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Reformprogramm in die Redaktion getragen hatte,<br />
griff auf uns über. Hr. Steu wollte gar ein<br />
Organisationskommitee zur Beschleunigung der<br />
Einsparungsmaßnahmen gründen und sich zum<br />
Vorsitzenden wählen lassen. Aber bereits nach der<br />
zweiten Sitzung fiel das Projekt dem spitzen Stift<br />
von Hr. P. zum Opfer, der ein Häkchen in sein rotes<br />
Buch machte und verkündete – „eingespart“.<br />
Irgendwann, als einmal die Sitzungspause anstand,<br />
und Herr F. (vormals Falk) Fr. Be auf die Zeit und<br />
die verdiente Pause aufmerksam machen wollte,<br />
spitzte diese den Mund, holte eine 3- Minuten-<br />
Sanduhr, wie man sie beim Zähneputzen<br />
verwendet, aus der Tasche und sagte: „Wir machen<br />
ein Päuschen,“ was die Raucher gehörig in<br />
Schwung brachte, die mit Galopp im Raucherraum<br />
verschwanden.<br />
Fr. Matu meinte schließlich, dass noch zuviel<br />
Wildwuchs in der ganzen Sache wäre und man die<br />
Anrede der einzelnen Redaktionsmitglieder auf<br />
ihren Anfangsbuchstaben beschränken sollte. Sie<br />
bat uns, sie mit Fr. M. anzureden. Das regte den<br />
Widerspruch von Fr. Menne, die ein eigenes M<br />
haben wollte, außerdem waren da noch Hr. Müll<br />
und Hr. Mü. „Ich finde die Idee gut,“ sagte Hr. P.<br />
und kreiste rechtsdrehend mit seinem Stift: „Wir<br />
gehen im Uhrzeigersinn vor! Also Fr. Menne, Hr.<br />
Mü, Hr. Müll, Fr. Matu – fortan M.1, M.2, M.3,<br />
M.4, fertig.“ So wurde Hr. Söy (ehemals Söyke)<br />
zu S.1 und Hr. Steu zu S.2.<br />
So hieß es fortan im Protokoll Fr. M.1 kommt zu<br />
spät, Fr. B. rüffelt Hr. M.2+M.3 wegen<br />
fortgesetzten Tuschelns usw..<br />
Nachdem dieser Prozess eine Eigendynamik<br />
entfaltet hatte, und der Buchstabenwald unserer<br />
Zeitung, die nur noch D.I.I. hieß, sich merklich<br />
lichtete, kam der absolute Hammer an einem<br />
Freitag, den 13., als Nr. 7 Protokoll führte.<br />
Hr. P. hatte mit ernstem Gesicht an der Stirnseite<br />
des großen Redaktionstisches Platz genommen, bei<br />
Fr. B., die wie immer die Sitzung leitete, um das<br />
Wort gebeten, hatte schließlich sein rotes Büchlein<br />
aufgeschlagen und verkündete mit<br />
bedeutungsschwangerer Stimme, wobei er<br />
Augenkontakt zu jedem einzelnen suchte: „Meine<br />
Damen und Herren, -<br />
Druckerschwärze ist aus!“ Danach machte er eine<br />
Pause, in der unsere Blicke von ihm zu Hr. S.1<br />
wanderten, unserem Drucker, der sich anfing, die<br />
Haare zu raufen und seine Beine zu verschrauben.<br />
Uns stockte der Atem, war das ein Schlag!<br />
Genau in diesem Augenblick setzte Herrn P.’s<br />
Stimme wieder ein: „und ich erwarte, dass zur<br />
nächsten Sitzung eine geheftete Ausgabe D.I.I.<br />
komplett ohne Druckerschwärze vorliegt. Damit<br />
war die Sitzung beendet, und wenn wir nicht alle<br />
schon Schlimmeres erlebt hätten, hätte uns das<br />
sicher umgehauen. Aber so hofften wir, dass das<br />
Ganze noch ein gutes Ende nehmen würde.<br />
Die nächste Redaktionssitzung begann, indem<br />
unser Drucker Hr. S.1 Berge von blütenweißen<br />
Heften hereinschleppte und auf den Tisch knallte.<br />
Mit großen Fragezeichen in den Augen blätterten<br />
die Redaktionskollegen darin, als suchten sie etwas,<br />
aber sie fanden nur 28 Seiten unschuldigen, weißen<br />
Papiers. Nur unser Oberlehrer Hr. M.2 malte<br />
wütend rote Zacken in eins der Hefte. Er hatte den<br />
Umstand noch nicht verwunden, dass er keine<br />
Korrekturfahnen mehr erhalten hatte, an denen er<br />
sich hätte austoben können.<br />
Obwohl vollkommene Stille in dem Raum<br />
herrschte, bat Hr. P. um Ruhe. „Meine Damen und<br />
Herren!“ er war aufgestanden, mit einer eleganten<br />
Bewegung ließ er sein rotes Büchlein aus dem<br />
Fenster fliegen, „wir sind am Ziel!“ Er nahm eins<br />
der weißen Hefte und hielt es hoch. „Dieses Heft<br />
der <strong>DATT</strong> <strong>IS</strong> <strong>IRRE</strong> werden wir an den Leser<br />
zurückgeben. Wir werden die Hefte eintüten und<br />
an unsere Leser verschicken, verbunden mit der<br />
Aufforderung, selbst ein Heft mit allem Drum und<br />
Dran, eigenem Titel und Lay Out und, und, und zu<br />
schreiben. Meine Damen und Herren, wie Sie<br />
wissen, haben wir kreative Leser. Jeder Leser<br />
schreibt sein eigenes Heft und schickt es uns wieder<br />
zu. Und wir werden im Jahr 2010, wenn es in Essen<br />
und dem Ruhrgebiet um die Idee der Kultur geht,<br />
eine Veranstaltung machen, in der alle diese<br />
Leserhefte ausgestellt werden. Und wir werden<br />
prominente Künstler bitten, Lesungen aus diesen<br />
Heften zu halten, selbstverständlich können die<br />
Autoren auch selbst lesen. Es wird Musik geben<br />
und natürlich wird es Essen und Trinken geben.<br />
Es wird also ein großes Fest werden und wir alle<br />
werden sagen:<br />
<strong>DATT</strong> <strong>IS</strong> <strong>IRRE</strong>,<br />
oder!?<br />
jimmibell<br />
<strong>DATT</strong> <strong>IS</strong> <strong>IRRE</strong>! 17