Download der Publikation - Hanns-Seidel-Stiftung
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aK aDemie für P oL i t iK unD Ze i tge ScHeHen<br />
Extremismus in Deutschland<br />
Auch in diesem Jahr wurde in Kooperation<br />
mit Prof. dr. Eckhard Jesse, tU<br />
Chemnitz, wie<strong>der</strong> eine Expertentagung<br />
zum thema Extremismus in deutschland<br />
durchgeführt. Ein Schwerpunkt<br />
<strong>der</strong> tagung, die vom 16. bis 18. März in<br />
Kloster Banz stattfand, lag diesmal auf<br />
dem rechtsextremismus. dieser stellt<br />
nach wie vor eine erhebliche Gefahr in<br />
deutschland dar, was nicht zuletzt die<br />
Aktivitäten <strong>der</strong> rechtsterroristischen<br />
Zelle NSU zeigten, die wenige Monate<br />
zuvor bekannt geworden waren. Viele<br />
<strong>der</strong> referate befassten sich mit fragen<br />
Eckhard Jesse und Helmut Albert, direktor des<br />
saar län dischen Landesamts für Verfassungsschutz<br />
<strong>der</strong> Analyse und Bekämpfung des rechtsextremismus,<br />
ohne dabei an<strong>der</strong>e fel<strong>der</strong><br />
wie den Linksextremismus o<strong>der</strong> den<br />
Islamismus aus dem Auge zu verlieren.<br />
teilnehmer waren zahlreiche fachleute<br />
von Wissenschaft und Sicherheitsbehörden<br />
aus deutschland.<br />
Einleitend versuchte Prof. dr. Eckhard<br />
Jesse eine Präzisierung des Extremismusbegriffs<br />
und ging auf Kritik an ihm<br />
ein. Er plädierte dafür, diesen stärker<br />
gegen Begriffe wie radikalismus, fundamentalismus<br />
und Populismus abzugrenzen.<br />
dabei unterstrich er die Notwendigkeit,<br />
daran festzuhalten und ihn – für die<br />
Wissenschaft wie für die Exekutive – als<br />
Analyseschema beizubehalten.<br />
dr. Marc Brandstetter, redaktionsleiter<br />
des InternetInformationsportals „Endstation<br />
rechts“, das sich mit Neonazis<br />
und den NPdfraktionen in den Landtagen<br />
von MecklenburgVorpommern und<br />
Sachsen auseinan<strong>der</strong>setzt, referierte<br />
über das „Pro und Contra eines NPd<br />
Verbotes“. Vor dem Einstieg in den argumentativen<br />
teil seiner Ausführungen gab<br />
Brandstetter zu bedenken, dass die mögliche<br />
Einleitung eines Verbotsverfahrens<br />
kein „Selbstläufer“ sei, weil beispielsweise<br />
nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts<br />
<strong>der</strong> demokratiegefährdende<br />
Charakter <strong>der</strong> NPd auch<br />
vor dem Europäischen Gerichtshof für<br />
Menschenrechte Bestand haben müsste.<br />
daran anknüpfend eröffnete Guido Selzner<br />
vom Bundesamt für Verfassungsschutz<br />
den Blick auf die Problematik<br />
„rechtsterroristischer Zellen“. So habe<br />
sich in <strong>der</strong> Vergangenheit gezeigt,<br />
dass als ideologische Basis <strong>der</strong>artiger<br />
Gruppie rungen <strong>der</strong> „Nationalismus“ und<br />
„rassismus“ diene und auf dieser Grundlage<br />
auch „politisch motivierte Gewalttaten“<br />
durchgeführt worden seien. Auf<br />
die ideologischen Grundlagen dieser (wie<br />
an<strong>der</strong>er) gewalttätiger Gruppen muss<br />
daher künftig verstärkt geachtet werden.<br />
<strong>der</strong> Publizist dr. rudolf van Hüllen behandelte<br />
in seinen Ausführungen die<br />
„Unterschiede <strong>der</strong> Prävention im Links<br />
