Ärztliche Leichenschau
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MEDIZIN<br />
Abbildung:<br />
Internationales<br />
Formblatt der<br />
<strong>Ärztliche</strong>n<br />
Todesbescheinigung<br />
über eine gemeinsame pathogenetische Endstrecke<br />
zum Tod<br />
● komplexer Sterbenstyp: in verschiedenen Organsystemen<br />
gelegene Grundleiden mit mehreren organunspezifischen<br />
Todesursachen<br />
Bleibt bei völlig unerwarteten Todesfällen organgesunder<br />
Personen die Todesursache durch die <strong>Leichenschau</strong><br />
unklar, sollte dies im <strong>Leichenschau</strong>schein auch<br />
so vermerkt werden. Empfehlungen des Statistischen<br />
Bundesamtes zur Angabe der Todesursache und wichtige<br />
Begriffe finden sich in Tabelle 2 (20).<br />
Besondere Probleme ergeben sich schließlich bei<br />
Todesfällen im Alter sowie im Zusammenhang mit<br />
ärztlichen Maßnahmen. „Altersschwäche“ ist keine<br />
Todesursache. Retrospektive Untersuchungen von Todesfällen<br />
über 85-Jähriger beziehungsweise über<br />
100-Jähriger ergaben, dass jeweils morphologisch<br />
fassbare Grundleiden und Todesursachen vorlagen<br />
(6). Gegebenenfalls sind die diagnostizierten und zum<br />
Todeseintritt beitragenden Krankheiten im Sinne<br />
Weiche Diagnosen<br />
Weiche Diagnosen liegen vor, wenn der Patient an<br />
mehreren Grunderkrankungen leidet, von denen<br />
sich keine a priori als Todesursache anbietet.<br />
eines multifaktoriellen, konvergierenden Sterbens -<br />
typus deskriptiv aufzulisten, um „Verlegenheitsdia -<br />
gnosen“ zu vermeiden.<br />
Hinsichtlich der auf medizinische Maßnahmen zurückzuführenden<br />
Todesfälle fällt zunächst die erhebliche<br />
Diskrepanz zwischen den in der Bundesstatistik erfassten<br />
Sterbefällen durch Komplikationen bei der medizinischen<br />
und chirurgischen Behandlung und der aus<br />
der epidemiologischen Forschung abgeleiteten Todesfällen<br />
durch Behandlungsfehler auf.<br />
In der epidemiologischen Forschung werden für<br />
Deutschland 17 500 Todesfälle pro Jahr in Folge von<br />
Behandlungsfehlern vermutet (21) – diese Daten stehen<br />
im Einklang mit der internationalen Datenlage – während<br />
das Statistische Bundesamt für 2007 lediglich 399<br />
Todesfälle als Komplikationen der medizinischen und<br />
chirurgischen Behandlung angibt (4, 22). Hier besteht<br />
offensichtlich ein erhebliche Dunkelziffer. Das wirft<br />
die Frage auf, ob in entsprechend gelagerten Fällen der<br />
behandelnde Arzt auch die <strong>Leichenschau</strong> vornehmen<br />
Orientierung bei weichen Diagnosen<br />
Hier kann die Berücksichtigung des Sterbetypus<br />
hilfreich sein. Sterbenstypen werden als die thanatologische<br />
Brücke zwischen Grundleiden und<br />
Todesursache bezeichnet.<br />
580 Deutsches Ärzteblatt | Jg. 107 | Heft 33 | 20. August 2010