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Ärztliche Leichenschau

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MEDIZIN<br />

KASTEN 1<br />

Diskrepanzen zwischen klinisch und autoptisch<br />

festgestellter Todesursache* 1<br />

● Hauptfehler 1 („major mistake, class 1“)<br />

– klinisch nicht erkannte Diagnose, die sich während der Obduktion als<br />

Grundleiden und/oder ein Hauptgrund für den Tod des Patienten erweist.<br />

Wäre also die Diagnose rechtzeitig erkannt worden, so hätte das Leben des<br />

Patienten zumindest zeitweilig verlängert werden können.<br />

● Hauptfehler 2 („major mistake, class 2“)<br />

– klinisch nicht erkannte Diagnose, die, wäre sie ante-mortem gestellt worden,<br />

keine Auswirkungen auf die Behandlung und den Verlauf gehabt hätte.<br />

● Nebenfehler („minor mistake“)<br />

– während der Obduktion erkannte Krankheiten beziehungsweise medizinische<br />

Sachverhalte, die zum Verlauf der Grunderkrankung beziehungsweise<br />

zu der Todesursache keine direkte kausale Verbindung haben.<br />

* 1 modifiziert nach (20)<br />

● Fokussierung meldepflichtiger Todesfälle auf diejenigen,<br />

bei denen ein Fremdverschulden in Betracht<br />

kommt<br />

● Systemfehler des Todesursachenermittlungs-<br />

systems mit fehlender Zwischeninstanz zwischen<br />

Arzt und Ermittlungsbehörden analog dem Coroner-System<br />

in England und Wales (Überprüfung<br />

von Todesfällen unabhängig von einer Verdachtslage<br />

auf Fremdverschulden) (2–5).<br />

Lernziele<br />

Dieser Beitrag soll:<br />

● basierend auf grundlegenden Daten zu Sterbefällen<br />

in Deutschland die im Zentrum der <strong>Leichenschau</strong><br />

stehenden Aufgaben der Feststellung der<br />

Todesursache und Qualifikation der Todesart verdeutlichen<br />

● Hinweise für die Aufdeckung nichtnatürlicher Todesursachen<br />

geben<br />

● einen Überblick über die rechtlichen Aufgaben<br />

und Verpflichtungen des Arztes bei der Durchführung<br />

der ärztlichen <strong>Leichenschau</strong> vermitteln.<br />

Todesursachen laut Todesursachenstatistik<br />

Im Jahr 2007 waren in Deutschland 818 271 Todesfälle<br />

zu verzeichnen, laut Statistischem Bundesamt lagen in<br />

784 962 Fällen natürliche Todesursachen vor. Bereits<br />

Todesursachenstatistik<br />

50 Prozent der Sterbefälle ereignen sich in Krankenhäusern,<br />

circa 25 Prozent zu Hause und etwa<br />

15 Prozent im Pflegeheim. Die übrigen 10 Prozent<br />

vereilen sich auf Verkehrsunfälle, Arbeitsunfälle<br />

etc.<br />

zu den Sterbeorten fehlen bundeseinheitliche Daten,<br />

mehr als 50 Prozent der Sterbefälle ereignen sich allerdings<br />

heute in Krankenhäusern (nach eigenen Daten)<br />

circa 25 Prozent zu Hause und etwa 15 Prozent im Pflegeheim.<br />

Die übrigen 10 Prozent vereilen sich auf Verkehrsunfälle,<br />

Arbeitsunfälle etc.<br />

Im Jahr 2007 entfielen bei 17 178 573 stationären<br />

Aufnahmen 6 092 198 auf das Fachgebiet Innere Medizin.<br />

Die zweithäufigsten stationären Aufnahmen waren<br />

in der Chirurgie mit 3 592 386 Patienten zu verzeichnen.<br />

Innerhalb der Inneren Medizin entfallen wiederum<br />

die meisten Sterbefälle auf die Kardiologie, gefolgt von<br />

Gastroenterologie, Hämatologie und Geriatrie (eTabelle,<br />

eGrafik). Bei insgesamt 818 271 Sterbefällen im<br />

Jahr 2007 entfallen 258 684 auf Krankheiten des Kreislaufsystems,<br />

wobei die ischämischen Herzerkrankungen<br />

mit 148 641 Todesfällen die häufigste Ursache ist.<br />

Zweithäufigste Todesursachengruppe sind die bösartigen<br />

Neubildungen mit 211 765 Todesfällen. Hierbei ist<br />

jedoch zu berücksichtigen, dass die Sterbefälle nach<br />

Krankheitsgruppen für die verschiedenen Altersgruppen<br />

erheblich variieren.<br />

Bis etwa zum 40. Lebensjahr stehen hinsichtlich der<br />

Häufigkeit nichtnatürliche Todesfälle vor Todesfällen<br />

aus innerer krankhafter Ursache, erst jenseits des 40.<br />

Lebensjahres treten hinsichtlich der Häufigkeit bösartige<br />

Neubildungen und Krankheiten des Kreislaufsystems<br />

zahlenmäßig hervor.<br />

Diese Daten des Statistischen Bundesamtes beruhen<br />

auf einer Verschlüsselung der Angaben zu Grundleiden<br />

und Todesursache im <strong>Leichenschau</strong>schein, wobei nur<br />

das Grundleiden in die Todesursachenstatistik einfließt.<br />

Bei den statistischen Landesämtern werden hingegen<br />

die Eintragungen zum Grundleiden nicht blind für die<br />

Todesursachenstatistik übernommen, sondern Kodierer<br />

überprüfen die einzelnen Angaben, ermitteln das<br />

Grundleiden und verschlüsseln dieses Grundleiden unter<br />

Beachtung des Regelwerkes der ICD. Vor dem Hintergrund<br />

zunehmend multifaktorieller Sterbeprozesse<br />

entspricht allerdings die monokausale Darstellung der<br />

Sterbefälle nur noch bedingt den Anforderungen an eine<br />

Todesursachenstatistik und den daraus ableitbaren<br />

Daten zu Gesundheitsindikatoren (6, 7).<br />

Übereinstimmung zwischen <strong>Leichenschau</strong>-<br />

diagnose zur Todesursache und Obduktion<br />

Es liegen zahlreiche Untersuchungen zur Validität der<br />

klinischen Todesursachendiagnostik im Vergleich zum<br />

pathologisch-anatomischen Befund vor. Die Görlitzer<br />

Häufigkeit von Todesursachen<br />

Bis zum 40. Lebensjahr stehen nichtnatürliche Todesfälle<br />

vor Todesfällen aus innerer krankhafter<br />

Ursache, erst jenseits des 40. Lebensjahres treten<br />

bösartige Neubildungen und Krankheiten des<br />

Kreislaufsystems zahlenmäßig hervor.<br />

576 Deutsches Ärzteblatt | Jg. 107 | Heft 33 | 20. August 2010

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