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ISSN 1611-6933 - Institut für Sozialforschung und Sozialwirtschaft eV

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Maria Zörkler: Der Pflegefokus<br />

__________________________________________________________________________________________<br />

Insbesondere das Prinzip der aufmerksamen<br />

Beobachtung lässt die Mitarbeiter/innen<br />

an Ideale <strong>und</strong> Leitbilder anknüpfen,<br />

die sie u.a. zur Aufnahme einer<br />

pflegerischen Arbeit bewogen haben. Sich<br />

einlassen auf die Bewohner/innen, sie ernst<br />

nehmen in ihren Anliegen, <strong>für</strong> den Moment<br />

Da-sein mit ihnen - das umsetzen zu können<br />

<strong>und</strong> im Moment des Pflegefokus zu<br />

vertiefen, ist <strong>für</strong> alle Befragten ein wesentlicher<br />

Aspekt, der zu ihrer Arbeitszufriedenheit<br />

beiträgt. Besonders hervorgehoben<br />

wird eine solche Betrachtungsweise in den<br />

Häusern, die gezielt jene konzeptionellen<br />

Möglichkeiten des Pflegefokus in den Vordergr<strong>und</strong><br />

stellen. Alltägliches bewusst <strong>und</strong><br />

mit voller Achtsamkeit zu erleben, alles,<br />

was geschieht, offen <strong>und</strong> ohne Vor-Urteil<br />

zu beobachten - diese Haltung führt dazu,<br />

dass automatische Abläufe unter einem<br />

anderen Blickwinkel betrachtet <strong>und</strong> Schritt<br />

<strong>für</strong> Schritt „entautomatisiert“ werden. Die<br />

Pflegekräfte berichten, dass sie beim Pflegefokus<br />

bislang unbekannte Details entdecken<br />

- bei den Bewohnerinnen <strong>und</strong> Bewohnern,<br />

aber auch bei ihrem eigenen<br />

Tun. Der routinisierte Pflegealltag wird aufgebrochen<br />

<strong>und</strong> Raum geschaffen <strong>für</strong><br />

spannende, überraschende Momente.<br />

Die im Pflegefokus-Konzept formulierten<br />

Prinzipien tragen so dazu bei, neben<br />

den funktionalen Anteilen in der Pflege das<br />

Beziehungsgeschehen als qualitätssicherndes<br />

Element wahrzunehmen <strong>und</strong> die Wirkung<br />

pflegerischen Handelns auf die Befindlichkeit<br />

der Bewohner/innen zu reflektieren.<br />

Durch die Implementierung des<br />

Pflegefokus hat sich die Motivation der<br />

Pflegekräfte verändert. Wurde früher die<br />

formale Anforderung des MDK als Hauptgr<strong>und</strong><br />

<strong>für</strong> die Pflegeplanung genannt, so<br />

haben sich nunmehr die Prioritäten ver-<br />

44<br />

ISO-Mitteilungen Nr. 1/April 2003<br />

schoben: „Wir machen die Pflegeplanung<br />

<strong>für</strong> die Bewohner, damit sie sich wohler fühlen,<br />

<strong>und</strong> auch <strong>für</strong> uns als Nachweis, was wir<br />

leisten <strong>und</strong> eventuell noch verbessern müssen“.<br />

Die Orientierung hin zur Bewohnerin<br />

<strong>und</strong> zum Bewohner korrespondiert mit einer<br />

Aufwertung der Mitarbeiterinteressen.<br />

Die gewachsene Sensibilität <strong>für</strong> den Nutzen<br />

einer individuellen Pflege, die durch eine<br />

regelmäßig aktualisierte Pflegeplanung<br />

möglich wird, fördert auch das Bewusstsein<br />

<strong>für</strong> die eigene Kompetenz <strong>und</strong> Professionalität.<br />

Die Mitarbeiter/innen erleben sich<br />

nicht mehr nur als reaktiv Tätige, sondern<br />

als Entscheidungsträger/innen mit Handlungsoptionen.<br />

Was mache ich hier gerade?<br />

Wie gehe ich mit meinem Gegenüber<br />

um? Für welche Form der Unterstützung<br />

entscheide ich mich? Diese Fragen gewinnen<br />

zunehmend auch in der täglichen Arbeit<br />

an Bedeutung. Der selbst-bewusste<br />

<strong>und</strong> selbst-gewählte Beitrag zur Qualität<br />

von Pflege wird transparenter, neue Perspektiven<br />

auf eigene Verhaltensweisen<br />

<strong>und</strong> Aktionen eröffnen sich.<br />

Die aufmerksame <strong>und</strong> gezielte Beobachtung<br />

als Hintergr<strong>und</strong>folie <strong>für</strong> die Deutung<br />

von Wirklichkeit lässt somit die Pflegehandlungen<br />

in ihrer Ambivalenz aufscheinen.<br />

Eine empathische Ausrichtung auf die<br />

Bewohner/innen ist nur möglich in einem<br />

Kontext, der auch das „Wohlbefinden“<br />

von Mitarbeiterinnen <strong>und</strong> Mitarbeitern im<br />

Blick hat.

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