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Langfassung - RAG-Stiftung

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Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

Urbane Kultur im Stadtquartier<br />

Diagnose, Konsequenzen und Empfehlungen für die Essener Stadtteile<br />

Schonnebeck, Stoppenberg und Katernberg mit Zeche Zollverein


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

Studie:<br />

Urbane Kultur im Stadtquartier<br />

Planungsbüro Drecker<br />

Ingenieur-, Grün- und Landschaftsplanung<br />

Bottroper Straße 6<br />

46244 Bottrop-Kirchhellen<br />

Bearbeiter: Dipl.-Ing. Peter Drecker<br />

Berater:<br />

Förderer:<br />

M. Sc. Viviane Trautvetter<br />

(Koautor und wissenschaftliche Beratung) Dipl. Geogr. Romy Zischner<br />

Thies Schröder<br />

ts planungskommunikation, Berlin<br />

<strong>RAG</strong> <strong>Stiftung</strong><br />

Rüttenscheider Straße 1-3<br />

45128 Essen<br />

I


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

Inhalt<br />

Abbildungsverzeichnis................................................................................... IV<br />

Zusammenfassung ......................................................................................... VI<br />

1 Einführung ..............................................................................................1<br />

1.1 Problemstellung ............................................................................................................... 1<br />

1.2 Möglichkeiten der Städtebauförderung auf Bundes- und Landesebene ......................... 3<br />

2 Fragestellung, Aufbau und Methodik der Untersuchung....................6<br />

2.1 Fragestellung und Aufbau der Untersuchung .................................................................. 6<br />

2.2 Methodische Vorgehensweise ......................................................................................... 9<br />

3 Der Stadtbezirk VI in Essen.................................................................17<br />

3.1 Lage ............................................................................................................................... 18<br />

3.2 Sozial- und Wirtschaftsstruktur ...................................................................................... 19<br />

3.2.1 Einwohner- und Sozialstruktur .......................................................................... 19<br />

3.2.2 Wirtschafts- und Beschäftigungsstruktur .......................................................... 28<br />

3.3 Das Programm Soziale Stadt im Stadtbezirk................................................................. 34<br />

4 Vergangenheit und Gegenwart der Zeche Zollverein........................39<br />

4.1 Zeche Zollverein als ökonomischer Mittelpunkt der angrenzenden Stadtteile .............. 39<br />

4.2 Das Weltkulturerbe Zeche Zollverein und seine Neunutzung ....................................... 40<br />

5 Schwerpunktthemen im Stadtbezirk...................................................43<br />

5.1 Beschäftigungseffekte im Stadtbezirk VI – heute und in Zukunft .................................. 43<br />

5.2 Langjährige Kooperationsstrukturen als Grundlage für die heutige Zusammenarbeit .. 52<br />

5.3 Bildung und Soziales im Stadtbezirk VI ......................................................................... 59<br />

5.4 Kinder und Jugendliche im Stadtbezirk VI ..................................................................... 62<br />

5.5 Selbst- und Fremdbild des Stadtbezirks VI.................................................................... 73<br />

5.6 Nutzung und Funktion der Zeche Zollverein.................................................................. 77<br />

5.7 Förderungen im Stadtbezirk VI ...................................................................................... 87<br />

6 Diagnose, Konsequenzen und Empfehlungen ..................................90<br />

6.1 Beschäftigung ................................................................................................................ 91<br />

6.2 Kooperation.................................................................................................................... 95<br />

6.3 Bildung und Soziales...................................................................................................... 98<br />

6.4 Kinder und Jugendliche................................................................................................ 101<br />

6.5 Image ........................................................................................................................... 105<br />

6.6 Zeche Zollverein als Freizeit- und Kulturort ................................................................. 108<br />

II


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

7 Schlussbemerkung ............................................................................112<br />

8 Quellenverzeichnis.............................................................................114<br />

8.1 Literatur ........................................................................................................................ 114<br />

8.2 Gesprächspartner ........................................................................................................ 118<br />

Anhang ..........................................................................................................120<br />

III


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

Abbildungsverzeichnis<br />

Abb. 1: Mal-Aktion „Das gefällt mir in meiner Umgebung“........................................... 13<br />

Abb. 2: Mal-Aktion in der Klasse 3a der Herbartschule ............................................... 13<br />

Abb. 3: Beteiligte des Jugendhauses Stoppenberg..................................................... 14<br />

Abb. 4: Beteiligte des Jugendhauses Nord ................................................................. 15<br />

Abb. 5: Aufbau der Untersuchung............................................................................... 16<br />

Abb. 6: Problemwirkungen im Stadtbezirk VI .............................................................. 17<br />

Abb. 7: Stadtteile und Stadtbezirke der Stadt Essen, Hervorhebung des Stadtbezirks VI<br />

................................................................................................................................... 18<br />

Abb. 8: Bevölkerungsentwicklung von 1993 bis 2006 im Stadtbezirk .......................... 19<br />

Abb. 9: Bevölkerung nach Altersgruppen von 1993 bis 2006 in den Stadtteilen.......... 20<br />

Abb. 10: Bevölkerungsentwicklung (unter 18 und über 65 Jahre) in Essen und im<br />

Stadtbezirk VI ............................................................................................................. 21<br />

Abb. 11: Anteil der Personen mit Migrationshintergrund nach Stadtteilen 1993 und<br />

2006 ........................................................................................................................... 21<br />

Abb. 12: Personen mit Migrationshintergrund in den Stadtteilbereichen am 31.12.2006<br />

................................................................................................................................... 22<br />

Abb. 13: Bevölkerungsveränderung von 1993 bis 2006 (gesamt, deutsch,<br />

Migrationshintergrund) in den Stadtteilen des Stadtbezirks VI .................................... 23<br />

Abb. 14: Einwohnerverteilung mit Migrationshintergrund nach Herkunftsland............. 24<br />

Abb. 15: Versorgungsquote von Kleinkindern (0 bis 3 Jahre) im Stadtbezirk VI .......... 25<br />

Abb. 16: Versorgungsquote von Kindergartenkindern (3 bis unter 6 Jahre) im<br />

Stadtbezirk VI ............................................................................................................. 25<br />

Abb. 17: Versorgungsquote von Schulkindern (6 bis 14 Jahre) im Stadtbezirk VI ....... 26<br />

Abb. 18: Übergänge von Grund- auf weiterführende Schulen ..................................... 27<br />

Abb. 19: Übergänge von Grund- auf weiterführende Schulen in Zahlen...................... 28<br />

Abb. 20: Ausmaß der Arbeitslosigkeit unterschiedlicher Bevölkerungsgruppen in Essen<br />

und im Stadtbezirk VI am 31.12.2006 ......................................................................... 29<br />

Abb. 21: Arbeitslose in den Stadtteilbereichen am 31.12.2006 ................................... 30<br />

Abb. 22: Personen mit existenzsichernden Hilfen in den Stadtteilen, dem Stadtbezirk<br />

und der Gesamtstadt am 31.12.2006.......................................................................... 31<br />

Abb. 23: Personen mit existenzsichernden Leistungen in den Stadtteilbereichen am<br />

31.12.2006.................................................................................................................. 32<br />

Abb. 24: Altersstruktur der von existenzsichernden Hilfen Betroffenen in den<br />

Stadtteilen, im Stadtbezirk und in der Gesamtstadt am 21.12.2006 ............................ 33<br />

IV


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

Abb. 25: Zusammenarbeit auf verschiedenen Ebenen................................................ 35<br />

Abb. 26: Organisation und Kooperation im Stadtbezirk VI........................................... 37<br />

Abb. 27: Synergien durch die Zusammenarbeit .......................................................... 54<br />

Abb. 28. Potenzielle Wirkungskette zwischen Armut und Bildung im Stadtbezirk VI ... 60<br />

Abb. 29: Wunsch nach mehr Freizeitmöglichkeiten, Kinderzeichnung ........................ 68<br />

Abb. 30: Sportplatz und Erfolg, Kinderzeichnung........................................................ 68<br />

Abb. 31: Spielgeräte im Nordsternpark, Kinderzeichnungen ....................................... 69<br />

Abb. 32: Freizeit im Nordsternpark, Kinderzeichnungen ............................................. 69<br />

Abb. 33: Wunsch nach mehr Sicherheit, Kinderzeichnung.......................................... 71<br />

Abb. 34: Negativbewertung der bestehenden Wohnsubstanz, Kinderzeichnung......... 72<br />

Abb. 35: Fatih-Moschee, Kinderzeichnung.................................................................. 72<br />

Abb. 36: Selbst- und Fremdbild des Stadtbezirks VI ................................................... 75<br />

Abb. 37: Boccia-Treff auf dem Zollvereingelände........................................................ 78<br />

Abb. 38: Kleiner Imbiss auf Zollverein......................................................................... 81<br />

Abb. 39: Zeche Zollverein, Kinderzeichnung............................................................... 83<br />

Abb. 40: Zeche Zollverein bei der Eröffnung zur Kulturhauptstadt, Kinderzeichnung .. 84<br />

Abb. 41: Positive Entwicklung des Stadtbezirks VI einschließlich Zeche Zollverein .. 113<br />

V


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

Zusammenfassung<br />

Über die Synergieeffekte von Zeche Zollverein auf die umgebenden Stadtteile Schon-<br />

nebeck, Schonnebeck, Stoppenberg und Katernberg (Stadtbezirk VI in Essen) liegen<br />

erst wenige Kenntnisse vor. Aufgabe der Studie ist es, bestehende vielschichtige wirt-<br />

schaftliche, sozialen und kulturellen Problembereiche in den drei Stadtteilen analytisch<br />

aufzuzeigen, mit möglichen Potenzialen, die mitunter von Zollverein ausgehen könn-<br />

ten, in Verbindung zu bringen und Empfehlungen für das weitere Handeln vor allem<br />

unter Berücksichtigung der Teilhabe der Bewohner in den Stadtteilen und für Zollverein<br />

auszusprechen. Dabei stehen leitende Fragestellungen im Hinblick auf Entwicklungen,<br />

Auswirkungen sowie Potenziale im Mittelpunkt der Untersuchung (siehe Kapitel 2.1).<br />

Die Ergebnisse der Studie basieren dabei auf der Erfassung und Analyse von Primär-<br />

und Sekundärdaten. Während sich die Sekundärdatenanalyse auf die Auswertung sta-<br />

tistischer Daten der Stadt Essen, unterschiedlicher Projektberichte und Publikationen<br />

über die Historie und Entwicklung der Zeche Zollverein stützen, wurde zudem eine<br />

umfassende eigene empirische Erhebung durchgeführt. Einerseits wurden leitfadenge-<br />

stützte Interviews mit entwicklungsbestimmenden Vertretern und Akteuren der Berei-<br />

che Wirtschaft, Öffentlichkeit, Kultur, Bildung und Soziales des Stadtbezirks VI geführt,<br />

andererseits wurden Aktionsräume und Wahrnehmungen von Kindern und Jugendli-<br />

chen mittels Erstellung von Mental Maps bzw. Tagesprotokollen ermittelt. Die Methodik<br />

ist somit eine Kombination aus analytischen und partizipativ-dialogorientierten Verfah-<br />

ren (siehe Kapitel 2.2).<br />

Bei dem Stadtbezirk VI der Stadt Essen handelt es sich um einen altindustriell gepräg-<br />

ten Raum, der nach Beendigung der industriellen Nutzung überwiegend durch negative<br />

Standortmerkmale gekennzeichnet war. Noch heute ist der Stadtbezirk mit vielschichti-<br />

gen wirtschaftlichen und sozialen Problemlagen wie einer hohen Arbeitslosigkeit, ei-<br />

nem erheblichen Migrantenanteil, oftmals niedrigen bis fehlenden Bildungsabschlüssen<br />

sowie einer finanziellen und sozialen Armut bei den Bewohnern gekennzeichnet. Durch<br />

vielfältige Förderungen, Projekte und Maßnahmen, die vor allem durch das Programm<br />

„Soziale Stadt“ getragen wurden, konnten bereits erste Verbesserungsansätze hervor-<br />

gerufen werden (siehe Kapitel 3 und 5.7).<br />

VI


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

Im Rahmen dieser Studie konnten sechs Schwerpunktthemen, die Potenziale und<br />

Handlungsfelder des Stadtbezirks VI kennzeichnen, erarbeitet werden. Dabei wird der<br />

Fokus auf die Bereiche Beschäftigung, Kooperation, Bildung und Soziales, Kinder und<br />

Jugendliche, Selbst- und Fremdbild sowie Nutzung und Funktion der Zeche Zollverein<br />

gerichtet (siehe Kapitel 5).<br />

Das Thema Beschäftigung hat für den Stadtbezirk vor dem Hintergrund der histori-<br />

schen Entwicklung der Zeche Zollverein (Kapitel 4) eine tragende Funktion. Nach der<br />

Schließung der Zeche Zollverein und deren Sanierung liegt nun der Beschäftigungs-<br />

schwerpunkt im Bereich Design, welcher kaum Beschäftigungseffekte für die Bewoh-<br />

ner der benachbarten Stadtteile hat. Im Dienstleistungs- und Tourismusbereich dage-<br />

gen sind Beschäftigungspotenziale für die Bewohner festzustellen (siehe Kapitel 5.1<br />

und 6.1).<br />

Ebenenübergreifende, langjährige Kooperationsstrukturen sind charakteristisch für den<br />

Stadtbezirk VI. Aus dieser Struktur der Zusammenarbeit haben sich bereits weitrei-<br />

chende Synergien ergeben. Gerade dieses Potenzial ist die Basis für eine zukunfts-<br />

weisende Entwicklung des Stadtbezirks (siehe Kapitel 5.2 und 6.2).<br />

Im Bereich Bildung und Soziales sind im Stadtbezirk deutliche Schwächen zu vermer-<br />

ken. Trotz eines nicht geringen Engagements im Bildungsbereich seitens verschiede-<br />

ner Akteure, scheint eine Art Kreislauf von Armut, geringer Bildung und Arbeitslosigkeit<br />

schwer zu durchbrechen. Eine sich daraus entwickelnde Perspektivlosigkeit, welche<br />

bereits bei Kindern und Jugendlichen beginnt, lässt bewohnerseitige Entwicklungs-<br />

chancen im Stadtbezirk gering erscheinen und nur mit einer massiven Verbesserung<br />

im Bildungs- und Beschäftigungsbereich ermöglichen (siehe Kapitel 5.3 und 6.3).<br />

Kinder und Jugendliche stellen ein Schlüsselthema für die zukünftige Entwicklung dar.<br />

Während Städte generell eher dem Problem einer zunehmenden Alterung der Bevölke-<br />

rung begegnen müssen, steht der Stadtbezirk VI dagegen eher vor der Herausforde-<br />

rung, das vorhandenen Potenziale an jungen Menschen zukunftsweisend zu nutzen.<br />

Um dieses Stadtteilentwicklungspotenzial wirksam einzusetzen, muss zunächst drin-<br />

gend eine umfangreiche Verbesserung insbesondere im sozialstrukturellen Bereich<br />

erfolgen. Weiterhin wird ein raumplanerisches Potenzial in der Einbeziehung der Kin-<br />

der und Jugendlichen in die zukünftige Entwicklung des Stadtbezirks sichtbar gemacht<br />

(siehe Kapitel 5.4 und 6.4).<br />

VII


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

Als positiv zu verzeichnen ist das persönliche Empfinden und die Wahrnehmung<br />

(Selbstbild) der im Stadtbezirk VI lebenden Bewohner im Hinblick auf die eigene Um-<br />

gebung und die bereits erkennbaren Veränderungen. Dagegen fällt die Beurteilung<br />

stadtbezirksferner Personen deutlich negativer aus (Fremdbild), was nicht nur auf Ba-<br />

sis der vorhandenen Problemlagen entstanden ist, sondern auch vor allem durch ein<br />

gefestigtes Meinungs- und Stimmungsbild weitergetragen wird. Eine Lockerung dieses<br />

tendenziell negativen Fremdbildes wird in der Studie als bedeutsam herausgestellt<br />

(siehe Kapitel 5.5 und 6.5).<br />

Das Gelände von Zollverein wird sowohl von Touristen als auch von den Bewohnern<br />

der benachbarten Stadtteile sowie von hauptsächlich nicht im Stadtbezirk lebenden<br />

Arbeitnehmern genutzt. Während die Bewohner der angrenzenden Stadtteile das Ge-<br />

lände eher als Freizeit- und Identifikationsort in Anspruch nehmen, hat Zeche Zollver-<br />

ein für Touristen eine eher erlebnisorientierte Bedeutung. Eine weitere Nutzung kommt<br />

den dort Beschäftigten zu Gute, die Zollverein als Arbeitsort erleben. Aufgrund der di-<br />

versifizierten Nutzung von Zollverein lassen sich Potenziale erkennen, die besonders<br />

im Bereich Beschäftigung den Bewohner der benachbarten Stadtteile zu Gute kommen<br />

sollten (siehe Kapitel 5.6 und 6.6).<br />

Mit der vorliegenden Studie liegen grundsätzliche Aussagen über den Wirkungszu-<br />

sammenhang von Zeche Zollverein und den umgebenden Stadtteile Schonnebeck,<br />

Stoppenberg und Katernberg vor. Durch das Herausarbeiten wichtiger Schwerpunkt-<br />

themen sind Ansatzpunkte entwickelt worden, die für das Eingreifen und zukunftsfähi-<br />

ge Verändern der momentanen Situation Möglichkeiten aufzeigen. Eine vertiefende<br />

Analyse dieser Themen und das darauf aufbauende Herausarbeiten von Konsequen-<br />

zen und Empfehlungen spezifiziert diese (siehe Kapitel 6). Zur weiteren Verbesserung<br />

der Kenntnisse und des Entwerfens eines themenspezifischen Maßnahmenkatalogs ist<br />

eine weitere Intensivstudie ratsam.<br />

VIII


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

1 Einführung<br />

1.1 Problemstellung<br />

Die Metropole Ruhr ist mit einer Fläche von 4.435 km² und 5,25 Millionen Einwohnern<br />

der größte Ballungs- und Metropolraum Deutschlands. Seine zentrale Lage innerhalb<br />

Europas (weniger als zweieinhalb Stunden Flugzeit nach Paris, London, Amsterdam,<br />

Madrid, Rom oder Wien) ist mit ein Grund für 16 der 100 und für 43 der 500 umsatz-<br />

stärksten Unternehmen Deutschlands, ihren Firmensitz in der Metropole Ruhr zu ha-<br />

ben (WIRTSCHAFTSFÖRDERUNG METROPOLERUHR GMBH 2009B, 6 – 9). Mit fünf Universitäten, zehn<br />

Fachhochschulen, vier Fraunhofer-Instituten, vier Leibnitz-Instituten, drei Max-Planck-<br />

Instituten und mehr als 30 Technologie- und Innovationszentren ist die Metropole Ruhr<br />

eine der dichtesten Forschungs- und Hochschullandschaften Europas. Darüber hinaus<br />

zeichnet sich die Metropole Ruhr über eine einzigartige, international anerkannte Kul-<br />

turlandschaft aus, z. B. durch das Weltkulturerbe Zeche Zollverein, die Route der In-<br />

dustriekultur, die RuhrTriennale oder die Kulturhauptstadt Europas 2010.<br />

Doch weist die Region neben diesen Stärken auch Bereiche auf, in denen auffallende<br />

Defizite zu vermerken sind. Neben der Prägung der Region durch einen umfassenden<br />

Wandel der Wirtschaftsstruktur von der Monostruktur der Montanindustrie zu einer dif-<br />

ferenzierten, modernen Industrie- und Dienstleistungslandschaft steht die polyzentri-<br />

sche Region vor mehreren Herausforderungen. Kräftezehrend sind sowohl eine politi-<br />

sche Gemengelage als auch ein intensiver Wettbewerb zwischen den einzelnen Kom-<br />

munen und eine zunehmende Konkurrenz um die Ansiedlung von Unternehmen, um<br />

qualifizierte Arbeitnehmer, um Einwohner und Touristen, um die Austragung von Mes-<br />

sen und Großveranstaltungen, um die Ansiedlung von renommierten Verwaltungs- und<br />

Wissenschaftseinrichtungen sowie um Fördermittel. Der starke demographisch beding-<br />

te Bevölkerungsrückgang und überregionale Abwanderungen bewirken einen drasti-<br />

schen Rückgang städtischer Bevölkerungszahlen, verbunden mit dem Verlust an quali-<br />

fizierten Arbeitskräften. Begleitet wird dieser Prozess durch den allgemeinen Trend der<br />

Alterung unserer Gesellschaft und den Anstieg des Bevölkerungsanteils mit Migrati-<br />

onshintergrund. Leerstände sowohl im Wohnungs- (im Ruhrgebiet ca. 2,8 % im Durch-<br />

schnitt) als auch im Gewerbebereich (Bsp.: Duisburg 2,1 %; Dortmund 3,8 %; Essen<br />

4,8 % (ARMIN QUESTER IMMOBILIEN GMBH 2009, 4)) gekoppelt mit einer erheblichen Finanz-<br />

knappheit der kommunalen Kassen führen im Resultat zur wirtschaftlichen, sozialen<br />

und kulturellen Abwertung von Citybereichen und innerstädtischen Wohnvierteln. Diese<br />

Einführung 1


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

vielschichtige Problembündelung stellt eine gravierende Herausforderung sowohl für<br />

einzelne Städte als auch die gesamte Region Metropole Ruhr dar. Aufgrund der vielfa-<br />

chen Multiplizierung der Probleme in kommender Zeit und sinkenden staatlichen Hand-<br />

lungskapazitäten werden Städte vermehrt in eine Planung und Umsetzung vor Ort ge-<br />

drängt (z. B. Arbeitsmarktpolitik, Kulturförderung, etc.). Eine dadurch oftmals entste-<br />

hende Überforderung einzelner Kommunen wird durch die problematische Haushalts-<br />

lage noch gesteigert.<br />

Trotz eines hohen Entwicklungspotenzials durch verschiedenste brachliegende bzw.<br />

freistehende Flächen und ungenutzte, altindustrielle Traditionswohnsiedlungen scheint<br />

das Interesse von Investoren bislang gedämpft, so dass die Immobilienwirtschaft, die<br />

sich mit der Entwicklung, Bewirtschaftung und Vermittlung von Wohn- und Gewerbe-<br />

immobilien befasst, ebenfalls vor großen Herausforderungen, aber auch entscheiden-<br />

den zukunftsweisenden Entwicklungspotenzialen steht.<br />

Um langfristig neue Perspektiven schaffen und bestehende Potenziale der Metropole<br />

Ruhr nutzen zu können, werden bei der Stadt- und Regionalentwicklung Kreativität<br />

sowie Innovations- und Lernfähigkeit als Schlüsselfaktoren gesehen (LIEBMANN 2008, 1).<br />

So stehen heute kreative Wirtschaftsbranchen, wie die Musikwirtschaft, der Literatur-,<br />

Buch- und Pressemarkt, die Film-, Rundfunk- und Fernsehwirtschaft, der Theatermarkt<br />

(Darstellende Kunst und Unterhaltungskunst) und der Kunstmarkt mit den ergänzenden<br />

Branchen Mode, Werbung und Design, in vielen Metropolen deutschland-, europa- und<br />

sogar weltweit im Mittelpunkt integrierter Wirtschafts- und Stadtentwicklungsstrategien.<br />

Diverse Städte wie Singapur, New York, London, Wien oder Hamburg sind Beispiele<br />

für eine Neufokussierung der städtischen Entwicklungsstrategien. Mit der Entdeckung<br />

von Stadtquartieren durch „(kreative) Pioniere“, die weniger mit ökonomischem als mit<br />

kulturellem Kapital ausgestattet sind, beginnt ein Prozess der Raumaneignung, der<br />

Neuinterpretation und der Wiederbelebung, der in einem Aufwertungsprozess von<br />

Stadtvierteln münden kann. Um eine langfristige Image- und Wertsteigerung der prob-<br />

lembelasteten Wohnquartiere zu erreichen, muss die anfängliche soziale und wirt-<br />

schaftliche Dynamik weitere Qualifizierungsprozesse wie z. B. ergänzende Neubauten<br />

sowie sanierende Bestandspflege nach sich ziehen.<br />

Von den eben genannten Problemen ist auch die Stadt Essen in der Metropole Ruhr<br />

nicht verschont. Besonders der Essener Norden ist von vielschichtigen strukturellen<br />

Problemen betroffen und ihm haftet ein äußerst negatives Image an. Mit der Schlie-<br />

Einführung 2


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

ßung der rund 30 Jahre im Betrieb gewesenen Zeche Zollverein im Jahr 1986 und der<br />

Kokerei Zollverein im Jahr 1993 verlor der Essener Norden seinen entscheidenden<br />

Arbeitgeber. Ein enormer Abbau von Arbeitsplätzen auf der Zeche (1956 waren noch<br />

8.100 Beschäftigte, im letzten Betriebsjahr 1986 nur noch 3.885 Beschäftigte auf der<br />

Zeche tätig (GANZELEWSKI; SLOTTA 1999, 39)) führte zu einer erheblichen Arbeitslosigkeit und<br />

löste einen strukturellen Wandel aus, dessen Folgen bis heute spürbar sind. Ein Reihe<br />

baulicher, sozialer und kultureller Probleme, wie z. B. schlechte Wohnverhältnisse, der<br />

Mangel an Zukunftsperspektiven vor allem für junge Leute und eine hohe Zahl an sozi-<br />

al benachteiligten Einwohnerinnen und Einwohnern machen den angrenzenden Stadt-<br />

teilen Katernberg, Schonnebeck und Stoppenberg noch bis heute zu schaffen.<br />

1.2 Möglichkeiten der Städtebauförderung auf Bundes- und Landesebene<br />

Um den allgemein gewandelten wirtschaftlichen und sozialstrukturellen Rahmenbedin-<br />

gungen begegnen und die daran anschließenden Aufgaben und Herausforderungen<br />

bewältigen zu können, wurden auf Gesamtbundesebene unterschiedliche Programme<br />

initiiert. Aktuelle Programme sind:<br />

Städtebauliche Sanierungs- und Entwicklungsmaßnahmen seit 1971,<br />

Städtebaulicher Denkmalschutz sei 1991,<br />

Soziale Stadt seit 1999,<br />

Stadtumbau Ost seit 2003,<br />

Stadtumbau West seit 2004,<br />

Aktive Stadt- und Ortsteilzentren seit 2008 und<br />

Investitionspakt zur energetischen Modernisierung von Schulen und Kinder-<br />

gärten.<br />

Diese Programme, die die Förderung nachhaltiger städtebaulicher Strukturen zum Ziel<br />

haben, werden mit Mitteln der Länder und Kommunen ergänzt. Der Bund regt dazu an,<br />

die Veränderungen als Chance zu sehen und sich den Herausforderungen als Stadt<br />

aktiv zu stellen (BMVBS 2010). Wesentliche Grundlagen sind dabei eine Modernisie-<br />

rungsbereitschaft, Demokratie und der Wunsch, die wirtschaftlichen und ökologischen<br />

Grundlagen zu erhalten und zu verbessern (BMVBS 2010). Ebenfalls steht fest, dass<br />

Städte ihre neuen Aufgaben und Herausforderungen nur dann bewältigen können,<br />

wenn sie die Lebensinteressen aller Beteiligten unmittelbar berücksichtigen und Mit-<br />

gestaltung und Mitbestimmung zunimmt (BMVBS 2010).<br />

Einführung 3


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

Die Förderfähigkeit von Maßnahmen und Vorhaben sowie Förderschwerpunkte und<br />

nähere Auswahlkriterien werden nach den Förderrichtlinien der einzelnen Länder gere-<br />

gelt, so dass auf Länderebene die programmatische Zielsetzung stattfindet. Die Vorbe-<br />

reitung und Durchführung der Maßnahmen fällt unter die kommunale Planungshoheit<br />

und findet somit auf der kommunalen Ebene statt.<br />

Für die zukunftsfähige städtebauliche Entwicklung stehen insbesondere folgende<br />

Themenschwerpunkte im Mittelpunkt (BMVBS 2010):<br />

Siedlungsentwicklung unter veränderten Rahmenbedingungen – Orientie-<br />

rung auf die Städte,<br />

Kooperation der Städte im regionalen Maßstab ausbauen,<br />

Rückgang der Flächeninanspruchnahme als Chance nutzen – Wohnquar-<br />

tiere für Familien mit Kindern attraktiver machen,<br />

Sozial stabile Stadtquartiere schaffen – Migration als Chance nutzen,<br />

Altengerechten Umbau der Infrastruktur angehen,<br />

Mobilität stadt- und umweltverträglich gestalten,<br />

Städte als Wirtschafts- und Innovationsstandorte stärken,<br />

Einzelhandel in seiner Vielfalt erhalten – Stärkung der zentralen Versor-<br />

gungsbereiche,<br />

Zusammenwirken von kommunaler Planung und privaten Investoren<br />

verbessern.<br />

Das Land NRW hat für das Jahr 2009 den Kommunen insgesamt 261 Millionen Euro<br />

für Maßnahmen im Städtebau bereitgestellt. Dies ist seit zehn Jahren die höchste För-<br />

dersumme für den Ausbau der Innenstädte, die Sanierung unattraktiver Stadtteile und<br />

für Projekte des Strukturprogramms Regionale. Diese 261Mio. Euro verteilen sich wie<br />

folgt auf die einzelnen Programme:<br />

Zuweisungen des Landes für die Förderung von Maßnahmen der Stadter-<br />

neuerung von 118 Mio. Euro,<br />

Bundesfinanzhilfen für städtebauliche Sanierungs- und Entwicklungsmaß-<br />

nahmen von 13 Mio. Euro,<br />

Bundesfinanzhilfen für die Soziale Stadt von 24 Mio. Euro,<br />

Bundesfinanzhilfen für den Stadtumbau West von 28 Mio. Euro,<br />

Bundesfinanzhilfen für die Aktiven Stadt- und Ortsteilzentren von 9 Mio.<br />

Euro,<br />

Einführung 4


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

Bundesfinanzhilfen für den Städtebaulichen Denkmalschutz von 8 Mio. Eu-<br />

ro,<br />

Strukturbeihilfen der Europäischen Union von 61 Mio. Euro (MBV 2009A, 1).<br />

Die Förderschwerpunkte der Städtebauinvestitionen des Landes NRW im Jahr 2009<br />

sind die Stärkung der Innenstädte und Stadtteilzentren, die REGIONALEN in NRW<br />

sowie der Stadtumbau West und die Soziale Stadt (MBV 2009A, 4).<br />

Von den an das Land NRW beantragten 390 Zuschusserwartungen wurden insgesamt<br />

301 Maßnahmen im Programm berücksichtigt. Das Zuschussvolumen von rund 299<br />

Mio. Euro (259 Mio. Euro Förderung und 40 Mio. Euro Förderreserve) stellt sich verteilt<br />

auf die Handlungsschwerpunkte wie folgt dar:<br />

147 Maßnahmen zur nachhaltigen Stärkung der Innenstädte und Stadtteil-<br />

zentren einschließlich der innerstädtischen Brachflächenentwicklung mit<br />

einem Zuschuss von 94 Mio. Euro aus den Programmen Sanierung und<br />

Entwicklung, Aktive Zentren und städtebaulicher Denkmalschutz sowie<br />

weiteren 36 Mio. Euro für innerstädtische Gebiete der Programme Soziale<br />

Stadt und Stadtumbau West, so dass ein Gesamtvolumen von ca. 130<br />

Mio. Euro für die Innenstädte und Ortsteilzentren zur Verfügung steht,<br />

57 Maßnahmen in der Sozialen Stadt mit einem Zuschuss von 76 Mio. Eu-<br />

ro,<br />

70 Maßnahmen zum Stadtumbau West mit einem Zuschuss von 88 Mio.<br />

Euro,<br />

27 Maßnahmen mit einem Zuschuss von 22 Mio. Euro ausschließlich für<br />

die REGIONALEN und 34 REGIONALE-Projekte, die mit 32 Mio. Euro in<br />

der aktuellen Förderung aus den anderen Programmen bereitgestellt wer-<br />

den sowie<br />

19 Mio. Euro aus der Förderreserve, die Maßnahmen in der aktuellen För-<br />

derung verstärken (MBV 2009A, 5).<br />

In Essen gehören die Stadtteile Altendorf und Katernberg zum Bund-Länderprogramm<br />

