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Die Presse Schaufenster

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Randerscheinung<br />

von Florian Asamer<br />

Irgendwie bin ich mir zu wenig apodiktisch.<br />

Heute besonders, aber<br />

überhaupt. Ich war immer schon eher<br />

ein Einerseits-andererseits-Wesen<br />

(nicht so ein verwegener Meinungshaudrauf<br />

), aber bei gewissen Dingen –<br />

vor allem bei Stildebatten, Moral, Fragen<br />

des Lebens an sich und so höchstpersönlichem<br />

Zeug – war ich mir dann<br />

letztlich doch sehr, sehr sicher. Zu<br />

sicher sicherlich, rückblickend<br />

betrachtet. Doch seit Kurzem verliere<br />

ich meinen Biss. Oft ist es mir egal.<br />

Aber wenn ich ehrlich bin, weiß ich es<br />

einfach nicht mehr. Auch nach langem<br />

Nachdenken komme ich bei den verschiedensten<br />

Fragestellungen zu keinem<br />

abschließenden Ergebnis. Eher<br />

im Gegenteil. Wenn ich mich einmal<br />

partout festlegen will, muss ich es<br />

machen wie der in Bezug auf die Destination<br />

Unentschlossene mit Fernschmerzen:<br />

Der wirft den Dartpfeil auf<br />

die Weltkarte. Ob man Schnurrbart<br />

tragen darf oder nicht – nur um irgendein<br />

Beispiel zu nennen –, kann ich<br />

anders nicht mehr mit Sicherheit<br />

beantworten. Nicht einmal für mich.<br />

Das könnte damit zu tun haben, dass<br />

ich glaube, meine Nische gefunden zu<br />

haben. Hat man sich selbst aber erst<br />

einmal als Nischenprodukt akzeptiert<br />

(das ist gar nicht so einfach, weil sich<br />

wohl niemand freiwillig in die Nische<br />

verzieht, wenn er es auch da draußen<br />

schaffen würde), wird es recht gemütlich<br />

und kuschelig. Man richtet es sich<br />

dauerhaft ein, beäugt Neues skeptisch<br />

unter dem Generalverdacht, es sei<br />

Unsinn oder zumindest verzichtbar,<br />

allemal überschätzt. Und verliert so<br />

unmerklich den Anschluss. Wenn man<br />

dann Jahre später einmal versehentlich<br />

aus seiner Nische hinausschaut,<br />

erkennt man die Welt nicht wieder.<br />

Dann wird die eigene Nische zur Welt.<br />

Zwangsläufig. Klingt mir jetzt fast zu<br />

apodiktisch. Ich überlege mir das lieber<br />

noch einmal. s<br />

S c h l u S S<br />

Zwei Dinge wird<br />

ein Mann nie verstehen:<br />

das Geheimnis<br />

der<br />

Schöpfung und<br />

den hut einer<br />

Frau. Sagte nicht Philip Treacy.<br />

Impressum<br />

Medieninhaber, Redaktion und Herausgeber:<br />

„<strong>Die</strong> <strong>Presse</strong>“ Verlags-Gesellschaft m.b.H. & Co KG, 1030 Wien, Hainburger Straße 33.<br />

Tel.: 01/514 14-Serie. E-Mail: schaufenster@diepresse.com vorname.name@diepresse.com<br />

Geschäftsführung: Dr. Michael Tillian (Vorsitz), Mag. Herwig Langanger.<br />

Chefredaktion: Rainer Nowak. Chefredaktion <strong>Schaufenster</strong>: Mag. Petra Percher.<br />

Stellvertretende Chefredaktion: Mag. Daniel Kalt. Chefin vom <strong>Die</strong>nst: Mag. Anna Burghardt.<br />

Mode/Kosmetik: Mag. Petra Percher, Mag. Daniel Kalt. Wohnen/Design: Mag. Norbert Philipp.<br />

