_1-2013

Digitaltrends_1-2013

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Vom Websurfer zum Geosklaven – Über den<br />

digitalen Alltag in der Oversharing-Gesellschaft<br />

Wahrscheinlich gibt es Oversharing – das exzessive Teilen persönlicher Informationen – bereits so lange wie es Kommunikationsmedien<br />

gibt. Wer sich heute darüber amüsiert oder besorgt, dass jeden Mittag Hunderttausende ihr<br />

Mittagessen abfotografieren und über Facebook, Twitter oder Instagram teilen, hätte vermutlich vor 18.000 Jahren<br />

auch dem Höhlenmaler von Lascaux gesagt: „Gut, du hast heute Pferde gesehen. Aber deshalb musst du das doch<br />

nicht der ganzen Welt mitteilen.“ Ein weiteres Beispiel für das prädigitale Oversharing ist die in den 1970er- bis<br />

1980er-Jahren weit verbreitete Praxis der gemeinsamen Dia-Abende, auf denen fast immer zu viel gezeigt wurde.<br />

Mit der breiten Durchsetzung von Smartphones – im<br />

Oktober 2012 waren weltweit erstmals eine Milliarde davon<br />

im Einsatz – hat sich das Teilen persönlicher Informationen<br />

gegenüber den Vorstufen Höhlenmalerei und Dia-Abend<br />

potenziert. Dazu kommen die vielen zum Teil vorinstallierten<br />

Anwendungen, mit denen man sein gesamtes Leben, angefangen<br />

vom aktuellen Standort und den Reisezielen<br />

über die gerade gehörte Musik und gesehenen TV-Serien<br />

bis hin zum aktuellen Blutdruck und der morgendlichen<br />

Joggingstrecke (mit)teilen kann.<br />

Die immer weitere Verbreitung des Gefühls, persönliche<br />

Informationen zu erhalten, die man eigentlich gar nicht<br />

wissen möchte, hat mehrere Gründe: Zum einen das schiere<br />

Wachstum der Informationen – allein auf Twitter werden<br />

jeden Tag eine halbe Milliarde Statusupdates gepostet,<br />

mehr als eine Verdopplung in den letzten 12 Monaten.<br />

Zum anderen nimmt die Segmentierung der Online-Freundeskreise<br />

zu. Facebook startete 2004 als reines Hoch-<br />

schulnetzwerk. Mittlerweile findet man dort Kontakte aus<br />

nahezu allen Lebensphasen und Lebensbereichen. Soziologisch<br />

spricht man vom „Kollabieren sozialer Kreise“,<br />

wenn auf einmal Nachrichten und Statusmeldungen aus<br />

den Bezugssystemen Arbeit, Familie, Freizeit, romantische<br />

Liebe etc. unsortiert in ein und demselben Nachrichtenstrom<br />

fließen.<br />

Ein weiterer Verstärker des Oversharings ist der Bedeutungsgewinn<br />

der memetischen Kommunikation. Meme<br />

können Bilder, aber auch Metaphern sein, die innerhalb<br />

einer bestimmten Community so stark verbreitet sind, dass<br />

sie als kulturelles Wissen vorausgesetzt werden können.<br />

Außerhalb dieser Community jedoch kann die Bedeutung<br />

dieser Meme nur schwer entziffert werden, so dass sich inzwischen<br />

Verzeichnisse wie KnowYourMeme.com herausgebildet<br />

haben. Meme sind innerhalb der Community hochgradig<br />

anschlussfähig und verursachen in vielen Fällen<br />

ein virales Anwachsen der Kommunikation. Für die Au-<br />

PersPektiVen | VoM weBsurFer ZuM GeoskLaVen<br />

29

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!