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Pastorale Entwicklungstrends aus der Sicht der Praktischen Theologie

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Weiterhin for<strong>der</strong>n die <strong>Praktischen</strong> Theologen eine verstärkte ökumenische Zusammenarbeit, und sie<br />

for<strong>der</strong>n, voreilige Zusammenlegungen von Pfarreien zu unterlassen und stattdessen die<br />

Möglichkeiten alternativer Formen <strong>der</strong> Gemeindeleitung <strong>aus</strong>zuloten (M 125).<br />

2.3.2 Die Pathologie <strong>der</strong> “versorgten Gemeinde”<br />

Wie grundsätzlich und scharf die Kritik von Hermann Steinkamp an <strong>der</strong> “versorgenden”<br />

volkskirchlichen Gemeindepastoral ist, macht er selbst deutlich, indem er kritisch die deutsche<br />

“Würzburger Synode” <strong>der</strong> 70er Jahre zitiert. Dort hatte es geheissen: “Aus einer Gemeinde, die<br />

sich pastoral versorgen lässt, muss eine Gemeinde werden, die ihr Leben im gemeinsamen Dienst<br />

aller ... gestaltet” (zitiert nach Steinkamp 1995, 101). Und weiter: “Sie muss selbst mitsorgen,<br />

junge Menschen für das Priestertum und für alle Formen des pastoralen Dienstes zu gewinnen” (z.<br />

n. ebd 102). Süffisant kommentiert Steinkamp: “Die ’Sorge’ gilt - <strong>der</strong> ‘Versorgung’! Mit Priestern<br />

vor allem und mit sonstigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern” (ebd.).<br />

Der Macht-Aspekt: Versorgung als Kontrolle<br />

Nach <strong>der</strong> Konstantinischen Wende zieht die staatskirchliche Verfassung die Notwendigkeit einer<br />

flächendeckenden Präsenz <strong>der</strong> Kirche nach sich, von <strong>der</strong> auch das Verhältnis von Priestern und<br />

Laien im Sinne <strong>der</strong> ‘Pastoralmacht’ geprägt wird (Michel Foucault). Diese wird ihrerseits geprägt<br />

von einem “subtilen Ineinan<strong>der</strong> von Versorgung und Kontrolle” (ebd.). In <strong>der</strong> Rolle des “Pastors”<br />

vermischen sich die Rolle <strong>der</strong> Gemeindeleitung (als Sorge für ein gerechtes und gutes<br />

Gemeinwesen) mit <strong>der</strong> Sorge um das individuelle Heil <strong>der</strong> einzelnen Gläubigen. Weil aber <strong>der</strong><br />

Hirte bei seiner Versorgung <strong>der</strong> einzelnen Schafe mit Gnadenmitteln nicht <strong>der</strong> Gemeinde -<br />

sozusagen demokratisch - verantwortlich ist, son<strong>der</strong>n seinem göttlichen Hirten, wird die Versorgung<br />

des und <strong>der</strong> einzelnen zugleich zu einem subtilen Mechanismus <strong>der</strong> Kontrolle. Auch bei <strong>der</strong><br />

heutigen Versorgung <strong>der</strong> Gemeinden ist die Pastoralrolle - ob von Klerikern o<strong>der</strong> von<br />

Laientheologen - nicht frei von diesen Macht- und Abhängigkeitsverhältnissen.<br />

Der Markt-Aspekt: Angebot und Nachfrage<br />

Im Sinne einer marktförmigen Versorgung werde die heutige Pastoral geprägt von einer “Service-<br />

Mentalität” (ebd. 106) auch in <strong>der</strong> Folge <strong>der</strong> heutigen Kirchensteuer-Praxis: “Das wichtigste<br />

geheime Thema <strong>der</strong> Volkskirche lautet: Erhaltung, Stabilisierung und ‘Pflege’ <strong>der</strong> Mitgliedschaft ...”<br />

(ebd. 105), wobei die Kirche von den Mitglie<strong>der</strong>n als Dienstleistungsorganisation wahrgenommen<br />

werde, wie ein Verkehrsclub o<strong>der</strong> eine Krankenkasse. In <strong>der</strong> Orientierung <strong>der</strong> Pastoral an Angebot<br />

und Nachfrage und im Versuch einer immer wie<strong>der</strong> erfolglosen Aktivierung auch <strong>der</strong> randständigen<br />

Kirchenmitglie<strong>der</strong> zeige sich das geheime Motto des volkskirchlichen Pastoral ”Hauptsache, es läuft<br />

etwas” (ebd. 107)!<br />

Der Diakonie-Aspekt: Helfer-Syndrom<br />

Auch die Akzentuierung <strong>der</strong> Gemeinde als “diakonische Gemeinde” erweist sich nicht als die<br />

Alternative für ein neues Gemeindebild. Nach Steinkamp “zementieren” die herkömmlichen<br />

Diakoniebemühungen “das assistentialistische Gefälle von Starken und Schwachen, von Gesunden<br />

und Kranken” o<strong>der</strong> aber “die geahnte eigene Ohnmacht und Bedeutungslsoigkeit (wird) in<br />

offenkundigen (kollektiven) Helfersyndrom-Attitüden” <strong>aus</strong>agiert (ebd. 111).<br />

Alles in allem bleibt für Steinkamp die volkskirchliche Gemeinde in den gesellschaftlichen Pl<strong>aus</strong>ibilitäten,<br />

Wi<strong>der</strong>sprüchen und Pathologien eher gefangen, als diese zu durchschauen und kritischkonstruktiv<br />

zu kontrastieren.<br />

2.3.3 Alternative: Solidarität und Gemeinde<br />

Die Alternative zur volks- und staatskirchlichen Gemeinde und ihrer Pastoral liegt für Steinkamp in<br />

<strong>der</strong> Einsicht <strong>der</strong> Christen <strong>der</strong> Ersten Welt darin, was die lateinamerikanische “Option für die<br />

Armen” für sie bedeutet “Sie sind nicht Samariter, son<strong>der</strong>n ‘Räuber’, strukturell auf <strong>der</strong> Seite<br />

<strong>der</strong>jenigen, <strong>der</strong>en Reichtum auf Kosten <strong>der</strong> Armen <strong>der</strong> Dritten Welt besteht. Die dar<strong>aus</strong><br />

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