Soziale Stadt. Während Katernberg 1993 in das Programm aufgenommen wurde und<br />

damit eines der ersten Gebiete in Deutschland war, ist Altendorf seit 1998 Programm-<br />

gebiet der Sozialen Stadt.<br />

Einführung 5


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

2 Fragestellung, Aufbau und Methodik der Untersu-<br />

chung<br />

Für den Stadtteil Essen-Katernberg werden seit Ende der 1980er Jahre gebiets- und<br />

sachbezogene Stadterneuerungsprogramme entwickelt. Gemeinsam mit dem Institut<br />

für stadtteilbezogene Soziale Arbeit und Beratung (ISSAB) an der Universität Duisburg-<br />

Essen und weiteren Partnern wurde auf Krisenerscheinungen in Essen-Katernberg<br />

reagiert und im Jahr 1993 der Stadtteil in das NRW-Programm „Stadtteile mit besonde-<br />

rem Erneuerungsbedarf / Soziale Stadt“ aufgenommen. Dabei wurden Entwicklungs-<br />

ziele nicht nur für den Stadtteil Katernberg, sondern stadtteilübergreifend auch für die<br />

beiden Stadtteile Stoppenberg und Schonnebeck entwickelt. Aufgrund der langjährigen<br />

Teilnahme an dem Programm „Soziale Stadt“ wurden bereits vielseitige Untersuchun-<br />

gen durchgeführt, die durch die Stadt Essen mit umfangreichen Datenerhebungen seit<br />

1985 untermauert wurden.<br />

Ziel der vorliegenden Untersuchung ist es, die aktuellen Strukturen im wirtschaftlichen,<br />

sozialen und kulturellen Bereich in dem Stadtbezirk VI aufzuzeigen und ein Meinungs-<br />

und Stimmungsbild verschiedenster Akteure nachzuweisen. Es wird gezeigt, inwieweit<br />

das heutige Weltkulturerbe Zeche Zollverein mit den drei angrenzenden Stadtteilen<br />

wirtschaftlich, sozial und kulturell verflochten ist. Innovative Ideen führen zu neuen<br />

Denkanstößen und bestehende Potenziale für den Stadtbezirk inklusive der umgenutz-<br />

ten Zeche werden dargestellt. Diese Studie präsentiert keine fertigen Lösungsvor-<br />

schläge, sondern zeigt auf, wie die Weiterentwicklung des Stadtbezirks einschließlich<br />

des Zollvereingeländes gestaltet werden kann. Im Mittelpunkt steht dabei immer die<br />

Qualitätsverbesserung des Stadtbezirks im Sinne der dort lebenden Bevölkerung (PAS-<br />

TERNAK 2008, 71; STADT ESSEN 2004, 103).<br />

2.1 Fragestellung und Aufbau der Untersuchung<br />

Die Untersuchung „Urbane Kultur im Stadtquartier – Diagnose, Konsequenzen und<br />

Empfehlung für die Essener Stadtteile Schonnebeck, Stoppenberg und Katernberg mit<br />

Zeche Zollverein“ verfolgt das Ziel, auf der Erkenntnisgrundlage von bestehenden Ana-<br />

lysen und Prognosen sowie im Dialog mit Bürgern, Experten und Institutionen Hand-<br />

lungsfelder und -optionen für die langfristige Perspektive der Stadtteilentwicklung im<br />

Essener Norden zu identifizieren. Mit den inhaltlichen Schwerpunkten Ökonomie, De-<br />

Fragestellung, Aufbau und Methodik der Untersuchung 6


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

mographie, Migration, soziale Segregation, Kultur und Lebensqualität werden die zent-<br />

ralen Handlungsfelder und Herausforderungen des Stadtteils bearbeitet. Die übergrei-<br />

fenden Fragestellungen der Untersuchung lauten:<br />

Welche wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen<br />

Strukturen herrschen im Stadtbezirk VI und inwiefern<br />

sind räumliche Schwerpunkte zu identifizieren?<br />

Inwieweit haben sich die wirtschaftlichen, sozialen<br />

und kulturellen Strukturen in den vergangenen 20 Jah-<br />

ren verändert?<br />

Welche Initiativen haben zu einer positiven wirtschaft-<br />

lichen, sozialen und kulturellen Entwicklung beigetra-<br />

gen?<br />

Das Allgemeininteresse an diesem Themenbereich ist damit begründet, dass das sozi-<br />

ale Zusammenleben aufgrund von Prozessen, die mit der Globalisierung, dem Struk-<br />

turwandel, dem demographischen Wandel, etc. zusammenhängen, zunehmend ge-<br />

fährdet scheint und gleichzeitig die politischen Handlungsspielräume und die finanziel-<br />

len Ressourcen, die zur Begegnung dieser Gefährdung nötig scheinen, auf allen Ebe-<br />

nen schwinden. Nicht zu unterschätzen ist auch die kulturelle Ebene in einem Stadt-<br />

quartier. Unter den kulturellen Aspekten werden im Rahmen dieser Untersuchung vor<br />

allem weiche Standortfaktoren wie Image, Flair und Atmosphäre gefasst.<br />

Diese Fragestellungen bilden die Basis für die weitere Untersuchung, da die daraus<br />

gewonnenen Ergebnisse dieser Fragen die Ausgangslage des Stadtbezirks darstellen<br />

und die Entwicklung der vergangenen 20 Jahre aufzeigt. Hier werden die Folgen des<br />

strukturellen Wandels untersucht, denen auf politischer, wirtschaftlicher und privater<br />

Ebene bereits begegnet wurde. Dabei soll auch ein Blick darauf gelenkt werden, wel-<br />

che Initiativen besonders erfolgreich waren und zu einer positiven Entwicklung beitra-<br />

gen konnten:<br />

Welche Funktion hat die Zeche Zollverein für die Be-<br />

wohner des Stadtbezirks VI?<br />

Fragestellung, Aufbau und Methodik der Untersuchung 7


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

Inwieweit bestehen wirtschaftliche, soziale und kultu-<br />

relle Synergieeffekte zwischen Zeche Zollverein und<br />

dem Stadtbezirk VI?<br />

Wie kann das Weltkulturerbe Zeche Zollverein seinem<br />

Auftrag zur räumlichen und funktionalen Integration in<br />

den Stadtbezirk VI noch stärker gerecht werden?<br />

Die Zeche Zollverein prägte die Entwicklungen des Stadtbezirks VI sehr. Die oben ge-<br />

nannten Fragen dienen dazu, herauszufinden, welche Funktion der damalige Arbeitsort<br />

von einem Großteil der Bewohner des Essener Nordens heute erfüllt. Stellt die umge-<br />

nutzte Zeche heute einen Arbeitsort für Bewohner des Stadtbezirks dar? Wird die Ze-<br />

che in der Freizeit genutzt? Werden Kulturangebote auf der Zeche von den Bewohnern<br />

des Stadtteils wahrgenommen?<br />

Weiterhin soll untersucht werden, ob und wenn ja, inwieweit Synergieeffekte zwischen<br />

der Zeche Zollverein und dem Stadtbezirk VI bestehen. Zwar ist die Skepsis bei der<br />

Frage nach den positiven Effekten für die Stadtteile selbst meist groß, doch gilt es zu<br />

untersuchen, ob diese Skepsis berechtigt ist.<br />

Ebenfalls wird mit der vorliegenden Studie geprüft, wie die Zeche Zollverein noch stär-<br />

ker mit den Stadtteilen verknüpft werden könnte und weshalb eine Integration mögli-<br />

cherweise sinnvoll und auch (ökonomisch) vorteilhaft sein könnte:<br />

Wie können die Entfaltung und Teilhabe der Bewohner<br />

unterschiedlicher Herkunft gefördert werden?<br />

Welche ungeahnten Potenziale sind darüber hinaus in<br />

dem Stadtbezirk VI vorhanden, um den Herausforde-<br />

rungen zu begegnen?<br />

In der Aktivierung der Bewohner liegt eine zentrale Ressource, um den wirtschaftlichen<br />

und sozialen Herausforderungen, die sich auf lokaler Ebene ergeben, gerecht zu wer-<br />

den. Entsprechend richtet sich die Forschungsfrage vor allem darauf, dieses Potenzial<br />

abzuschätzen und die Möglichkeiten auszuloten, dieses Potenzial zu aktivieren. Zudem<br />

sollen weitere entwicklungsleitende Potenziale herausgestellt werden.<br />

Fragestellung, Aufbau und Methodik der Untersuchung 8


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

2.2 Methodische Vorgehensweise<br />

Abgeleitet aus den oben benannten Frage- und Problemstellungen sind flexible empiri-<br />

sche Methoden der Daten- bzw. Erkenntnisgewinnung gefordert. Starre und stark vor-<br />

strukturierte Erhebungsverfahren sind der Erkenntnisgewinnung weniger dienlich, da<br />

diese zu stark richtungweisend und damit aussagebeschränkend wirken können. Ins-<br />

besondere qualitative Verfahrensweisen der empirischen Sozialforschungen sind ge-<br />

eignete Erhebungsmethoden, da – wie bei dieser Studie erforderlich – eine hohe Flexi-<br />

bilität und Offenheit im Forschungszusammenhang zugelassen wird. Speziell die Beto-<br />

nung der Subjektivität sind Vorteile und Stärken qualitativer Herangehensweisen (U.A.<br />

LAMNEK 1995, WESSEL 1996, MAYRING 2002) und bilden gleichzeitig grundlegenden Anspruch<br />

dieser Untersuchung. Strukturell ergänzend wird sich einer Sekundärdatenanalyse<br />

bedient, welche sowohl für grundlegende, aber auch gewonnene Erkenntnisse dienlich<br />

ist. Demnach beinhalteten die bei der Studie eingesetzten Methoden sowohl analyti-<br />

sche als auch partizipativ-dialogorientierte Verfahren.<br />

Beschreibung des methodischen Vorgehens<br />

Als Sekundärdaten dienen vor allem diverse statistische Daten der Stadt Essen sowie<br />

Projektevaluationen und Projekterläuterungen zu dem Programm Soziale Stadt. Weite-<br />

re Literatur, die sich mit der Historie und der Entwicklung bzw. dem Image der Zeche<br />

Zollverein auseinandersetzt, wurde ebenfalls in die Untersuchung mit einbezogen.<br />

Um darüber hinaus entwicklungsbestimmende Erfahrungen, Meinungen und Stimmun-<br />

gen mit einfließen lassen zu können, wurden weiterhin leitfadengestützte Interviews mit<br />

unterschiedlichsten Informanten und Diskutanten der Bereiche Wirtschaft und Soziales,<br />

Politik und Öffentlichkeit, Kultur und Bildung geführt. Sowohl Wissenschaftler, lokale<br />

Experten und Bewohner wurden mittels leitfadengestützter Interviews befragt. Ausge-<br />

hend von den übergreifenden Fragestellungen in Kapitel 2.1. wurden themenspezifi-<br />

sche Unterfragen aufgestellt, die zur Konzeption der Leitfäden für die Experteninter-<br />

views beitrugen (Anhang). Dabei fanden die speziellen Kompetenzbereiche der einzel-<br />

nen Gesprächspartner Berücksichtigung. Der Ablauf der leitfadengestützten Interviews<br />

war an keine feste Reihenfolge gebunden, um individuell auf den Gesprächspartner<br />

einzugehen. Insgesamt wurden elf Interviews geführt. Die Interviewfragen waren als<br />

offene Fragestellungen formuliert, so dass die Befragten „mit ihren jeweils eigenen<br />

Worten antworten können […], sie bei der Antwort nicht durch vorinterpretierte Alterna-<br />

tiven beeinflusst sind [und] sie entsprechend vor allem bei Einstellungs- und Bewer-<br />

Fragestellung, Aufbau und Methodik der Untersuchung 9


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

tungsfragen eine sehr viel differenziertere und nuancenreichere Antwort geben können<br />

als bei einer geschlossenen Frageformulierung“ (REUBER & PFAFFENBACH 2005, 77F).<br />

Die unterschiedlichen Interviewpartner hatten im Vorfeld des Interviews den Ge-<br />

sprächsleitfaden in schriftlicher Form erhalten. Alle Gespräche wurden auf Tonband<br />

aufgenommen und später teils wörtlich und teils inhaltlich transkribiert. Die protokollier-<br />

ten Gespräche liegen als separater Interviewband vor. Auf Wunsch der Gesprächs-<br />

partner werden diese Aufzeichnungen nicht veröffentlicht. Die Interviews fanden in den<br />

Monaten Februar und März 2010 statt.<br />

Die Auswertung der transkribierten Interviews erfolgte mittels qualitativer Inhaltsanaly-<br />

sen. Dabei findet eine Verringerung des gewonnenen Materialumfangs mit der Zunah-<br />

me des Abstraktionsniveaus statt und Bedeutungseinheiten werden integriert und ge-<br />

bündelt (MAYRING 2008).<br />

Gesprächspartner<br />

Im Vorfeld der Durchführung der leitfadengestützten Interviews fand ein narratives In-<br />

terview 1 mit einer Verwaltungsangestellten der Stadt Essen (Gesprächspartner 1) statt.<br />

Die Gesprächspartnerin ist im Büro für Stadtentwicklung langjährige Mitarbeiterin und<br />

erfahrene Ansprechpartnerin für den Stadtbezirk VI, so dass es durch ihre Erzählungen<br />

möglich war, einen anfänglichen Ein- bzw. Überblick über wichtige Akteure und Maß-<br />

nahmen zu bekommen.<br />

Aus dem Bereich Wirtschaft wurden vier Gesprächspartner interviewt. Gesprächspart-<br />

ner 2 wohnt seit seiner Geburt in Katernberg (Unterbrechung lediglich während seiner<br />

Ausbildungszeit). Er betreibt dort ein langjähriges Familienunternehmen. Als Einzel-<br />

händler ist er im Katernberger Werbering e. V. aktiv. Er verfügt über ein umfangreiches<br />

Stadtteilwissen und ist bei den verschiedensten Akteuren und Bewohnern bekannt und<br />

geschätzt.<br />

Gesprächspartner 3 ist ebenfalls ist im Stadtbezirk VI geboren und in unmittelbarer<br />

Nähe zur Zeche Zollverein aufgewachsen. Sie hat lange Jahre in Stoppenberg ge-<br />

wohnt, lebte dann in Schonnebeck und ist nun wieder in Stoppenberg zu Hause. Als<br />

engagierte Bürgerin leitet sie ein bürgerinitiiertes Unternehmen mit fünf Festangestell-<br />

ten und einigen freien Mitarbeitern im Stadtbezirk VI, das in direkter Verbindung zur<br />

Zeche Zollverein tätig ist.<br />

1 Ein narratives (von lat. narrare – erzählen) Interview ist eine Form der Befragung, die darauf<br />

zielt, den Befragten zum Erzählen persönlicher Erfahrungen zu veranlassen, um so etwas über<br />

seine Einstellungen zu erfahren (GABLER VERLAG 2010).<br />

Fragestellung, Aufbau und Methodik der Untersuchung 10


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

Gesprächspartner 4 wohnt in Mülheim an der Ruhr und ist seit 1995 im Stadtbezirk VI<br />

tätig. Er war an der Gründung eines Unternehmens maßgeblich beteiligt und ist nun<br />

geschäftsführendes Vorstandsmitglied desselbigen. Vor seiner Tätigkeit im Stadtbezirk<br />

war er auf lokaler Ebene bei der Wirtschaftsförderung der Stadt Essen beschäftigt.<br />

Sein umfangreiches Netzwerk zu verschiedenen Akteuren zeichnet seine Arbeit aus.<br />

Gesprächspartner 5 ist bei der Wirtschaftsförderung Essen tätig und beschäftigt sich<br />

dort mit dem Bereich Kreativwirtschaft. Bis zum Jahr 2002 war er für die Bereitstellung<br />

von Flächen und die Vermarktung von Zeche Zollverein für Unternehmen zuständig.<br />

Als städtischer Angestellter hat er neben seinem wirtschaftlichen Verständnis einen<br />

guten Einblick über die Ziele und Pläne der Stadt Essen.<br />

Weiterhin wurden drei Interviews mit Akteuren geführt, die in die sozialen Belange und<br />

Aktivitäten Einblicke haben.<br />

Gesprächspartner 6 ist langjähriger Partner im Stadtteilprojekt Katernberg und Mitar-<br />

beiter eines sozialen Trägers im Stadtbezirk VI. Obwohl er nicht im Stadtteil, sondern<br />

im Essener Süden wohnt, fühlt er sich sehr mit den Bewohnern verbunden.<br />

Gesprächspartner 7 ist erst seit sechs Jahren im Stadtbezirk tätig. Er ist Mitarbeiter des<br />

Instituts für stadtteilorientierte Soziale Arbeit und Beschäftigung der Universität Duis-<br />

burg-Essen und im Stadtbezirk als Moderator tätig. Er sieht seine Aufgabe in der „Ver-<br />

netzung von Lebenswelten und Systemen“. Als Stadtteilmoderator hat er keinen festen<br />

Arbeitsort im Stadtbezirk, sondern ist an verschiedenen Orten tätig. Er ist in verschie-<br />

denste Arbeitskreise eingebunden bzw. leitend tätig.<br />

Gesprächspartner 8 ist städtischer Mitarbeiter und als Sozialarbeiter für das Jugend-<br />

haus Stoppenberg tätig. Er wohnt in Bochum, hat aber lange Zeit in Essen gelebt und<br />

fühlt sich mit der Stadt bzw. der gesamten Region sehr verbunden. Besonders gefällt<br />

ihm die Art der Menschen, die hier wohnen. Als Mitarbeiter im Jugendhaus hat er<br />

hauptsächlich mit Teenagern und Jugendlichen mit unterschiedlichen Migrations- und<br />

sozialen Hintergründen im Alter von 10 bis Mitte 20 zu tun.<br />

Aus dem Bereich Öffentlichkeit, Kultur und Bildung wurden drei Experten interviewt.<br />

Gesprächspartner 9 ist im öffentlichen Dienst beschäftigt. Bereits vor über 40 Jahren<br />

war er in Katernberg dienstlich beschäftigt. In dieser Zeit hat er verschiedene Funktio-<br />

nen bei der Polizei übernommen. Erst war er im Streifendienst, dann als Leiter eines<br />

Einsatztrupps zur Kriminalitätsbekämpfung und seit 1999 nun in der Funktion als Prä-<br />

ventionsbeamter tätig. Als Jugendkontaktbeamter hat er viel Kontakt mit Kindern und<br />

Fragestellung, Aufbau und Methodik der Untersuchung 11


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

Jugendlichen bzw. deren Eltern. Ebenfalls wird er als Experte für Zusammenarbeit mit<br />

libanesischen Familien innerhalb der Stadt Essen eingesetzt.<br />

Gesprächspartner 10 ist Direktorin einer Grundschule im Stadtbezirk VI, in dem sie<br />

auch wohnt. Als Frau eines evangelischen Pastors ist sie neben ihrem schulischen<br />

Einsatz auch ehrenamtlich sehr aktiv.<br />

Gesprächspartner 11 ist bei der <strong>Stiftung</strong> Zollverein für die Öffentlichkeitsarbeit und<br />

Kommunikation tätig. Als ehemaliger Chefredakteur der Radiosender Essen und Em-<br />

scher-Lippe hat er vielfältige Erfahrungen in diesem Bereich. Er leitet den Bereich bei<br />

der <strong>Stiftung</strong> Zollverein nun seit ca. einem Jahr. Sein Arbeitsort befindet sich auf<br />

Schacht XI der Zeche.<br />

Die Mitwirkungsbereitschaft auf kommunaler und lokaler Ebene war durchweg sehr<br />

hoch und die zentralen Ansprechpartner standen rasch für Gespräche und die Beant-<br />

wortung von Fragen zur Verfügung. Ihnen sei hier ausdrücklich für ihre Auskunftsbe-<br />

reitschaft, Geduld und aktive Mithilfe bei der Recherche gedankt.<br />

Da Kinder und Jugendliche allgemein in der Gesellschaft und insbesondere auch im<br />

Stadtbezirk VI einen besonderen Stellenwert einnehmen (größter Anteil von Kindern<br />

und Jugendlichen in Essen) und ihr Meinungs- und Stimmungsbild hinsichtlich des<br />

Wohnquartiers ebenso wichtig wie entwicklungsbestimmend ist, wurde es vorgezogen,<br />

mit Kindern im Alter von 6 bis 8 Jahren und Jugendlichen im Alter von 14 bis 16 Jahren<br />

ein gesondertes Erhebungsverfahren durchzuführen. Bei der Wahl geeigneter Erhe-<br />

bungsmethoden wurden insbesondere das Alter und die damit verbundenen Aus-<br />

drucksmöglichkeiten von Meinungen, Ideen und Vorschlägen berücksichtigt. Eine Da-<br />

tengewinnung insbesondere im Fall der Kinder, aber auch im Fall der Jugendlichen ist<br />

nur schwer über z. B. leitfadengestützte Interviews realisierbar. In Abhängigkeit kogni-<br />

tiver Leistungen von Kindern und Jugendlichen wurden dementsprechende Erhe-<br />

bungsmethoden gewählt, die als praktikabel eingestuft wurden.<br />

Gruppe Kinder<br />

Ein empirisches Vorgehen, um vor allem Erfahrungen und Meinungen von Kindern<br />

über ihr nahes räumliches Wohnumfeld zu ermitteln, ist die Anfertigung von so genann-<br />

ten Mental Maps. Unter Mental Maps wird allgemein „eine subjektiv reduzierte Wirk-<br />

lichkeit, die als Informations- und Entscheidungsebene Grundlage für räumliche Ent-<br />

schlüsse ist (z. B. sich orientieren und sich über Orte verständigen können, die Umwelt<br />

Fragestellung, Aufbau und Methodik der Untersuchung 12


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

kennenlernen und begreifen)“ (BÖHN 198,: 204) verstanden. Kinder im Grundschulalter<br />

sind zwar nicht in der Lage, kartenähnliche Darstellungen anzufertigen, sie besitzen<br />

aber durchaus die Fähigkeit,<br />

abgeschlossene Einzelsi-<br />

tuationen zu einem be-<br />

stimmten Themenbereich in<br />

gezeichneter Form wieder-<br />

zugeben. Kinder im Grund-<br />

schulalter greifen für sie<br />

bedeutende Aspekte oder<br />

Ereignisse auf und setzen<br />

diese in ihren Zeichnungen<br />

um. Die zeichnerische Dar-<br />

stellung entspricht der direk-<br />

ten Blickrichtung des Kindes<br />

(KAMPMEIER 1953).<br />

Kinder aus der Herbartgrundschule wurden daraufhin aufgefordert, zeichnerisch aus-<br />

zudrücken, welche Aspekte ihnen in ihrer nahen Wohn- und Schulumgebung sehr gut<br />

gefallen bzw. welche ihnen gar nicht gefallen oder fehlen. Dazu wurde in Zusammen-<br />

arbeit mit der Rektorin der Herbartgrundschule, Frau Sass-Leich, eine Kunstunter-<br />

richtsstunde thematisch vorbereitet und im Rahmen dieser die Anfertigung der Mental<br />

Maps vorgenommen. Insgesamt sind 30 Zeichnungen entstanden, von denen 16<br />

Zeichnungen ausdrücken, was in der Wohn- und Schulumgebung gefällt und 14 Zeich-<br />

Abb. 2: Mal-Aktion in der Klasse 3a der Herbartschule<br />

(HERBARTGRUNDSCHULE MÄRZ 2010)<br />

Abb. 1: Mal-Aktion „Das gefällt mir in meiner Umgebung“<br />

(HERBARTGRUNDSCHULE MÄRZ 2010)<br />

nung darstellen, welche Aspekte<br />

noch fehlen. Auf Grundlage einer<br />

qualitativen und quantitativen<br />

Analyse der Zeichnungen können<br />

Aussagen zu Meinungs- und<br />

Stimmungsbildern der Kinder auf-<br />

gezeigt werden (SCHMEINCK 2007).<br />

Schriftliche Erläuterungen der<br />

Kinder zu ihren eigenen Zeich-<br />

nungen wirken dabei unterstüt-<br />

zend.<br />

Fragestellung, Aufbau und Methodik der Untersuchung 13


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

Gruppe Jugendliche<br />

Die Altersgruppe 14-16 Jahre wurde mit Hilfe einer anderen Erhebungsmethode er-<br />

fasst. Jugendliche verfügen – im Vergleich zu Erwachsenen – über mehr Freizeit, von<br />

der sie laut Statistischem Bundesamt etwa die Hälfte außer Haus verbringen (STATISTI-<br />

SCHES BUNDESAMT 2003, 41). Öffentliche Räume stellen dabei für Jugendliche Darstellungs-,<br />

Erprobungs- und Aufenthaltsräume dar. Sie werden zum Treffen, Kommunizieren,<br />

„Chillen“ (Erholen), etc. aufgesucht. Sport wird z. B. in Grünanlagen oder im Wohnum-<br />

feld betrieben. Jugendzentren, Brachflächen oder Kinderspielplätze sind Rückzugsorte,<br />

die regelmäßig oder<br />

periodisch genutzt<br />

werden. Für die Un-<br />

tersuchung ist inte-<br />

ressant, inwieweit<br />

der öffentliche Raum<br />

von Jugendlichen<br />

genutzt wird und ob<br />

z. B. die Zeche Zoll-<br />

verein in das Raum-<br />

nutzungsverhalten<br />

der Jugendlichen<br />

einbezogen ist oder<br />

nicht. Dafür wurden<br />

Jugendliche dazu aufgefordert, Tagesprotokolle zu erstellen, die die Raumpraxis der<br />

Jugendlichen darstellen. Um Unterschiede zwischen Alltag und Wochenende zu erfas-<br />

sen, wurde jeweils ein Freitag und ein Samstag protokolliert. Den Jugendlichen wurde<br />

dazu ein Zeitstrang angereicht, bei dem sie auf der linken Seite vermerken sollten,<br />

welche Aktivitäten und Tätigkeiten sie im jeweiligen Zeitraum ausüben. Zur Protokollie-<br />

rung der Tätigkeiten blieb Platz für die genaue Ortsangabe bzw. Wegbeschreibung.<br />

Weiterhin wurden den Jugendlichen Einwegkameras mitgegeben, um für sie wichtige<br />

Orte an den beiden Tagen zu fotografieren. Um die Fotografien anschließend verorten<br />

zu können, sollten die Jugendlichen den Ort und den Zeitpunkt des Fotos auf den Ta-<br />

gesprotokollen mit einem grünen Klebepunkt markieren. Die Tagesprotokolle und Fo-<br />

todokumentationen wurden im Hinblick auf die aufgesuchten räumlichen Situationen<br />

qualitativ und quantitativ ausgewertet.<br />

Abb. 3: Beteiligte des Jugendhauses Stoppenberg<br />

(DRECKER 2010)<br />

Fragestellung, Aufbau und Methodik der Untersuchung 14


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

Abb. 4: Beteiligte des Jugendhauses Nord<br />

(DRECKER 2010)<br />

Der Kontakt zu den Ju-<br />

gendlichen wurde über das<br />

Jugendhaus Stoppenberg<br />

und das Jugendhaus Nord<br />

hergestellt. Insgesamt<br />

nahmen 15 Jugendliche im<br />

Alter von 14 bis 20 Jahren<br />

an dieser Erfassungsme-<br />

thode teil, neun gaben ihre<br />

ausgefüllten Dokumente<br />

und Fotos ab (drei Mäd-<br />

chen und sechs Jungen).<br />

In der folgenden Abbildung (vgl. Abb. 5) werden der Aufbau und das Vorgehen der<br />

Studie schematisch dargestellt.<br />

Fragestellung, Aufbau und Methodik der Untersuchung 15


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

Auswertung von Sekundärdaten<br />

Literaturanalyse<br />

Sekundärstatistische Datenanalyse<br />

Welche wirtschaftlichen,<br />

sozialen und kulturellen<br />

Strukturen herrschen im<br />

Stadtbezirk VI und inwiefern<br />

sind räumliche<br />

Schwerpunkte zu identifizieren?<br />

Inwieweit haben sich die<br />

wirtschaftlichen, sozialen<br />

und kulturellen Strukturen<br />

in den vergangenen 20<br />

Jahren verändert?<br />

Welche Initiativen haben<br />

zu einer positiven wirtschaftlichen,<br />

sozialen und<br />

kulturellen Entwicklung<br />

beigetragen?<br />

Abb. 5: Aufbau der Untersuchung<br />

(EIGENE DARSTELLUNG 2010)<br />

Untersuchungsraum<br />

Zeche Zollverein und die<br />

angrenzenden Stadtteile<br />

(Katernberg, Schonnebeck und Stoppenberg)<br />

Entwicklungen Auswirkungen Potenziale<br />

Welche Funktion hat die<br />

Zeche Zollverein für die<br />

Bewohner des Stadtbezirks<br />

VI?<br />

Inwieweit bestehen wirtschaftliche,<br />

soziale und<br />

kulturelle Synergieeffekte<br />

zwischen Zeche Zollverein<br />

und dem Stadtbezirk<br />

VI?<br />

Wie kann das Weltkulturerbe<br />

Zeche Zollverein<br />

seinem Auftrag zur räumlichen<br />

und funktionalen<br />

Integration in den Stadtbezirk<br />

VI noch stärker<br />

gerecht werden?<br />

Erhebung von Primärdaten<br />

Narratives Interview<br />

Leitfadengestützte Interviews<br />

Mental Maps<br />

Tagesprotokolle<br />

Diagnose, Konsequenzen, Empfehlungen<br />

Wie können die Entfaltung<br />

und Teilhabe der<br />

Bewohner unterschiedlicher<br />

Herkunft gefördert<br />

werden?<br />

Welche ungeahnten Potenziale<br />

sind darüber<br />

hinaus in dem Stadtbezirk<br />

VI vorhanden, um<br />

den Herausforderungen<br />

zu begegnen?<br />

Analyse von Schwerpunktthemen im Untersuchungsraum<br />

Fragestellung, Aufbau und Methodik der Untersuchung 16


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

3 Der Stadtbezirk VI in Essen<br />

Die Entwicklungen des Stadtbezirks VI in Essen sind durch die Zeche Zollverein stark<br />

geprägt. Die Schachtanlage Zollverein entwickelte sich nach 1850 zum ökonomischen<br />

Mittelpunkt Katernbergs, Stoppenbergs und Schonnebecks und beeinflusst seine Sied-<br />

lungsstruktur bis heute: Zahlreiche Bergarbeitersiedlungen, Halden und Bahnanlagen<br />

bestimmen noch immer das Ortsbild. Mit dem Rückzug des Bergbaus begann im Stadt-<br />

teil eine Umbruchsituation: Die Schließungen der Zeche Zollverein (1986) und der Ko-<br />

kerei Zollverein (1993) führten zu massiven Arbeitsplatzverlusten und erheblichen so-<br />

Zuzug von<br />

einkommensschwachenBevölkerungsschichten<br />

Preisniveau<br />

sinkt<br />

Abb. 6: Problemwirkungen im Stadtbezirk VI<br />

(EIGENE DARSTELLUNG 2010)<br />

Wegzug von<br />

vielen Bewohnern<br />

wegen<br />

Nordwanderung<br />

des<br />

Bergbaus<br />

Einzelhandel<br />

und KleingewerbeverzeichnenEinbußen <br />

zialen Problemen.<br />

So zogen bedingt<br />

durch die Schlie-<br />

ßung der Zeche<br />

viele Familien aus<br />

dem Stadtbezirk<br />

fort, um dem Berg-<br />

bau in den Norden<br />

nachzuwandern.<br />

Durch diesen<br />

Wegzug hatten<br />

viele Einzelhänd-<br />

ler und das Klein-<br />

gewerbe große<br />

Einbußen.<br />

Weiterhin ist das Preisniveau gesunken, so dass sich durch günstigere Mieten über-<br />

wiegend Menschen mit geringen Einkünften aus der näheren Umgebung, häufig mit<br />

