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Pastorale Entwicklungstrends aus der Sicht der Praktischen Theologie

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verzichtet hat, so bleibt sie deswegen doch missionarisch”, o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>s gesagt: “Wir verzichten<br />

nicht darauf, eine Kirche für alle zu sein” (32, I.2.6).<br />

Den Glauben vorschlagen heisst in dieser Situation, dass jede pastorale Handlung, welche früher<br />

von einer sozialen Selbstverständlichkeit in einer christentümlichen Gesellschaft getragen war,<br />

heute “als Gegenstand einer Entscheidung vor Augen gestellt werden” muss (34, I.3.2). Das<br />

Vorschlagen ist also nicht unverbindlich, es zielt vielmehr auf eine persönliche Entscheidung, die<br />

radikal ist: Denn wenn die Zeitgenossen heute radikal nach dem Menschen fragen, dann müssen<br />

auch die Christen ebenso radikal sagen, was sie als Wesentliches vorzuschlagen haben.<br />

Ich habe den ersten Teil des Briefes etwas <strong>aus</strong>führlicher vorgestellt, weil mir hier die Intention des<br />

“Proposer” am deutlichsten zu Tage zu treten scheint.<br />

Im zweiten Teil stellen die französischen Bischöfe das Geheminis des christlichen Glaubens vor, als<br />

eines Glaubens an den Gott Jesu Christi, <strong>der</strong> ein Glaube an eine bedingungslose Liebe ist. Gott<br />

selbst nimmt auch das Böse auf, das <strong>der</strong> Mensch in seiner Verantwortung und Freiheit verursachen<br />

kann. Schliesslich vollzieht sich christliches Leben und Handeln “gemäss dem Geist”, <strong>der</strong> auch<br />

dafür besorgt ist, dass sich die christlich notwendige Verbindung von Glaube und Moral in Freiheit<br />

und in tragen<strong>der</strong> Gemeinschaft vollzieht.<br />

Im dritten Teil mit seiner unmittelbar pastoralen Ausrichtung am Handeln <strong>der</strong> Kirche sprechen die<br />

Bischöfe über die Evangelisierungsarbeit <strong>der</strong> Kirche. Hier ist es ihnen wichtig, dass die Kirche<br />

einerseits auf die vielfältigen Erwartungshaltungen <strong>der</strong> Menschen einzugehen vermag und dass die<br />

Kirche sich selbst evangelisiert: “Zur gleichen Zeit, wie sie ihre Armut, ihre institutionelle<br />

Schwächung und einen gewissen Verlust an sozialer Anerkennung feststellt, lernt sie es, im Innern<br />

ihrer selbst das Geheimnis <strong>der</strong> Gemeinschaft zu leben, das ihr Wesen <strong>aus</strong>macht” (57, III.1.5). Die<br />

Kirche wird als “Sakrament Christi in unserer Gesellschaft” verstanden, was einerseits eine<br />

prophetische Haltung und die Einrichtung von Organisationen und Institutionen einschliessen kann<br />

- im Dienst an <strong>der</strong> Gesellschaft. Schliesslich werden die Grundfunktionen <strong>der</strong> Kirche - leiturgia,<br />

diakonia, martyria - von <strong>der</strong> Logik des Vorschlagens her neu durchdacht.<br />

Es ist wohl kein Zufall, dass die französischen Bischöfe für ihre öffentliche Stellungnahme die Form<br />

des “Briefes” gewählt haben. Einerseits wird hier an biblische Vorbil<strong>der</strong> angeknüpft und<br />

an<strong>der</strong>erseits wird damit in Form einer Einladung gesprochen. Bemerkenswert scheint mir noch die<br />

Formulierung, mit <strong>der</strong> die französischen Bischöfe ihre Adressaten ansprechen: “An euch ist dieser<br />

Brief gerichtet, Glie<strong>der</strong> <strong>der</strong> katholischen Kirche in Frankreich. Er gilt euren Erfahrungen, euren<br />

Schwierigkeiten, euren Kritiken und euren Wünschen” (21, 0.4). Mit dieser konsequenten und nicht<br />

nur rhetorischen Orientierung an <strong>der</strong> konkreten Lebenswelt <strong>der</strong> Adressaten werden <strong>der</strong>en<br />

Erfahrungen als Grundlage für ein erneuertes Handeln <strong>der</strong> Kirche ins Auge gefasst. Eine solch<br />

einladende und hörende Haltung von Bischöfen und Bistumsleitungen würde ich mir ebenfalls<br />

wünschen im Inhalt und im Stil vieler neuer Pastoralpläne in deutschen (und schweizerischen)<br />

Diözesen.<br />

3 Elemente für eine innovative Entwicklung von “Pastoralplänen”<br />

3.1 Der strategische Innovationsbedarf<br />

Eine erste Vor<strong>aus</strong>setzung <strong>der</strong> Entwicklung von Pastoralplänen ist eine <strong>aus</strong>führliche und solide<br />

Analyse <strong>der</strong> Gegenwartssituation, des Lebens <strong>der</strong> Menschen darin und des Ortes <strong>der</strong> Kirche in <strong>der</strong><br />

heutigen Situation. Gerade weil eine solche Analyse niemals “objektiv” sein kann, son<strong>der</strong>n schon<br />

im Ansatz von Werturteilen - insbeson<strong>der</strong>e innerhalb <strong>der</strong> Kirche - geprägt wird, muss diese Analyse<br />

<strong>der</strong> “Zeichen <strong>der</strong> Zeit” in einem eigentlichen - synodalen - Kommunikationsprozess erfolgen.<br />

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