TantePaull7
TantePaull7
TantePaull7
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Tante TantePaul<br />
Paul<br />
themen und -mittel abzulehnen, die Rüstungszwecken<br />
dienen können“.<br />
Der OHB-Vorstandsvorsitzende Fuchs<br />
verkündete schließlich im Weser-Kurier:<br />
"Es gibt nur die eine Wahl, entweder die<br />
Uni ändert die Zivilklausel, oder wir lassen<br />
die Professur sein." Die Universitätsleitung<br />
übte sich daraufhin in konstruktiver Kritik<br />
an der ohnehin veralteten Zivilklausel und<br />
strebte mit vorauseilendem<br />
Gehorsam eine Änderung<br />
an. So wurde aus der Rüstungsdebatte<br />
eine Zivilklauseldebatte.<br />
Die AS-Sitzung im Januar<br />
diesen Jahres, auf der über<br />
die bestehende Zivilklausel<br />
entschieden werden<br />
sollte, zog sich jedoch ins<br />
Lächerliche als der Rektor<br />
freudig verkündete, OHB<br />
würde trotz der Zivilklausel<br />
die Professur stiften: Die<br />
Zivilklausel sei eine gute<br />
Sache, OHB ein tolles Unternehmen<br />
und der Stiftungsprofessur<br />
stehe nichts im<br />
Wege. Auch in einem späteren<br />
Interview im „Scheinwerfer“,<br />
versicherte OHB es<br />
handele sich alles lediglich<br />
um ein Missverständnis.<br />
Herr Fuchs sei falsch zitiert<br />
worden und es hätte<br />
niemals ein Ultimatum zwischen<br />
Stiftungsprofessur<br />
und Zivilklausel gegeben.<br />
Müller reagierte irritiert<br />
auf Kritik, nicht vor besagter<br />
AS-Sitzung diese Information<br />
öffentlich gemacht<br />
zu haben. Für ihn sei die AS<br />
Sitzung ein geeigneter Ort dafür. Das Müller<br />
die Information über Monate hinweg<br />
zurückgehalten hatte, kann entweder als<br />
unsensible Dummheit oder als pure Taktik<br />
ausgelegt werden.<br />
Der überwiegend studentische Protest,<br />
der sich auf den Erhalt der Zivilklausel fixiert<br />
hatte, war schließlich nicht in der<br />
Lage auf eine solche Wendung und einen<br />
so offensichtlichen Wiederspruch zu reagieren.<br />
Trotz der „erneut“ bestätigten<br />
Zivilklausel und die Aufnahme dieser in die<br />
Leitlinien der Universität, wurde sowohl die<br />
von OHB und DGLR finanzierte Stiftungsprofessur<br />
im Speziellen und Rüstungsforschung<br />
an der Uni Bremen im Allgemeinen<br />
nicht hinterfragt.Die Uni Bremen bekennt<br />
sich zu ihrer Zivilklausel, die Forschung zu<br />
Militärzwecken verbietet, doch Geld eines<br />
Unternehmens, die die Bundeswehr beliefert,<br />
will sie annehmen.<br />
Eine weitere neue Wende nahm die Debatte<br />
nochmals Anfang Juni 2012 als<br />
durch journalistische Arbeit ein konkretes<br />
Rüstungsprojekt aus den Jahren 2005/06<br />
ans Licht kam. Ganz der Zivilklausel nach<br />
Außen verpflichtet beraumte der Rektor<br />
daraufhin eine Prüfung der Forschungsaufträge<br />
der letzten 10 Jahre an. Bei der<br />
Prüfung handelte es sich um eine elektronischen<br />
Suchlauf eines Zentralregisters<br />
für Forschungsaufträge, indem bekannte<br />
Bremer Rüstungsunternehmen eingegeben<br />
wurden. Durch diesen simplen Suchlauf<br />
kamen 12 militärische Projekte an der<br />
Universität der letzten 10 Jahre ans Licht.<br />
Der Wille jedoch genaueres über die Natur<br />
der Aufträge bekannt zu gegeben, bestand<br />
offiziell nicht. Klar ist, dass die Aufträge<br />
ein Volumen von 400.000 € umfassen.<br />
Interessant in dieser Hinsicht ist vor allem,<br />
dass Rektor Müller die Summe als für<br />
Rüstungsforschung<br />
„nicht relevant im universitären Haushalt<br />
beschrieb“.<br />
Ein neuer Tiefpunkt in der Debatte. Nicht<br />
nur wurde die Zivilklausel mindestens die<br />
letzten 10 Jahre ignoriert und militärische<br />
Forschung betrieben. Nein, es bestand<br />
noch nicht einmal der so oft propagierte<br />
„finanzielle Sachzwang“ Haushaltslücken<br />
zu schließen. Nicht, dass dies wesentlich<br />
besser gewesen wäre. Es<br />
zeigt nur wieder einmal,<br />
dass eine generelle Bereitschaft<br />
an der Universität<br />
besteht, Krieg mit ihrer Forschung<br />
zu unterstützen.<br />
Die Konsequenz aus diesen<br />
Entwicklungen war von<br />
einigen Professoren und<br />
Studierenden die Forderung<br />
nach einem Kontrollgremium<br />
für die Zivilklausel.<br />
Doch Müller setzte auf die<br />
Wissenschaftsfreiheit und<br />
ließ vom AS eine Informationskette<br />
implementieren,<br />
die den/die Wissenschaftler_in<br />
in die Pflicht sah,<br />
Forschungsaufträge mit<br />
militärischen Nutzen abzulehnen.<br />
Oder bei „unklaren“<br />
Aufträgen bei Bedarf zuerst<br />
die Dekane, dieser wiederum<br />
den Fachschaftsrat und<br />
der Fachschaftsrat die Verwaltung<br />
zu informieren. Das<br />
Rektorat könne am Ende<br />
dem/der Wissenschaftler_<br />
in eine Empfehlung geben.<br />
Die Entscheidung liege aber<br />
grundsätzlich bei der_dem<br />
Wissenschaftler_in selbst.<br />
Am Ende der Debatte<br />
steht nun eine verteidigte Zivilklausel, die<br />
nicht nur keine Wirkung auf die momentane<br />
Stiftungsprofessur hat, sondern in<br />
der Vergangenheit regelmäßig ungeachtet<br />
blieb und aller Wahrscheinlichkeit nach<br />
auch in der Zukunft den meisten Forscher_<br />
innen egal ist.<br />
Hinzu kommt eine ständige Relativierung<br />
von Krieg und Militär in den Debatten. So<br />
sei die Zivilklausel etwas Gutes, die Einsätze<br />
der Bundeswehr aber notwendig und<br />
ohnehin kein Krieg, sondern wahlweise<br />
Friedensmissionen, Stabilisierungseinsätze,<br />
Hilfseinsätze, Bewaffnete Konflikte im<br />
Sinne des humanitären Völkerrechts, militärische<br />
Intervention, Krisenbewältigun-<br />
09