ISSN 1611-6933 - Institut für Sozialforschung und Sozialwirtschaft eV
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Markus Pohlmann: Editorial<br />
__________________________________________________________________________________________<br />
lichkeit in der sozialwissenschaftlichen Diskussion.<br />
Dazu trug auch bei, dass die Anstrengungen<br />
international vergleichender<br />
Forschung - unter wachsender Beteiligung<br />
deutscher Forschungseinrichtungen - sehr<br />
stark zugenommen haben. Insbesondere<br />
die Globalisierungsdiskussion hat im vergangenen<br />
Jahrzehnt die Forschungs- <strong>und</strong><br />
konzeptionellen Anstrengungen zur Abschätzung<br />
wirtschaftlicher <strong>und</strong> gesellschaftlicher<br />
Entwicklungslinien vorangetrieben.<br />
Nahezu alle Fördereinrichtungen<br />
der Sozialwissenschaften in Deutschland<br />
(DFG, VW-Stiftung, Hans-Böckler-Stiftung<br />
etc.) haben mit speziellen Förderprogrammen<br />
auf diese Diskussion reagiert.<br />
Doch eine Bilanzierung fällt noch schwer.<br />
Es fehlt an zusammenfassenden Analysen<br />
<strong>und</strong> Vergleichen der Erklärungskraft der<br />
unterschiedlichen Theoriekonstrukte. Es<br />
fehlt aber auch an evidenzbasierten Metaanalysen,<br />
die den Forschungsstand systematisch<br />
zusammenfassen <strong>und</strong> bündeln,<br />
um so zu einem plausiblen Set von Zusammenhangaussagen<br />
zu gelangen, die das<br />
Terrain der Globalisierung sozialwissenschaftlich<br />
abzustecken in der Lage sind.<br />
Hierauf wird sich die sozialwissenschaftliche<br />
Forschung - fernab der Thematisierungsmoden<br />
- weiter konzentrieren<br />
müssen. So zeigt sich z.B. bei genauerem<br />
Hinsehen, dass der in der Globalisierungsdiskussion<br />
hoch gehandelte industrielle<br />
Distrikt „nicht der Eingang zum Himmel“ ist,<br />
wie Antonio Negri zurecht bemerkt. Der<br />
Beitrag von Josef Reindl in diesem Heft<br />
veranschaulicht dies im Vergleich zwischen<br />
Baden-Württemberg <strong>und</strong> der Toskana in<br />
eindrucksvoller Weise. Er sorgt <strong>für</strong> eine Ernüchterung,<br />
die sich derzeit immer dann<br />
breit macht, wenn der Globalisierungsdis-<br />
6<br />
ISO-Mitteilungen Nr. 1/April 2003<br />
kurs empirisch f<strong>und</strong>iert wird. Denn keineswegs<br />
ließ sich die im modischen Globalisierungsdiskurs<br />
weit verbreitete Annahme,<br />
dass mit zunehmender weltwirtschaftlicher<br />
Integration von regional angesiedelten<br />
<strong>und</strong> entsprechend vernetzten Unternehmen<br />
positive Effekte <strong>für</strong> die Prosperität einer<br />
Region einhergehen, in den Globalisierungsstudien<br />
hinreichend bestätigen. So<br />
wurde z.B. in einer Analyse des Münchner<br />
Fahrzeugbaus (Genosko/Biehler) herausgearbeitet,<br />
in welchem geringen Maße<br />
sich eine regionale Einbettung durch Kooperationen<br />
ergab, welche die regionale<br />
Prosperität förderten. Aber auch andere<br />
aktuelle Untersuchungen (wie z.B. Heinze/Minssen<br />
oder Feldhoff/Hessinger) mahnen<br />
gegenüber den neoliberalen Annahmen<br />
in der Frage der Effekte der Ansiedelung<br />
von multi-, transnationalen oder globalen<br />
Unternehmen zur Skepsis. Sie plausibilisieren,<br />
dass die Entstehung von Netzwerken<br />
sowie deren positive regionalökonomische<br />
Effekte keineswegs selbstverständlich<br />
mit der Ansiedelung der „global<br />
player“ verb<strong>und</strong>en sind. Zwar zeigte die<br />
Diskussion unterschiedlicher regionaler Kapitalismen<br />
in der Frage der Rolle der industriellen<br />
Distrikte, dass weder Konvergenzannahmen<br />
noch zu einfache Differenzierungsannahmen<br />
der internen Varianz im<br />
globalen Kapitalismus gerecht werden. Es<br />
deutete sich an, dass das globale Wirtschaftssystem<br />
selbst regionale Unterschiede<br />
in verstärkter Form zur internen Differenzierung<br />
nutzt. Aber in jüngster Zeit haben<br />
auch viele Untersuchungen klar gemacht,<br />
dass die Verselbstständigungstendenzen<br />
globaler ökonomischer Entwicklungen eine<br />
gegenläufige Dynamik dazu darstellen. Es<br />
scheint so, als werde die soziale Gestalt<br />
der Region durch globale Entwicklungen