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29.02.2012 - Stadt Zossen

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29. Februar 2012<br />

Der Eichenprozessionsspinner -<br />

Lebensweise und Entwicklungszyklus<br />

Der Eichenprozessionsspinner<br />

(EPS) ist ein dicht<br />

behaarter, unauffälliger,<br />

graubrauner und sehr<br />

kurzlebiger Nachtfalter<br />

mit einer Größe von bis zu<br />

32 mm. Der Saugrüssel ist<br />

vollständig zurückgebildet,<br />

dass heißt, er kann keine<br />

Nahrung aufnehmen,<br />

sondern zehrt von den Reserven,<br />

die im Raupenstadium<br />

angelegt wurden.<br />

Der bevorzugte Lebensraum<br />

umfasst trocken-warmeRegionen<br />

mit lichten<br />

Eichenwäldern,<br />

Waldränder und Einzelbäume.<br />

Der EPS<br />

kommt auf dem Gebiet<br />

der <strong>Stadt</strong> <strong>Zossen</strong><br />

an Stieleichen (Quercus<br />

robur) und Traubeneichen<br />

(Quercus<br />

petraea) vor. Im Jahr<br />

2011 waren die klimatischenBedingungen<br />

so optimal,<br />

dass es zur Gradation<br />

(Massenvermehrung)<br />

kam. Eine Massenvermehrung<br />

kann zu<br />

Zuwachsverlusten<br />

und dem Ausfall der<br />

Eichelmast führen,<br />

weiterhin kann mehrmaliger<br />

Kahlfraß<br />

hintereinander das<br />

Absterben der befallenen<br />

Bäume begünstigen.<br />

Der Falterflug/<br />

Schwarm (Paarungsflug)<br />

findet von Ende<br />

Juli bis Anfang September<br />

in trockenwarmen<br />

Abend- und<br />

Nachtstunden statt.<br />

Anhand der Befallskartierung<br />

ist<br />

festzustellen, dass sich der<br />

Falter mit der Hauptwindrichtung<br />

West Richtung<br />

Osten ausbreitet und hierbei<br />

hauptsächlich Alleen<br />

als Verbreitungskorridore<br />

nutzt. Das Weibchen legt<br />

bis zu 200 mohnkorngroße,<br />

silbergraue Eier plattenförmig<br />

in regelmäßigen Zeilen<br />

im besonnten oberen<br />

Kronenbereich an dünnen<br />

Zweigen älterer Eichen ab.<br />

Diese Eiplatten werden mit<br />

grauer Afterwolle verkittet<br />

und somit gut getarnt. Bereits<br />

im Herbst entwickelt<br />

sich der Embryo, die fertige<br />

Jungraupe überwintert im<br />

Ei. Anfang Mai schlüpfen<br />

die Raupen und benagen<br />

zunächst gemeinsam die<br />

frisch austreibenden Knospen.<br />

Die Eiräupchen sind<br />

orangebraun, stark behaart<br />

und haben eine schwarze<br />

Kopfkapsel. Von Beginn<br />

an leben sie in geselligen<br />

Familienverbänden und<br />

sammeln sich nestartig<br />

an locker zusammen gesponnenen<br />

Blättern oder<br />

Zweigen, gern auch in Astgabeln.<br />

Die ältere Raupe<br />

ist bläulich schwarzgrau,<br />

dunkelköpfig, an den Seiten<br />

weißlich und hat auf<br />

dem Rücken rötlichbrau-<br />

ne langbehaarte Warzen.<br />

Ab dem 3. Larvenstadium<br />

wachsen den Raupen als<br />

Schutz gegen Fraßfeinde<br />

sehr feine Brennhaare, die<br />

leicht brechen und durch<br />

Luftströmungen über weite<br />

Strecken verbreitet werden<br />

können. In späteren Entwicklungsstadien<br />

im Juni<br />

- die Raupe durchläuft bis<br />

zu sechs - spinnen die Raupen<br />

an geschützten Stellen<br />

lockere Nester mit zum Teil<br />

beachtlichen Ausmaßen,<br />

von welchen sie allabendlich<br />

in Prozessionen (in<br />

Reihe Raupe an Raupe)<br />

zum Fraß des Laubwerkes<br />

ausrücken und am nächsten<br />

Morgen auf gleiche<br />

Weise zurückkehren. Tagsüber<br />

liegen sie ruhig im<br />