und im rechtsextremismus“. Er gab zu<br />
bedenken, dass viele Begriffe und theoretische<br />
Konstrukte aus <strong>der</strong> Extremismusforschung<br />
im Bereich <strong>der</strong> politischen<br />
Bildungsarbeit als „praxisuntauglich“<br />
eingestuft werden müssten. Neben <strong>der</strong><br />
Aufklärung zum rechtsextremismus sei<br />
es wichtig, dass in <strong>der</strong> JetztZeit die forschungslücke<br />
an Einstellungsmuster<br />
Studien zum Linksextremismus geschlossen<br />
werden müsse, weil bislang keine<br />
empirisch „harten daten“ für eine <strong>der</strong>artig<br />
gelagerte Präventionsarbeit vorliegen<br />
würden. Insgesamt gibt es für eine umfassende<br />
Extremismusprävention also<br />
noch viel zu tun.<br />
die Beiträge <strong>der</strong> tagung dokumen tierten<br />
erneut die Notwendigkeit einer fundierten<br />
wissenschaftlichen Analyse aller Phänomene<br />
des politischen Extremismus,<br />
die als Grundlage für die Arbeit <strong>der</strong><br />
Exe kutive, aber auch für die politische<br />
Bildung von nicht zu unterschätzen<strong>der</strong><br />
Bedeutung ist.<br />
Europäische Integration und<br />
westlicher Balkan<br />
Nach dem EUBeitritt rumäniens und<br />
Bulgariens zum 1. Januar 2007 rückte<br />
die Problematik <strong>der</strong> EUIntegration <strong>der</strong><br />
(mittlerweile) sechs noch außerhalb stehenden,<br />
westlichen Balkanlän<strong>der</strong> näher<br />
(Kroatien wird nicht zur Balkan region<br />
gerechnet). Eine Experten tagung <strong>der</strong><br />
<strong>Hanns</strong><strong>Seidel</strong><strong>Stiftung</strong> nahm sich am<br />
16. Oktober dieser thematik an, um<br />
sie angesichts <strong>der</strong> vielfältigen internen<br />
Probleme <strong>der</strong> EU, die die Schlagzeilen<br />
beherrschen, und angesichts des<br />
aktuell geringen Willens zur territorialen<br />
Erweiterung <strong>der</strong> EU im Bewusstsein<br />
zu halten. denn zweifelsohne gehören<br />
BosnienHerzegowina, Serbien, Kosovo,<br />
Monte negro, Albanien und Makedonien<br />
im historischen und kulturellen Sinne zu<br />
Euro pa, trotz ihrer jahrhun<strong>der</strong>telangen<br />
Abschottung von <strong>der</strong> allgemeinen Entwicklung<br />
durch das Osmanische reich.<br />
Aus <strong>der</strong> fülle <strong>der</strong> vorgetragenen Aspekte,<br />
die ein disparates, aber keinesfalls exklusiv<br />
negatives Gesamtbild entwarfen,<br />
seien hier nur die Län<strong>der</strong> BosnienHerzegowina,<br />
Albanien, und Montenegro herausgegriffen.<br />
Im ersten fall ist schon länger zu konstatieren,<br />
dass das „daytonAbkommen“<br />
von 1995, nach dem das Land heute<br />
strukturiert ist, dessen Zusammenhalt<br />
nicht gewährleistet. die drei Bevölkerungsgruppen<br />
sind nach wie vor nicht<br />
daran interessiert, in <strong>der</strong> von Josip Broz<br />
tito einst mehr o<strong>der</strong> weniger künstlich<br />
geschaffenen staatlichadministrativen<br />
Einheit weiter zusammen zu leben. Unter<br />
<strong>der</strong> Asche glimmen weiterhin die Leidenschaften<br />
des 1995 abgeschlossenen<br />
Bürgerkriegs. Aber auch wenn man<br />
diesen Befund akzeptiert, bleibt immer<br />
HANNSSEIdELStIftUNG | JAHrESBErICHt 2012