Digitaltrends_1-2013
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PersPektiVen | VoM weBsurFer ZuM GeoskLaVen 32<br />
» In der sozialen Dimension kann man<br />
Oversharing als Daten-Umverteilungsprozess<br />
beschreiben, in dem wertvolle<br />
Informationen aus den Händen der<br />
Bürger in den Besitz großer Konzerne<br />
wandern. «<br />
In der sozialen Dimension kann man Oversharing als Daten-Umverteilungsprozess<br />
beschreiben, in dem wertvolle<br />
Informationen aus den Händen der Bürger in den Besitz<br />
großer Konzerne wandern. Häufig sind die mit Locationbased<br />
Services produzierten und gesammelten Daten sogar<br />
der wertvollste Teil der Unternehmen – insbesondere im<br />
Big-Data-Zeitalter, in dem Daten als das neue Öl gelten.<br />
Auf der anderen Seite ist das aber genau der Pakt, den<br />
man mit der Anmeldung bei diesen Plattformen unterschreibt.<br />
Diese Plattformen sind nur scheinbar „kostenlos“.<br />
In Wirklichkeit sind die Aufmerksamkeit und vor allem die<br />
Daten der Nutzer die Währung, in der man diese Dienste<br />
bezahlt.<br />
Ob und in welchem Umfang man seine privaten Daten im<br />
Internet veröffentlicht, mag eine Entscheidung nach persönlichen<br />
Vorlieben sein. Was jedoch dahinter steckt, ist<br />
eine tiefgreifende Veränderung des Internets: War das Internet<br />
ursprünglich noch eine „virtuelle Realität“, die im<br />
leeren Raum zwischen den Geräten entstehen konnte, wird<br />
heute mit jedem Check-in, jedem neu eingetragenen<br />
Polygon in OpenStreetMap und jedem geokodierten Instagram-Foto<br />
die digitale Realität stärker mit der physikalischen<br />
Welt verknüpft. Beide Welten verschmelzen langsam<br />
zu einer einzigen Welt, die im Augenblick – so das Ergebnis<br />
einer Studie an der Oxford University – allerdings noch<br />
ungleich verteilt ist: In Norwegen gibt es über 400.000<br />
Geodatenpunkte pro Einwohner, in Deutschland nur knapp<br />
150.000 (M. Graham, M. Zook, <strong>2013</strong>). Ganz unabhängig<br />
von der Frage, wer diese Daten im Alltag nutzt, damit Milliardenumsätze<br />
erzielt oder sie zu Überwachungszwecken<br />
auswertet, entsteht quasi im Vorbeigehen eine neue<br />
Realität jenseits des Digital-Analog-Dualismus. Der digitale<br />
Flaneur nimmt nicht nur die Welt um sich herum mit allen<br />
Sinnen auf wie noch bei Walter Benjamin, sondern er<br />
schafft mit jedem Schritt eine neue Welt.<br />
Über den autor<br />
Dr. Benedikt Köhler<br />
Dr. Benedikt Köhler studierte in München<br />
Soziologie, Ethnologie und Psychologie.<br />
2008 war er Mitgründer der<br />
Arbeitsgemeinschaft Social Media e.V.,<br />
deren stellvertretender Vorstand er<br />
gegenwärtig ist. Heute ist er in der<br />
Beratungsagentur d.core als Director<br />
Data & Innovation unter anderem für<br />
die Themen Social Media und Big Data<br />
verantwortlich.