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Pastorale Entwicklungstrends aus der Sicht der Praktischen Theologie

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esultierenden Konsequenzen für die hiesige Gemeindepastoral lauten: ‘Bekehrung in <strong>der</strong><br />

Metropole’ (P. Frostin) und: Alphabetisierung in Sachen Solidarität” (ebd. 112).<br />

Die Praxis <strong>der</strong> lateinamerikanische Basisgemeinden bilden den Hintergrund für die Überwindung<br />

<strong>der</strong> volkskirchlichen Pastoral und für Steinkamp heisst das: “Gemeinde und Solidarität definieren<br />

sich wechselseitig” (ebd.). Wo Solidaritätspraxis im Sinne weltweiter Befreiungspraxis gelebt wird,<br />

da ist christliche Gemeinde und umgekehrt: Gemeinde ist nur dann christlich, wenn sich ihre Praxis<br />

<strong>der</strong> theologischen Essenz des Samaritergleichnisses verpflichtet weiss: nämlich <strong>der</strong> Fähigkeit zur<br />

“compassion”, <strong>der</strong> Fähigkeit, berührbar zu bleiben angesichts <strong>der</strong> Leidens <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en (vgl. ebd.<br />

113).<br />

2.4 Einige Impressionen zum Brief <strong>der</strong> französischen Bischöfe<br />

“Proposer la Foi dans la société actuelle” (1996)<br />

Im Jahr 1996 haben die Bischöfe Frankreichs einen Brief an die Katholikinnen und Katholiken<br />

veröffentlicht unter dem Titel “Proposer la Foi dans la société actuelle”. Es ist vielleicht<br />

bezeichnend für die unterschiedliche Stimmung in <strong>der</strong> deutschen und <strong>der</strong> französischen<br />

katholischen Kirche, dass wir uns hierzulande schwer tun mit <strong>der</strong> Übersetzung des Wortes<br />

“proposer”. Was ist auf deutsch gemeint: (den Glauben) vorschlagen, anbieten, einbringen?<br />

Mich hat sehr beeindruckt die Haltung <strong>der</strong> französischen Bischöfe, die in diesem unscheinbaren<br />

Wort und Vorgang des “proposer” zu finden ist: Eine Haltung, die auf jegliches Besitzstandsdenken<br />

verzichtet, welche die große Tradition - das Erbe - des französischen Katholizismus zwar kennt und<br />

schätzt, aber sich nicht darauf autoritativ berufen will. Eine Haltung <strong>der</strong> Offenheit, die gerade, weil<br />

sie <strong>der</strong> eigenen Identität vertraut, ganz auf die innere Pl<strong>aus</strong>ibilität des christlichen und<br />

evangeliumsgemässen Angebotes auch in <strong>der</strong> heutigen Gesellschaft setzt. Diese Haltung geht so<br />

weit, dass sowohl im Blick auf die Gesellschaft wie im Blick auf die Kirche vieles an scheinbarer<br />

Sicherheit hinterfragt wird: “Die elementare Grammatik menschlicher Existenz steht nicht mehr<br />

selbstverständlich zur Verfügung” (26, I.1.4) - dass gilt für die Menschen ganz allgemein, ob sie<br />

nun glauben o<strong>der</strong> nicht. Man muss den Menschen und erst darin auch den Glauben - wenn<br />

möglich gemeinsam - ganz neu entdecken - und dabei auf die Identität <strong>der</strong> Sache des Evangeliums<br />

vertrauen.<br />

Der Text umfasst drei Teile: Im ersten Teil geht es darum, “unsere Situation als Katholiken in <strong>der</strong><br />

heutigen Gesellschaft zu verstehen”(sehen); im zweiten Teil geht es darum, zu den Quellen des<br />

Glaubens, d.h. zum “Herzen des Glaubensgeheimnisses vorzudringen” (urteilen) und schliesslich<br />

hat <strong>der</strong> dritte Teil eine unmittelbar pastorale Ausrichtung, es geht hier um die<br />

Evangelisierungsarbeit, welche “den Glauben vorschlägt” (handeln).<br />

Der erste Teil analysiert die Situation <strong>der</strong> Katholiken in <strong>der</strong> gegenwärtigen Gesellschaft und zwar<br />

so, dass er bewusst auf jedes Heimweh nach früheren Zuständen <strong>der</strong> Kirche und somit auch auf<br />

jedes Ressentiment gegenüber <strong>der</strong> heutigen säkularen Gesellschaft verzichtet. Der Glaube muss<br />

heute vielmehr vorgeschlagen werden in einer doppelten Situation: In einer Gesellschaft, die<br />

gekennzeichnet wird von neuen sozialen Brüchen zwischen Arm und Reich - weltweit und national;<br />

und in einer Gesellschaft, die vor allem angesichts des technischen Fortschritts vieles an Selbstverständlichkeit<br />

über die Existenz des Menschen verloren hat, die daher durch eine grosse<br />

Unsicherheit gekennzeichnet ist.<br />

Auch <strong>der</strong> Stellenwert <strong>der</strong> Religion hat sich verän<strong>der</strong>t: Einerseits ist die Religion in ihrer Geltung<br />

heute rehabilitiert, aber das nur in einer Situation des religiösen Pluralismus. In dieser Situation<br />

wollen die Katholiken nicht primär “als Erben anerkannt werden”, “son<strong>der</strong>n auch das Bürger”, die<br />

sich bewusst in die Gesellschaft einbringen. Positiv: “Wenn die katholische Kirche nicht<br />

deckungsgleich mit <strong>der</strong> ganzen Gesellschaft ist, und wenn sie auf jede Herrschaftsposition<br />

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