Nest bzw. häuten sich. In<br />

den Gespinstnestern sammeln<br />

sich Kot, Brennhaare<br />

und Exuvien (abgestreifte<br />

Raupenhüllen). Am En-<br />

de des 6.<br />

Larvenstadiums<br />

kann eine<br />

Raupe<br />

eineKörper- länge von bis<br />

zu 4 cm erreichen. Die Verpuppung<br />

erfolgt im Juni/<br />

Anfang Juli in dicht anein-<br />

ander gedrängten Kokons<br />

im Gespinstnest, welches<br />

mehrere Jahre als festes<br />

Gebilde erhalten bleiben<br />

kann. Die Puppenruhe<br />

dauert 3-6 Wochen, nach<br />

der die Falter Ende Juli<br />

ausschlüpfen.<br />

Der EPS hat eine Vielzahl<br />

natürlicher Feinde, die ihre<br />

volle Wirkung aber erst<br />

nach mehreren Jahren der<br />

Massenvermehrung entfalten.<br />

Besonders wirksam<br />

sind Ei- und Raupenparasiten<br />

wie die Raupenfliegen,<br />

deren Larven sich im Inneren<br />

des Wirtes entwickeln.<br />

Wichtigste räuberische Käferart<br />

ist der Puppenräuber<br />

– seine Larven suchen sich<br />

ihre Beute im Raupengespinst,<br />

während der Käfer<br />

die freien Raupen atta-<br />

ckiert. Weitere geschickte<br />

Jäger sind Fledermäuse,<br />

die dem schwärmenden<br />

Falter nachts<br />

den Garaus<br />

machen.<br />

Auch der<br />

Kuckuck verspeist<br />

die Rau-<br />

pen trotz der<br />

Brennhaare gerne<br />

- diese zeigen bei<br />

ihm keine Wirkung, da er<br />

seine Magenschleimhaut<br />

mit den darin festsitzenden<br />

Haaren herauswürgen<br />

kann.<br />

Grundsätzlich können<br />

alle behaarten<br />

Raupen allergische<br />

Reaktionen hervorrufen.<br />

Beim EPS ist<br />

die Gesundheitsgefährdung<br />

durch leicht<br />

brechende Brennhaare<br />

der Raupen und<br />

durch die Gespinstnester<br />

(enthalten<br />

Spinnfäden, Raupenkot,<br />

Häutungsreste<br />

(Exuvien) und Brennhaare)<br />

bei Massenpopulationen<br />

besonders<br />

hoch. Die Brennhaare<br />

enthalten das Nesselgift<br />

Thaumetopoein,<br />

welches beim Menschen<br />

allergische Reaktionen<br />

und Entzündungen<br />

auf der Haut<br />

(Raupen-Dermatitis),<br />

auf Schleimhäuten<br />

und in den Augen<br />

hervorrufen können.<br />

Problematisch kann<br />

dies zum Beispiel bei<br />

Allergikern, Asthmatikern<br />

und Kindern<br />

werden. Daher hat<br />

sich die <strong>Stadt</strong> <strong>Zossen</strong> in<br />

diesem Jahr zu einer vorbeugenden<br />

Spritzaktion<br />

mit dem Insektizid Dipel<br />

ES und dem Wirkstoff Bacillus<br />

thuringiensis entschlossen,<br />

welches eine<br />

wiederkehrende Massenpopulation<br />

verhindern<br />

soll. Sollte es im Einzelfall<br />

notwendig sein, wird die<br />

mechanische Bekämpfung<br />

durch Absaugen der Nester<br />

fortgesetzt.<br />

Grundsätzlich gilt die Regel:<br />

Befallene Bäume meiden,<br />

einen direkten Kontakt<br />

mit den Raupen, den<br />

Häutungsresten oder Gespinstnestern<br />

verhindern<br />

und etwaige Befallsherde<br />

in der <strong>Stadt</strong> im Bürgerbüro<br />

unter Telefonnummer<br />

03377 / 30 40 500 melden.<br />

<strong>Stadt</strong>blatt Seite 13<br />

Mit DIPEL ES gegen<br />

die Raupenplage<br />

Das Grünflächenamt bekämpft in diesem<br />

Jahr den Eichenprozessionsspinner<br />

Aufgrund der enormen Ausbreitung des Eichenprozessionsspinners<br />

(Thaumetopoea processionea)<br />

im <strong>Stadt</strong>gebiet im Jahr 2011 und der damit<br />

verbunden Gesundheitsgefährdung der Bevölkerung,<br />