Migrationshintergrund, im Stadtbezirk niederließen (PASTERNAK 2008, 75FF). Dadurch wur-<br />

den die bereits existierenden Probleme noch verschärft. Als Grundlage für die Analyse<br />

und Auswertung werden im Folgenden die sozialen und wirtschlichten Daten kurz um-<br />

rissen.<br />

Der Stadtbezirk VI in Essen 17


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

3.1 Lage<br />

Der Stadtbezirk VI der Stadt Essen ist einer von neun Stadtbezirken und liegt im Nord-<br />

osten der Stadt. Er untergliedert sich in die Stadtteile Schonnebeck (37), Stoppenberg<br />

(38) und Katernberg (39). Der Stadtbezirk hat insgesamt eine Fläche von 13,02 km².<br />

Den größten Anteil daran hat Stoppenberg mit 5,37 km², gefolgt von Katernberg mit<br />

4,82 km² und Schonnebeck mit 2,83 km². Insgesamt leben 51.150 Einwohner im<br />

Stadtbezirk VI, wobei in Katernberg mit 23.018 Einwohnern knapp die Hälfte wohnt<br />

(STADT ESSEN 2009).<br />

Abb. 7: Stadtteile und Stadtbezirke der Stadt Essen, Hervorhebung des Stadtbezirks VI<br />

(BAUMER 2007 UND STADT ESSEN 2007)<br />

Der Stadtbezirk VI in Essen 18


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

3.2 Sozial- und Wirtschaftsstruktur<br />

3.2.1 Einwohner- und Sozialstruktur<br />

Im Stadtbezirk VI leben 51.150 Personen (Stand: 31.12.2009). Trotz einer in den Jah-<br />

ren 1993 bis 2006 durchweg negativen natürlichen Bevölkerungsentwicklung (mehr<br />

Sterbefälle als Geburten) nahm in den Jahren 1994, 1999 und 2000 die Bevölkerung<br />

im Stadtbezirk VI dennoch zu (vgl. Abb. 8). Dies ist in den Jahren 1994 und 1999 Wan-<br />

derungsgewinnen von Bewohnern innerhalb der Stadt Essen zu verdanken, im Jahr<br />

2000 gab es auch Zuzüge von außerhalb.<br />

Insgesamt hat sich die Zahl der Bewohner des Stadtbezirks von 1993 bis 2009 um<br />

knapp 3 % verringert (Gesamtstadt: -7%).<br />

53000<br />

52500<br />

52000<br />

51500<br />

51000<br />

50500<br />

50000<br />

52561<br />

52964<br />

52715<br />

52403<br />

52157<br />

51805<br />

51878<br />

52123<br />

52088 52076 52072<br />

Der Stadtbezirk VI in Essen 19<br />

51931<br />

51775 51790 51768<br />

1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009<br />

Bevölkerungszahl im Stadtbezirk VI<br />

Abb. 8: Bevölkerungsentwicklung von 1993 bis 2006 im Stadtbezirk<br />

(EIGENE DARSTELLUNG NACH STADT ESSEN 2007)<br />

Unabhängig von der Gesamtentwicklung sind die Entwicklungen in den einzelnen<br />

Stadtteilen unterschiedlich verlaufen. Während Stoppenberg als einziger Stadtteil über<br />

diesen Zeitraum einen Zugewinn von +6 % aufweisen kann, ist in Schonnebeck und<br />

Katernberg einen Bevölkerungsrückgang von -9 % bzw. -6 % zu verzeichnen. Beson-<br />

ders Neubauaktivitäten haben in Stoppenberg zu diesem Zugewinn geführt, der in ei-<br />

nem einzelnen Stadtteilbereich bei +58 % liegt.<br />

51494<br />

51150


Stadt-<br />

bezirk VI<br />

Gesamt-<br />

stadt<br />

Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

Besonders interessant bei der Bevölkerungsstruktur ist der Anteil an Kindern und Ju-<br />

gendlichen. Während gesamtstädtisch betrachtet 16 % der Bevölkerung unter 18 Jahre<br />

alt ist, liegt dieser Anteil im Stadtbezirk VI bei 20 % (10.482 Personen), so dass der<br />

Stadtbezirk als kinderreich zu bezeichnen ist. Dagegen ist die Zahl älterer Menschen –<br />

im Gegensatz zu der Gesamtstadt – geringer als die Zahl der Kinder und Jugendlichen.<br />

Im Stadtbezirk VI sind 19 % der Bewohner 65 Jahre alt oder älter, in der Gesamtstadt<br />

sind dies 22 %.<br />

Abb. 9: Bevölkerung nach Altersgruppen von 1993 bis 2006 in den Stadtteilen<br />

(EIGENE DARSTELLUNG NACH STADT ESSEN 2007)<br />

Im Vergleich zu 1993 hat sich der Anteil der Minderjährigen an der Bevölkerung sowohl<br />

im Stadtbezirk VI als auch in der Gesamtstadt kaum verändert. Ebenfalls sind die Ent-<br />

wicklungen des Anteils an älteren Menschen einheitlich, so dass sich sowohl im Stadt-<br />

bezirk als auch in der Gesamtstadt der Anteil an Menschen über 65 Jahre um +3 %<br />

bzw. +4 % verändert hat (vgl. Abb. 9).<br />

Grundsätzlich verlaufen die Trends der Bevölkerungsentwicklung aus gesamtstädti-<br />

scher Sicht ähnlich denen im Stadtbezirk. Gesamtstädtisch hat die Zahl der Minderjäh-<br />

rigen um -9 % abgenommen und die der Älteren um +11 % zugenommen. Im Stadtbe-<br />

zirk ist der Trend ähnlich, doch ist der Verlust an jungen Menschen mit -2 % wesentlich<br />

geringer und der Zugewinn an älteren Menschen mit +19 % wesentlich höher (vgl. Abb.<br />

10).<br />

1993<br />

2006<br />

1993<br />

2006<br />

20,4 63,9 15,8<br />

20,2 60,8 19<br />

16,4 65,2 16,4<br />

16 62 22<br />

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%<br />

unter 18 Jahre 18-64 Jahre 65 Jahre und älter<br />

Der Stadtbezirk VI in Essen 20


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

Stadt<br />

Stadtbezirk<br />

Schonnebeck<br />

Stoppenberg<br />

Katernberg<br />

Stadtbezirk VI<br />

Gesamtstadt<br />

-9<br />

-2,1<br />

-10 -5 0 5 10 15 20<br />

unter 18 Jahre 65 Jahr e und älter<br />

Abb. 10: Bevölkerungsentwicklung (unter 18 und über 65 Jahre) in Essen und im Stadtbezirk VI<br />

(EIGENE DARSTELLUNG NACH STADT ESSEN 2007)<br />

Eine weitere Besonderheit stellt der hohe Anteil an Personen mit Migrationshintergrund<br />

im Stadtbezirk VI dar. Insgesamt haben fast ein Viertel (24 %, 12.362 Personen) der<br />

Bewohner einen Migrationshintergrund (Vergleich Gesamtstadt: 17 %), wobei die Ver-<br />

teilung auf die einzelnen Stadtteile unterschiedlich ist.<br />

9,4<br />

13<br />

Der Stadtbezirk VI in Essen 21<br />

14,7<br />

0 5 10 15 20 25 30<br />

2006 1993<br />

Abb. 11: Anteil der Personen mit Migrationshintergrund nach Stadtteilen 1993 und 2006<br />

(EIGENE DARSTELLUNG NACH STADT ESSEN 2007)<br />

17,3<br />

16,8<br />

17,8<br />

11,1<br />

21,5<br />

22,8<br />

23,8<br />

18,6<br />

27,6


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

In Katernberg ist der Anteil an Personen mit Migrationshintergrund mit 28 % (6.503<br />

Personen) am höchsten, während Stoppenberg und Schonnebeck mit 23 % (3,814<br />

Personen) bzw. 18 % (2.045 Personen) darunter liegen, wenngleich der Anteil immer<br />

noch überdurchschnittlich hoch ist (vgl. Abb. 11).<br />

Betrachtet man darüber hinaus die einzelnen Stadtteilbereiche des Stadtbezirks VI,<br />

erkennt man in Katernberg sechs Bereiche, in denen der Anteil der Personen mit<br />

Migrationshintergrund über 30 % liegt. In Stoppenberg liegen zwei Bereiche über 30 %,<br />

in Schonnebeck einer. In der folgenden Abbildung sind die Anteile der Personen mit<br />

Migrationshintergrund im Stadtbezirk VI in den einzelnen Stadtteilbereichen aufgeführt<br />

(vgl. Abb. 12).<br />

Abb. 12: Personen mit Migrationshintergrund in den Stadtteilbereichen am 31.12.2006<br />

(STADT ESSEN 2007)<br />

Der Stadtbezirk VI in Essen 22


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

4000<br />

3000<br />

2000<br />

1000<br />

-1000<br />

-2000<br />

-3000<br />

-4000<br />

-5000<br />

Abbildung 13 zeigt, dass sich die Bewohnerzahl im Stadtbezirk VI in dem Zeitraum von<br />

1993 bis 2006 insgesamt um 771 Personen verringert hat. Insgesamt befanden sich im<br />

Jahr 2006 4.037 Personen mit ausschließlich deutscher Staatsangehörigkeit weniger<br />

im Stadtbezirk VI als im Jahr 1993. Ähnliche Tendenzen spiegeln sich in den Stadttei-<br />

len Katernberg und Schonnebeck wider. Auffällig ist dagegen die Entwicklung in Stop-<br />

penberg. Hier wohnen im Vergleich zu 1993 979 Menschen mehr, wobei der Anteil an<br />

Personen mit ausschließlich deutscher Staatsangehörigkeit abgenommen (-784 Per-<br />

sonen) und der Anteil an Personen mit Migrationshintergrund deutlich gestiegen ist<br />

(+1.763 Personen) (vgl. Abb. 13).<br />

0<br />

-686<br />

-1987<br />

1302<br />

979<br />

-784<br />

1763<br />

-1064 -1266<br />

Der Stadtbezirk VI in Essen 23<br />

202<br />

-771<br />

-4037<br />

Katernberg Stoppenberg Schonnebeck Stadtbezirk<br />

Bevölkerungsentwicklung insgesamt<br />

Personen mit ausschliesslich deutscher Staatsangehörigkeit<br />

Personen mit Migrationshintergrund<br />

Abb. 13: Bevölkerungsveränderung von 1993 bis 2006 (gesamt, deutsch, Migrationshintergrund)<br />

in den Stadtteilen des Stadtbezirks VI<br />

(EIGENE DARSTELLUNG NACH STADT ESSEN 2007)<br />

Grundsätzlich lässt sich erkennen, dass zwar ein leichter Bevölkerungsrückgang zu<br />

verzeichnen ist, der wesentlich vom Rückgang der deutschen Bewohner ausgeht und<br />

durch den Anstieg an Bewohnern mit Migrationshintergrund nicht vollständig kompen-<br />

siert wird.<br />

Hauptherkunftsland der im Stadtbezirk lebenden Personen mit Migrationshintergrund<br />

ist die Türkei. Im Stadtbezirk VI haben mehr als ein Drittel (36 %) die türkische Staats-<br />

angehörigkeit, was deutlich mehr als im gesamtstädtischen Vergleich (23 %) ist.<br />

3266


3500<br />

3000<br />

2500<br />

2000<br />

1500<br />

1000<br />

Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

500<br />

Das darauffolgende häufigste Herkunftsland der im Stadtbezirk VI lebenden Migranten<br />

ist Polen mit 19 % der Migranten (Gesamtstadt: 17 %). Jeweils 5 % haben die kasachi-<br />

sche bzw. die Staatsangehörigkeit der Russischen Förderation, was ebenfalls über<br />

dem Durchschnitt der Gesamtstadt liegt. Weitere Herkunftsländer sind Afghanistan<br />

(468 Personen), Serbien und Montenegro (429 Personen), Libanon (402 Personen),<br />

Marokko (373 Personen), Spanien (217 Personen) und Kroatien (193 Personen).<br />

0<br />

Türkei<br />

Abb. 14: Einwohnerverteilung mit Migrationshintergrund nach Herkunftsland<br />

(EIGENE DARSTELLUNG NACH STADT ESSEN 2007)<br />

Die Haushaltsstrukturen im Stadtbezirk VI unterscheiden sich stark von denen der Ge-<br />

samtstadt. Während die durchschnittliche Haushaltsgröße in der Gesamtstadt bei 1,9<br />

liegt, befindet sich der Wert im Stadtbezirk bei 2,2. So gibt es im Stadtbezirk im Ver-<br />

gleich zu der Gesamtstadt (46 %) weniger Einpersonenhaushalte (37 %). Dagegen gibt<br />

es vergleichsweise viele Haushalte mit Kindern und Jugendlichen im Stadtbezirk VI (26<br />

%), während Minderjährige gesamtstädtisch gesehen nur in jedem fünften Haushalt (20<br />

%) leben.<br />

Polen<br />

Kasachstan<br />

Russische Förderation<br />

Afghanistan<br />

Serbien und Montenegro<br />

Libanon<br />

Schonnebeck Stoppenberg Katernberg<br />

Marokko<br />

Spanien<br />

Kroatien<br />

staatenlos bzw. ungeklärt<br />

Der Stadtbezirk VI in Essen 24


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

Versorgungslage von Kleinkindern, Kindern und Jugendlichen<br />

Die Versorgungslage von Kleinkindern hat sich gegenüber früher verbessert, was ei-<br />

nerseits mit der Ausweitung der Betreuungskapazitäten vor allem in Stoppenberg und<br />

Katernberg, aber auch in der Gesamtstadt zusammenhängt, sich andererseits durch<br />

die rückläufige Entwicklung der Anzahl an Kleinkindern ergibt. So ist die Versorgungs-<br />

quote im Stadtbezirk mit 8 % höher als in der Gesamtstadt (6 %).<br />

9<br />

8<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

0<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

1993 2000 2006<br />

Abb. 15: Versorgungsquote von Kleinkindern (0 bis 3 Jahre) im Stadtbezirk VI<br />

(EIGENE DARSTELLUNG NACH STADT ESSEN 2007)<br />

Im Kindergartenbereich liegt die Versorgungsquote mit 84 % etwas unter der gesamt-<br />

städtischen Quote von 87 % und hat sich im Vergleich zu 1993 ebenfalls verbessert<br />

(vgl. Abb. 16).<br />

1993 2000 2006<br />

Abb. 16: Versorgungsquote von Kindergartenkindern (3 bis unter 6 Jahre) im Stadtbezirk VI<br />

(EIGENE DARSTELLUNG NACH STADT ESSEN 2007)<br />

Die Betreuungssituation für Kinder und Jugendliche (Hort) ist im Stadtbezirk VI rückläu-<br />

fig (vgl. Abb. 17), was aber durch die Förderung und schließlich die Einrichtung von<br />

offenen Ganztagsschulen im Stadtbezirk zu erklären ist.<br />

Der Stadtbezirk VI in Essen 25


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

0<br />

1993 2000 2006<br />

Abb. 17: Versorgungsquote von Schulkindern (6 bis 14 Jahre) im Stadtbezirk VI<br />

(EIGENE DARSTELLUNG NACH STADT ESSEN 2007)<br />

Im Gegensatz zu der Versorgungsquote der Kinder und Jugendliche sind die Zahlen<br />

der Übergänger und Übergängerinnen von Grund- zu weiterführenden Schulen, insbe-<br />

sondere auf Gymnasien sehr gering. Im Vergleich zur Gesamtstadt, wo 44,1 % der<br />

Kinder auf ein Gymnasium wechseln, sind es im Stadtbezirk VI nur 27,8 %. Deutlich<br />

abweichende Zahlen liegen ebenfalls bei dem Übergang zur Hauptschule vor. Wäh-<br />

rend in der Gesamtstadt lediglich 8,6 % der Kinder auf eine Hauptschule wechseln,<br />

sind dies im Stadtbezirk VI 20,4 %, also gut ein Fünftel der Kinder. Erstaunlich ist hier<br />

auch die Entwicklung. Im Vergleich zur Gesamtstadt, in der die Übergänger zur Haupt-<br />

schule in den Schuljahren 2005/2006 bis 2007/2008 von 10,3 % auf 8,6 % abnahmen,<br />

stieg im Stadtbezirk der Anteil von 16,6 % auf 20.4 % (vgl. Abb. 18).<br />

Der Stadtbezirk VI in Essen 26


45<br />

40<br />

35<br />

30<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

45<br />

40<br />

35<br />

30<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

50<br />

45<br />

40<br />

35<br />

30<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

5<br />

0<br />

Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

Schuljahr 2005/2006<br />

Hauptschule Realschule Gymnasium Gesamtschule<br />

Schuljahr 2006/2007<br />

Schonnebeck Stoppenberg Katernberg Stadtbezirk VI Gesamtstadt<br />

Hauptschule Realschule Gymnasium Gesamtschule<br />

Schuljahr 2007/2008<br />

Schonnebeck Stoppenberg Katernberg Stadtbezirk VI Gesamtstadt<br />

Hauptschule Realschule Gymnasium Gesamtschule<br />

Schonnebeck Stoppenberg Katernberg Stadtbezirk VI Gesamtstadt<br />

Abb. 18: Übergänge von Grund- auf weiterführende Schulen<br />

(EIGENE DARSTELLUNG NACH STADT ESSEN 2007)<br />

Der Stadtbezirk VI in Essen 27


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

Schuljahr 2005/2006<br />

Hauptschule Realschule Gymnasium Gesamtschule<br />

Schonnebeck 8,6 29,5 29,5 32,4<br />

Stoppenberg 19,9 25,4 32,3 22,4<br />

Katernberg 18,3 29,0 25,1 27,6<br />

Stadtbezirk VI 16,6 27,9 28,4 27,0<br />

Gesamtstadt 10,3 23,6 41,8 24,2<br />

Schuljahr 2006/2007<br />

Schonnebeck 10,8 18,3 28,3 42,5<br />

Stoppenberg 14,5 33,0 31,8 20,7<br />

Katernberg 19,9 26,8 26,1 27,2<br />

Stadtbezirk VI 16,3 27,0 28,4 28,4<br />

Gesamtstadt 9,0 23,8 42,2 25,0<br />

Schuljahr 2007/2008<br />

Schonnebeck 18,1 30,2 28,4 23,3<br />

Stoppenberg 19,8 30,8 30,2 19,2<br />

Katernberg 21,8 18,2 26,1 33,9<br />

Stadtbezirk VI 20,4 24,5 27,8 27,3<br />

Gesamtstadt 8,6 23,9 44,1 23,4<br />

Abb. 19: Übergänge von Grund- auf weiterführende Schulen in Zahlen<br />

(EIGENE DARSTELLUNG NACH STADT ESSEN 2007)<br />

3.2.2 Wirtschafts- und Beschäftigungsstruktur<br />

Im Stadtbezirk VI lebten in der Jahresmitte 2006 13.888 sozialversicherungspflichtige<br />

Beschäftigte. Damit ist die Quote der sozialversicherungpflichtig Beschäftigten mit 44<br />

% etwas geringer als in der Gesamtstadt (46 %). Lediglich in Katernberg liegt die<br />

Qutoe sozialversicherungpflichtig Beschäftigter mit 41 % der 18- bis 64-jährigen unter<br />

dem Durchschnitt. Dennoch sind im Vergleich zu der Gesamtstadt im Statdbezirk VI<br />

keine auffälligen Strukturunterschiede festzustellen. Die Anteile an den<br />

sozialversicherungspflichtig beschäftigten Männern (59 %; Stadt: 55 %), jungen<br />

Menschen unter 25 Jahren (9 %; Stadt 8 %) und Nichtdeutschen (9 %; Stadt 7 %) sind<br />

im Stadtbezirk eher noch höher. Deutlich geringer ist dagegen der Anteil von Frauen<br />

Der Stadtbezirk VI in Essen 28


25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

(38 %) an den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten. Auch hier weist Katernberg<br />

wieder den geringsten Wert mit nur 34 % auf (Gesamtstadt: 41 %).<br />

Vergleicht man ebenso die Strukturen der Arbeitslosen mit denen der Gesamtstadt,<br />

spiegeln sich hier ebenfalls die Ergebnisse. Während z. B. in der Gesamtstadt 55 %<br />

der Arbeitslosen männlich sind, sind dies im Statdbezirk VI nur 52 %. Unter den<br />

Arbeitslosen sind 22 % im Stadtbezirk Nichtdeutsche, in der Gesamtstadt sind es 21<br />

%. Auch die Anteile an den Arbeitslosen von unter 25-jährigen (Stadtbezirk: 10 %;<br />

Gesamtstadt: 10 %), von 55-jährigen oder Älteren (Stadtbezirk: 11%; Gesamtstadt: 14<br />

%) und Langzeitarbeitlosen (Stadtbezirk: 55 %; Gesamtstadt: 56 %) sind im Verhältnis<br />

zur Gesamtstadt ähnlich. Erst in der Betrachtung der Arbeitslosen im Verhältnis zu der<br />

Bevölkerung wird das Ausmaß der Arbeitslosigkeit deutlich (vgl. Abb. 20).<br />

Im Alter von 18 bis 64 Jahre sind 13 % der Bewohner des Statdbezirks VI arbeitslos,<br />

was über dem Durchschnitt der Gesamtstadt (11 %) liegt. Dabei ist sowohl der Anteil<br />

der Männer (14 %; Stadt: 12 %) und der Frauen (13 %; Stadt: 10 %) zwar nicht<br />

wesentlich, aber dennoch höher als auf der Ebene der Gesamtstadt. Besonders hoch<br />

ist der Anteil der arbeitslosen Nichtdeutschen an der Bevölkerung (19 %), der zwar<br />

genauso hoch ist wie auf gesamtstädtischer Ebene, aber dennoch viel höher als der<br />

Anteil der arbeitslosen Deutschen (Stadtbezirk: 12 %). Dieser Wert wiederum liegt über<br />

dem Durchschnitt der Gesamtstadt (10 %). Insgesamt liegen die Anteilswerte im<br />

Verhältnis zur Gesamtbevölkerung über denen der Gesamtstadt.<br />

insgesamt Männer Frauen Deutsche<br />

Nichtdeutsche<br />

Stadtbezirk VI 13,1 13,7 12,6 12 19,1 10 7,8<br />

Gesamtstadt 10,9 12 9,9 9,9 18,6 8,2 7,7<br />

Stadtbezirk VI Gesamtstadt<br />

18- bis unter<br />

25jährige<br />

55jährige und<br />

Ältere<br />

Abb. 20: Ausmaß der Arbeitslosigkeit unterschiedlicher Bevölkerungsgruppen in Essen und im<br />

Stadtbezirk VI am 31.12.2006<br />

(EIGENE DARSTELLUNG NACH STADT ESSEN 2007<br />

Der Stadtbezirk VI in Essen 29


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

Drei Bereiche im Stadtbezirk weisen besondere Werte im Bezug auf die Arbeitslosen-<br />

zahlen auf (vgl. Abb. 21). Zwei Stadtteilbereiche liegen davon in Katernberg. Sowohl<br />

der Stadtteilbereich 2 als auch der Stadtteilbereich 6 haben mit 21,7 % bzw. 18,3 %<br />

einen sehr hohen Anteil an Arbeitslosen und liegen damit deutlich über dem Durch-<br />

schnitt des Stadtteils Katenberg (14,9 %), des Stadtbezirks (13,1 %) bzw. der Gesamt-<br />

stadt (10,9 %).<br />

Anteile an der Bevölkerung im Alter von 18 bis 64 Jahren in %:<br />

Abb. 21: Arbeitslose in den Stadtteilbereichen am 31.12.2006<br />

(STADT ESSEN 2007)<br />

Der Stadtbezirk VI in Essen 30


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

Ebenfalls auffällig, diesmal aber in positiver Weise, sind die Stadtteilbereiche 2 in<br />

Stoppenberg und 7 in Schonnebeck (vgl. Abb. 21). In beiden Stadtteilbereichen ist die<br />

Arbeitslosendichte sehr gering, da nur 5,9 % der Bevölkerung im Alter von 18 bis 64<br />

Jahren arbeitslos ist.<br />

Im Stadtbezirk VI sind mehr als ein Fünftel (21 %) der Bewohner auf existenzsichernde<br />

Hilfeleistungen angewiesen, was deutlich mehr als im Vergleich zur Gesamtstadt (15<br />

%) ist. Während in Schonnebeck der Anteil Hilfebeziehender mit 16 % gegenüber dem<br />

Stadtbezirk VI relativ gering ist, liegt er doch über dem Durchschnitt der Stadt. In<br />

Stoppenberg liegt der Anteil mit 20 % deutlich über dem Durchschnitt der Gesamtstadt.<br />

Katernberg weist mit 24 % den höchsten Anteil an Bevölkerung auf, die von<br />

existenzsichernden Hilfen abhängig sind (vgl. Abb. 22).<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

16,3<br />

19,9<br />

Schonnebeck Stoppenberg Katernberg Stadtbezirk VI<br />

Stadtteile Gesamtstadt<br />

Abb. 22: Personen mit existenzsichernden Hilfen in den Stadtteilen, dem Stadtbezirk und der<br />

Gesamtstadt am 31.12.2006<br />

(STADT ESSEN 2007)<br />

Einige Bereiche der Stadtteile stechen aufgrund überdurchschnittlicher Anteile von<br />

Personen mit existenzsichernden Hilfen hervor. Darunter vor allem der Bereich 2 in<br />

Katernberg (34,3 %), Bereich 4 in Stoppenberg (33,1 %), Bereich 2 in Schonnebeck<br />

(28,0 %).<br />

Der Stadtbezirk VI in Essen 31<br />

23,5<br />

15,3<br />

20,7


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

Abb. 23: Personen mit existenzsichernden Leistungen in den Stadtteilbereichen am 31.12.2006<br />

(STADT ESSEN 2007)<br />

Betrachtet man die Hilfedichte auf die unterschiedlichen Altersgruppen bezogen, muss<br />

man feststellen, dass eine Einkommensarmut vor allem die Jüngeren betrifft (vgl. Abb.<br />

24). Während in der Gesamtstadt 29 % der Minderjährigen in einkommensarmen<br />

Haushalten leben, sind es im Stadtbezirk VI 36 %. Katernberg weist den höchsten<br />

Anteil mit knapp 40 % auf.<br />

Der Stadtbezirk VI in Essen 32


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

40<br />

35<br />

30<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

30,2<br />

33,3<br />

39,4<br />

35,6<br />

29,1<br />

16,4<br />

19,7<br />

23,3<br />

Der Stadtbezirk VI in Essen 33<br />

20,6<br />

unter 18 18 - 64 65 Jahre<br />

16<br />

3,3<br />

6,5<br />

5,5 5,3<br />

Schonnebeck Stoppenberg Katernberg Stadtbezirk VI Gesamtstadt<br />

Abb. 24: Altersstruktur der von existenzsichernden Hilfen Betroffenen in den Stadtteilen, im<br />

Stadtbezirk und in der Gesamtstadt am 21.12.2006<br />

(EIGENE DARSTELLUNG NACH STADT ESSEN 2007<br />

Die Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter ist in viel geringerem Maße auf Existenz<br />

sichernde Transferleistungen angewiesen als Kinder und Jugendliche. Neben einer<br />

Armut bei Kindern und Jugendlichen ist ebenfalls die Armut von Älteren (5 %) etwas<br />

stärker ausgeprägt als im gesamtstädtischen Vergleich (4 %). Das Ausmaß der<br />

Betroffenheit ist allerdings gegenüber der Problematik bzgl. der Kinder und<br />

Jugendlichen vergleichsweise gering.<br />

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass der Stadtbezirk VI im Vergleich zur<br />

Gesamtstadt überdurchschnittlich viele Personen mit Migrationshintergrund<br />

verzeichnet, überdurchschnittlich viele Personen arbeitslos sind bzw. existenz-<br />

sichernde Hilfeleistungen empfangen. Besonders auffällig sind die Werte im Bereich<br />

der Kinder und Jugendlichen, die zwar im Vergleich zur Gesamtstadt einen wesentlich<br />

höheren Anteil an der Bevölkerung einnehmen, deren Situation aber problematisch ist.<br />

Viele Kinder und Jugendliche leben in einkommensarmen Haushalten bzw. sind selber<br />

von Arbeitslosigkeit betroffen. Zwar haben sich die Betreuungssituationen und die<br />

Menge an Angeboten verbessert, doch scheint dies nicht unmittelbar Auswirkungen auf<br />

die Gesamtlage zu haben.<br />

3,5


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

3.3 Das Programm Soziale Stadt im Stadtbezirk<br />

Bereits Anfang der 1980er Jahre waren soziale Probleme wie Arbeitslosigkeit, schlech-<br />

te Wohnverhältnisse, Mangel an Zukunftsperspektiven vor allem für die damaligen jun-<br />

gen Bewohner und/oder die hohe Zahl an sozial benachteiligten Bewohnern prägend<br />

für den Stadtbezirk VI (siehe Kapitel 3). Durch den Wegfall der Zeche Zollverein und<br />

ihrer Kokerei, dem größten Arbeitgeber im Essener Norden, wurden die Probleme zum<br />

Teil ausgelöst oder in ihrer Intensität verstärkt (PASTERNAK, 2008, 78). Dass eine schwierige<br />

und vielschichtige soziale und wirtschaftliche Situation im Stadtbezirk VI vorzufinden<br />

war, nahm die Stadt seit Beginn der 1980er Jahre wahr. Vor allem die Integration von<br />

Einwohnern mit Migrationshintergrund war damals ein brisantes Thema, so dass das<br />

erste Projekt in Katernberg, das bereits 1981 von der Stadt beim heutigen Regional-<br />

verband Ruhr (RVR) in Auftrag gegeben wurde, der besseren Integration von Auslän-<br />

derinnen und Ausländern diente (PASTERNAK 2008, 79). In diesem Projekt wurde ein Pro-<br />

gramm für stadtteilbezogene soziale Arbeit erarbeitet, welches direkt im Stadtteilbe-<br />

reich Katernberg-Beisen eingesetzt worden ist. Nachdem 1986 das Institut für Stadt-<br />

teilbezogene Soziale Arbeit und Beratung der Universität Essen gegründet wurde,<br />

wurden weitere Projekte in Kooperation der Stadt Essen, der Arbeiterwohlfahrt (AWO)<br />

und später auch der Evangelischen Kirchengemeinde Katernberg durchgeführt. Bereits<br />

vor der Förderung durch Städtebaumittel wurde in Essen eine ressortübergreifende<br />

Arbeitsweise in der Verwaltung eingeführt, um auf Grundlage der Analyse von Prob-<br />

lemlagen ausgewählter Stadtteile (Hörsterfeld, Katernberg, Überruhr, Bergmannsfeld<br />

und Altendorf) die Verbesserung von Lebensbedingungen zu erreichen (STADT ESSEN<br />

2004, 100). Weiterhin wurden sowohl Schul-, Jugend-, Sozial- und Kulturpolitik als auch<br />

die kleinräumigen Wirtschaftsförderungen stärker in die Stadtteilentwicklung eingebun-<br />

den. Ein bereichsübergreifendes Quartiersmanagement, das über drei Aktionsebenen<br />

gesteuert wird, soll dies fördern. Die Ebenen bestehen aus dem Gebietsbeauftragten,<br />

den intermediären Akteuren und der Stadtteilarbeit. Vor diesem Hintergrund gilt das<br />

Programmgebiet Essen-Katernberg, das den gesamten Essener Stadtbezirk VI um-<br />

fasst, „als Labor für das Programm Soziale Stadt in NRW sowie auf Bundesebene“<br />

(STÄDTENETZ SOZIALE STADT NRW 2007, 83).<br />

Der Stadtbezirk VI in Essen 34


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

Das Programm Soziale Stadt NRW seit 1993 – Initiativen im Stadtbezirk VI<br />

Auf dieser Kooperations-, Erfahrungs- und Projektbasis wurde 1993 ein Erneuerungs-<br />

konzept für den gesamten Stadtbezirk VI entwickelt und in das NRW-weite Programm<br />

