TantePaull7
TantePaull7
TantePaull7
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
CHE-Ranking TantePaul TantePaul<br />
028<br />
Der Schein trügt<br />
Die Deutsche Gesellschaft für Soziologie (DGS) ruft alle soziologischen Institute zum Boykott des CHE-Rankings auf<br />
Im Juni 2012 verkündete die DGS ihre<br />
fachlichen Zweifel und wissenschaftliche<br />
Bedenken an der Qualität des Rankings<br />
vom Centrum für Hochschulentwicklung<br />
(CHE), ein gemeinsames Projekt der Bertelsmann<br />
Stiftung und der Hochschulrektorenkonferenz.<br />
Um das selbstgesteckte<br />
Ziel, die Vergleichbarkeit aller angebotenen<br />
Studiengänge zu erreichen, würde die komplexe<br />
Forschungs- und Lehrlandschaft in<br />
Form eines Ampelsystems als sehr vereinfacht<br />
und verzerrt in dem jährlich, von der<br />
Zeitschrift Die ZEIT publizierten Ranking<br />
wiedergegeben.<br />
Die DGS empfindet die vorhandenen methodischen<br />
Schwächen sowie empirische<br />
Lücken als gravierend. Fest macht sie ihre<br />
Behauptung beispielsweise daran, dass<br />
die Qualität der Forschung der jeweiligen<br />
bewerteten Fächer primär auf Einschätzungen<br />
einzelner Wissenschaftler_innen<br />
und des Weiteren auf eine Datenbank<br />
zurückgeht, die<br />
selbst aus Sicht<br />
des CHE als nicht<br />
ausreichend angesehen<br />
wird.<br />
Auch das Ergebnis<br />
zur Qualität<br />
der Lehre an<br />
den Instituten<br />
und Hochschulen<br />
erscheint ihr<br />
subjektiv und<br />
folglich unseriös.<br />
Um die Qualität<br />
der Lehre zu ermitteln, werden vom CHE<br />
Studierende in Form eines Fragebogens<br />
befragt. Auf Grund der zu geringen Fallquote<br />
im Allgemeinen sowie einer prinzipiell<br />
geringen Beteiligung seitens der Studierenden<br />
und einer nicht nachvollziehbaren<br />
und intransparenten Auswahl der Befragten,<br />
werden die Ergebnisse von der DGS<br />
gar als Zufallsaussagen bezeichnet. Hinzu<br />
kommt, dass relevante Rahmenbedingungen<br />
wie zum Beispiel die Betreuungsrelation,<br />
die wiederum großen Einfluss auf die<br />
Größe der Lehrveranstaltungen hat, erst<br />
gar nicht berücksichtigt werden. All jene<br />
aufgezählten Punkte lassen die DGS zu<br />
dem Urteil kommen, dass das CHE-Ranking<br />
Studieninteressierte nicht nur irreführt,<br />
sondern darüber hinaus elementare<br />
Informationen vorenthält. Konkret heißt<br />
es in der Stellungnahme (Kurzfassung) der<br />
DGS: "Es [CHE-Ranking] suggeriert, sich<br />
hierbei den massenmedialen Präsentationserfordernissen<br />
beugend, eindeutige<br />
und verlässliche Urteile, die durch die verfügbaren<br />
Daten keineswegs gedeckt sind."<br />
Obendrein wird das CHE-Ranking nicht<br />
nur von Studieninteressierten als Grundlage<br />
für wichtige Entscheidungen herangezogen,<br />
sondern auch von vielen Fakultäts-<br />
und Hochschulleitungen. Dies geht<br />
mit teilweise folgenschweren und aus<br />
sachlicher und fachlicher Sicht meist unbegründeten<br />
Konsequenzen in Form von<br />
wissenschaftspolitischen Strukturentscheidungen<br />
einher. Kurz: Das CHE-Ranking<br />
provoziere bewusst Fehlentscheidungen.<br />
Institute, die innerhalb des Rankings<br />
im Vergleich mit anderen Fächern schlecht<br />
abschneiden, droht meist die Kürzung von<br />
Geldern und anderen Mitteln. Demnach<br />
lastet auf den jeweiligen Fächern und an<br />
den Hochschulen ein<br />
immenser Druck, nach<br />
außen attraktiv und<br />
leistungsorientiert zu<br />
erscheinen und möglichst<br />
viele Studierende<br />
anzuziehen.<br />
Die einzige Konsequenz,<br />
die aus der vorangegangenenAnalyse<br />
der DGS folgen<br />
kann, ist sich der als<br />
falsch angesehenen<br />
Wettbewerbslogik zu entziehen. Deshalb<br />
fordert der Fachverband Soziologie nicht<br />
nur alle soziologischen Institute aller deutscher<br />
Universitäten auf, das fehlerhafte<br />
und ungenügende Vorgehen von CHE nicht<br />
weiter zu unterstützen und daher an der<br />
Befragung zur Erstellung des Ranking<br />
nicht teilzunehmen, sondern empfiehlt<br />
dies ebenfalls anderen Fachbereichen und<br />
Instituten.<br />
Und auch wenn der DGS nicht der erste<br />
Fachverband ist, der zum Boykott von CHE<br />
aufruft – Werner Plumpe als Chef des Historikerverbands<br />
tat dies bereits vor zwei<br />
Jahren – so schlägt die Stellungnahme und<br />
Positionierung doch ordentlich Wellen in<br />
der Wissenschaft. Bis dato folgten 12 soziologische<br />
Institute verschiedener Hoch-<br />
schulen dem Aufruf der DGS, darunter<br />
die TU Berlin, die Universität Jena und die<br />
LMU München. Die Uni Bremen jedoch, den<br />
neoliberalen Wettbewerbsgedanken von<br />
Vergleichbarkeit und Konkurrenz hochhaltend,<br />
scheint es nicht von Nöten zu halten<br />
den DGS in seiner kritischen Position zu<br />
unterstützen.<br />
LiSA