Ärztliche Leichenschau
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Ärztliche Leichenschau
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MEDIZIN<br />
KASTEN 3<br />
Allgemeine Grundlagen und Pflichten bei der<br />
ärztlichen <strong>Leichenschau</strong>* 1<br />
● Rechtsgrundlagen der <strong>Leichenschau</strong>:<br />
– Bestattungsgesetze und <strong>Leichenschau</strong>verordnungen der Bundesländer<br />
● Wer darf?<br />
– Arzt/Ärztin<br />
● Wer darf nicht?<br />
– Arzt/Ärztin als Angehörige einer gestorbenen Person (Erlass des Bundesministerium<br />
für Gesundheit, Arbeit und Soziales vom 8. Juni 2009)<br />
● Wer muss?<br />
– jeder niedergelassene Arzt im Bereich der Niederlassung<br />
– Krankenhausärzte im Krankenhaus<br />
● In welcher Zeit?<br />
– unverzüglich<br />
● Durchführung<br />
– sorgfältig am entkleideten Leichnam<br />
● Sanktionen<br />
– Ordnungswidrigkeit bei unsorgfältiger <strong>Leichenschau</strong>; gegebenenfalls werden<br />
auch Straftatbestände verwirklicht, wenn durch unsorgfältige <strong>Leichenschau</strong><br />
Lebende zu Schaden kommen (zum Beispiel Übersehen einer CO-<br />
Intoxikation mit Schädigung weiterer Personen)<br />
● Vorläufige Todesbescheinigung<br />
– für Notärzte<br />
● Todesart und assoziierte Feststellungen<br />
– (Anhaltspunkte für) nichtnatürlichen Tod, nicht geklärte Todesart<br />
● Verständigung der Polizei<br />
– bei nichtnatürlichem Tod, nicht geklärter Todesart, Leiche eines Unbekannten<br />
● Verständigung des Gesundheitsamtes<br />
– Meldepflichten gemäß Infektionsschutzgesetz<br />
● Auskunftspflicht vorbehandelnder Ärzte<br />
– ja<br />
* 1 modifiziert nach (1)<br />
von klinischen Sektionen für die Bundesrepublik<br />
Deutschland nicht zu erwarten. Dies gilt insbesondere<br />
für ambulante Todesfälle, die kaum jemals einer außergerichtlichen<br />
Obduktion zugeführt werden.<br />
Dem Hauptfehler 1 würde der Begriff Fehldiagnose<br />
entsprechen, von dem auszugehen ist, wenn aufgrund<br />
abgeschlossener diagnostischer Entscheidungsprozesse<br />
eine Erkrankung bei einem Patienten definitiv angenommen<br />
wird, die sich später als unrichtig erweist und<br />
Zeitpunkt der <strong>Leichenschau</strong><br />
Eine <strong>Leichenschau</strong> ist immer bei Auffindung eines<br />
menschlichen Leichnams und unverzüglich nach<br />
Erhalt der Anzeige über den Todesfall durchzuführen.<br />
wenn eine Behandlung eingeleitet wurde, die dem später<br />
erkannten Krankheitsbild nicht gerecht wird und<br />
sich durch das Nichterkennen der tatsächlich vorliegenden<br />
Erkrankung die Prognose des betreffenden Patienten<br />
verschlechtert (1, 3, 12).<br />
Praktisches Vorgehen<br />
Eine <strong>Leichenschau</strong> ist immer bei Auffindung eines<br />
menschlichen Leichnams (Kasten 2) und unverzüglich<br />
nach Erhalt der Anzeige über den Todesfall durchzuführen.<br />
Allgemeine Pflichten bei der ärztlichen <strong>Leichenschau</strong><br />
sind in Kasten 3 zusammengefasst. Den sicheren<br />
Tod festzustellen, ist nicht problematisch. Mit<br />
Hilfe der folgenden Faktoren, lässt sich der Ausfall der<br />
Vitalfunktionen sicher diagnostizieren:<br />
● das Vorliegen sicherer Todeszeichen (Livores, Rigor,<br />
fortgeschrittene Leichenerscheinungen) beziehungsweise<br />
● vergebliche Reanimation von circa 30 Minuten<br />
Dauer, gesichert durch ein etwa 30-minütiges<br />
Null-Linien-EKG trotz adäquater Maßnahmen bei<br />
Ausschluss einer allgemeinen Unterkühlung beziehungsweise<br />
Intoxikation mit zentral dämpfenden<br />
Medikamenten<br />
● Hirntod (nur unter klinischen Bedingungen bei assistierter<br />
Beatmung feststellbar)<br />
● mit dem Leben nicht zu vereinbarende Körperzerstörungen.<br />
Bei den Angaben zur Todeszeit ist je nach Fallkonstellation<br />
zu verfahren (Kasten 4).<br />
Feststellung der Todesursache<br />
Im vertraulichen Teil der <strong>Leichenschau</strong>formulare ist<br />
unter der Rubrik „Todesursache“ der Krankheitsverlauf<br />
in einer Kausalkette zu dokumentieren (Abbildung).<br />
Dabei sind in der Zeile Ia die unmittelbare Todesursache<br />
anzugeben und in den Zeilen Ib und Ic die vorangegangenen<br />
Ursachen – Krankheiten, die die unmittelbare<br />
Todesursache unter Ia herbeigeführt haben, mit der<br />
ursprünglichen Ursache (Grundleiden) an letzter Stelle.<br />
Schließlich sind in Zeile II andere wesentliche, mit zum<br />
Tode führende Krankheiten ohne Zusammenhang mit<br />
dem Grundleiden aufzuführen.<br />
Das Grundleiden ist vor allem von statistischer Bedeutung:<br />
Wie viele Menschen sterben an einer bestimmten<br />
Erkrankung; dem gegenüber gibt die letztendliche<br />
Todesursache Auskunft darüber, woran Menschen,<br />
die an einer bestimmten Krankheit leiden, sterben<br />
(7, 14–16).<br />
Todesfeststellung<br />
Die Feststellung des Todes erfolgt, in dem man die<br />
Irreversibilität des Ausfalls der Vitalfunktionen<br />
diagnostiziert.<br />
578 Deutsches Ärzteblatt | Jg. 107 | Heft 33 | 20. August 2010