„Stadtteil mit besonderem Erneuerungsbedarf“ (heute: Soziale Stadt) aufgenommen.<br />

Ziel des Programms ist es, „eine stabilisierende Entwicklung in Gang zu bringen: Es<br />

muss gelingen, dass die Bewohner der Stadtteile Teil der städtischen Gemeinschaft<br />

bleiben und dass die Quartiere selbst als Wohn-, Arbeits- und Lebensraum bestehen<br />

können“ (STÄDTENETZES SOZIALE STADT NRW 2010). Das Programm Soziale Stadt NRW hat<br />

zum Ziel, „Vorhandenes“ – damit sind Organisationen, Fachleute, engagierte Bürger,<br />

Geldmittel, Erfahrungen, etc. gemeint - und „Neues“ – damit sind zusätzliche Angebo-<br />

te, neue Infrastruktur oder ergänzende bauliche Maßnahmen gemeint – so miteinander<br />

zu verknüpfen, dass ein „nachhaltiger Anschub guter Entwicklungen“ (STÄDTENETZES SOZI-<br />

ALE STADT NRW 2010) stattfindet.<br />

Abb. 25: Zusammenarbeit auf verschiedenen Ebenen<br />

(STÄDTENETZES SOZIALE STADT NRW 2010)<br />

Dabei wird besonders auf integriertes, also ebenen- und fachübergreifendes Arbeiten<br />

geachtet, welches durch neue Arbeitsformen, z. B. Arbeitskreise oder Stadtteilkonfe-<br />

renzen, möglich ist und „eine gezielte und transparente Kooperation“ (STÄDTENETZES SOZIA-<br />

LE STADT NRW 2010) schafft (vgl. Abb. 25). Ein Stadtteil wird in das Programm Soziale<br />

Stadt aufgenommen, wenn Land und Kommune darin übereinstimmen, dass ein Stadt-<br />

Der Stadtbezirk VI in Essen 35


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

teil besondere Unterstützung benötigt – „starre Kriterien gibt es nicht. Der ausdrückli-<br />

che Wille von Lokalpolitik und Stadtverwaltung, sich einem Stadtteil intensiv zu wid-<br />

men, ist dabei unverzichtbar“ (STÄDTENETZES SOZIALE STADT NRW 2010). Ebenso unverzichtbar<br />

und immer wieder als wesentliches Merkmal des Programms vermerkt ist „die Aktivie-<br />

rung und Beteiligung der Bewohnerinnen und Bewohner, der Unternehmen und der<br />

Not-Profit-Organisationen vor Ort“ (STÄDTENETZES SOZIALE STADT NRW 2010).<br />

Durch das Programm Soziale Stadt sollen vielfältige Probleme wie Beschäftigung,<br />

Qualifizierung und Ausbildung, Wertschöpfung im Gebiet, soziale Aktivitäten und sozia-<br />

le Infrastruktur, Schule und Bildung, Gesundheitsförderung, Umwelt und Verkehr,<br />

Stadtteilkultur, Sport und Freizeit, Zusammenleben unterschiedlicher sozialer und eth-<br />

nischer Gruppen, Wohnungsmarkt und Wohnungsbewirtschaftung, Wohnumfeld und<br />

öffentlicher Raum sowie Imageverbesserung und Öffentlichkeitsarbeit angegangen<br />

sowie die Potenziale der Programmgebiete genutzt werden, indem ein leistungsfähiges<br />

Koordinierungs-, Kooperations- und Partizipationsmanagement aufgebaut wird. Dafür<br />

werden folgende strategische Instrumente gefördert:<br />

Integrierte Entwicklungs- bzw. Handlungskonzepte,<br />

Gebietsbezug,<br />

Ressourcenbündelung,<br />

Quartiersmanagement,<br />

Aktivierung und Beteiligung,<br />

Evaluierung,<br />

Monitoring.<br />

Die Steuerung des Programms übernahm in Essen eine Lenkungsgruppe, in der sich<br />

Vertreter verschiedener städtischer Ämter, der politischen Fraktionen der Bezirksver-<br />

tretung VI, der Essener Wirtschaftsförderung, des ISSABs, der AWO und der Ev. Kir-<br />

chengemeinde Katernberg befinden. Die Lenkungsgruppe ist für die Steuerung der<br />

Programmumsetzung verantwortlich, dessen Federführung das Amt für Stadtentwick-<br />

lung übernommen hat. Die politische Legitimation und Unterstützung des integrierten<br />

Handlungskonzeptes erfolgt durch Beschlüsse des Rates und der Fachausschüsse<br />

(GESPRÄCHSPARTNER 1 2010, 4) (vgl. Abb. 26).<br />

Der Stadtbezirk VI in Essen 36


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

Auf der Stadtteilebene findet eine Beteiligung und Aktivierung von Bewohnern, Verei-<br />

nen, Verbänden, Einzelhändlern, etc. durch verschiedene themenspezifische Arbeits-<br />

kreise und die Katernberg Konferenz statt (siehe Kapitel 5. Zusammenarbeit). Die Ka-<br />

ternberg Konferenz wurde 1993 ins Leben gerufen und wird von Bewohnern aus den<br />

Abb. 26: Organisation und Kooperation im Stadtbezirk VI<br />

(STADT ESSEN 2004, 104)<br />

Stadtteilen als ein<br />

„ein sehr gutes In-<br />

strument, um Prob-<br />

leme und Vorteile im<br />

Stadtteil zu bespre-<br />

chen“ (GESPRÄCHSPART-<br />

NER 3 2010, 1) wahrge-<br />

nommen. Die Ka-<br />

ternberg Konferenz<br />

wurde auf Initiative<br />

vom Werbering Ka-<br />

ternberg e. V. – ein<br />

Zusammenschluss<br />

der Einzelhändler im<br />

Stadtteil Katernberg<br />

– initiiert und im Zu-<br />

sammenschluss mit<br />

den Werbegemein-<br />

schaften in Stoppen-<br />

berg und Schonne-<br />

beck organisiert (GE-<br />

SPRÄCHSPARTNER 2 2010,<br />

1FF). Das Besondere<br />

an dieser Konferenz, die mindestens zweimal im Jahr stattfindet, ist, dass sie losgelöst<br />

von anderen Projekten oder Förderungen aus Eigeninitiativen im Stadtteil entstanden<br />

ist. Mittlerweile dient sie als „sehr gute Möglichkeit der unmittelbaren Bürgerbeteiligung<br />

an den laufenden Projekten“ (PASTERNAK 2008, 84).<br />

Zusätzlich gibt es seit Oktober 2006 das Bürgerzentrum „Kon-Takt" am Katernberger<br />

Markt. Dafür wurden die ehemals eingerichteten Stadtteilbüros „Holzhaus Beisen“ (seit<br />

1986) und „Stadtteilladen“ (seit 1988) aufgegeben und am Katernberger Markt vereint.<br />

Der Stadtbezirk VI in Essen 37


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

Während der mittlerweile 17-jährigen Förderung des Programmgebiets wurden viele<br />

Projekte angestoßen, die sich mit den Themen<br />

beschäftigten.<br />

• Wohnen, Wohnumfeld, Beteiligung, Integration,<br />

• Wiedernutzung von Denkmälern, Städtebauliche Planungen, Umwelt,<br />

• Arbeitsmarkt und Beschäftigung, Strukturwandel, Tourismus<br />

Der Stadtbezirk VI in Essen 38


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

4 Vergangenheit und Gegenwart der Zeche Zollverein<br />

4.1 Zeche Zollverein als ökonomischer Mittelpunkt der angrenzenden Stadtteile<br />

Ausgang für die Entwicklung von Zollverein war der Erwerb von 13 zusammenhängen-<br />

den Grubenfeldern in der Nähe der Ortschaften Katernberg und Stoppenberg in den<br />

1840er Jahren durch Franz Haniel, der das neue Bergwerk „Zollverein“ nannte. Bereits<br />

1847 wurde mit der Abteufung begonnen. Drei Jahre später wurde die erste Kohle ge-<br />

fördert und mithilfe von 256 Bergleuten insgesamt 13.000 Tonnen Kohle zu Tage ge-<br />

bracht. Von diesem Punkt an wuchs Zollverein bis zum Ersten Weltkrieg unaufhörlich.<br />

Die Belegschaft wurde verzehnfacht und die Fördersumme auf eine Million Tonnen<br />

Kohle pro Jahr erhöht. Neben dem Bergwerk wurden zahlreiche Arbeitersiedlungen<br />

und Bahnschienen erbaut, die den ehemals landschaftlichen Charakter des Gebiets<br />

verdrängten. In Katernberg, Stoppenberg und Schonnebeck ist die Bevölkerungszahl in<br />

dieser Zeit enorm angestiegen. Der steigende Arbeitskräftebedarf auf der Zeche konn-<br />

te nicht mehr von den Menschen aus der Umgebung gedeckt werden, so dass neben<br />

Zuwanderern aus Westfalen und dem Rheinland vor allem Menschen aus den polni-<br />

schen Provinzen Preußens in den Essener Norden zogen. Durch die gemeinsame Ar-<br />

beit unter Tage und eines gemeinsamen Werteverständnisses durch den christlichen<br />

Glauben war eine Integration in das Leben des heutigen Stadtbezirks schnell möglich<br />

(ENTWICKLUNGSGESELLSCHAFT ZOLLVEREIN MBH 2009, 21).<br />

Die erste Krise erreichte den Bergbau während der Weimarer Republik. Durch Rationa-<br />

lisierungsmaßnahmen sowie Fusionen und Zusammenschlüsse sollte dieser Krise be-<br />

gegnet werden. Somit wurde auf Zollverein eine umfangreiche Erweiterung geplant, die<br />

zu einer Optimierung der Betriebsabläufe, einer Erhöhung der Produktionskapazitäten<br />

und einer Kosteneinsparung führen sollte. In knapp vierjähriger Bauzeit entstand Zeche<br />

Zollverein Schacht XII, der durch die Architekten Franz Schupp und Martin Kremmer<br />

geplant wurde. Es entstand eine funktionale, monumentale Schachtanlage, die sowohl<br />

durch ihre Leistungsfähigkeit als auch durch ihren repräsentativen Charakter die Öf-<br />

fentlichkeit beeindruckte (ENTWICKLUNGSGESELLSCHAFT ZOLLVEREIN MBH 2009, 25-29).<br />

Zollverein stellte für die angrenzenden Stadtteile Stoppenberg, Schonnebeck und Ka-<br />

ternberg einen ökonomischen Mittelpunkt dar. Zu Spitzenzeiten beschäftigte Zollverein<br />

bis zu 9.000 Arbeitskräfte. Dabei lag der Schwerpunkt der Arbeiter unter Tage. Auch<br />

wenn viele Arbeiter aus den angrenzenden Stadtteilen auf Zollverein beschäftigt wa-<br />

ren, war das Zechengelände für die Bewohner nicht einsehbar. Hohe Mauern umgaben<br />

Vergangenheit und Zukunft der Zeche Zollverein 39


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

die Arbeitsstätte und nur mit besonderer Erlaubnis war eine Besichtigung möglich. Un-<br />

ter den Bewohnern wurde daher das Zechengelände auch als „verbotene Stadt“ be-<br />

zeichnet (MÜLLER 2008, 172 F.).<br />

Besonders zu Zeiten des Zweiten Weltkriegs lief die Produktion auf Zollverein (beson-<br />

ders für die Rüstungsindustrie) intensiv weiter, so dass daran anschließend in der Zeit<br />

des Wirtschaftswunders eine Erweiterung der Anlage um eine Kokerei stattfand (von<br />

1957 bis 1961) (ENTWICKLUNGSGESELLSCHAFT ZOLLVEREIN MBH 2009, 31).<br />

Auf den erneut anwachsenden Arbeitskräftebedarf reagierte die Bundesrepublik mit so<br />

genannten Anwerberverträgen mit verschiedenen Staaten Süd- und Osteuropas. Da-<br />

durch wanderten in einer ersten Phase insbesondere Italiener, Spanier und Griechen<br />

ins Ruhrgebiet ein. In einer zweiten Phase stellten Türken die größte Einwanderungs-<br />

gruppe dar. Ziel dieser Gastarbeiter war zunächst das Verdienen von viel Geld in einer<br />

möglichst kurzen Zeit und die anschließende Rückkehr in ihre Heimat. Während Italie-<br />

ner, Spanier und Griechen aufgrund der verbesserten ökonomischen Situation häufig<br />

in ihre Heimatländer zurückkehrten, stellte sich die wirtschaftliche Situation in der Tür-<br />

kei anders dar. Dies führte dazu, dass viele Türken in Deutschland blieben und ihre<br />

Familien nachziehen ließen (FLEIß 2008, 126 FF.).<br />

Der Niedergang der Montanindustrie führte zu einem beständigen Abbau von Arbeits-<br />

plätzen (Dezember 1986: 1.265 Mitarbeiter) und letztlich zur Schließung der Zeche<br />

Zollverein am 23.12.1986. Sieben Jahre später, am 30. Juni 1993, folgte die Schlie-<br />

ßung der Kokerei (ENTWICKLUNGSGESELLSCHAFT ZOLLVEREIN MBH 2009, 31).<br />

Damit verloren die Stadt Essen und besonders ihre nördlichen Stadtteile den wichtigs-<br />

ten Arbeitgeber.<br />

4.2 Das Weltkulturerbe Zeche Zollverein und seine Neunutzung<br />

Bereits während der letzten Produktionsjahre auf Zollverein wurde über die zukünftige<br />

Nutzung und den möglichen Erhalt Zollvereins nachgedacht. Dabei schwankten die<br />

Überlegungen zwischen einem Abriss und dem Erhalt der Gebäude als Industriedenk-<br />

mal. Nur wenige Tage vor der Schließung wurde am 16.12.1986 die endgültige Ent-<br />

scheidung für einen Erhalt von Schacht XII inklusive seiner technischen und maschi-<br />

nellen Ausstattung getroffen, indem per Ministererlass durch Minister Christoph Zöpel<br />

die Gesamtanlage unter Denkmalschutz gestellt wurde. Dieser Erlass galt als Initial-<br />

Vergangenheit und Zukunft der Zeche Zollverein 40


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

zündung für das Fortbestehen zahlreicher Industrieanlagen innerhalb des Ruhrgebiets.<br />

Der Gedanke, Neues zu entwickeln und dabei das Alte nicht zu negieren, wurde da-<br />

durch zu einem festen Bestandteil in der Stadtplanung (ENTWICKLUNGSGESELLSCHAFT ZOLLVER-<br />

EIN MBH 2009, 37-39).<br />

Mit dem Ziel des Erhalts von Zollverein waren allerdings vielschichtige Probleme ver-<br />

bunden. Das Gebäudeensemble von Schacht XII wurde beim Bau für ca. 50 Jahre kon-<br />

zipiert, sollte nun aber – 60 Jahre später – dem Denkmalschutz gerecht werden. Da<br />

eine reine Bewahrung als Denkmal schon aufgrund der Größe (fast 27 Hektar und 23<br />

Gebäude und Anlagen) und Baufälligkeit nicht finanzierbar war, musste eine Umnut-<br />

zung der Hallen und Anlagen angestrebt werden (ENTWICKLUNGSGESELLSCHAFT ZOLLVEREIN MBH<br />

2009, 41).<br />

Große Flächen von Zollverein gingen in den Besitz der Landesentwicklungsgesell-<br />

schaft Nordrhein-Westfalen über. Sie rief einen Arbeitskreis „Nutzungskonzept Indust-<br />

riedenkmal Zollverein XII“ ein, der ein mehrstufiges Nutzungs- und Sanierungskonzept<br />

inklusive der voraussichtlichen Kosten erarbeitete und neue Nutzungen der Anlage<br />

vorschlug sowie Kernthemen definierte. Besonders zwei Themen wurden hervorgeho-<br />

ben, die bis heute ihren Stellenwert nicht verloren haben. Zollverein soll einerseits Kul-<br />

tur- und Industriegeschichte verkörpern, andererseits sich dem Thema Design öffnen.<br />

Im Jahr 1989 wurde eine Baugesellschaft, die so genannte Bauhütte Zeche Zollverein<br />

Schacht XII GmbH (Gesellschafter sind die Stadt Essen und die Landesentwicklungs-<br />

gesellschaft) gegründet, die bis 1999 eine entscheidende Entwicklungs- und Aufbauar-<br />

beit leistete. Dabei war die Herrichtung der Gebäude für neue Nutzungen (Kultur- und<br />

Veranstaltungszentrum, Büroräume, gehobene Veranstaltungsgastronomie) nur durch<br />

eine finanzielle Unterstützung des Ministeriums für Städtebau und Wohnen möglich.<br />

Bereits 1993 bezogen verschiedene Firmen (Grafikbüros, Werbeagenturen) und Künst-<br />

ler die ersten Büros. Neben der neuen gewerblichen Nutzung wurden weiterhin Kultur-<br />

projekte (z. B. Ausstellung von Leonardo Mosso im Jahr 1995) forciert. Die Öffnung<br />

des ehemaligen Zechengeländes stieß besonders bei der breiten Öffentlichkeit auf<br />

Anklang. Neben den Touristen konnten nun auch die Bewohner der benachbarten<br />

Stadteile das Gelände mit eigenen Augen erleben. Weitere Entwicklungsanstöße gab<br />

es durch die IBA Emscher Park, die z. B. den Impuls für den Erhalt der im Jahr 1993<br />

stillgelegten Anlage der Kokerei Zollverein gab (ENTWICKLUNGSGESELLSCHAFT ZOLLVEREIN MBH<br />

2009, 43-47).<br />

Vergangenheit und Zukunft der Zeche Zollverein 41


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

Nach Beendigung der auf zehn Jahre befristeten Arbeiten der Bauhütte im Jahr 1999<br />

war die im Jahr 1998 gegründete <strong>Stiftung</strong> Zollverein nun für den langfristigen Erhalt,<br />

die Verwaltung und laufende Instandsetzung der Gebäude sowie die Planung und Ges-<br />

taltung ihrer Nutzung zuständig.<br />

Ein weiterer wichtiger Meilenstein für Zollverein war die Ernennung zum UNESCO-<br />

Welterbe im Jahr 2002.<br />

Während die <strong>Stiftung</strong> Zollverein für die kulturelle Entwicklung zuständig war, fehlten<br />

nach Beendigung der IBA Emscher Park im Jahr 1999 die finanziellen Mittel und ein<br />

Gesamtkonzept für die weitere Entwicklung von Zollverein. Angeregt durch Prof. Dr.<br />

Karl Ganser wurde ein Entwicklungskonzept (Denkschrift Zollverein 2010) entworfen.<br />

Im weiteren Prozess wurde für diese zweite Entwicklungsphase von Zollverein die<br />

Entwicklungsgesellschaft Zollverein mbH (EGZ) vom Land NRW (vertreten durch die<br />

Projekt Ruhr GmbH) und der Stadt Essen gegründet. Für das Großprojekt „Design-<br />

und Kulturstandort Zollverein“ wurden durch die Europäische Union 30 Mio. Euro bewil-<br />

ligt; weitere 30 Mio. Euro stellten das Land NRW und die Stadt Essen bereit. Bei ande-<br />

ren Förderprogrammen sollten zusätzliche 35 Mio. Euro beantragt werden. Diese Mittel<br />

sollen dazu verwendet werden, den Gesamtstandort Zollverein zu einem „integrierten<br />

Design- und Kulturstandort von nationaler und internationaler Bedeutung“ (aus: Antrag<br />

an Europäische Union 2001) auszubauen. In einem kontinuierlichen Prozess werden<br />

im Austausch zwischen der Entwicklungsgesellschaft Zollverein mbH, den Ministerien<br />

des Landes, der Stadt Essen und externen Partnern die Anfangsideen weiterentwi-<br />

ckelt, durch die Masterplanerstellung von Rem Koolhaas ergänzt und neue Ideen ent-<br />

wickelt. So sieht sich Zollverein heute im ökonomischen Bereich nicht mehr nur als<br />

Kultur- und Designstandort, sondern als Zentrum der Kreativwirtschaft (ENTWICKLUNGSGE-<br />

SELLSCHAFT ZOLLVEREIN MBH 2009, 49-57).<br />

Heute stellt Zollverein einen Tourismus-, Architektur- und Wirtschaftsstandort dar. Das<br />

Ruhr Museum, das neue Portal der Industriekultur und das Naherholungsgebiet Zoll-<br />

verein Park locken jährlich ca. 800.000 Gäste auf das Zollvereinareal. Als Architektur-<br />

standort ist Zollverein sowohl durch die Gebäudearchitektur von Schacht XII (Architek-<br />

ten Fritz Schupp und Martin Kremmer) als auch durch Bauten von Heinrich Böll, Hans<br />

Kramel, Lord Norman Foster, Rem Koolhaas, Christoph Mäckler und SANAA weltweit<br />

beachtet. Als Wirtschaftsstandort zeichnet sich Zollverein durch Unternehmen der Kre-<br />

ativwirtschaft aus. Im Jahr 2008 befanden sich 170 Unternehmen mit rund 1.000 Ar-<br />

beitsplätzen auf dem Gelände (ENTWICKLUNGSGESELLSCHAFT ZOLLVEREIN MBH 2009, 157-159).<br />

Vergangenheit und Zukunft der Zeche Zollverein 42


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

5 Schwerpunktthemen im Stadtbezirk<br />

5.1 Beschäftigungseffekte im Stadtbezirk VI – heute und in Zukunft<br />

Die Stadtteile des Stadtbezirks VI sind durch den Niedergang des beschäftigungsin-<br />

tensiven Bergbaus und somit durch die Schließung der Zeche und Kokerei Zollverein<br />

starken Änderungen in der Wirtschaftsstruktur ausgesetzt. Sie sind – seit ihr größter<br />

Arbeitgeber 1986 bzw. 1993 weggebrochen ist – herausgefordert, ihre ökonomischen<br />

Strukturen zu revitalisieren. Besonders problematisch stellte sich damals auch die Be-<br />

schäftigungssituation für die heranwachsenden Generationen dar. Die geplante Be-<br />

schäftigungsbiographie, die ein „Berufsleben in der Zeche“ (GESPRÄCHSPARTNER 7 2010, 4)<br />

vorsah, musste nun abrupt verändert werden. Die damaligen Jugendlichen hatten zu-<br />

nächst keine beruflichen Perspektiven und mussten sich neu orientieren, obwohl sie z.<br />

B. schon ihre Ausbildung als Bergleute absolviert hatten.<br />

Fördergelder als „push“-Faktoren<br />

Viele Ansätze zur integrativen Entwicklung dieser strukturschwachen Stadtteile wurden<br />

im Stadtbezirk VI seit Mitte der 1980er Jahre erprobt und im Jahr 1993 in das Pro-<br />

gramm Soziale Stadt aufgenommen. In den Anfängen des Stadtentwicklungsprojekts<br />

wurden mit Städtebauförderungsmitteln viele Maßnahmen umgesetzt, die auch die<br />

Beschäftigung von am Arbeitsmarkt benachteiligten Menschen förderte, indem z. B.<br />

Gebäude, die unter Denkmalschutz standen, mit Arbeitsmarktmaßnahmen saniert wor-<br />

den sind. Dadurch konnten besonders in den Jahren 1994 bis 2005 die Beschäfti-<br />

gungsförderung und die Städtebauförderung gut miteinander kombiniert werden, so<br />

dass einerseits „Qualifikationsangebote und Jobs entstanden sind“, andererseits aber<br />

auch „Dinge tatsächlich gebaut bzw. umgesetzt worden sind“ (GESPRÄCHSPARTNER 1 2010,<br />

1). Durch Änderungen der Arbeitsmarktmaßnahmen im Zuge der Hartz-Reformen (kei-<br />

ne gruppenbezogene, sondern eher einzelpersonbezogene Förderung) und der Städ-<br />

tebauförderung wurden diese Maßnahmen allerdings deutlich reduziert (STÄDTENETZWERK<br />

SOZIALE STADT NRW 2007, 87).<br />

Von 2003 bis Juni 2008 konnten im Stadtbezirk VI mit dem Programm „Lokales Kapital<br />

für Soziale Zwecke“ (LOS) Klein- und Kleinstvorhaben mit bis zu 10.000 Euro für die<br />

Laufzeit eines Jahres finanziell unterstützt werden. Das Programm wird vom Bundes-<br />

ministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend sowie vom Europäischen Sozial-<br />

Schwerpunktthemen im Stadtbezirk 43


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

fond gefördert und hat zum wesentlichen Ziel, benachteiligten Menschen eine Chance<br />

zur Eingliederung bzw. Wiedereingliederung in das Erwerbsleben zu ermöglichen. LOS<br />

ist verknüpft mit dem Programm Soziale Stadt, da es sich nur an Menschen richtet, die<br />

in einem solchen Fördergebiet leben. Die Fördermittelvergabe wird auf der lokalen<br />

Ebene mittels eines örtlichen Begleitausschusses durchgeführt; dabei kommen als<br />

Träger für Maßnahmen Initiativen, Vereine, Genossenschaften, Bildungs- und Maß-<br />

nahmenträger, Wohlfahrtsverbände, Kirchengemeinden, örtliche Unternehmen, Wirt-<br />

schaftsverbände, Lehrstellenbündnisse und Einzelpersonen in Frage (STADT ESSEN 2008,<br />

6-7). Das Programm vermittelte in Einzelfällen Jugendlichen (wieder) eine Perspektive<br />

(z. B. durch das Projekt „Website – Junge Werkstatt zur Erstellung von Internetseiten“,<br />

2003/2004, 20 Teilnehmer oder „Access allowed – Zugang zur Arbeitswelt“,<br />

2004/2005, 80 Teilnehmer), verhalf Spätaussiedlern zu besseren Startchancen im Be-<br />

rufsleben (z. B. durch das Projekt „Beratung und Vermittlung arbeitsloser junger Spät-<br />

aussiedler und ihrer Familienangehörigen“, 2004/2005, 42 Teilnehmer), vermittelte<br />

türkischen Migranten verbesserte Sprachkenntnisse und berufliche Orientierungsange-<br />

bote (z. B. durch das Projekt „Erlernung / Verbesserung der sozialen Kompetenzen für<br />

den Umgang im Berufsalltag“, 2006/2007, 18 Teilnehmer), erleichterte Frauen die<br />

Rückkehr in den Beruf oder den Start in die Selbstständigkeit (z. B. durch das Projekt<br />

„Stärkung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf“, 2006/2007, 58 Teilnehmer) und<br />

ermöglichte eine Ausweitung der touristischen Angebote auf Zollverein (siehe unten)<br />

(STADT ESSEN 2008, 24FF). Nach Auslauf des Programms LOS wurde im Dezember 2009<br />

das Programm STÄRKEN vor Ort eingeführt, das bis Dezember 2011 vorgesehen ist.<br />

Die Kommunen müssen dabei eine Kofinanzierung in Höhe von 15 Prozent erbringen.<br />

Wie im Vorgängerprogramm „Lokales Kapital für soziale Zwecke“ werden die Projekte<br />

zu 100 Prozent aus ESF 2 -Mitteln finanziert.<br />

Gründerzentrum mit großem Erfolg, aber geringen Beschäftigungseffekten für<br />

den Stadtbezirk VI<br />

Das Zukunftszentrum Zollverein (TripleZ) ist „ein wichtiger Anker“ (GESPRÄCHSPARTNER 1<br />

2010, 2) im Bereich der Beschäftigung für den Stadtbezirk. Das Gründerzentrum befin-<br />

det sich auf der früheren Schachtanlage 4 / 5 / 11 der Zeche Zollverein, in der sich bis<br />

2 „Der Europäische Sozialfonds (ESF) ist einer der Strukturfonds der EU, die eingerichtet wurden,<br />

die Unterschiede bei Wohlstand und Lebensstandard in den Mitgliedstaaten und Regionen<br />

der EU abzubauen und dadurch den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt zu fördern.<br />

Der ESF dient der Förderung der Beschäftigung in der EU. Er steht den Mitgliedstaaten zur<br />

Seite, wenn es darum geht, Europas Arbeitskräfte und Unternehmen für die neuen und globalen<br />

Herausforderungen zu rüsten.“ (EUROPÄISCHE UNION 1995-2010)<br />

Schwerpunktthemen im Stadtbezirk 44


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

1994 die Lehrwerkstatt der Deutschen Steinkohle AG befand. Ziel der TripleZ AG, die<br />

1996 gegründet wurde, war „die Schaffung von Arbeitsplätzen durch Förderung von<br />

Existenzgründungen“ (ZUNKUNFTSZENTRUMZOLLVEREIN 2006, 22). Aktuell befinden sich im<br />

TripleZ 80 Unternehmen mit ca. 500 Mitarbeitern. Die AG wird von dem geschäftsfüh-<br />

renden Vorstandsmitglied als „ökonomisches Herz von Zollverein“ (GESPRÄCHSPARTNER 4<br />

2010, 1) bezeichnet. Bei der Darstellung nach außen werden „von unserem großen Bru-<br />

der da drüben“ (GESPRÄCHSPARTNER 4 2010, 1) – gemeint ist Schacht 12 – die Unternehmen<br />

und Arbeitsplätze von TripleZ mitgezählt, so dass auf dem gesamten Gelände von<br />

Zollverein – also auf Schacht 1 / 2 / 8, dem Choreographischen Zentrum, Schacht 3 / 7<br />

/ 10, dem Bürger- und Handwerkerpark, Schacht 4 / 5 / 11, dem TripleZ und Schacht<br />

12 – insgesamt 1.200 bis 1.300 Arbeitsplätze gezählt werden. Wird dies getrennt be-<br />

trachtet, „haben wir hier [TripleZ] die meisten Unternehmen und die meisten Arbeits-<br />

plätze, also mehr als bei 12“ (GESPRÄCHSPARTNER 4 2010, 1). TripleZ beherbergt überwiegend<br />

Kleinst- bzw. Einzelunternehmen. Allerdings sind auch größere Unternehmen bei<br />

TripleZ anzutreffen, die ca. 50 % des Umsatzes ausmachen. Im vergangenen Jahr ist<br />

z. B. eine Firma, die im TripleZ gegründet wurde und gewachsen ist, aus dem Grün-<br />

derzentrum auf die Kokerei gezogen, wo sie selbst investiert und gebaut hat. Dies ist<br />

natürlich „wünschenswert “ (GESPRÄCHSPARTNER 4 2010, 2). Allerdings wurden dadurch große<br />

Flächen frei, deren Vermietung 8 % des Umsatzes von TripleZ ausgemacht haben.<br />

„Weil wir knapp kalkulieren, können wir uns keinen hohen Leerstand leisten“ (GE-<br />

SPRÄCHSPARTNER 4 2010, 3). Probleme bei der Neuvermarktung stellen teilweise größere<br />

Flächen dar, da Gründerfirmen eher kleinere Flächen benötigen (GESPRÄCHSPARTNER 4<br />

2010, 2). Das TripleZ fördert einen Branchenmix, um eher eine Kooperations- als Kon-<br />

kurrenzsituation zu schaffen. Diese Philosophie trägt Früchte, indem die verschiedenen<br />

Unternehmen z. B. gemeinsam an Wettbewerben teilnehmen oder sich gemeinsam für<br />

den Standort einsetzen; TripleZ beteiligt sich z. B. an dem Projekt Schachtzeichen der<br />

Kulturhauptstadt 2010, indem sie einen Ballon finanzieren. Der Gesprächspartner be-<br />

tont, dass das TripleZ einen „sehr engen Draht“ zu den Unternehmen hat und durch<br />

diverse Projekte „eine Identität mit dem Standort geschaffen“ wurde (GESPRÄCHSPARTNER 4<br />

2010, 6). Trotz der nicht unerheblichen Anzahl an Arbeitsplätzen, die beim TripleZ vor-<br />

handen sind, hat das Gründerzentrum keine großartigen Beschäftigungseffekte für die<br />

Bewohner des Stadtbezirks. Unternehmensgründer aus dem Stadtbezirk werden nicht<br />

in besonderer Weise, sondern vielmehr normal behandelt. „Wie bei den Firmen und<br />