Essen/Trinken: Mag. Anna Burghardt. Kultur: Barbara Petsch mit Feuilleton-Redaktion.<br />

Fotoredaktion: Mag. Christine Pichler. Mode/Beauty/Foto: Mag. Barbara Zach. Programm:<br />

Magdalena Mayer. Produktion: „<strong>Die</strong> <strong>Presse</strong>“ Content Engine GmbH. & Co KG. Reise: Michael<br />

Reichel. Produktion und Grafik: M.S.C. Medien Service GmbH. Art Direction: Matthias Eberhart.<br />

Bildbearbeitung, Grafik: Christian Stutzig, Patricia Varga.<br />

Anzeigen: „<strong>Die</strong> <strong>Presse</strong>“ Media GmbH & Co KG. Geschäftsführer: Peter Syrch.<br />

Art Copyright: VBK/Wien. Hersteller: Niederösterreichisches <strong>Presse</strong>haus, Druck- und<br />

Verlagsgesellschaft m.b.H., 3100 St. Pölten, Gutenbergstraße 12.<br />

<strong>Die</strong> Ich-Pleite<br />

von Annemarie<br />

Seit 1995 findet einmal jährlich im<br />

Frühling der Tag des Lärms statt.<br />

Heuer war es der 24. April. Haben Sie<br />

davon gehört? Wahrscheinlich nicht,<br />

weil grad ein Lkw an Ihnen vorbeigedonnert<br />

ist. Oder der Nachbar den<br />

Rasenmäher eingeschalten hat. Oder<br />

das Kid in der Wohnung drüber die<br />

Stereoanlage. Oder der Kollege die<br />

Kaffeemaschine. Aber beim Lärm ist<br />

es ja wie bei den Bedürfnissen. Sie<br />

sind pyramidenförmig. Wenn der<br />

Presslufthammer abgestellt ist, stört<br />

einen der vorbeifahrende Zug. Wenn<br />

der Zug vorbei ist, surrt die Waschmaschine.<br />

Wenn die Waschmaschine<br />

ruhig ist, summt der Laptop. Und<br />

wenn der endlich zugeklappt ist,<br />

schnauft der Bürokollege so laut, dass<br />

sich einem das Trommelfell sträubt!<br />

Der Nachbar ist ja immer lauter als<br />

man selbst. Das ist kein Vorurteil, das<br />

kann man objektiv nachmessen! Im<br />

Gehirn. Nichts stört einen mehr als<br />

fremdes Telefonieren. Das ist moralisch<br />

vielleicht nicht ganz okay, aber<br />

unsere kleinen grauen Zellen sind<br />

nicht auf einseitige Kommunikation<br />

programmiert. Sondern auf dialogische.<br />

Wenn unser Gehirn immer nur<br />

„Wo bist du?“, „Wann kommst du nach<br />

Hause?“, „Was sollen wir heute Abend<br />

essen?“, „Geh ich einkaufen oder du?“,<br />

„Haben wir noch eine Extrawurst im<br />

Kühlschrank?“ hört, gerät es in<br />

Zwangsergänzungsstress. Es denkt<br />

mit und will Antworten geben: „Im<br />

Büro“, „Weiß ich noch nicht!“, „Wie<br />

wär’s mit Wurstnudeln?“, „Du, weil<br />

ich war am Montag“, „Du hast gestern<br />

beim ‚Tatort‘ den Rest zammgfuttert,<br />

Schatzi“. Das ist auch der Grund,<br />

warum einem der Kopf dröhnt, wenn<br />

man beim Familienessen zufällig<br />

neben Großonkel Heinz sitzt. Das<br />

letzte Mal einen Dialog geführt hat<br />

der Onkel, als ihn 1945 jemand gefragt<br />

hat: „Waren Sie Parteimitglied?“ und<br />

er hat gesagt: „Nein!!!“ s<br />

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58 <strong>Schaufenster</strong><br />

Illustration: Nina Ober

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