hat sich die <strong>Stadt</strong> <strong>Zossen</strong> im Jahr 2012<br />

für den Einsatz eines Pflanzenschutzmittels<br />

entschieden. Das warme und trockene Klima<br />

der letzten Jahre förderte die Entwicklung einer<br />

Massenpopulation und so gibt es kaum noch<br />

eine Eiche, die nicht von dem Falter befallen ist.<br />

Dabei stellt eigentlich nicht der eher unauffällige<br />

Nachtfalter das Problem dar, sondern die<br />

freifressenden Raupen ab dem dritten Larvenstadium<br />

(L3). Diese entwickeln auf der Rückenseite<br />

Brennhaare mit Widerhaken, welche<br />

das Nesselgift Thaumetopoein enthalten. Auf<br />

einer Raupe sind bis zu 600.000 Brennhaare<br />

zu finden, die diese eigentlich vor Fraßfeinden<br />

schützen soll. Da die Brennhaare bei Berührung<br />

leicht brechen, kann es zu einer Konzentration<br />

am Boden kommen bzw. zu einer witterungsabhängigen<br />

Verdriftung durch Wind (>200 m).<br />

Ferner ist eine sehr hohe Konzentration von<br />

Brennhärchen in den bis zu fußballgroßen<br />

Raupennestern am Baumstamm zu finden, die<br />

der Eichenprozessionsspinner zur Verpuppung<br />

anlegt. Diese können während des Abbauprozesses<br />

als Gespinstballen zu Boden fallen. Die<br />

Brennhaare sind aufgrund ihrer langen Haltbarkeit<br />

noch mehrere Jahre in der Umwelt nachzuweisen<br />

(≥10 Jahre) und stellen somit durch jährliche<br />

Zufuhr von neuen Raupengenerationen<br />

eine latente Gesundheitsgefährdung dar (Kumulation<br />

führt zur allergenen Dauerwirkung).<br />

Somit muss der Eichenprozessionsspinner als<br />

Hygieneschädling betrachtet werden und nicht<br />

unbedingt als Baum- bzw. Forstschädling – eine<br />

gesunde Eiche kompensiert einen Kahlfraß<br />

meist schon mit dem Johannistrieb im Juni.<br />

Beim Menschen tritt kurz nach dem unmittelbaren<br />

Kontakt mit den Brennhärchen die sogenannte<br />

Raupendermatitis (starker Juckreiz,<br />

insektenstichartige Bläschen, nesselsuchtartige<br />

Quaddeln, schmerzhafte Hautrötungen,<br />

bei Allergikern anaphylaktischer Schock) auf.<br />

Ferner kann es zu Entzündungen der Atemwegsschleimhäute<br />

(Husten, Asthma) und Augen<br />

kommen.<br />

Im vergangenen Jahr erfolgte die Bekämpfung<br />

des Eichenprozessionsspinners ausschließlich<br />

mechanisch durch das Absaugen der Nester. Im<br />

<strong>Stadt</strong>gebiet konnten durch die Bürger Schädlingsbekämpfungsexperten<br />

mit Atemschutzmasken<br />

und geschlossenen Schutzanzügen auf<br />

einer Hebebühne beobachtet werden.<br />

In diesem Jahr soll das selektive Fraßgift DIPEL<br />

ES mit dem Wirkstoff Bacillus thuringiensis<br />

auf die Eichenblätter appliziert werden, dass<br />

die Raupen aufnehmen, indem sie das Laub<br />

fressen (potentielle Antagonisten werden verschont).<br />

Auf diesem Wege gelangt das Insektizid<br />

(ein Endotoxin) in deren Verdauungstrakt<br />

und zerstört diesen. Einfach erklärt, kann man<br />

sagen, die Raupe verhungert. Das Mittel DIPEL<br />

ES ist vollständig biologisch abbaubar und ist<br />

für Mensch und Tier ungefährlich. Die Wirkung<br />

ist witterungsabhängig, dass heißt, das Mittel<br />

kann durch Regen von den Blättern abgewaschen<br />

werden und ist nicht UV-stabil. Durch<br />

die Einordnung der Zulassungsbehörde in die<br />

Bienenschutzklasse B4 (nicht bienengefährlich)<br />

besteht zudem auch keine Gefahr für die Nutzinsekten.

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