Leuten, die von überall herkommen, gucken wir auch bei den Unternehmen aus dem<br />

Stadtbezirk, ob es passt oder nicht“ (GESPRÄCHSPARTNER 4 2010, 7). Es gibt einige kleinere<br />

Unternehmen, die aus dem Stadtbezirk sind, z. B. ein türkischer Unternehmensberater.<br />

Schwerpunktthemen im Stadtbezirk 45


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

TripleZ versteht sich als Gründerstandort, der sich durch flexible Mietverträge, zusätzli-<br />

che Dienstleistungsangebote wie Catering, Konferenzräume, ein Bistro sowie weitere<br />

weiche Standortfaktoren wie Ambiente, Charme der Gebäude, große Außenanlagen<br />

etc. auszeichnet. Daher müssen Mieter mit höheren Nebenkosten rechnen. Als positive<br />

Auswirkung von TripleZ auf den Stadtbezirk ist die Aneignung von Eigentum durch hier<br />

angesiedelte Unternehmer zu verzeichnen. In Einzelfällen fand bereits ein Zuzug von<br />

jungen Familien statt, „die aus einer ganz anderen Regionen kommen“ (GESPRÄCHSPART-<br />

NER 4 2010, 12). Dadurch können sich ein Stadtteil und dessen Sozialstruktur punktuell<br />

ändern. „Das sind keine gigantischen Sprünge, aber es sind kleine Sprünge“ (GE-<br />

SPRÄCHSPARTNER 4 2010, 12).<br />

Potenziale im Tourismus<br />

Der Bereich Tourismus spielt ebenfalls bei dem Thema Beschäftigung eine sehr wich-<br />

tige Rolle und hat das „Potenzial auf Erweiterung“ (GESPRÄCHSPARTNER 1 2010, 2). 1998 wur-<br />

de auf Initiative von Bürgerinnen und Bürgern aus den Stadtteilen Stoppenberg,<br />

Schonnebeck und Katernberg ein Verkehrsverein gegründet, „um die von Zeche Zoll-<br />

verein ausgehende Wirtschaftskraft für die Stadtteile zu nutzen“ (GESPRÄCHSPARTNER 3<br />

2010, 1). Die Idee dazu kam auf einer Katernberg Konferenz. Hauptaufgabe des Ver-<br />

kehrsvereins war zunächst eine Privatzimmervermittlung unter dem Motto „Übernach-<br />

ten unter dem Förderturm“. Mit der Fachkompetenz von der Touristikzentrale Essen<br />

und dem Büro für Stadtentwicklung wurde dieses Projekt weiter entwickelt (GESPRÄCHS-<br />

PARTNER 3 2010, 1). Zollverein Touristik erhielt durch das Programm LOS Fördergelder für<br />

drei Mikroprojekte. Das erste Mikroprojekt bestand im Coaching des Personals und<br />

einer Konzeptentwicklung zur wirtschaftlichen Etablierung (2004/2005), das zweite<br />

Mikroprojekt handelte von der Erweiterung des Führungs- und Ausflugsangebots rund<br />

um das Weltkulturerbe Zollverein (2005/2006) und das dritte Projekt hatte zur Aufgabe,<br />

die Sparte Catering der Zollverein Touristik wirtschaftlich und personell zu stärken<br />

(2006/2007) (STADT ESSEN 2008, 26 FF.). Trotz einer guten Unterstützung der Projekte von<br />

Zollverein Touristik z. B. bei der Öffentlichkeitsarbeit oder bei der Einrichtung einer<br />

Vermittlungszentrale von 1999 bis 2005 mit nahezu 55.000 Euro aus Pauschalmitteln<br />

des Programms Soziale Stadt und weiteren Fördermitteln gestaltet sich die aktuelle<br />

Finanzierung von Zollverein Touristik nicht immer wirtschaftlich problemfrei (GESPRÄCHS-<br />

PARTNER 3 2010, 4).<br />

Schwerpunktthemen im Stadtbezirk 46


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

Auch wenn der Bereich Tourismus von den Umsatzstärken noch nicht sehr groß ist,<br />

gibt es erfolgreiche ökonomische Effekte. Ein ökonomischer Effekt wird durch die Zim-<br />

mervermietung (GESPRÄCHSPARTNER 1 2010, 2) erzielt. Durch einen Aufruf, sich als Vermieter<br />

für Bed & Breakfast-Angebote zu melden, der mit Hilfe der Lokalpresse 1999 gestartet<br />

wurde, hatten sich bis zum Jahresende 2002 elf Vermieter etabliert. Bis zum Herbst<br />

des Jahres 2005 hatte sich die Gruppe der Vermieter auf 40 erweitert (STÄDTENETZ SOZIALE<br />

STADT NRW 2007, 86). Positiv wird vermerkt, dass Touristen vermehrt bei privaten Vermie-<br />

tern verweilen und dadurch eine „viel engere Bindung zum Stadtteil“ (GESPRÄCHSPARTNER 2<br />

2010, 9) bekommen.<br />

Weitere Synergien haben sich durch das Gestalten und Vermarkten typischer Souve-<br />

nirs ergeben. Ein kleines Mutter-Tochter-Unternehmen stellt aus Grubenhandtüchern<br />

diverse Artikel wie z. B. Topflappen (so genannte Pottlappen, daher auch der Name<br />

der Firma) oder ein Fenster-raus-guck-Kissen her (GESPRÄCHSPARTNER 3 2010, 2). Ebenfalls<br />

positive Effekte ergaben sich für die Menschen, die sich engagieren wollten. Diese<br />

konnten z. B. bei einem Infopunkt mitarbeiten und auf diese Art Geld verdienen. Nach<br />

Aussagen von Zollverein Touristik war es allerdings sehr schwer, ausländische Be-<br />

wohner des Stadtbezirks zu motivieren. Vielmehr „arbeiteten ältere Frauen mit, die<br />

auch einen Bezug zu der Zeche hatten“ (GESPRÄCHSPARTNER 3 2010, 2). Vereinzelt haben<br />

auch Jugendliche auf der Zeche mitgearbeitet, z. B. beim Infopunkt (GESPRÄCHSPARTNER 8<br />

2010, 9).<br />

Weiterhin werden seit drei Jahren von Zollverein Touristik Tagestouren angeboten, die<br />

eine Eigendynamik entwickelt haben. Während im Jahr 2009 insgesamt 135 Touren<br />

gebucht wurden, waren dieses Jahr 100 Touren bereits im März 2010 gebucht. Dieses<br />

Angebot wird hauptsächlich von Vereinen, von der Freiwilligen Feuerwehr, Senioren-<br />

clubs und Kegelvereinen wahrgenommen. Darüber hinaus sind Gäste vermehrt an<br />

einer Übernachtung interessiert, so dass eine enge Zusammenarbeit zwischen Zollver-<br />

ein Touristik und den Hotels im Umkreis der Zeche Zollverein besteht.,<br />

Indirekte Effekte auf die Stadtteile ergeben sich auch durch das bereits bestehende<br />

Angebot auf Zollverein. Das Erfahrungsfeld der Sinne – Phänomania – auf dem Stand-<br />

ort 3/7/10 wird von vielen Menschen – sowohl von jungen als auch von alten Menschen<br />

– genutzt und hat ca. 30.000 bis 40.000 Besucher jährlich (GESPRÄCHSPARTNER 1 2010, 8).<br />

Ebenso lockt das Ruhrmuseum 4.000 Besucher täglich an; zusätzlich gibt es weitere<br />

Veranstaltungen auf Zollverein. Ziel ist es, die Besucherströme, die auf Zollverein sind,<br />

möglichst in den Stadtteil zu lenken (GESPRÄCHSPARTNER 1 2010, 2), damit sich dadurch Syn-<br />

ergien für die Stadtteile ergeben.<br />

Schwerpunktthemen im Stadtbezirk 47


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

Mit steigendem Tourismus sind auch gastronomische Angebote gefragt. In diesem<br />

Bereich existiert zwar Potenzial und die Hoffnung auf wirtschaftlich positive Effekte auf<br />

den Stadtbezirk, allerdings besteht noch deutlicher Verbesserungsbedarf, da „die Gast-<br />

ronomen nicht ausreichend auf den Ansturm, der eigentlich da ist, vorbereitet sind. Die<br />

könnten viel mehr Leute bei sich empfangen“(GESPRÄCHSPARTNER 1 2010, 12). Trotz zuneh-<br />

mender Besucherzahlen auf Zollverein schaffen die Gastronomen es nicht, die Besu-<br />

cher an sich zu binden: „Die Gastronomie hat sich immer schwer getan“ (GESPRÄCHSPART-<br />

NER 3 2010, 3). Um das Marktpotenzial im Verständnis der Gastronomen stärker zu ver-<br />

ankern, wurde von Zollverein Touristik und dem ISSAB mit Hilfe einer Befragung und<br />

einer Versammlung versucht, diesen Prozess anzustoßen. Ziel war es, die „umliegen-<br />

den Lokale und Gastronomen stärker auf diesen Zollverein Tourismus hinzuorientieren<br />

– aber wenn hier ein Gastwirt in dritter Generation seine Eckkneipe führt, dann denkt<br />

der noch nicht so. Und es ist auch eher unwahrscheinlich, dass er einen Schalter um-<br />

legt und sagt, jetzt mache ich hier Großküche und werde jeden Tag hier Busladungen<br />

voll bekochen.“ (GESPRÄCHSPARTNER 7 2010, 8). Mittlerweile gibt es im Stadtbezirk drei Lokale<br />

in der Nähe, in die auch größere Gruppen passen und „wo man weiß, dass es hinter-<br />

her keine Beschwerden gibt“ (GESPRÄCHSPARTNER 3 2010, 3). Zollverein Touristik versucht,<br />

mittels eines Flyers die gastronomischen Strukturen transparenter zu machen und ein<br />

Angebot aufzuzeigen. Trotz Interesse der Gastronomen an einem gemeinsamen Flyer<br />

ist das Zusammentragen der dafür benötigten Daten mühselig, „da die Gastronomen<br />

schon mit ganz normalen Strukturen nicht vertraut“ (GESPRÄCHSPARTNER 3 2010, 4) sind und<br />

dadurch die Arbeit der Zollverein Touristik sehr gebremst wird. „In Bayern ist bei halb-<br />

wegs gutem Wetter jeder Biergarten offen. […] Das gibt’s hier nicht. Wir sind ja eine<br />

Servicewüste“ (GESPRÄCHSPARTNER 4 2010, 14).<br />

Ein weiteres Potenzial würde sich aus dem Fahrrad-Rikscha-Projekt ergeben, das die<br />

ökonomischen Effekte des Tourismus auf Zollverein für junge Erwachsene nutzbar<br />

machen soll. Schüler und Schülerinnen sowie Jugendliche sollen in Beschäftigungs-<br />

maßnahmen Touristen mit Fahrrad-Rikschas über das Gelände von Zollverein fahren<br />

und qualifiziert werden, Führungen über Zollverein zu leiten. Momentan werden für<br />

dieses Projekt noch Werbepartner gesucht. Außerdem muss noch eine Abstimmung<br />

mit den Essener Jobcenters erfolgen, inwieweit sie die Qualifizierung mitfinanzieren<br />

würden (GESPRÄCHSPARTNER 7 2010, 9).<br />

Schwerpunktthemen im Stadtbezirk 48


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

Einzelhandel im Stadtbezirk VI profitiert von Zollverein<br />

Wichtig für die Beschäftigung im Stadtbezirk war auch das Engagement der Werberin-<br />

ge. In Katernberg konnten Discounter wie Aldi und Lidl im Stadtteilzentrum gehalten<br />

werden, so dass die Laufkundschaft für die Einzelhändler zugenommen hat (GESPRÄCHS-<br />

PARTNER 7 2010, 6). Dennoch weist der Stadtbezirk VI den höchsten Kaufkraftverlust im<br />

Essener Stadtgebiet auf. Durch Besucherströme auf Zollverein profitiert aber nach An-<br />

sicht der Werberinge auch der Einzelhandel im Stadtbezirk (GESPRÄCHSPARTNER 2 2010, 9).<br />

Insgesamt noch zu wenige Beschäftigungseffekte<br />

Es wurde von mehreren Seiten beklagt, dass sehr viele Aufträge für die Sanierung und<br />

den Bau von Projekten auf dem Zollvereingelände „nach außen gingen und man das<br />

vor Ort gar nicht mitbekommen hat“ (GESPRÄCHSPARTNER 1 2010, 8). „Ich weiß gar nicht, ob<br />

das ein organisatorisches oder ein rechtliches Problem ist, auf jeden Fall kann die<br />

Kommune nur insgesamt [arbeitsuchende] Menschen benennen, die für eine solche<br />

Maßnahme geeignet sind und kann nicht sagen, guck mal, dass die aus Katernberg<br />

kommen“ (GESPRÄCHSPARTNER 7 2010, 6). Besonders wäre auch die Einbindung von Jugend-<br />

lichen bei Aufbau- und Sanierungsarbeiten gewünscht gewesen, um so Vandalismus<br />

vorzubeugen. „Aber das ist leider am Stadtteil vorbei gegangen. Wir haben hier eine<br />

hohe Arbeitslosigkeit und im Endeffekt hat keiner von dem Aufbau der Zeche Zollverein<br />

profitiert“ (GESPRÄCHSPARTNER 9 2010, 10). Auch wenn heute bei dem Bau oder der Sanie-<br />

rung von Gebäuden Dienstleistungen offiziell ausgeschrieben werden müssen, ver-<br />

sucht das Büro für<br />

Stadtentwicklung einzugreifen,<br />

um durch Baumaßnahmen an<br />

der Zeche mehr ökonomische<br />

Effekte auf den Stadtbezirk zu<br />

lenken. Um dies zu ändern<br />

wird nun darauf geachtet, dass<br />

die Unternehmen im<br />

„Wir haben einige kleinere Unter-<br />

nehmen, die aus dem Stadtbezirk<br />

kommen, aber das erheben wir gar<br />

nicht richtig und ist uns nicht so<br />

wichtig.“<br />

Stadtbezirk überhaupt von den Ausschreibungen erfahren, um sich dann auch bewer-<br />

ben zu können (GESPRÄCHSPARTNER 1 2010, 8).<br />

Auch die Arbeitsplätze, die auf Schacht 12 der Zeche entstanden sind, bieten nach<br />

Meinung der Gesprächspartner keine bzw. zu wenige Beschäftigungsmöglichkeiten für<br />

Menschen aus dem Stadtteil. „Ich denke, dass 80 % derer, die auf Schacht 12 arbei-<br />

Schwerpunktthemen im Stadtbezirk 49


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

ten, sich abends in ihre Autos setzen und Richtung Süden fahren“ (GESPRÄCHSPARTNER 3<br />

2010, 6). In der <strong>Stiftung</strong> Zollverein auf Schacht 12 arbeiten spezialisierte Leute, die<br />

überwiegend nicht aus dem Stadtbezirk kommen und als Voraussetzung ein Kunststu-<br />

dium oder ein Studium im Bereich Design mitbringen.<br />

Chancen für (arbeitslose) Jugendliche – Beschäftigungspotenziale im Dienstleis-<br />

tungsbereich<br />

Unabhängig vom Arbeitsplatzangebot vor Ort sind die „Chancen der Arbeitssuchenden<br />

[im Stadtbezirk VI] ungünstig, da viele Menschen mit niedrigen oder gar keinen Bil-<br />

dungsabschlüssen das Schulsystem verlassen“ (GESPRÄCHSPARTNER 7 2010, 4), so dass die<br />

Qualifikation für das berufliche Leben fehlt. Daher sind im Bereich Beschäftigung Aus-<br />

bildungsplätze (GESPRÄCHSPARTNER 1 2010, 13) ein wichtiges Thema für die Zukunft. Der<br />

Stadtbezirk VI ist durch eine hohe Jugendarbeitslosigkeit geprägt. Während der Anteil<br />

junger Menschen an den Arbeitslosen in Stoppenberg mit 8 % geringer im Vergleich<br />

zur Gesamtstadt (10 %) ist, sind in dem Stadtteil Schonnebeck 11 % und in dem Stadt-<br />

teil Katernberg 12 % der Arbeitslosen unter 25 Jahren. Teilweise erreichen einzelne<br />

Bereiche in den Stadtteilen bis zu 15 % (STADT ESSEN 2007, 25). Die Schaffung von Ausbil-<br />

dungsplätzen und das Durchführen von Praktika im Bereich Design und auch in den<br />

Bereichen Gastronomie, Veranstaltungsmanagement, Bühnenaufbau, Sicherheitsper-<br />

sonal, etc. (GESPRÄCHSPARTNER 7 2010, 15) auf Zollverein wären da hilfreich. Ebenfalls wird<br />

eine „Ausbildungsstätte neben den Kulturstätten, wo sich auch Katernberger, Stoppen-<br />

berger und Schonnebecker angesprochen fühlen“ (GESPRÄCHSPARTNER 8 2010, 13) vorge-<br />

schlagen. Der Gesprächspartner vom Jugendhaus Stoppenberg denkt da direkt prak-<br />

tisch und schlägt z. B. einen „Partymanager auf Zollverein“ (GESPRÄCHSPARTNER 8 2010, 12)<br />

vor. Diese Meinung wird auch durch die AWO unterstützt, die „Arbeitsplätze im Niedrig-<br />

lohnsegment“ auf Zollverein fordert, wie z. B. „Parkplatzwächter, Personen, die Ein-<br />

trittskarten abreißen, beim Veranstaltungsauf- und -abbau mitwirken, Wachdienste,<br />

etc.“ (GESPRÄCHSPARTNER 6 2010, 10). Dank einer sehr engen Zusammenarbeit zwischen<br />

verschiedenen Akteuren hat selbst die Polizei Einfluss auf die Beschäftigungsmöglich-<br />

keiten von Jugendlichen, indem der Jugendkontaktbeamte in Katernberg durch enge<br />

Kontakte zu den Jugendlichen Berufsperspektiven aufzeigen oder Kontaktgespräche<br />

vermitteln kann (GESPRÄCHSPARTNER 9 2010, 2).<br />

Durch einige Neugründungen auf dem Zechengelände (im Triple Z, auf Schacht 12, auf<br />

der Kokerei z. B. Kalle Krause) könnten unterschiedliche Anforderungen an das Quali-<br />

Schwerpunktthemen im Stadtbezirk 50


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

fikationsprofil entstehen, so dass auch „einfachere Dienstleistungen wie Catering oder<br />

Security“ gefragt sind, „die von Leuten aus dem Stadtbezirk erfüllt werden können“<br />

(GESPRÄCHSPARTNER 1 2010, 7).<br />

Das Thema Sicherheit auf dem Zeche Zollverein Gelände ist ebenfalls ein Thema, das<br />

immer wieder diskutiert wird. In diesem Bereich lägen sicherlich auch Beschäftigungs-<br />

möglichkeiten für Bewohner des Stadtbezirks VI, allerdings wird „lieber für die Versi-<br />

cherung bezahlt, als ständig einen Wachdienst zu beschäftigen, weil man das Problem<br />

nicht in den Griff bekommt, weil das Gelände so riesig ist, dass eine Bewachung nicht<br />

bezahlbar ist.“ (GESPRÄCHSPARTNER 1 2010, 13). Es wurde die Idee geäußert, dass die „bösen<br />

Buben“ aus dem Stadtbezirk selbst die Wächter sein könnten, aber gelöst ist das Prob-<br />

lem bis heute nicht.<br />

Ein weiteres Thema im Bereich Beschäftigung ist die Gesundheitswirtschaft, in der für<br />

die Zukunft gute Chancen für eine Beschäftigung der Bewohner des Stadtbezirks ge-<br />

sehen werden (GESPRÄCHSPARTNER 7 2010, 11). Schon heute ist es so, dass ein Altenheim<br />

und der Schacht 3/7/10 am Handwerkerpark stärker für Arbeitsplätze, die von den Be-<br />

wohnern des Stadtbezirks genutzt werden können, sorgen als Schacht 12.<br />

Das Patentrezept für die hohe Arbeitslosenzahl gibt es nach Meinung der Befragten<br />

nicht, sie sehen aber ein großes Potenzial im eben beschriebenen Dienstleistungsbe-<br />

reich. „Nicht alle werden im Tourismus beschäftigt werden, die Designstadt löst das<br />

Problem auch nicht. Im Dienstleistungsbereich wird es schon noch einige Arbeitsplätze<br />

geben“ (GESPRÄCHSPARTNER 4 2010, 15). Kleinere Projekte sind da aber erfolgreicher (GE-<br />

SPRÄCHSPARTNER 7 2010, 8).<br />

Auch wenn es auf Zollverein keine direkten Arbeitsplätze gibt, sind dort „viele wirt-<br />

schaftlichen Interessen vorhanden“, die positive Effekte auf die Unternehmen im Stadt-<br />

bezirk haben. Vermehrt werden Unternehmen im Stadtbezirk VI von Unternehmen auf<br />

Zollverein z. B. gastronomische und handwerkliche Tätigkeiten nachgefragt (GESPRÄCHS-<br />

PARTNER 2 2010, 9).<br />

Kritische Sichtweise gegenüber der Essener Wirtschaftsförderung<br />

Die Essener Wirtschaftsförderung, „die ein zentraler Akteur sein könnte“ (GESPRÄCHS-<br />

PARTNER 7 2010, 8), ist nicht in kleinere Projekte im Stadtteil eingebunden und arbeitet<br />

nicht stadtteilspezifisch, „sondern nach anderen Kennziffern“ (GESPRÄCHSPARTNER 7 2010, 8).<br />

Für eine Verknüpfung zwischen Zollverein und den Stadtteilen sind auch ökonomische<br />

Effekte entscheidend, so dass hier ein stärkeres Engagement der Essener Wirtschafts-<br />

förderung hilfreich wäre.<br />

Schwerpunktthemen im Stadtbezirk 51


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

5.2 Langjährige Kooperationsstrukturen als Grundlage für die heutige Zusam-<br />

menarbeit<br />

Das Thema Zusammenarbeit spielt im Stadtbezirk VI schon lange eine wichtige Rolle.<br />

Bereits Anfang der 1980er Jahre wurde der Grundstein für eine ausgeprägte Koopera-<br />

tion gelegt (siehe Kapitel 3.3) und durch eine dauerhaft angelegte vertragliche Zusam-<br />

menarbeit zwischen der Universität Duisburg-Essen und der Stadtverwaltung Essen<br />

auf den Gebieten der Stadtteilentwicklung und der sozialen Arbeit gefestigt. In Katern-<br />

berg wurde zudem bereits 1981 eine Projektgruppe gegründet, in der neben der Stadt<br />

Essen und dem Institut für stadtteilbezogene soziale Arbeit (ISSAB), der Kreisverband<br />

der Arbeiterwohlfahrt (AWO) und die Evangelische Kirchengemeinde Katernberg ein-<br />

bezogen wurden. Ziel war und ist es, Schulen, Polizei, soziale Dienste und Kirchen vor<br />

Ort für Schwierigkeiten zu sensibilisieren und sie in ihrem immerwährenden Anpas-<br />

sungsprozess in der jeweils aktuellen Situation zu unterstützen.<br />

Die Kooperationsstrukturen im Essener Stadtbezirk VI sind ebenenübergreifend, da<br />

sowohl Verwaltung, Politik, Institutionen und Privatpersonen in die Stadtteilarbeit ein-<br />

gebunden sind.<br />

Eine Lenkungsgruppe, in der sich Vertreter verschiedener städtischer Ämter, der politi-<br />

schen Fraktionen der Bezirksvertretung VI, der Essener Wirtschaftsförderung, des<br />

ISSABs, der AWO und der EV. Kirchengemeinde Katernberg befinden, hat die Aufga-<br />

be, den Stadtentwicklungsprozess zu begleiten, einen Gesamtblick zu wahren, über<br />

Mittelverwendungen der Pauschalmittel der Städtebauförderung und der „Lokales Kapi-<br />

tal für Soziale Zwecke“-Mittel (LOS) bzw. „Stärken vor Ort“-Mittel 3 zu entscheiden und<br />

Projektgruppen einzurichten.<br />

Neben dieser Lenkungsgruppe gibt es verschiedenste weitere Projektgruppen und Ar-<br />

beitskreise (AK) zu unterschiedlichen Themen, z. B. den AK Schule, den AK Kriminal-<br />

prävention, den AK Kinder- und Jugendarbeit, das Jugendhilfe Netzwerk, das Mieter-<br />

netzwerk, etc. Diese Gremien arbeiten jeweils themenspezifisch und sind aus fachspe-<br />

ziellen Akteuren zusammengesetzt. Wichtig bei der Zusammenarbeit ist es, die ver-<br />

schiedensten Akteure „thematisch zu sortieren“ (GESPRÄCHSPARTNER 1 2010, 5) sowie „ver-<br />

schiedene Federführungen“ (GESPRÄCHSPARTNER 1 2010, 5) bei den Arbeitskreisen zuzulas-<br />

sen, um die jeweiligen Stärken der Akteure nutzen zu können und eine Überforderung<br />

einzelner Personen möglichst zu vermeiden. So ist z. B. die AWO federführend beim<br />

3 Das Programm „Lokales Kapital für soziale Zwecke" (LOS) wird in der neuen Förderperiode<br />

unter dem Namen „STÄRKEN vor Ort" fortgeführt. Es wird in der Laufzeit von Dezember 2008<br />

bis Dezember 2011 an 280 Standorten in 158 Kommunen und 45 Landkreisen bundesweit umgesetzt<br />

(ESF 2010).<br />

Schwerpunktthemen im Stadtbezirk 52


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

Jugendhilfenetzwerk, und die Rektorin einer Grundschule ist die Leiterin des Arbeits-<br />

kreises Schule. Dies bedeutet nicht, dass nicht auch die AWO z. B. im AK Schule ist,<br />

allerdings ist sie dort nicht federführend, sondern unterstützend und beratend beteiligt.<br />

Bei der Zusammenarbeit im Stadtbezirk VI ist als bemerkenswert hervorzuheben, dass<br />

„Bürger, Institutionen und Unternehmen – zumindest Einzelhändler – […] wenig Zeit<br />

damit verschwenden, sich gegenseitig vors Schienenbein zu treten“ (GESPRÄCHSPARTNER 7<br />

2010, 10). Eher ist das Gegenteil der Fall, zumal die Kooperation mit anderen Akteuren<br />

als hilfreich und Ressourcen einsparend wahrgenommen wird (GESPRÄCHSPARTNER 9 2010,<br />

13). Durch die vielfältige und enge Zusammenarbeit in unterschiedlichen Gremien ken-<br />

nen sich die verschiedenen Akteure untereinander, so dass „eine gute Vernetzung der<br />

Akteure“ (GESPRÄCHSPARTNER 1 2010, 14), eine „hohe Informationsdichte“ (GESPRÄCHSPARTNER 7<br />

2010, 10), eine „kommunikative Offenheit“ (GESPRÄCHSPARTNER 7 2010, 12), das „gemeinsame<br />

Auftreten“ (GESPRÄCHSPARTNER 5 2010, 8) und „keine Berührungsängste“ (GESPRÄCHSPARTNER 3<br />

„Es ist erstaunlich, mit wie viel Ver-<br />

trauen hier Menschen miteinander<br />

umgehen, die sonst als Konkurrenten<br />

auftreten. Und das ist natürlich ge-<br />

wachsen, indem man gemerkt hat,<br />

dass man sowohl kleinere als auch<br />

größere Projekte gemeinsam auf die<br />

Beine gestellt bekommt.“<br />

2010,12) als charakteristische<br />

Merkmale der Zusammen-<br />

arbeit genannt werden<br />

können. Die Kooperation<br />

untereinander wird von den<br />

Experten deutlich als Stärke<br />

im Stadtbezirk hervorgehoben.<br />

Aufgrund einer thematischen<br />

und situationsbezogenen<br />

Zusammenarbeit sind kurze<br />

Kommunikationswege<br />

entstanden, die ein zeitnahes Bearbeiten von dringenden Problemen und Themen<br />

möglich werden lässt. „Durch dieses Kennen brauchen einige Handlungsabläufe nicht<br />

besprochen werden, da die automatisch laufen. […] dann wissen in kürzester Zeit alle<br />

Akteure, die das wissen müssen, über einen Umstand Bescheid und dann finden sich<br />

auch in kürzester Zeit die Akteure zusammen, um das Problem zu lösen“ (GESPRÄCHS-<br />

PARTNER 9 2010, 12 F). Es gibt laut Experten „nicht viele Alleingänge oder institutionelle<br />

Eitelkeiten“ (GESPRÄCHSPARTNER 7 2010, 12).<br />

Schwerpunktthemen im Stadtbezirk 53


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

Strukturen und Synergien der Zusammenarbeit<br />

Für das Arbeiten im Stadtbezirk ist es nach Meinungen der Experten sehr wichtig, dass<br />

man „Vertrauen aufbaut, dass man auch zusammen auf Leute zugeht wenn irgendet-<br />

was mal nicht läuft und dass man gemeinsam Erfolge abfeiert“ (GESPRÄCHSPARTNER 1 2010,<br />

5). Durch dieses entwickelte Vertrauen zwischen den verschiedenen Akteuren kommt<br />

es zu Synergien (vgl. Abb. 27). So findet z. B. durch das gewonnene Vertrauen bei der<br />

Zusammenarbeit in einem Arbeitskreis ein „vertrauensvoller Austausch“ (GESPRÄCHSPART-<br />

NER 8 2010,57) von Informationen zwischen dem Jugendhaus Stoppenberg und der Poli-<br />

zei Katernberg statt. „Da braucht man nicht immer groß erklären, wie man mit Daten<br />

und Informationen umgeht“ (GESPRÄCHSPARTNER 9 2010, 12).<br />

- Mitteilen von Problemen<br />

und Sorgen<br />

- Informationsaustausch<br />

- Berichterstattung<br />

Kommunikationsebene<br />

Abb. 27: Synergien durch die Zusammenarbeit<br />

(EIGENE DARSTELLUNG 2010)<br />

- Lösen von Problemen<br />

- Erarbeiten von Maßnahmen<br />

- Ansprechen weiterer Akteure<br />

- Feiern gemeinsamer Erfolge<br />

Zusammenarbeit<br />

Vertrauen im Arbeitskreis<br />

Vertrauen<br />

Vertrauensebene<br />

Vertraulicher<br />

Austausch von<br />

Daten und Informationen<br />

„kurze Wege“<br />

Arbeitsebene<br />

Vertrauensebene<br />

Aufbau eines<br />

engmaschigen<br />

Netzwerkes<br />

Die Polizei – als ein bedeutsamer Akteur im Stadtbezirk – unterstreicht die Wichtigkeit<br />

der vertrauensvollen Kooperation. „Das Netzwerk macht besonders die tägliche Arbeit<br />

aus“ (GESPRÄCHSPARTNER 9 2010, 1). Das Hauptanliegen der Polizei – „das gesellschaftliche<br />

Zusammenleben an die Menschen herantragen und sie dafür gewinnen, daran mitzu-<br />

arbeiten“ (GESPRÄCHSPARTNER 9 2010, 1) – ist nach Meinung des Jugendkontaktbeamten nur<br />

in Kooperation mit dem Jugendamt, der AWO, der Diakonie und den Jugendhäusern<br />

möglich. Ebenfalls wird die Bedeutung der Zusammenarbeit mit Schulen aufgeführt.<br />

Auch hier lässt sich wieder feststellen, dass durch die enge Zusammenarbeit, z. B. im<br />

AK Schule, Vertrauen aufgebaut wurde, so dass Informationen auf schnellstem Weg<br />

weitergegeben werden und dadurch kriminellen Auffälligkeiten bereits im Kindesalter<br />

begegnet werden können. „Das Frühwarnsystem hier besteht und funktioniert“ (GE-<br />

Schwerpunktthemen im Stadtbezirk 54


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

SPRÄCHSPARTNER 9 2010, 7). Nach Aussagen der Polizei führt dieses „engmaschige Sozial-<br />

netz“ (GESPRÄCHSPARTNER 9 2010, 3) dazu, dass kaum geplante Straftaten ausgeübt werden<br />

und kriminelle Taten „früher gestoppt“ (GESPRÄCHSPARTNER 9 2010, 4) werden können.<br />

