Pastorale Entwicklungstrends aus der Sicht der Praktischen Theologie

zwischen, soziologisch gesehen, binnenkirchlichen und nicht-kirchlichen Orten” (ebd. 279). Es
ginge darum, bisher nur sehr formal verbundene pastorale Handlungsorte wie Gemeinde,
Religionsunterricht, kategoriale Seelsorge und diakonische Einrichtungen in einen Austausch zu
bringen über ihre jeweiligen “evangelisatorischen Erfahrungen”, um einen weitgehenden
“pastoralen Autonomismus” produktiv zu unterbrechen (ebd. 277).
Territorial- und Funktional-Struktur
Wenn es aber darüber hinaus auch um Veränderungen der Territorial-Struktur geht, so scheinen
mir folgende Fragen wichtig: Es geht primär um die strukturelle Frage der Bedeutung der “Kirche
vor Ort” und, in Verbindung damit, um die Strukturierung der Seelsorge in “sozialer Nähe” zu den
Menschen. Anders gesagt: Seelsorge soll sich ausrichten am menschlichen Bedarf an (örtlicher)
Beheimatung und den mobilen Lebensräumen in einer hochdifferenzierten Gesellschaft gleichzeitig.
Von diesem doppelten Bedarf her müssten “Pastoralräume” gleichzeitig territorial und funktionalarbeitsteilig
strukturiert werden im Sinne “pastoraler Verbundsysteme” (Ebertz), in dem verschiedene
Aufgaben wahrgenommen, aber auch eine dichte Kommunikation zwischen allen haupt- und
ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen hergestellt werden sollen.
Personal-Struktur
Von dem Personalbedarf solcher pastoraler Verbundsysteme müsste sich die eigentliche
Personalplanung leiten lassen. Fähigkeiten zur Leitung - von Gemeinden und Teams - müssten
ebenso eine Rolle spielen wie Fähigkeiten zur Kooperation und Kommunikation, ebenfalls in und
zwischen Gemeinden wie innerhalb von Seelsorgeteams. Der Rekrutierung, Befähigung und
Anerkennung ehrenamtlicher Mitarbeit kommt eine bedeutende Rolle zu. Aber auch verschiedene
und kontinuierliche Prozesse von Gemeinde-Beratung und Personal-Supervision sind von grösster
Bedeutung.
Noch einmal mit Rainer Bucher plädiere ich für eine “Umkehrung der Prioritäten”: “Denn die
Gläubigen, ihre Glaubenserfahrungen und -praktiken, ihre evangelisatorischen Entdeckungen und
Niederlagen, sie sind es, weswegen es die kirchlichen Institutionen gibt, nicht umgekehrt” (ebd.
279).
Literatur
Bucher Rainer 2004, Neuer Wein in alte Schläuche? Zum Innovationsbedarf einer missionarischen Kirche,
in: Sellmann Matthias (Hg.), Deutschland - Missionsland. Zur Überwindung eines pastoralen Tabus, Freiburg
iBr., 249-282
Die französischen Bischöfe 2001, “Den Glauben vorschlagen in der heutigen Gesellschaft”. Der Brief an die
Katholiken in Frankreich, Traduction allemande ..., in: Müller Hadwig, Schwab Norbert, Tzscheeetzsch
Werner (Hg.). Sprechende Hoffnung - werdende Kirche. Proposer la foi dans la société actuelle. Den
Glauben vorschlagen in der heutigen Gesellschaft, Ostfildern, 16-74
Ebertz Michael N. 2003, Aufbruch in der Kirche. Anstösse für ein zukunftsfähiges Christentum, Freiburg i.Br.
Memorandum: Für eine zukunftsfähige Kirche! 1992, in: Fuchs Ottmar, Greinacher Norbert, Karrer Leo,
Mette Norbert, Steinkamp Hermann, Der pastorale Notstand. Notwendige Reformen für eine zukunftsfähige
Kirche, Düsseldorf, 112-126
Steinkamp Hermann 1995, Der Hoffnungsschimmer. Solidarische und verbindliche Gemeindepraxis, in:
Fuchs Ottmar, Greinacher Norbert, Karrer Leo, Mette Norbert, Steinkamp Hermann, Das Neue wächst.
Radikale Veränderungen in der Kirche, München, 96-114
Zulehner Paul Michael 2004, Kirche im Umbau. Für eine Erneuerung im Geist des Evangeliums, in:
HerderKorrespondenz 58 (2004), 119-124
28. Juni 2005 mk
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