Als besonders erfolgreich wird die Zusammenarbeit zwischen der Jugendhilfe, der Po-<br />

lizei und dem Moscheeverein betont (GESPRÄCHSPARTNER 6 2010, 2). Dieser „bemerkenswer-<br />

te Verbund“ (GESPRÄCHSPARTNER 7 2010, 9) war der Grund für eine erhebliche Senkung der<br />

Anzahl von Intensivtätern und der Menge der Straftaten von Jugendlichen im Stadtbe-<br />

zirk (GESPRÄCHSPARTNER 9 2010, 3).<br />

Zollverein Touristik beschreibt die Arbeit im Stadtbezirk folgendermaßen: „Man könnte<br />

hier gar nicht arbeiten, ohne die ganzen Beteiligten zu kennen. Das ist selbstverständ-<br />

lich. Wir arbeiten da z. B. sehr eng mit dem ISSAB zusammen“ (GESPRÄCHSPARTNER 3 2010,<br />

4).<br />

Eine Zusammenarbeit findet ebenfalls zwischen der Wirtschaftsförderung Essen<br />

(EWG) und dem Triple Z statt, die sich vor allem aus der personellen Situation ergeben<br />

hat, da der Geschäftsführer vom TripleZ ein ehemaliger Mitarbeiter der EWG ist (GE-<br />

SPRÄCHSPARTNER 5 2010, 7). Obwohl die EWG einst für die Vermarktung der Flächen auf<br />

Zollverein zuständig war, besteht zwischen der <strong>Stiftung</strong> Zollverein – die gegenwärtig<br />

die Verantwortung für die Entwicklung und Vermarktung von Zollverein trägt – und der<br />

EWG nur noch ein „loser Kontakt“ (GESPRÄCHSPARTNER 5 2010, 7).<br />

Für die AWO spielt eine enge Zusammenarbeit auch mit Bewohnern eine besondere<br />

Rolle, da „Zugänge zu Leuten“ und der „Puls am Stadtteil“ (GESPRÄCHSPARTNER 6 2010, 11)<br />

nur durch eine Zusammenarbeit mit Bewohnern erreicht werden kann. Demgemäß<br />

bringen sich z. B. „türkische Kioskbesitzer als interkulturelle Konfliktvermittler“ (GE-<br />

SPRÄCHSPARTNER 6 2010, 11) ein.<br />

Eine andere Art der Zusammenarbeit ist die Katernberg Konferenz, die sich aufgrund<br />

von Initiativen aus dem Stadtteil heraus gegründet hat. Die Katernberg Konferenz wird<br />

von den Werbegemeinschaften aus den drei Stadtteilen des Stadtbezirks VI sei 1993<br />

organisiert und widmet sich verschiedensten Themen. Die Besucher der Konferenz<br />

sind die Bewohner des Stadtbezirks, Politiker, Verwaltung, Institutionen, Vereine und<br />

Verbände. Zwischen Herrn Maas, dem Vorsitzenden des Katernberger Werberings,<br />

und dem Büro für Stadtentwicklung findet ein intensiver Austausch statt, so dass auch<br />

Schwerpunktthemen im Stadtbezirk 55


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

Themenwünsche seitens der Verwaltung in die Katernberg Konferenzen einfließen<br />

können (GESPRÄCHSPARTNER 1 2010, 5).<br />

Eine Vernetzung zwischen den verschiedenen Ebenen wie Verwaltung, Politik, Institu-<br />

tionen und Bewohnern im Stadtbezirk wird durch die Arbeit des ISSAB verstärkt. „Ich<br />

bin jeden Tag mehrfach zu verschiedensten Themen mit verschiedensten Leuten und<br />

verschiedenen Hierarchieebenen zugange“ (GESPRÄCHSPARTNER 7 2010, 2), so der Ge-<br />

sprächspartner vom ISSAB. Für das Institut ist bei der Arbeit im Stadtbezirk nicht nur<br />

die Verknüpfung innerhalb des Bezirks, „sondern auch die Verknüpfung mit der ge-<br />

samtstädtischen Ebene“ (GESPRÄCHSPARTNER 7 2010, 3) von Bedeutung. „Wir wollen ja nicht<br />

im Lokalen stecken bleiben. Ohne die gesamtstädtische Entwicklung und Politik im<br />

Boot zu haben, denkt man hier zu kurz“ (GESPRÄCHSPARTNER 7 2010, 3).<br />

Zusammenfassend formuliert der Gesprächspartner vom ISSAB die Kooperation zu-<br />

treffender Weise wie folgt: „Das finde ich schon erstaunlich, mit wie viel Vertrauen hier<br />

Menschen miteinander umgehen, die sonst als Konkurrenten auftreten. Und das ist<br />

natürlich gewachsen, indem man gemerkt hat, dass man sowohl kleinere als auch grö-<br />

ßere Projekte gemeinsam auf die Beine gestellt bekommt“ (GESPRÄCHSPARTNER 7 2010, 10).<br />

Kritische Sichtweisen an der Zusammenarbeit<br />

Neben zahlreichen sehr positiven Äußerungen und Schilderungen der Kooperations-<br />

strukturen im Stadtbezirk VI werden auch Kritikpunkte bei der Zusammenarbeit deut-<br />

lich. So wird z. B. moniert, dass eine Zusammenarbeit mit der katholischen Kirche nicht<br />

vorhanden ist, weil sich „die katholische Kirche aus dem Stadtteil rausgezogen hat“<br />

(GESPRÄCHSPARTNER 10 2010, 7). Problematisch wird auch die Zusammenarbeit mit der Stif-<br />

tung Zollverein wahrgenommen. Es wird kritisiert, dass eine Kontaktaufnahme zur Stif-<br />

tung sehr langwierig ist und dass es sehr „viele Entscheidungswege“ gibt (GESPRÄCHS-<br />

PARTNER 8 2010, 14). Ebenfalls wird die Art und Weise der Kommunikation seitens der Stif-<br />

tung Zollverein gerügt, die als äußerst unangenehm und abwertend beschrieben wird<br />

(GESPRÄCHSPARTNER 3 2010, 5). Anstatt einer Kooperation scheint eher eine Konkurrenz zwi-<br />

schen der <strong>Stiftung</strong> Zollverein und Zollverein Touristik zu bestehen. Der Gesprächspart-<br />

ner von Zollverein Touristik beschreibt, dass eine gewisse Angst besteht, dass die Stif-<br />

tung Zollverein Aktivitäten im touristischen Bereich aufnehmen könnte. Weiterhin gibt<br />

es kein Gremium, in dem Meinungen und Ideen ausgetauscht werden könnten. Viel-<br />

mehr bezieht sich die Kommunikation auf einzelne Personen, die dann wiederum „nicht<br />

auf einer Ebene“ (GESPRÄCHSPARTNER 3 2010,11) stattfindet. „Da kann man die tollsten Vor-<br />

Schwerpunktthemen im Stadtbezirk 56


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

schläge im Bereich Tourismus machen. Außer, dass die vielleicht abgegriffen werden<br />

[…] und als die eigenen Vorschläge verkauft werden, ist da bislang keine konstruktive<br />

Zusammenarbeit möglich“ (GESPRÄCHSPARTNER 3 2010, 11). Es wird deutlich, dass die Stif-<br />

tung Zollverein in solch einem Falle mehr Einfluss und Unterstützung seitens der Politik<br />

erhalten würde, als Zollverein Tourismus. „Man merkt ganz deutlich die Hierarchie. Die<br />

müssen mir nicht antworten“ (GESPRÄCHSPARTNER 3 2010, 13). Neben der Sorge um die eige-<br />

ne Existenz wird die Weiterführung der bislang mühevollen partizipatorischen Arbeit<br />

angezweifelt. „Und dann sind wir weg vom Fenster. Dann sind die Stadteileinbeziehun-<br />

gen [gemeint sind die aufwendigen Maßnahmen zwecks Einbeziehung der Bewohner)<br />

und die Initiativen – wie z. B. den Gastronomen 27 Briefe zu schreiben – weg vom<br />

Fenster. Das macht doch dann keiner mehr“ (GESPRÄCHSPARTNER 3 2010, 8).<br />

Partizipation durch Eingehen auf Interessen<br />

Um eine möglichst breite Mitarbeit bei Projekten zu erreichen, ist es wichtig, „dass man<br />

nicht einfach irgendwie Projekte verkündet und aufsetzt“ (GESPRÄCHSPARTNER 1 2010, 6),<br />

sondern die Interessen der Bevölkerung berücksichtigt und auf ihre Ideen und Wün-<br />

sche eingeht. Nur auf diese Weise findet man nach Meinung der Gesprächspartner<br />

vom Büro für Stadtentwicklung der Stadt Essen Personen, „die einer Idee folgen, weil<br />

sie selber Spaß dran haben oder weil sie selber Interesse haben. Wenn ein Interesse<br />

da ist, dann bewegt das auch etwas“ (GESPRÄCHSPARTNER 1 2010, 6). Eine Zusammenarbeit<br />

mit Bürgern des Stadtteils Katernberg findet auch über die Schulen statt. Der Ge-<br />

sprächspartner erwähnt z. B. die Unterstützungsbereitschaft der Eltern gegenüber der<br />

Schule. „Wenn Not am Mann ist, dann springt hier jeder für jeden ein. Das finde ich<br />

bezeichnend für Katernberg“ (GESPRÄCHSPARTNER 10 2010, 13).<br />

Eine Einbeziehung der Bewohner und Bewohnerinnen der Stadtteile findet auch durch<br />

Zollverein Touristik statt. Z. B. wurden für die Besetzung des Infopunktes in der Misch-<br />

anlage auf Zollverein über Inserate im Wochenblatt Ehrenamtliche zur Mitarbeit ge-<br />

sucht. „Über diesen Weg haben wir immer sehr gut Menschen, die sich engagieren<br />

wollten, mit einbeziehen können“ (GESPRÄCHSPARTNER 3 2010, 2).<br />

Eine andere Art von Beteiligung findet durch das TripleZ statt. Da TripleZ eine Aktien-<br />

gesellschaft ist, muss es sich durch seine Aktionäre und sein Einkommen selbst finan-<br />

zieren. Durch das Modell der Aktiengesellschaft findet über viele Aktionäre eine Bür-<br />

gerbeteiligung statt. „Wie haben 1.000 Kleinaktionäre und das ist auch eine andere Art,<br />

Leute für ein Projekt zu begeistern“ (GESPRÄCHSPARTNER 4 2010, 8).<br />

Schwerpunktthemen im Stadtbezirk 57


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

Politische Unterstützung<br />

Aus Sicht der Verwaltung erhalten die Aktivitäten im Stadtbezirk VI durch die Politik<br />

„starke Unterstützung. […] Sowohl auf lokaler Ebene bei der Bezirksvertretung als<br />

auch beim Rat ist die Unterstützung keine Diskussion. Bisher war es auf Landesebene<br />

auch so“ (GESPRÄCHSPARTNER 1 2010, 3). Auf dieser Ebene besteht allerdings aufgrund der<br />

Finanzkrise und der damit einhergehenden schwindenden finanziellen Mittel Skepsis.<br />

Trotz erwähnter Unterstützung der Politik auf den verschiedenen Ebenen könnte „zwi-<br />

schen Ratspolitik und Bezirksvertretung noch ein besserer Austausch sein“ (GESPRÄCHS-<br />

PARTNER 1 2010, 5).<br />

Auch wenn aus Verwaltungssicht eine Unterstützung auf kommunaler Ebene zugesi-<br />

chert wird, nehmen die Akteure im Stadtbezirk dies anders war. „Es gibt immer noch zu<br />

wenig Unterstützung für die Belange der Stadtbezirke V und VI“ (GESPRÄCHSPARTNER 2<br />

2010, 3). Ebenfalls wird vermutet, dass „die finanzielle Unterstützung in Zukunft eher<br />

zurückgefahren“ (GESPRÄCHSPARTNER 10 2010, 6) wird und man daher künftig von Seiten der<br />

Stadt finanziell „nicht mehr viel erwarten kann“ (GESPRÄCHSPARTNER 10 2010, 6).<br />

Eine Unterstützung der Politik auf lokaler Ebene dagegen wird von vielen Gesprächs-<br />

partnern positiv wahrgenommen und geschätzt. „Die Politik vor Ort schaut immer wie-<br />

der rein. […] Das finde ich toll und ich wüsste auch, wen ich ansprechen müsste, wenn<br />

ich Dinge hätte, die von denen geklärt werden könnten“ (GESPRÄCHSPARTNER 10 2010, 6). Die<br />

Unterstützung wird auch durch die Anwesenheit politischer Vertreter in einigen Arbeits-<br />

kreisen deutlich (GESPRÄCHSPARTNER 6 2010, 13). Es findet eine Kommunikation zwischen<br />

Ortspolitik und Verwaltung der Stadt und zwischen Ortspolitik und Trägern sozialer<br />

Arbeit statt. „Das ist schon ein großes Pfund!“ (GESPRÄCHSPARTNER 7 2010, 13). Der ehemali-<br />

ge Oberbürgermeister der Stadt Essen, Dr. Reiniger, zeigte z. B. seine Unterstützung,<br />

indem er an dem 10-jährigen Bestehen von Zollverein Touristik teilnahm (GESPRÄCHS-<br />

PARTNER 3 2010, 8). Auch die Katernberg Konferenz wird von den lokalen Politikern unter-<br />

stützt, wobei es den Werbegemeinschaften wichtig ist, dass sie sich von der Politik<br />

nicht „vor den Karren spannen lassen“ (GESPRÄCHSPARTNER 2 2010, 3). Das TripleZ ist bei<br />

der Unterstützung seitens der Bezirksvertretung schon skeptischer. „Da pflegen wir<br />

den Kontakt, auch wenn wir da nicht viel erwarten wollen. Wir haben viele Freunde und<br />

Förderer, die das Projekt gut finden, aber die sind auch nur so lange unsere Freunde,<br />

wie der Laden läuft“ (GESPRÄCHSPARTNER 4 2010, 8).<br />

Schwerpunktthemen im Stadtbezirk 58


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

5.3 Bildung und Soziales im Stadtbezirk VI<br />

Das Thema Bildung war bereits während des Zechenbetriebs ein wichtiges Thema im<br />

Stadtbezirk VI. Die Stadtteile Katernberg, Schonnebeck und Stoppenberg haben tradi-<br />

tionell einen hohen Anteil an ungelernten oder schlecht ausgebildeten Bewohnern, die<br />

durch die Tätigkeiten in der Zeche trotz eines geringen Bildungsgrades einen Arbeits-<br />

platz erhielten. Auch heute sind die Bildungsabschlüsse im Stadtbezirk VI eher gering<br />

und es gibt einen hohen Anteil an Bewohnern, die eher als bildungsfern einzustufen<br />

sind. Durch die wirtschaftliche Neuausrichtung seit der Schließung von Zeche und Ko-<br />

kerei bestehen in einem viel geringeren Umfang Arbeitsplätze für gering Qualifizierte.<br />

Mit dieser negativen Arbeitsplatzsituation gehen vielschichtige soziale Probleme einher<br />

(GESPRÄCHSPARTNER 7 2010, 3), die in einer körperlichen (Gewalt, Suchtproblematik, Miss-<br />

handlung, Läusebefall, Krätze, mangelnde Ernährung, etc.), seelischen (mangelnde<br />

Bindungsfähigkeit zwischen Eltern und Kindern, Probleme zwischen den Partnern, etc.)<br />

und wohnraumbezogenen (Vermüllung des Haushalts, Schuldenproblematik, etc.)<br />

Verwahrlosung münden können. Die Problematik des Stadtbezirks wird dabei nicht in<br />

den einzelnen, sondern in der Vielzahl solcher Familien gesehen. „Wir haben hier<br />

Wohnbereiche, in denen wir eine Hartz-IV Anhängigkeit von 70 bis 80 % haben.“ (GE-<br />

SPRÄCHSPARTNER 6 2010, 6). Weiterhin wird deutlich, dass diese tiefgreifenden sozialen Pro-<br />

bleme nicht auf den kulturellen Hintergrund zurückzuführen sind. Vielmehr wird mo-<br />

mentan „die verarmte deutsche Unterschicht“ (GESPRÄCHSPARTNER 6 2010, 12) als Problem-<br />

lage gesehen, weil sich zu ihr sehr schlecht Zugänge aufbauen lassen. „Das Problem<br />

sind nicht mehr die ausländischen Gruppen, wir haben wirklich einen guten Zugang zu<br />

dem türkischen und libanesischen Gemeinwesen. Aber wir verlieren den Kontakt zu<br />

den deutschen Gruppen“ (GESPRÄCHSPARTNER 6 2010, 12). Dabei liegt ein großes Problem in<br />

der finanziellen Lage der Kirchengemeinden. Die evangelische Kirche musste z. B.<br />

zwei Standorte schließen, die katholische Kirche ist ebenfalls aus dem Stadtbezirk ge-<br />

gangen und damit auch der katholische Kindergarten. „Der nächste Schritt ist, dass die<br />

evangelische Kirche ihr Kirchengebäude aufgibt“ (GESPRÄCHSPARTNER 10 2010, 7). Darüber<br />

wird Unmut geäußert und dieser Weggang kirchlicher Einrichtungen aus dem Stadtbe-<br />

zirk wird als enorme Schwächung gesehen. „Eine der letzten deutschen Gemeinwesen<br />

bricht zusammen“ (GESPRÄCHSPARTNER 6 2010, 12).<br />

Wechselseitige Auswirkungen zwischen Bildung und Sozialem<br />

Diese wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse wirken sich auf den Bildungsbereich<br />

aus und verstärken sich gegenseitig. Im Stadtbezirk VI verlassen viele Kinder und Ju-<br />

Schwerpunktthemen im Stadtbezirk 59


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

gendliche das Schulsystem mit niedrigem oder gar keinem Bildungsabschluss (GE-<br />

SPRÄCHSPARTNER 7 2010, 4). In den verschiedenen Gesprächen wird von „massiven schuli-<br />

schen Problemen“ (GESPRÄCHSPARTNER 1 2010, 14), einem „nicht gut funktionierenden Bil-<br />

dungssystem“ (GESPRÄCHSPARTNER 6 2010, 6) und „katastrophalen Bildungsabschlüssen“<br />

(GESPRÄCHSPARTNER 7 2010, 5) gesprochen. Dabei spielt auch die Situation in den Schulen<br />

eine entscheidende Rolle. Die Klassen sind häufig überbesetzt. Die Lehrer können<br />

oftmals nur schwer ihrem Bildungsauftrag nachkommen, da sie viel Zeit z. B. für die<br />

Schlichtung von sozialen Konfliktsituationen oder die Essensversorgung der Schüler<br />

aufbringen müssen. Die Übergangsquote von Grundschulkindern z. B. auf Gymnasien<br />

zeigt, dass im gesamtstädtischen Vergleich das Bildungsniveau im Stadtbezirk VI deut-<br />

lich geringer ist.<br />

Aufgrund des hohen Anteils an Bewohnern mit nicht-deutscher Herkunft im Stadtbezirk<br />

VI und der Tatsachen, dass hier Menschen aus 40 verschiedenen Nationen (GESPRÄCHS-<br />

PARTNER 9 2010, 1) wohnen, liegt der Anteil an Kindern mit Migrationshintergrund in eini-<br />

gen Schulklassen bei fast 95 Prozent. Dieser extrem hohe Prozentsatz erklärt sich<br />

aber auch dadurch, dass Kinder, von denen ein Elternteil nicht-deutscher Herkunft ist,<br />

bereits als Kinder mit Migrationshintergrund gelten (GESPRÄCHSPARTNER 10 2010, 1). Beson-<br />

ders dieser hohe Prozentsatz führt bei einigen deutschen Familien zu Überlegungen<br />

bzgl. des Verbleibs oder des Wegzugs aus dem Stadtbezirk VI, wenn sich ihre Kinder<br />

altersmäßig vor dem Zeitpunkt der Einschulung befinden. „Die deutschstämmigen, bil-<br />

dungsorientierten Familien schreckt dieser hohe Migrantenanteil ab, so dass sie ihre<br />

Kinder hier nicht anmelden“ (GESPRÄCHSPARTNER 10 2010, 2). Bildung spielt demnach eine<br />

entscheidende Rolle bei der Wohnortsuche (GESPRÄCHSPARTNER 7 2010, 5).<br />

Eltern:<br />

Kein Arbeitsplatz<br />

Abb. 28. Potenzielle Wirkungskette zwischen Armut und Bildung im Stadtbezirk VI<br />

(EIGENE DARSTELLUNG 2010)<br />

Weiterhin ist natürlich Bildung Voraussetzung für das spätere berufliche Leben bzw.<br />

stellt eine fehlende Bildung „die Schwelle [dar], wo man halt dann nicht mehr weiter<br />

kommt“ (GESPRÄCHSPARTNER 7 2010, 6). Um diesen Kreislauf zwischen Arbeitslosigkeit, Ar-<br />

mut und Bildung, der sich auch auf die nachfolgenden Generationen auswirken wird,<br />

(vgl. Abb. 28), zu durchbrechen, müssen massive strukturelle Maßnahmen unternom-<br />

men werden.<br />

Eltern:<br />

Armut<br />

Kinder:<br />

Geringe<br />

Bildung<br />

Kinder:<br />

Kein Arbeitsplatz<br />

Kinder:<br />

Armut<br />

Schwerpunktthemen im Stadtbezirk 60


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

Ebenfalls kann festgestellt werden, dass die Kriminalitätsbereitschaft bei Jugendlichen<br />

und Erwachsenen mit geringer Bildung und problematischer sozialer Situation wesent-<br />

lich höher ist. Daher sind auch hier Vorurteile gegenüber Bewohnern mit Migrationshin-<br />

tergrund falsch. Die Bereitschaft zur Kriminalität ist in keinem Zusammenhang mit der<br />

Herkunft, sondern vielmehr mit der sozialen und Bildungsebene zu sehen. „Wir haben<br />

hier sehr viele Jugendliche aus muslimischen Ländern, die absolut unauffällig und bil-<br />

dungsorientiert sind und höhere Schulen besuchen. Die haben mit Kriminalität nichts<br />

zu tun, besitzen aber die gleiche Religion wie andere, die sehr auffällig sind“ (GE-<br />

SPRÄCHSPARTNER 9 2010, 4).<br />

Engagement im Bildungsbereich<br />

Einer Vielzahl von Akteuren im Stadtbezirk VI sind die problematische Situation im Be-<br />

reich Bildung und Soziales bewusst. Mittels der Fokussierung auf diese Themen z. B.<br />

im Arbeitskreis Schule oder bei einer thematischen Sitzung zu diesem Thema auf der<br />

Katernberg Konferenz wurden<br />

bereits erste Schritte zur<br />

Sensibilisierung für diesen<br />

Problembereich, aber auch<br />

erste Maßnahmen angekurbelt.<br />

Weiterhin flossen Fördergelder<br />

„Es gibt da viele Akteure, die da eine<br />

ganze Menge Projekte machen. Und<br />

dennoch ist es noch nicht genug,<br />

man müsste noch viel mehr machen.“<br />

in den Bildungsbereich. Im Bericht „Schulen im Stadtteil“ wurde aufgezeigt, dass es<br />

allein für den Schulbereich eine Förderung von 1,2 Mio Euro gegeben hat (STÄDTENETZ<br />

SOZIALE STADT NRW (2005). So werden z. B. an der Herbartschule diverse musisch-<br />

kulturelle Angebote seitens der Schule durch Fördergelder gestützt (z. B. Projekt MUS-<br />

E). Die Verbindung zwischen Schulbildung und musisch-kulturellen Angeboten in<br />

Schulen wurde als sehr positiv analysiert, weil „Fähigkeiten und Fertigkeiten der Kinder<br />

gefordert und gefördert werden, die wir im gesamten Schulalltag, also auch, wenn es<br />

um die klassischen Fächer wie Mathe, Deutsch, etc. geht, brauchen.“ (GESPRÄCHSPARTNER<br />

10 2010, 3). Durch diese musischen Angebote werden Disziplin, Konzentration und ein<br />

soziales Miteinander – das Grundgerüst für ein schulisches Zusammenleben – geför-<br />

dert, ohne dass das von den Kindern bewusst, wie z. B. eine Reglementierung, wahr-<br />

genommen wird.<br />

Ebenso gibt es ein Angebot der offenen Ganztagsbetreuung. Allerdings ist eine Teil-<br />

nahme nicht verpflichtend und kostenpflichtig, so dass aufgrund von Finanzierungs-<br />

Schwerpunktthemen im Stadtbezirk 61


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

schwierigkeiten einige Kinder diese Möglichkeit nicht nutzen können. Dabei wäre die<br />

Betreuung durch den Ganztagsunterricht oftmals gerade bei diesen Kindern sinnvoll,<br />

deren Familien sich das nicht leisten können.<br />

Neben den einzelnen, verschiedenen Maßnahmen an den Schulen gibt es weitere en-<br />

gagierte Träger, wie z. B. die AWO, die evangelische Kirche, das ISSAB, Jugendbe-<br />

rufshilfe, Moscheevereine, etc. im Stadtbezirk VI, die sich im Bereich Soziales und Bil-<br />

dung engagieren und sich den Problemen stellen.<br />

Verbesserung des Bildungssystems erforderlich<br />

Die bislang geringen Bildungserfolge im Stadtbezirk sind wenig motivierend. Aufgrund<br />

eines hohen Anteils von Kindern mit Migrationshintergrund sind die Anforderungen an<br />

die betreuenden Fachkräfte z. B. bei der Unterstützung des Spracherwerbs bei den<br />

Kindern wesentlich höher als in anderen Stadtteilen. Durch diese höhere Belastung in<br />

der Kinder- und Jugendarbeit ist im Stadtbezirk VI eine höhere Fluktuation der Mitar-<br />

beiter festzustellen.<br />

„Ich würde mir wünschen, dass sich die Bildungschancen verbessern“ (GESPRÄCHSPARTNER<br />

6 2010, 13). Obwohl schon gut vorzeigbare Maßnahmen unternommen wurden, beste-<br />

hen weiterhin massive schulische Probleme (GESPRÄCHSPARTNER 1 2010, 14). „Die derzeiti-<br />

gen Bildungssysteme in Katernberg und Stoppenberg funktionieren nicht gut“ (GE-<br />

SPRÄCHSPARTNER 6 2010, 6), und ein schlecht funktionierendes Bildungssystem manifestiert<br />

wiederum den Verbleib in der Armut. Dagegen muss dringend vorgegangen werden,<br />

denn die Kinder müssen die Chance bekommen, aus der Armut zu entkommen. „In<br />

Stadtteilen, in denen der Anteil der Familien, die von Hartz IV leben, bei 70 bis 80 %<br />

liegt, muss die außerfamiliäre Unterstützung unbedingt gestärkt werden“ (GESPRÄCHS-<br />

PARTNER 6 2010, 6). „Kinder befinden sich nicht nur in einer materiellen, sondern auch in<br />

einer emotionalen Armut sowie einer schlechten gesundheitlichen Versorgung“ (GE-<br />

SPRÄCHSPARTNER 6 2010, 5). „Und wenn 20 % eines Jahrgangs ungebildet die Schule verlas-<br />

sen, ist es auch nicht ein Gewinn, dass es viele davon gibt“ (GESPRÄCHSPARTNER 7 2010, 13).<br />

5.4 Kinder und Jugendliche im Stadtbezirk VI<br />

Im gesamtstädtischen Vergleich leben im Stadtbezirk VI deutlich mehr Kinder und Ju-<br />

gendliche unter 18 Jahren. In den drei Stadtteilen Katernberg, Stoppenberg und<br />

Schonnebeck sind ca. 20 % der Bewohner unter 18 Jahren alt. Damit liegt die Anzahl<br />

Schwerpunktthemen im Stadtbezirk 62


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

an Kindern und Jugendlichen deutlich über dem Durchschnitt in der gesamten Stadt<br />

Essen (16 %). Als Besonderheit des Stadtteils im Bereich Kinder und Jugendlicher gilt<br />

weiterhin der hohe Anteil an Minderjährigen mit Migrationshintergrund. 38 % der Min-<br />

derjährigen im Stadtbezirk VI haben einen Migrationshintergrund. Dieser Anteil ist im<br />

Stadtteil Katernberg mit 43 % am höchsten (Stoppenberg: 35 %; Schonnebeck: 31 %),<br />

in einzelnen Stadtteilbereichen<br />

in Katernberg erreicht der<br />

Anteil sogar 50 % bzw. 56 %.<br />

Vor dem Hintergrund des de-<br />

mographischen Wandels<br />

nimmt der Stadtbezirk VI durch<br />

die hohe Anzahl jüngerer<br />

Menschen eine Sonderrolle<br />

ein. Das Thema Kinder und<br />

Jugendliche spielt daher eine<br />

„Ich sehe eine Stärke in der Jugend.<br />

Während die wohlhabenden südli-<br />

chen Stadtteile wirklich bald ein Al-<br />

tenheim sind, wird das hier nicht<br />

passieren. Das ist nicht automatisch<br />

eine Stärke, aber dieses Potenzial<br />

muss man auch nutzen.“<br />

tragende Rolle für den Stadtbezirk, eventuell könnten hier sogar besondere Potenziale<br />

identifiziert werden. Mit Blick auf die Gesamtstadt sind allerdings die Ausgangsbedin-<br />

gungen für Kinder und Jugendliche im Stadtbezirk VI als „extrem ungleich“ (GESPRÄCHS-<br />

PARTNER 1 2010, 14) zu bewerten. Die vielschichtigen sozialen Probleme vieler Familien<br />

wirken sich auf die Kinder und Jugendlichen in den verschiedenen Bereichen aus. Das<br />

Außenimage besonders von ausländischen Jugendlichen im Stadtbezirk VI ist eher<br />

negativ. Jugendliche werden als provozierend und frech wahrgenommen, die beson-<br />

ders durch ihr Verhalten an bestimmten Aufenthaltsorten negativ auffallen. Allerdings<br />

sollte davor gewarnt werden, alle Jugendlichen gleich zu bewerten. „Ich weiß, dass z.<br />

B. libanesische Jugendliche nicht alle per se gut sind, aber ich bin auch der Letzte, der<br />

sagt, dass es alles Hammerwerfer sind. […] Ich weiß von vielen Jugendlichen, dass sie<br />

hier in guten Regelstrukturen eingebunden sind.“ (GESPRÄCHSPARTNER 8 2010, 4). Das Stim-<br />

mungsbild gegenüber dem Stadtbezirk bzw. den Jugendlichen im Stadtbezirk ist wo-<br />

möglich auf Vorurteilen beruhend. Viele erfolgreiche Bemühungen seitens unterschied-<br />

licher Akteure haben bereits beeindruckende Ergebnisse erreicht, die aber die ge-<br />

wachsenen Denkstrukturen noch nicht vollständig aufbrechen konnten.<br />

Lebenslagen und Lebenswelten von Kindern und Jugendlichen<br />

Eine Vielzahl der Kinder und Jugendliche wachsen in mitunter sehr schwierigen famili-<br />

ären Verhältnissen auf. Angefangen bei Versorgungsdefiziten bis hin zu körperlicher<br />

Schwerpunktthemen im Stadtbezirk 63


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

Misshandlung, Scheidung der Eltern, Geldnöte und Suchtprobleme leiden viele Kinder<br />

und Jugendliche unter einer mangelnden Aufmerksamkeit ihrer Eltern und einer feh-<br />

lenden Bindungsfähigkeit zu den Eltern. Die Kinder und Jugendliche befinden sich in<br />

einer materiellen Verwahrlosung:<br />

„Es gibt Kinder und Jugendliche, die teilweise mit dem gleichen Paar Schühchen rum-<br />

laufen, bis es fast von den Füßen fällt“ (GESPRÄCHSPARTNER 8 2010, 6).<br />

„Mich haben Grundschullehrer angerufen, weil Schüler ihnen das Butterbrot aus der<br />

Tasche geklaut haben, weil sie Hunger haben“ (GESPRÄCHSPARTNER 6 2010, 5).<br />

„Es scheitert am Geld. […] Wenn ich sehe, wie schwer es ist, wie viel Mühe es immer<br />

wieder macht, das Essensgeld zu bekommen“ (GESPRÄCHSPARTNER 10 2010, 6).<br />

Darüber hinaus befinden sie sich oft auch in einer emotionalen Armut und in einer<br />

schlechten gesundheitlichen Verfassung. Die desolaten Familienverhältnisse treten<br />

meist in finanziell schwachen Familien auf. „Armut und familiäre Probleme sind Ge-<br />

schwister. Nicht umsonst sind fast 100 % unserer Klienten Armutsfamilien“ (GESPRÄCHS-<br />

PARTNER 6 2010, 5).<br />

Diese gebündelten familiären Probleme haben häufig schon Einfluss auf die Kleinsten,<br />

so dass bereits eine fehlende soziale Kompetenz im Kindergartenalter festzustellen ist.<br />

„Aufgrund von finanziellen Problemen, Beziehungsproblemen, Suchtproblemen und<br />

teilweise auch Problemen mit ihren Jugendlichen bekommen die jüngeren Kinder oft zu<br />

wenig Zuwendung und Anregungen. […] Es gibt durchaus Familien und Zusammen-<br />

hänge, wo es total in Ordnung ist und total intakt läuft. Aber es gibt halt auch – und<br />

nicht in unerheblicher Anzahl – die anderen“ (GESPRÄCHSPARTNER 10 2010, 8).<br />

Neben den familiären Problemen besteht bei einigen Jugendlichen eine allgemeine<br />

Perspektivlosigkeit. Der Stadtbezirk ist von einer enorm hohen Jugendarbeitslosigkeit<br />

gekennzeichnet, die mit 12 % über der gesamtstädtischen (8 %) liegt. Dies hängt na-<br />

türlich einerseits mit dem Themenfeld Beschäftigung bzw. Möglichkeiten einer Be-<br />

schäftigung zusammen. Andererseits ist den Jugendlichen oftmals auch gar nicht die<br />

Vielfalt an beruflichen Möglichkeiten und eine davon ausgehende mögliche positive<br />

Lebensgestaltung bekannt. So gibt es z. B. Schulklassen, „in denen keiner erzählen<br />

kann wie das ist, wenn der Papa arbeitet. Wir haben Leute, die auf die Frage nach ih-<br />

rem Beruf „Hartz IV“ antworten und die meinen das nicht als Scherz“ (GESPRÄCHSPARTNER 6<br />

2010, 6). „Wenn die Jugendlichen keine Zukunft haben und sich von vornherein in ein<br />

Schwerpunktthemen im Stadtbezirk 64


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

bestimmtes Alimentierungssystem einbetten, dann sehe ich für den Stadtteil schwarz“<br />

(GESPRÄCHSPARTNER 9 2010, 14).<br />

Natürlich muss auch an dieser Stelle wieder davor gewarnt werden, dies auf alle Ju-<br />

gendlichen zu übertragen. Es gibt auch Jugendliche, die eine Zukunftsperspektive ha-<br />

„Dieser Stadtbezirk ist nicht gekippt.<br />

Das hat was mit den Ressourcen zu<br />

tun, die in den 25 Jahren immer wie-<br />

der mühevoll aktiviert wurden.“<br />

ben. „Viele wissen, dass sie<br />

über einen guten schulischen<br />

Abschluss eine gute Lehrstelle<br />

bekommen können. […] Viele<br />

möchten einen guten Job<br />

haben, eine gute Arbeitsstelle<br />

finden, Frau und Familie haben, also ganz klassisch“ (GESPRÄCHSPARTNER 8 2010, 5-6). Es<br />

wird sehr positiv erwähnt, dass trotz dieser Vielfalt und Schwere der Probleme der<br />

Stadtbezirk dennoch – vor allem durch das Engagement verschiedenster Akteure –<br />

„noch nicht gekippt“ ist (GESPRÄCHSPARTNER 6 2010, 11).<br />

Kinder- und Jugendkriminalität<br />

Nach Aussagen des örtlichen Jugendkontaktbeamten sind die Anzahl an Straftaten<br />

unter den Kindern und Jugendlichen gesunken. „Der Stadtteil ist ruhiger und friedlicher<br />

geworden“ (GESPRÄCHSPARTNER 6 2010, 5). Auch hier helfen vor allem präventive Maßnah-<br />

men wie Aufklärungsarbeit, Informationsarbeit und Gespräche, aber auch Eingriffe mit<br />

Signalwirkung. Besonders wichtig bei der Bekämpfung von Kinder- und Jugendkrimina-<br />

lität ist die Zusammenarbeit mit verschiedensten Akteuren. Besonders durch ein eng-<br />

maschiges Sozialnetz und den dadurch oft schnellen Austausch von Informationen<br />

zwischen den verschiedenen Akteuren ermöglicht spontanes und zügiges Handeln und<br />

Erfolge.<br />

Es gibt keine Jugendgangs im Stadtbezirk, die ihre ethnischen Konflikte miteinander<br />

austragen, und keine zielgerichteten Straftaten. Allerdings treten emotional bedingte<br />

Straftaten auf. Grundsätzlich kann herausgestellt werden, dass die Bereitschaft zur<br />

Kriminalität eher von sozial schwachen Gruppen ausgeht.<br />

Aus Sicht der Polizei kann davon ausgegangen werden, dass im Stadtbezirk VI keine<br />

deutlich benennbaren Angsträume existieren. Orte, an denen mitunter vermehrt Kon-<br />

flikte entstehen können, sind „Räume, wo sich Jugendliche in größeren Gruppen auf<br />

der Straße treffen“ (GESPRÄCHSPARTNER 9 2010, 6), bevorzugt in den wärmeren Monaten.<br />

(Nienhauser Busch, Katernberger Markt). Konfliktpotenzial kann ebenfalls zwischen<br />

Jugendlichen in Bus und Bahn oder zeitweise am Abzweig Katernberg beobachtet<br />

Schwerpunktthemen im Stadtbezirk 65


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

werden. Dies ist vor allem auf das periodisch wiederkehrende gleichzeitige Nutzen von<br />

Orten zurückzuführen, deren Kapazität für solch eine große Ansammlung von Men-<br />

schen nicht konzipiert ist. So wird z. B. der Abzweig Katernberg besonders vor Schul-<br />

beginn oder nach Schulschluss als verkehrlicher Knotenpunkt gesehen, bei dem inner-<br />

halb kürzester Zeit über tausend Schüler in Bus oder Bahn ein- oder aussteigen. Dass<br />

in solchen Situationen kleinere Rangeleien entstehen, ist fast unabdingbar und kann<br />

als nicht sonderlich bedenklich eingestuft werden.<br />

Engagement im Stadtbezirk für Kinder und Jugendliche<br />

Eine wichtige Rolle beim Vermitteln zwischen den Kindern und Jugendlichen, die so-<br />

wohl unterschiedliche soziale Familienstrukturen erleben als auch verschiedene kultu-<br />

relle Hintergründe haben, sowie zwischen Kindern, Jugendlichen und anderen Perso-<br />

nen (z. B. Familienmitglieder, Lehrer, Ausbildungsleiter, etc.) spielen die verschiedenen<br />

ca. 70 Personen und Institutionen des Jugendhilfenetzwerkes.<br />

Neben z. B. dem Jugendhaus Nord in Katernberg, das von der evangelischen Kirche<br />

unterstützt wird, und dem Jugendhaus Stoppenberg, das von der Stadt finanziert wird,<br />

gibt es weitere Einrichtungen für Kinder und Jugendliche. „Über solche Einrichtungen<br />

sowie zusätzliche pädagogische Angebote wird den Kindern und Jugendlichen die<br />

Möglichkeit gegeben, Gleichaltrige zu treffen sowie Erfahrungen über Sportangebote,<br />

Tanzgruppen oder Kochangebote zu sammeln“ (GESPRÄCHSPARTNER 8 2010). Jugendhäuser<br />

stellen für Jugendliche einen Rückzugsort dar und einen Ort, wo sie einen Ansprech-<br />

partner finden. Eine teilweise Segregation der Jugendlichen bei dem Besuch der Ju-<br />

gendhäuser wirkt erst etwas verwunderlich, muss aber nicht unbedingt negativ bewer-<br />

tet werden. Diese sozialen Einrichtungen stellen einen Ankerpunkt im Tagesablauf der<br />

Jugendlichen dar, was anhand der Tagesprotokolle der Jugendlichen deutlich heraus-<br />

gestellt werden konnte. Die Existenz und damit verbundene Bedeutung derartiger<br />

Räume für Kinder und Jugendliche ist ohne Zweifel zu betonen und in ihrer Beständig-<br />

keit zu befürworten.<br />

Ebenso bemüht sich die AWO um familiäre Probleme. Ziel ist es, schon frühzeitig Zu-<br />

gänge zu Familien zu bekommen, um spätkorrektive Maßnahmen oder einen Zwangs-<br />

kontext zu umgehen. „Die Hilfen sind immer am erfolgreichsten, wenn man mit<br />

‚Selbstmeldern’ zusammenarbeitet“ (GESPRÄCHSPARTNER 6 2010). Als Träger von Jugendhil-<br />

feleistungen betreuen Mitarbeiter der Institution Familien im Stadtbezirk, um soziale<br />

Problemlagen zu analysieren und ihnen zu helfen, die familiären Probleme stabil zu<br />

halten. „Glückliche Familien werden das nie. Das werden Familien, die wir in der Waa-<br />

Schwerpunktthemen im Stadtbezirk 66


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

ge halten.“ (GESPRÄCHSPARTNER 6 2010, 6). Leider wird oftmals die Situation in den Familien<br />

als unzumutbar eingestuft, so dass dann auch Kinder aus den Familien herausge-<br />

nommen und in Heimen untergebracht werden müssen. Diese Bewertung eines derar-<br />

tigen Handlungszwangs ist ohne Zweifel für alle Beteiligten unerfreulich und nicht er-<br />

strebenswert. Aufgrund des frühzeitigen Eingreifens und Unterstützens der Familien ist<br />

erfreulicherweise bereits ein Rückgang der Fremdplatzierungen zu verzeichnen.<br />

Vorbildcharakter hat das folgende Projekt, welches von der Herbartschule gemeinsam<br />

mit der „Ehrenamtsagentur“ durchgeführt wird. Ehrenamtliche Erwachsene kommen<br />

regelmäßig mit Kindern und Jugendlichen zusammen, um mit ihnen gemeinsam etwas<br />

zu unternehmen. Dabei nimmt sich ein Erwachsener für je ein Kind Zeit, um mit ihm<br />

etwas zu unternehmen. Für die Kinder sind das zum Teil ganz neue Erfahrungen, dass<br />

ihm ein Erwachsener so viel Zeit widmet und vor allem Aufmerksamkeit schenkt (GE-<br />

SPRÄCHSPARTNER 10 2010, 9). Durch dieses Projekt lernen Kinder andere Sichtweisen ken-<br />

nen und erhalten Einblicke in andere Lebenswelten. So kann mitunter z. B. eine Per-<br />

spektive für das spätere Leben wachsen.<br />

Ein hohes Engagement findet ebenso seitens der Moscheevereine statt. Besonders<br />

hervorzuheben ist weiterhin das kriminalpräventive Netzwerk zwischen der Polizei,<br />

Moscheevereinen, dem Jugendamt, der AWO und weiteren Akteuren aus dem Stadt-<br />

bezirk. Durch eine enge Zusammenarbeit konnte z. B. die Straßenkriminalität und die<br />

Zahl der Intensivtäter sowie die Menge der Straftaten reduziert werden. „Früher hatten<br />

wir teilweise Täter, die im Jahr 60 bis 70 Straftaten begangen haben“ (GESPRÄCHSPARTNER<br />

9 2010, 3).<br />

Fehlende Angebote für Kinder und Jugendliche<br />

Trotz verschiedener Bemühungen gibt es immer noch zu wenige Angebote für Kinder<br />

und Jugendliche. Neben einigen Aussagen seitens der befragten Akteure äußerten<br />

sich vor allem auch die Kinder und Jugendliche diesbezüglich sehr kreativ und deutlich.<br />

Die Kinder und Jugendlichen in den Stadtteilen Katernberg, Schonnebeck und Stop-<br />

penberg benötigen vor allem Ansprechpartner, die ein offenes Ohr für ihre Nöte und<br />

Ängste haben“ (GESPRÄCHSPARTNER 8 2010, 3). Die Befragung der Kinder und Jugendlichen,<br />

die im Stadtbezirk VI leben, hat ergeben, dass bevorzugt Freizeitmöglichkeiten und<br />

Treffpunkte erwünscht sind, an denen sich die Kinder und Jugendlichen zurückziehen<br />

können, wo sie beschäftigt werden. Beispielhaft erkennt man dies an der Abbildung 29.<br />

Schwerpunktthemen im Stadtbezirk 67


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

Abb. 29: Wunsch nach mehr Freizeitmöglichkeiten, Kinderzeichnung<br />

(HERBARTSCHULE 2010, KLASSE 3A)<br />

Hier wird der konkrete Wunsch nach mehr Joggingstrecken geäußert. Neben einer<br />

angenehmen und grünen Freiraumgestaltung lässt sich an der Zeichnung erkennen,<br />

dass Raum für Aktivitäten<br />

von Kindern, wie z. B. Roller<br />

fahren, Skateboarden oder<br />

Basketball spielen, bedeu-<br />

tungsvoll sind. Auch der<br />

Wunsch nach einem Sport-<br />

platz bestätigt diese Aussa-<br />

ge (vgl. Abb. 30). Interes-<br />

sant erscheint diese Zeich-<br />

nung besonders, wenn man<br />

den Blick auf die Zuschauer<br />

lenkt.<br />

Abb. 30: Sportplatz und Erfolg, Kinderzeichnung<br />

(HERBARTSCHULE 2010, KLASSE 3A)<br />

Schwerpunktthemen im Stadtbezirk 68


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

Eine besondere Rolle bei den zeichnerischen Darstellungen der Kinder nahmen Kin-<br />

derspielgeräte wie z. B. eine Rutsche, ein Sandkasten, eine Nestschaukel, eine Wippe<br />

oder ein Trampolin ein, die mit der Aussage „Das gefällt mir im Stadtteil“ als bereits<br />

vorhandene Freizeitmöglichkeiten, z. B. im Nordsternpark, abgebildet wurden (vgl.<br />

Abb. 31 und 32).<br />

Abb. 31: Spielgeräte im Nordsternpark, Kinderzeichnungen<br />

(HERBARTSCHULE 2010, KLASSE 3A)<br />

Abb. 32: Freizeit im Nordsternpark, Kinderzeichnungen<br />

(HERBARTSCHULE 2010, KLASSE 3A)<br />

Schwerpunktthemen im Stadtbezirk 69


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

An den Bildern der Kinder, die sowohl positive Bewertungen als auch Wünsche aus-<br />

drücken, lässt sich ablesen, dass das Thema Freizeitgestaltung für Kinder ein sehr<br />

wichtiger Themenbereich ist. Die zeichnerischen Darstellungen zeigen ebenso, dass<br />

das Spielen und Bewegen im Raum einen hohen Stellenwert einnimmt - entgegen dem<br />

Vorurteil, dass Kinder – besonders die aus sozial schwächeren Familien – nur vor dem<br />

Fernseher sitzen wollen.<br />

Von den Jugendlichen wurde auf die Frage „Was fehlt dir noch in deinem Stadtteil?“<br />

ebenfalls vor allem die Thematik Freizeitangebote betont. Es wurden mehr Aufent-<br />

haltsmöglichkeiten für Jugendliche in Form von Sportanlagen und Schwimmbädern<br />

hervorgehoben. Ebenfalls wurden vermehrt Shoppingmöglichkeiten für Mädchen ge-<br />

wünscht und ein Jugendcafé im Stadtteil vorgeschlagen, „damit man nicht bis in die<br />

Stadt hinein fahren muss“. Der Wunsch, seine Freizeit lokal im Stadtteil zu verwirkli-<br />

chen, wird an diese Stichproben offensichtlich. Die Identifikation mit dem eigenen<br />

Stadtteil und der Wunsch nach mehr Identifikationsmöglichkeit werden so vermittelt.<br />

Von den Akteuren in der Jugendarbeit wurden fehlende Alltagsangebote für Kinder und<br />

Jugendliche genannt, die z. B. auch auf Zollverein platziert sein könnten. Es wurde<br />

eine „normale Kunstschule“ vorgeschlagen, „wo die Eltern ihre Kinder hinschicken“<br />

können (GESPRÄCHSPARTNER 7 2010, 13).<br />

In der Vergangenheit gab es einige kulturelle Angebote für Kinder und Jugendliche, z.<br />

B. das Projekt „homestories“, das durch Fördermittel der Sozialen Stadt finanziert wur-<br />

de, oder die Einrichtung einer Mädchenband, die mit Mitteln der Kulturhauptstadt 2010<br />

gefördert wurde, aber „davon bräuchte man noch mehr“ (GESPRÄCHSPARTNER 6 2010, 11). Da<br />

diese Projekte zur Stärkung der Jugendkultur durch Fördermittel finanziert wurden,<br />

endeten sie jeweils mit Beendigung der Förderung.<br />

Die Einrichtung einer Jugend- und Newcomerband auf dem Zechenfest wurde 2007<br />

durch den Werbering Katernberg initiiert und ist seitdem ein fester Bestandteil des Fes-<br />

tes.<br />

Wohlfühlen im Stadtbezirk<br />

Ein interessanter Aspekt, der sowohl von Kindern als auch von Jugendlichen unabhän-<br />

gig voneinander genannt wurde, ist das Thema Sicherheit. So würde sich z. B. ein ju-<br />

gendliches Mädchen mehr „Sicherheit, Sauberkeit und mehr Straßenlaternen“ wün-<br />

schen. Dies wurde ebenfalls in einer Zeichnung eines Drittklässers deutlich, der beim<br />

Thema Sicherheit vor allem die Verkehrssicherheit abbildete. Diese Aspekte verdeutli-<br />

Schwerpunktthemen im Stadtbezirk 70


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

chen, dass ein sich Wohlfühlen auch vom Aspekt des subjektiven Sicherheitsempfin-<br />

dens geleitet sein kann.<br />

Abb. 33: Wunsch nach mehr Sicherheit, Kinderzeichnung<br />

(HERBARTSCHULE 2010, KLASSE 3A)<br />

Ebenfalls wurde von den Kindern der desolate Zustand von einigen Wohnhäusern<br />

wahrgenommen, was mitunter daraus resultiert, dass sie selbst in desolaten Zuständen<br />

wohnen und täglich damit in Berührung kommen. Der Wunsch wurde geäußert, dass<br />

die Häuser „neu und schön“ gemacht werden (vgl. Abb. 33). Dies lässt darauf schlie-<br />

ßen, dass sich Kinder in der heute teils gegebenen Atmosphäre nicht wohlfühlen und<br />

sich Veränderungen wünschen.<br />

Schwerpunktthemen im Stadtbezirk 71


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

Abb. 34: Negativbewertung der bestehenden Wohnsubstanz, Kinderzeichnung<br />

(HERBARTSCHULE 2010, KLASSE 3A)<br />

Im Vergleich dazu wurde die Fatih-Moschee im Stadtteil Katernberg, deren Bau im<br />

Abb. 35: Fatih-Moschee, Kinderzeichnung<br />

(HERBARTSCHULE 2010, KLASSE 3A)<br />

Jahr 2002 abgeschlossen wurde, als positiv<br />

und schön bewertet (vgl. Abb. 35). Dies<br />

kann einerseits an der persönlichen Bezie-<br />

hung zu der Moschee liegen, andererseits<br />

aber auch an dem neuwertigen Erschei-<br />

nungsbild. Positive Aspekte bezüglich der<br />

Bausubstanz werden ebenfalls wahrge-<br />

nommen.<br />

Es bleibt festzustellen, dass bereits junge<br />

Kinder ihr Umfeld sehr gut wahrnehmen und<br />

reflektieren können. Kinder wollen sich in<br />

ihrer Umgebung wohlfühlen und sich nach<br />

ihren ganz persönlichen Bedürfnissen be-<br />

wegen können. Dafür sind für sie eine posi-<br />

Schwerpunktthemen im Stadtbezirk 72


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

tive Atmosphäre und gute Möglichkeiten, um ihrem Bewegungsdrang nachzukommen,<br />

bedeutend.<br />

Weiterhin benötigen Kinder und Jugendliche in den Stadtteilen Katernberg, Schonne-<br />

beck und Stoppenberg vor allem „Ansprechpartner, die ein offenes Ohr für ihre Nöte<br />

und Ängste haben“ (GESPRÄCHSPARTNER 8 2010, 3).<br />

5.5 Selbst- und Fremdbild des Stadtbezirks VI<br />

Schon bei der Aufnahme des Stadtbezirks VI in das Programm Soziale Stadt war das<br />

problembelastete, negative Image (siehe Kapitel 3) ein wesentlicher Faktor. Dabei las-<br />

sen sich zwei Arten von Image unterscheiden. Einerseits das Bild, das die Bewohner<br />

selber von ihrem Wohnumfeld und ihrem Stadtteil haben (Selbstbild), und andererseits<br />

das Bild, das Bewohner innerhalb und außerhalb der Stadt Essen von dem Stadtbezirk<br />

haben (Fremdbild). Ein negatives Image des eigenen Wohnquartiers (negatives<br />

Selbstbild) birgt die Gefahr, das Selbstbewusstsein der Bewohner zu schwächen, so<br />

dass sich daraus schließlich eine „Kultur der Armut“ (ILS 2006, 39) bilden kann, die eine<br />

„Reintegration in die Lebenswelt der Mittelschicht“ (ILS 2006, 39) erschwert. Ein negatives<br />

Fremdbild dagegen kann von Meidung des Raums bis zu seiner Stigmatisierung füh-<br />

ren.<br />

Eine Image-Analyse aus dem Jahr 2007/2008 hat herausgestellt, dass die Bewohner<br />

des Stadtbezirks VI ihre Stadtteile positiver bewerten, als es die Gesamtstadt vor-<br />

nimmt. Im Vergleich dazu sehen z. B. die Bewohner des Essener Stadtteils Altendorf<br />

(ebenfalls Programmgebiet des Programms Soziale Stadt) ihren Stadtteil selber eher<br />

negativ, während das Außenimage positiver ist (GESPRÄCHSPARTNER 7 2010, 13).<br />

Negative Berichterstattung trotz positiver Wahrnehmung seitens der Bewohner<br />

„Ich will nur klar machen, dass hier<br />

auch nette Menschen wohnen und<br />

dass hier auch Menschen wohnen,<br />

die was auf dem Kasten haben. Wir<br />

wollen einfach nur normal behandelt<br />

werden.“<br />

Aus den Gesprächen hat sich<br />

ergeben, dass eine vielfach<br />

negative Berichterstattung, z.<br />

B. über eine hohe Kriminalitäts-<br />

rate und einen hohen Auslän-<br />

deranteil zu Unmut bei den<br />

Bewohnern des Stadtbezirks<br />

Schwerpunktthemen im Stadtbezirk 73


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

führte (GESPRÄCHSPARTNER 2 2010, 4). Das Unverständnis über derartige Berichte ist damit<br />

zu erklären, dass die Bewohner des Stadtbezirks VI selbst Verbesserungen in ihrer<br />

Wohnumgebung bzw. dem Stadtbezirk wahrnehmen. „Der Stadtteil ist ruhiger und<br />

friedlicher geworden“ (GESPRÄCHSPARTNER 6 2010, 5). „Ich glaube, dass Katernberg auf ei-<br />

nem absolut guten Weg ist. Katernberg ist schon lange nicht mehr das größte Problem<br />

in Essen. Ich würde mir wünschen, dass sich dieses Negativimage umkehrt“ (GE-<br />

SPRÄCHSPARTNER 6 2010, 13).<br />

Weiterhin wird von einem Gesprächspartner hinterfragt, ob eine hohe Zahl von Migran-<br />

ten unter den Bewohnern automatisch ein Argument für ein schlechtes Image ist. „Das<br />

ist doch gar nicht schlimm. Gucken sie sich Vancouver an. Die sind daraus entstanden,<br />

dass sie so viele Ausländer hatten. Und das war doch keine schlechte Entwicklung“<br />

(GESPRÄCHSPARTNER 2 2010, 11). Bemerkenswert ist ebenso, dass in den Gesprächen Ka-<br />

ternberg als ein „wunderschöner, grüner Stadtteil“ (GESPRÄCHSPARTNER 6 2010, 10) mit „vie-<br />

len Freiräumen und viel Grün“ (GESPRÄCHSPARTNER 1 2010, 14) sowie „sehr tollen Wohnla-<br />

gen“ (GESPRÄCHSPARTNER 1 2010, 14) bzw. als ein Stadtteil mit „unheimlich viel Charme und<br />

unheimlich viel Witz und bodenständigen Menschen“ (GESPRÄCHSPARTNER 6 2010, 10) be-<br />

schrieben wird. In diesen Beschreibungen wird deutlich, dass das Selbstbild und die<br />

positiven Seiten des Stadtbezirks sehr wohl wahrgenommen werden. Weiterhin wird<br />

herausgestellt, dass die Bewohner der Stadtbezirks stolz auf die Zeche Zollverein sind<br />

(GESPRÄCHSPARTNER 6 2010, 9).<br />

Aus der Tatsache, dass die Fluktuation im Stadtbezirk sehr gering, also die Wohndauer<br />

der Bewohner überdurchschnittlich lange ist (GESPRÄCHSPARTNER 1 2010, 14), wird weiterhin<br />

der Schluss gezogen, dass der „Katernberger ja irgendwie zufrieden sein“ muss (GE-<br />

SPRÄCHSPARTNER 6 2010, 13).<br />

Außenimage<br />

Leider hat das positive Selbstbild bislang keine Auswirkungen auf das Fremdbild. Zwar<br />

wurde bereits in den ersten Jahren der Projektarbeit mittels offensiver Pressearbeit<br />

versucht, eine Imageverbesserung zu erreichen, doch da sich die Berichterstattung auf<br />

die lokalen Medien beschränkte, blieb das Image des Stadtbezirks unverändert negativ<br />

(PASTERNAK 2008, 101). In einem Interview wurde die Vermutung geäußert, dass das Image<br />

des Stadtbezirks teilweise sogar stigmatisierend wirkt. Auch wenn dies nicht direkt be-<br />

wiesen werden kann, wurde vermutend geäußert, dass „je nach Personalchef, der an-<br />

hand der Postleitzahl oder der Straße Katernberg sieht, […] Bewerbungen aussortiert<br />

werden.“ (GESPRÄCHSPARTNER 7 2010, 4F). Ein weiteres Beispiel wurde von einem anderen<br />

Interviewpartner genannt, der erzählte, dass ein Hauseigentümer aus dem Stadtbezirk<br />

Schwerpunktthemen im Stadtbezirk 74


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

sein Haus zur Vermietung in der Zeitung inseriert hatte. „Nach der ersten Frage ‚Wo<br />

liegt denn die Wohnung?’ haben schon 8 von 10 Anrufern aufgelegt“ (GESPRÄCHSPARTNER 2<br />

2010, 5).<br />

Auch außerhalb Essens und der Region konnte bislang kein positives Bild der Stadt<br />

bzw. der Region hergestellt werden. Eine Imagestudie des Regionalverbands Ruhr aus<br />

dem Jahr 2004 zeigt, dass fast die Hälfte der Befragten (47 %), die außerhalb des<br />

Ruhrgebiets wohnen, das Ruhrgebiet immer noch mit Kohle, Stahl und Industrie in Zu-<br />

sammenhang bringen. Im Vergleich dazu haben nur 24 % der Ruhrgebietsinternen das<br />

Gebiet mit diesem Image assoziiert.<br />

Eigene Erfahrungen<br />

Selbstbild<br />

viel Freiraum<br />

grün<br />

tolle Wohnlagen<br />

viel Charme und Witz<br />

bodenständige Menschen<br />

„auf einem guten Weg!“<br />

ruhiger und friedlicher geworden<br />

Wahrnehmung des Stadtbezirks VI<br />

(Katernberg, Schonnebeck, Stoppenberg)<br />

Hoffnung<br />

auf positive<br />

Effekte<br />

Abb. 36: Selbst- und Fremdbild des Stadtbezirks VI<br />

(EIGENE DARSTELLUNG 2010)<br />

Sorge um<br />

negative<br />

Effekte<br />

Chance der Imageaufbesserung durch<br />

Zeche Zollverein als touristisches Ziel<br />

Allgemein negative Vorstellung<br />

vom Ruhrgebiet sowie<br />

negative Berichterstattung<br />

Fremdbild<br />

Montanregion / „Kohlenpott“<br />

dreckig<br />

hohe Arbeitslosigkeit<br />

hoher Ausländeranteil<br />

Kriminalität<br />

Armut<br />

Schwerpunktthemen im Stadtbezirk 75


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

Image entscheidend für Entwicklung<br />

Nach einer Studie des OECD wirken die Lage eines Standorts, seine infrastrukturelle<br />

Ausstattung und sein Image maßgeblich auf die Entscheidung eines Unternehmens zur<br />

Errichtung oder Aufgabe eines Standorts ein (OECD 2003, 39).<br />

Um das Image des Stadtbezirks VI weiterhin zu verbessern, werden einige Maßnah-<br />

men unternommen. Der Webering Katenberg e. V. arbeitet z. B. mit dem TripleZ zu-<br />

sammen an der Erstellung einer Leerstandsbörse. Zukünftig sollen ungenutzte Laden-<br />

lokale schnellstmöglich alternativ genutzt werden, um dem „Image eines aufgegebenen<br />

Standorts entgegenzuwirken“ (STÄDTENETZWERK SOZIALE STADT 2007, 14). Dazu werden von<br />

den örtlichen Gewerbetreibenden und Ladenlokalbesitzern leer stehende Räumlichkei-<br />

ten Künstlern zur Ausstellungsfläche angeboten (GESPRÄCHSPARTNER 2 2010, 7).<br />

Der Gesprächspartner vom ISSAB prognostiziert: „Wer sein Leben mittelschichtsorien-<br />

tiert ausrichtet, wird irgendwann aus Katernberg wegziehen. Das tun nicht alle, aber<br />

viele.“ (GESPRÄCHSPARTNER 7 2010, 5). Dies ist nach Meinung des Befragten auch unabhän-<br />

gig vom kulturellen Hintergrund. „Das tun die Türken genauso wie die Deutschen“ (GE-<br />

SPRÄCHSPARTNER 7 2010, 5).<br />

Chance durch Welterbe Zeche Zollverein<br />

Seit der Aufnahme in die Welterbeliste der UNESCO ist das Gelände von Zeche Zoll-<br />

verein nicht nur das Industriedenkmal der Stadt Essen, sondern hat auch eine enorme<br />

Symbolwirkung in der Außendarstellung des Ruhrgebiets (SCHWARZ 2008, 318). Im Ver-<br />

gleich mit anderen Industriedenkmälern hat Zollverein durch das Prädikat Weltkulturer-<br />

be einen Image- und Bekanntheitsvorteil. Inwieweit sich dieser Vorteil in Zukunft auf<br />

das Image der umliegenden Stadtteile positiv auswirken wird, bleibt abzuwarten. Mo-<br />

mentan haftet den Stadtteilen trotz der Nähe zum Zollverein das Image des Problem-<br />

viertels an.<br />

Die Befragten sehen in Zollverein zur Imageverbesserung eine große Chance: „im Um-<br />

feld der Zeche [wird] ein interessantes Pflaster“ entstehen (GESPRÄCHSPARTNER 1 2010, 14).<br />

Weiterhin wird darauf hingewiesen, dass ein historischer Zusammenhang zwischen der<br />

Zeche Zollverein und den angrenzenden Stadtteilen, z. B. durch Arbeitersiedlungen,<br />

besteht. Erst „hier im Stadtteil kann man die ganze Historie sehen“. (GESPRÄCHSPARTNER 3<br />

2010, 12).<br />

Schwerpunktthemen im Stadtbezirk 76


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

5.6 Nutzung und Funktion der Zeche Zollverein<br />

Bereits vor der Schließung der Zeche und Kokerei Zollverein fand ein Tauziehen zwi-<br />

schen verschiedenen Akteuren um den Erhalt bzw. den Abriss der Gebäude statt.<br />

Während die Ruhrkohle eher den Abriss und die daran anschließende wirtschaftliche<br />

Neunutzung der Flächen präferierte, plädierten die Denkmalbehörden dafür, die Ge-<br />

samtanlage Zollverein zu erhalten. In einer Arbeitsgruppe, die sich 1987 gründete und<br />

aus Vertretern der Stadt Essen, des Deutschen Gewerkschaftsbundes, des Landes-<br />

verbands Rheinland, des Kommunalverbands Ruhrgebiet, der Bergbau AG Lippe und<br />

der Ruhrgebietsuniversitäten zusammensetzte, wurde ein Sanierungs- und Nutzungs-<br />

konzept erstellt. Dieses Konzept bot die Grundlage für die heutige Nutzung von Zoll-<br />

verein als Tourismus-, Architektur- und Wirtschaftsstandort. „Heute wird an diesem Ort<br />

Industriekultur inszeniert und stilisiert“ (GESPRÄCHSPARTNER 10 2010, 12).<br />

Differenziertes Nutzungsverhalten unterschiedlicher Akteursgruppen auf Zoll-<br />

verein<br />

In der heutigen Form wird das Zollverein-Gelände und seine sich darauf befindenden<br />

Gebäude durch drei Akteursgruppen genutzt: Bewohner der angrenzenden Stadtteile,<br />

Besucher von außerhalb und Beschäftigte auf Zollverein. Diese Nutzungen differenzie-<br />

ren sich jedoch nach Art und Intensität.<br />

Während die Bewohner der angrenzenden Stadtteile das Gelände eher als Freizeit-<br />

und Identifikationsort nutzen und betrachten, hat Zeche Zollverein für Touristen eher<br />

eine erlebnisorientierte Bedeutung. Eine weitere Nutzung kommt natürlich den dort<br />

Beschäftigten zu gute, die Zollverein als Arbeitsort erleben.<br />

Bewohner – „mitten drin, aber kaum dabei“<br />

Bei den Bewohnern des Stadtbezirks steht die Freizeitnutzung deutlich im Vorder-<br />

grund. „Ich habe den Eindruck, dass Zollverein immer mehr genutzt wird. Gerade<br />

Sommertags wird das Gelände als Freizeitort genutzt“ (GESPRÄCHSPARTNER 2 2010, 7). „Die<br />

Menschen gehen hier viel spazieren, besonders durch die Verbindungswege von<br />

Stoppenberg über das Zechengelände nach Schonnebeck“ (GESPRÄCHSPARTNER 3 2010, 9).<br />

Der Park bzw. die Grünflächen eignen sich gut zum Fahrradfahren, Joggen oder Spie-<br />

len (z. B. Bocciaspielen neben dem PACT Gebäude, vgl. Abb. 37). „Der Park wird auch<br />

von allen Altersgruppen genutzt“ (GESPRÄCHSPARTNER 6 2010, 9). Weitere saisonal begrenzte<br />

Aktionen, die von Zollverein geboten werden und die von den Bewohnern aufgesucht<br />

werden, sind z. B. eine Eisbahn, die vor der Industriekulisse im Winter aufgebaut wird,<br />

Schwerpunktthemen im Stadtbezirk 77


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

oder ein kleines Werksschwimmbad, dessen Wasserbecken sich in zwei Containern<br />

auf dem Gelände der Kokerei Zollverein befindet. „Da gehen sehr viele aus dem Stadt-<br />

bezirk hin. Das ist natürlich erstmal für Jüngere interessant, aber das wird auch von<br />

vielen angenommen und ist auch für die Migranten interessant. Ich hab das nie ge-<br />

zählt, aber die sind auch da“ (GESPRÄCHSPARTNER 1 2010, 7).<br />

Als ein fester Be-<br />

wohnermagnet für<br />

Zollverein gilt das<br />

so genannte Ze-<br />

chenfest, dass<br />

regelmäßig auf<br />

dem Gelände von<br />

Zeche Zollverein<br />

stattfindet und von<br />

der Werbegemein-<br />

schaft und der<br />

<strong>Stiftung</strong> Zollverein<br />

organisiert wird.<br />

Von mehreren<br />

Abb. 37: Boccia-Treff auf dem Zollvereingelände<br />

(DRECKER 2010)<br />

Experten wird das Zechenfest sehr positiv erwähnt, da es „kein Fest der Elite, sondern<br />

wirklich ein Stadtbezirksfest“ (GESPRÄCHSPARTNER 7 2010, 14) ist. Initiiert wurde das Zechen-<br />

fest von der Werbegemeinschaft Katernberg. Es existiert mittlerweile knapp zehn Jahre<br />

und ist „ein Highlight für Zollverein. Wir haben es geschafft, dass da vom Kleinkind bis<br />

zum Großvater jede Altersgruppe hinkommt. Das wiederum animiert die einzelnen Al-<br />

tersschichten, die sonst nicht unbedingt zusammen irgendwo hingehen, sich mit dem<br />

Bereich Zollverein zu beschäftigen“ (GESPRÄCHSPARTNER 2 2010, 7). Die vorbildliche Integra-<br />

tion von den verschiedenen Altersgruppen, aber auch von Personen mit unterschiedli-<br />

chem kulturellen Hintergrund wird vom Werbering Katernberg bewusst gesteuert. So<br />

initiierte z. B. der Vorsitzende des Werberings, Herr Maas, eine Jugendbühne, auf der<br />

verschiedene Jugendmusikbands aus den Stadtteilen auftreten können. Außerdem gibt<br />

es ein Kindertheater sowie ein Seniorentheater. Bei der Ansprache der Bewohner mit<br />

Migrationshintergrund gibt es aufgrund von kulturellen Verhaltensgewohnheiten noch<br />

Schwierigkeiten. „Es ist unheimlich schwer, die muslimischen Migranten anzusprechen,<br />

weil die vom Hinterrund eher reservierter sind. Die können mit Zollverein wenig oder<br />

gar nichts anfangen, da ist wenig Interesse da. Menschen mit anderen Migrationshin-<br />

tergründen, wie polnische oder russische Hintergründe, haben da schon mehr Interes-<br />

Schwerpunktthemen im Stadtbezirk 78


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

se und sind integrationsfähiger“ (GESPRÄCHSPARTNER 2 2010, 8). Grundsätzlich ist die zeit-<br />

weise intensive Freizeitnutzung zwar als positiv zu bewerten, allerdings ist dies auf-<br />

grund der eigentlichen Ausrichtung von Zeche Zollverein und der vorhandenen Ange-<br />

botsstruktur nur ein geringer Anteil an den Projekten und Aktivitäten, die es auf Zoll-<br />

verein zu erleben gäbe. Nach Aussagen der Befragten wird Zollverein seitens der Be-<br />

wohner zunehmend kulturell genutzt. Bislang war das Interesse für die Nutzung von<br />

kulturellen Angeboten wie z. B. Konzerten seitens der Bewohner eher gering, während<br />

neuerdings Angebote des Ruhrmuseums scheinbar intensiver wahrgenommen werden.<br />

„Die Neugier wird immer stärker, das höre ich von den Leuten“ (GESPRÄCHSPARTNER 3 2010,<br />

9). Andere Angebote wie Theaterveranstaltungen, Kunstausstellungen oder Designvor-<br />

träge übersteigen hingegen meist das kulturelle Interesse der Stadtteilbewohner, so<br />

dass sich die „Menschen in den Stadtteilen nicht transparent in den Angeboten wieder-<br />

finden“ (GESPRÄCHSPARTNER 6 2010, 9) können. „Die kulturelle Ebene ist einfach zu hoch für<br />

viele“ (GESPRÄCHSPARTNER 3 2010, 11). Ebenfalls wirken Eintrittspreise, die für die Bewohner<br />

der angrenzenden Stadtteile nicht erschwinglich sind, ausgrenzend für eine Vielzahl an<br />

Angeboten. Seitens der befragten Experten wurden z. B. das Projekt „Palace of pro-<br />

„Der Stellenwert wird deutlich unter-<br />

schätzt. Wir haben hier 55.000 Ein-<br />

wohner im Stadtbezirk und ich habe<br />

den Eindruck, dass Zollverein immer<br />

mehr genutzt wird. Gerade Sommer-<br />

tags wird das Gelände als Freizeitort<br />

genutzt.“<br />

Funktion hat das, wem nützt das?“ (GESPRÄCHSPARTNER 1 2010, 11-12).<br />

jects“ oder ein Projekt mit<br />

eingesperrten Tigern in der<br />

Kokerei als absolut publikums-<br />

fern beschrieben. „Also das hat<br />

niemanden mitgenommen. Das<br />

waren quasi abgehobene<br />

Kunstwerke, die befremdlich<br />

waren und vor Ort viel Kritik<br />

erfahren haben. Da fragt sich<br />

jeder, was soll das, welche<br />

Auch das gastronomische Angebot auf Zollverein, wie z. B. das Casino Zollverein, oder<br />

aber die dort zu erwerbenden Verkaufsprodukte (zumeist Designmöbel) sind eher auf<br />

zahlungskräftige Kunden und damit auf die Akteursgruppe der Besucher ausgerichtet.<br />

Dies hemmt eine Integration der Bewohner in die Strukturen von Zollverein und kann<br />

mitunter zu einem Gefühl des Ausgeschlossen seins beitragen. Es wird die Befürch-<br />

tung zum Ausdruck gebracht, dass „der Bezug zu den Menschen im Stadtbezirk immer<br />

mehr zurückgeht“ (GESPRÄCHSPARTNER 9 2010, 9). Da der Hauptteil der Arbeitsplätze im Be-<br />

reich Design angesiedelt ist, findet auch hier kaum eine Beteiligungsmöglichkeit sei-<br />

Schwerpunktthemen im Stadtbezirk 79


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

tens der Bewohner statt. Zwar gibt es wirtschaftliche Interessen seitens Zollvereins, die<br />

auf die Unternehmen im Stadtbezirk VI ausstrahlen, doch ist dies eher ein geringer<br />

Effekt (siehe Kapitel 5.1).<br />

Trotz dieser evtl. unbewussten Ausgrenzungsprozesse der Bewohner hinsichtlich des<br />

Weltkulturerbes übernimmt dieses für die Bewohner der angrenzenden Stadtteile die<br />

Rolle als Identifikationspunkt. „Also für mich ist die Zeche sehr wichtig, sie hat ja immer<br />

zu meinem Leben gehört“ (GESPRÄCHSPARTNER 3 2010, 11). Neben den Menschen, die früher<br />

auf Zollverein gearbeitet haben bzw. deren Eltern auf Zollverein gearbeitet haben, ist<br />

auch mittlerweile ein Stolz bei den Bewohnern darüber vorhanden, dass sich in ihrer<br />

direkten Wohnnähe ein Weltkulturerbe befindet. „Wenn unser Verwandter aus Bayern<br />

anruft oder wir Besuch von außerhalb bekommen, dann zeigen wir auch Zollverein“<br />

(GESPRÄCHSPARTNER 6 2010, 9). Ebenfalls stolz sind die Bewohner darauf, dass Zollverein<br />

national und international bekannt ist und aus diesem Grund Menschen aus der gan-<br />

zen Welt in „ihren“ Stadtbezirk kommen und durch „ihren“ Stadtteil fahren (GESPRÄCHS-<br />

PARTNER 8 2010, 10). Besonders positiv ist festzustellen, dass die Bewohner ein großes<br />

Potenzial durch Zollverein wahrnehmen und eine Einbindung von ihrer Seite aus sehr<br />

erwünscht ist. „Für mich hat Zollverein dazu geführt, dass wir einen Identifikationspunkt<br />

haben, womit wir uns nicht rühmen sollten, aber worauf wir mit unserer Entwicklung im<br />

Stadtteil aufbauen können“ (GESPRÄCHSPARTNER 2 2010, 9).<br />

Touristen – „die Stars in der Manege“<br />

Zollverein ist ein Ort, welcher insbesondere auf Touristen ausgerichtet ist. Sie spielen<br />

hinsichtlich der Angebotsstruktur eine übergeordnete Rolle.<br />

Aus der Perspektive der Besucher stellt Zollverein ein touristisches Highlight dar. Die<br />

Besucherzahlen sind von 1998 bis 2010 kontinuierlich gestiegen. Aufgrund der Kultur-<br />

hauptstadt 2010 und des spektakulären Eröffnungsevents im Januar 2010 werden für<br />

dieses Jahr über zwei Millionen Besucher erwartet. Sowohl der Titel „Welterbe der<br />

Vereinten Nationen“ als auch die Möglichkeit des Erlebens des ehemaligen Industrie-<br />

zeitalters durch die Besichtigung der imposanten, erhaltenen Schachtanlagen, Koke-<br />

reien und Halden auf dem Zollverein-Gelände sind Tourismusmagneten. Weiterhin<br />

bietet Zollverein ein künstlerisches und kulturelles Programm, das für viele Besucher<br />

verlockend ist. Eine Attraktion an sich stellt die historische Bausubstanz von Zollverein<br />

dar.<br />

Schwerpunktthemen im Stadtbezirk 80


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

Arbeitnehmer – „der gute Nebeneffekt“<br />

Weiterhin gilt die Zeche Zollverein als ein Kreativstandort, der seit 2004 stetig durch die<br />

<strong>Stiftung</strong> Zollverein entwickelt wurde. Zahlreiche Flächen werden für Hauptversamm-<br />

lungen, Kundenaktivitäten und Fachsitzungen wie das Design-Frühstück oder die Jah-<br />

restagung Design genutzt. Eine zunehmende Nutzung des Areals der Zeche Zollverein<br />

verspricht man sich in Essen auch durch die 600 Folkwang-Studenten, die es dem-<br />

nächst hier geben wird. Man erhofft sich davon sowohl einen wirtschaftlichen Auf-<br />

schwung als auch einen Aufschwung auf dem Wohnungsmarkt (GESPRÄCHSPARTNER 1 2010,<br />

7).<br />

Zollverein wird von auswärtigen Personen und Nutzern sehr positiv wahrgenommen<br />

und intensiv besucht. Für sie hat das Gelände die Funktion des Besuchens, Erlebens<br />

und Lernens.<br />

Allgemein negativ ist ein mangelndes Ange-<br />

bot an Gastronomie für Touristen und Be-<br />

wohner zu vermerken. Zwar gibt es ein Ca-<br />

sino, das erstklassige Speisen anbietet,<br />

doch sind dessen Angebote sehr kostspielig<br />

und für „einfache“ Fahrradtouristen, ge-<br />

schweige denn für die Bewohner des Stadt-<br />

bezirks nicht bezahlbar. Ebenfalls muss die<br />

Zusammenarbeit zwischen den verschiede-<br />

nen Anbietern für Tagungen, Events und<br />

Veranstaltungen verbessert werden. Da die Gebäude unterschiedlichen Besitzern ge-<br />

hören, wurde bislang keine gemeinsame Angebotsstruktur zur Vermietung von Räu-<br />

men entwickelt. Das Organisieren einer Veranstaltung und das Beschaffen eines Rau-<br />

mes auf Zollverein sind sehr mühselig und kompliziert.<br />

Steuerung der Entwicklung von Zollverein – <strong>Stiftung</strong> Zollverein<br />

Die Entwicklungen, Planungen und Vorhaben werden seit 1998 durch eine gemeinnüt-<br />

zige <strong>Stiftung</strong>, die <strong>Stiftung</strong> Zollverein gelenkt. Die „<strong>Stiftung</strong> Zollverein“ wurde von der<br />

Stadt Essen und dem Land Nordrhein-Westfalen gegründet. Ziel und Zweck der Stif-<br />

tung sind „die Erhaltung des Welterbes und die Förderung der Kultur sowie die Ent-<br />

wicklung von Zollverein zu einem internationalen Kultur- und Wirtschaftsstandort“ (STIF-<br />

TUNG ZOLLVEREIN 2010).<br />

Abb. 38: Kleiner Imbiss auf Zollverein<br />

(DRECKER 2010)<br />

Schwerpunktthemen im Stadtbezirk 81


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

Seitens der Bewohner des Stadtbezirks VI wird die Arbeit der <strong>Stiftung</strong> Zollverein kri-<br />

tisch betrachtet. Die Bewohner fühlen sich ausgeschlossen und nicht beteiligt. Zwar<br />

wurde z. B. eine Sozialraumkonferenz zum Thema „Wie könnte die Verbindung zwi-<br />

schen Zollverein und den Stadtteilen besser funktionieren“ organisiert, bei der auch<br />

eine Person der Entwicklungsgesellschaft Zollverein anwesend war, doch wurde der<br />

Wunsch, dass Zollverein auch die Rolle eines Bürgertreffpunkts für Jugendliche und<br />

Ältere, wie z. B. ein Jugendtreff oder eine Café, erhält, kategorisch abgelehnt. „Man<br />

würde das eher auf der kulturellen Ebene betrachten als mit der Funktion einer Begeg-<br />

nungsstätte“ (GESPRÄCHSPARTNER 9 2010, 11). Das Gefühl, dass die Entwürfe und Planungen<br />

nicht gemeinsam mit der Bevölkerung entwickelt, sondern von oben aufgesetzt wur-<br />

den, wurde so zunehmend verstärkt.<br />

Weiterhin befürchten einige Bewohner des Stadtbezirks, dass Zollverein aufgrund der<br />

kulturellen Ausrichtung keine richtige Bindung an die umliegenden Stadtteile erfährt.<br />

„Ich will das nicht in Abrede stellen: kulturell, informativ, auch mit dem neuen Museum<br />

ist das sicher Klasse, und es zieht Leute von außen an, die sich informieren wollen und<br />

die auch begeistert sind. Aber es ist irgendwie wie ein Museum und nicht wie eine Be-<br />

gegnungsstätte und der Bezug zu den Menschen im Stadtteil geht immer mehr zurück“<br />

(GESPRÄCHSPARTNER 9 2010, 9). Ebenso wird die Erwartung geäußert, dass durch die thema-<br />

tische Distanz zu den Stadtteilen „das Projekt Zollverein nicht wieder die Mauern so<br />

aufbaut wie früher“ (GESPRÄCHSPARTNER 2 2010, 9).<br />

Aus einer relativ objektiven Sichtweise des Büros für Stadtentwicklung Essen heraus<br />

wird erläutert, dass eine gegenwärtige gehemmte Beziehung zwischen den Akteuren in<br />

den Stadtteilen und den Akteuren der <strong>Stiftung</strong> vor allem mit einzelnen Personen in der<br />

Vergangenheit zu tun hat und deren Auftritt in der Öffentlichkeit. „Der persönliche Auf-<br />

tritt einzelner Leute hat viel Porzellan zerschlagen, das nur mühsam wieder aufgepäp-<br />

pelt werden konnte“ (GESPRÄCHSPARTNER 1 2010, 12). Es wird beschrieben, dass z. B. bei der<br />

Einweihung Zollvereins zum Welterbe „die Leute aus den Stadtteilen nur davor stan-<br />

den“ (GESPRÄCHSPARTNER 3 2010, 11), während „die VIPs hinterher ihre Canapés aßen“ (GE-<br />

SPRÄCHSPARTNER 4 2010, 13). „Wenn Termine stattfinden, kommt da direkt der Ministerpräsi-<br />

dent, dann werden Reden geschwungen, die immer auf höchster Ebene stattfinden.<br />

Wen soll denn das hier interessieren? Das schreckt doch eher ab, als dass es einbin-<br />

det“ (GESPRÄCHSPARTNER 3 2010, 10).<br />

Das Problem einer fehlenden Berücksichtigung der Zollverein umgebenden Stadtteile<br />

ist die mangelnde Auseinandersetzung mit deren Problemen und das ungenügende<br />

Bewusstsein, dass durch Zeche Zollverein positive Änderungsprozesse im Stadtbezirk<br />

Schwerpunktthemen im Stadtbezirk 82


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

VI ausgehen könnten. „Die haben das nicht so als Zusammenhang gesehen. Oder<br />

vielleicht ihre Konzentration auf den Standort Zollverein zum Maß aller Dinge gemacht“<br />

(GESPRÄCHSPARTNER 1 2010, 11). „Bei der <strong>Stiftung</strong> Zollverein gibt es einige Personen, die<br />

haben mit dem Stadtbezirk nichts am Hut. Im Gegenteil, die sagen, wenn wir die Stadt-<br />

teile rundherum nicht hätten, dann hätten wir das Kulturhighlight Nordrhein-Westfalens<br />

oder sogar der Welt“ (GESPRÄCHSPARTNER 2 2010, 10). Man spürt deutlich die Enttäuschung<br />

und das Missfallen bei dem bisherigen Vorgehen der <strong>Stiftung</strong>. „Das ist eine Szenerie,<br />

die sich selbst feiert“ (GESPRÄCHSPARTNER 3 2010, 11).<br />

Kinder und Jugendliche auf Zollverein<br />

Zollverein wird von Kindern und Jugendlichen als sehr positiv wahrgenommen und vor<br />

allem dessen abwechslungsreiche Natur von Heranwachsenden aller Altersstufen in-<br />

Abb. 39: Zeche Zollverein, Kinderzeichnung<br />

(HERBARTSCHULE 2010, KLASSE 3A)<br />

tensiv genutzt (vgl. Abb. 39). Der Grund der<br />

positiven Wahrnehmung muss aber diffe-<br />

renzieren. Es gibt einerseits Jugendliche,<br />

die von Zollverein aufgrund des Status<br />

Welterbe begeistert sind. „Da kommt dann<br />

auch ein gewisser Stolz und Gespräche<br />

zum Thema Tradition auf“ (GESPRÄCHSPARTNER<br />

8 2010, 9). Anderseits gibt es auch Jugendli-<br />

che, die „eher weniger damit [Zeche Zoll-<br />

verein und ihrer Geschichte] anfangen kön-<br />

nen“ (GESPRÄCHSPARTNER 8 2010, 10), sich dort<br />

aber aufgrund des Reizes des Geländes<br />

treffen und verweilen und evtl. mit der<br />

Schulklasse mal vor Ort waren.<br />

Während jüngere Kinder auf den verwilder-<br />

ten Halden und Flächen eher eine Chance<br />

„zum ungehemmten Ausleben ihres Bewegungs- und Entdeckungsdrangs“ (KEIL 1998, 64)<br />

sehen, bietet Zollverein den älteren Jugendlichen Gelegenheit, außer Sichtweite von<br />

Erwachsenen teils untersagten Tätigkeiten wie Alkoholkonsum oder wildes Grillen<br />

nachzukommen (GESPRÄCHSPARTNER 1 2010, 7). In einer Umfrage äußerten sich ein Großteil<br />

der befragten Kinder und Jugendlichen, dass sie die Atmosphäre der Zeche Zollverein<br />

sehr schätzen, ebenso die Größe des Geländes und die Möglichkeiten, sich im Park o.<br />

ä. vom Alltagsstress zu erholen.<br />

Schwerpunktthemen im Stadtbezirk 83


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

Zwar haben sich die Jugendlichen schon selber Räume angeeignet, an denen sie sich<br />

treffen, wie z. B. „auf einem alten Parkplatz – im Westerbruch bei der Neubaussiedlung<br />

– und einer riesigen Parkanlage (Stauderstraße)“ (GESPRÄCHSPARTNER 8 2010, 9), dennoch<br />

wird es als notwendig erachtet, „weitere attraktivere Aufenthaltsorte zu entwickeln, die<br />

den Jugendlichen die Möglichkeiten geben, sich zu treffen oder auch gemeinsam Sport<br />

zu treiben“ (GESPRÄCHSPARTNER 8 2010, 9). Damit ist die Hoffnung verbunden, dass der Ort<br />

von Jugendlichen selbstverständlicher aufgesucht werden würde. „Sie selbst würden<br />

sich in ihrem Stadtteil nicht verdrängt, sondern angenommen fühlen“ (GESPRÄCHSPARTNER<br />

8 2010, 12). Weiterhin sollte die grundsätzlich positive Wahrnehmung des Areals genutzt<br />

werden, um die Kinder und Jugendlichen bei den Planungen zu integrieren. Neben der<br />

Nutzung als Freizeitort setzen sich viele Jugendliche z. B. in Internetforen mit Zollver-<br />

ein auseinander. „Wenn sie in die Schule gehen und dann die Schüler fragen, die ken-<br />

nen alle Zeche Zollverein besser, als meine Generation“ (GESPRÄCHSPARTNER 2 2010, 7).<br />

Anscheinend hat auch die Eröffnung der Kulturhauptstadt im Januar 2010 Eindruck auf<br />

die Kinder gemacht, wie Abbildung 40 zeigt.<br />

Abb. 40: Zeche Zollverein bei der Eröffnung zur Kulturhauptstadt, Kinderzeichnung<br />

(HERBARTSCHULE 2010, KLASSE 3A)<br />

Leider fallen auch einige Jugendliche bzw. deren Verhalten auf Zollverein negativ auf,<br />

z. B. durch das Einwerfen von Fensterscheiben, das Belästigen von Besuchern oder<br />

Schwerpunktthemen im Stadtbezirk 84


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

das Sprühen von Graffitis. Andere Jugendliche dagegen gestalten ihre Freizeit auf<br />

Zollverein damit, interessante Fotos zu machen oder einfach nur rumzusitzen. Dies<br />

wird als positiv gesehen. „Das habe ich früher auch gemacht. Das sollte man ruhig<br />

zulassen, das baut nämlich Hemmungen ab und dann kommen sie auch später zur<br />

Zeche. Und es bindet ja auch an einen Standort“ (GESPRÄCHSPARTNER 3 2010, 10). Positiv<br />

bewertet wird eine auf Zollverein ansässige Kindertagesstätte, die „einen wichtigen<br />

Effekt auf die Stadtteile hat, weil sie gleichermaßen bürgerbezogene und gewerbliche<br />

Aktivitäten vereint“ (GESPRÄCHSPARTNER 1 2010, 8). Auch die <strong>RAG</strong> Bildung hat das Potenzial<br />

von Zollverein für Kinder nutzbar gemacht, indem sie eine Sommerfreizeit für Kinder<br />

aus dem Stadtbezirk angeboten hat. Unter dem Motto „Piraten auf Zollverein“ wurde so<br />

ein Angebot für Kinder geschaffen und dafür das Ambiente von Zollverein sinnvoll ein-<br />

gesetzt.<br />

Teilweise gibt es aber auch Jugendliche, auf die einerseits die mit Kunst, Kultur und<br />

Geschichte in Verbindung stehende Neunutzung des Geländes abschreckend wirkt,<br />

die andererseits aber auch durch Schule oder Elternhaus zu wenig mit Zollverein in<br />

Kontakt gekommen sind. Es wird beklagt, dass viele Nutzungen, die auf Zollverein vor-<br />

handen sind, nichts mit Kindern und Jugendlichen zu tun haben und dass Jugendliche<br />

von Seiten der <strong>Stiftung</strong> nicht genug beteiligt werden, bzw. diese „es nicht Ernst meint“<br />

(GESPRÄCHSPARTNER 6 2010, 8). Leider wurde bislang eine Anfrage seitens der AWO, einen<br />

Sozialarbeiter auf Zollverein zu etablieren, um den Jugendlichen einen „Anteil an Zoll-<br />

verein“ zu geben, bislang seitens der <strong>Stiftung</strong> Zollverein nicht beantwortet, so dass<br />

seitens der AWO der Eindruck entstanden ist, dass diese Idee nicht gewollt ist (GE-<br />

SPRÄCHSPARTNER 6 2010, 8). Ebenfalls wurde bemängelt, dass auf Zollverein kein Treffpunkt<br />

oder Café für Jugendliche geschaffen wird, da Zollverein eher eine kulturelle Funktion,<br />

als die einer Begegnungsstätte innehaben soll (siehe oben).<br />

Eine wichtige Funktion von Zollverein für Kinder und Jugendliche übernimmt das Ge-<br />

lände als Ort des Lernens. Diese Funktion wird bislang noch zu wenig genutzt. Ge-<br />

genwärtig gibt es nur wenige Kooperationen zwischen den auf Zollverein ansässigen<br />

Museen bzw. Veranstaltungen und den Schulen im Stadtbezirk. Aufgrund fehlender<br />

finanzieller Mittel der Eltern können einige Schulen sich eine Führung über Zollverein<br />

oder einen Besuch z. B. im Phänomania – Erfahrungsfeld der Sinne – nicht leisten. Da<br />

eine Unterstützung von Klassenausflügen für Hartz IV-Empfänger erst mit einer Über-<br />

nachtung gewährleistet wird, ist der Besuch des direkt im Umfeld liegenden Zollverein-<br />

geländes nicht möglich. „Wenn wir als Schule hingehen würden und die Kinder dann zu<br />

Schwerpunktthemen im Stadtbezirk 85


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

Hause erzählen würden, wie toll das da ist, dann würde eine stärkere Identifikation mit<br />

Zollverein vielleicht vorhanden sein. Aber dann hindert wieder der Eintrittspreis“ (GE-<br />

SPRÄCHSPARTNER 10 2010, 12). Das Vermitteln von industriegeschichtlicher Vergangenheit<br />

und das Kennenlernen der Arbeitswelt, die das Leben der Groß- und Urgroßeltern<br />

prägte, sind notwendig, um eine stadtteilbezogene Wir-Identität schon bei den Kindern<br />

zu prägen. Um eine Bereitschaft zur Gestaltung von Gegenwart und Zukunft zu för-<br />

dern, ist es wichtig, die Leistungen der Menschen aus der Vergangenheit kennenzuler-<br />

nen und so ein Verantwortungsgefühl zu entwickeln. Durch das Zeigen und Entdecken<br />

von stadtteilprägenden Merkmalen wie Fördertürmen oder typischen Zechenhäusern<br />

kann bei den jungen Menschen ein Stolz und eine innere Verbundenheit zu ihrem Le-<br />

bensumfeld geweckt werden, die sich in Zukunft positiv auf ihre „Bereitschaft zu mehr<br />

Engagement für ihr unmittelbares Lebensumfeld“ (MÜLLER 2008, 195) auswirken.<br />

Impulse von Zeche Zollverein auf die angrenzenden Stadtteile<br />

Von der Zeche Zollverein gehen unterschiedliche Impulse sowohl kulturell als auch<br />

wirtschaftlich in die umliegenden Stadtteile aus. Die Stärke der Impulse ist jedoch noch<br />

differenziert zu betrachten. Die stärksten wirtschaftlichen Effekte haben bislang die<br />

Übernachtungen von Touristen bei privaten Vermietern im Stadtbezirk (siehe Kapitel<br />

5.1) bewirkt. Ziel ist es zwar, die Wirtschaftskraft der Besucher auch in die umliegen-<br />

den Stadtteile zu lenken (GESPRÄCHSPARTNER 3 2010, 8), doch müsste dazu auch die Attrakti-<br />

vität in den Stadtteilen erhöht werden, z. B. durch den Ausbau von gastronomischen<br />

Angeboten.<br />

Die Beschäftigten von Firmen, die sich auf Zeche Zollverein befinden, sind größtenteils<br />

keine Bewohner des Stadtbezirks VI. Allerdings strahlen die wirtschaftlichen Interessen<br />

der in der Zeche Zollverein ansässigen Unternehmen auch auf die Unternehmen der<br />

umliegenden Stadtteile aus. Ziel muss es sein, diesen Effekt noch zu stärken. „Wenn<br />

sich die Zeche Zollverein als Wirtschaftsstandort entwickelt und sich neben dem Tou-<br />

rismus auch eine wirtschaftliche Dynamik entfaltet, dann kann es auch gelingen, dass<br />

die umliegenden Stadtteile davon profitieren“ (GESPRÄCHSPARTNER 7 2010, 10 F.).<br />

Weitere Impulse durch Zeche Zollverein waren bauliche Veränderungen. Auch wenn<br />

es eher eine geringe Anzahl an Veränderungen war, gab es doch einige Personen, die<br />

„kleinere Familienhäuser gebaut haben“ (z. B. am Kemper Weg) (GESPRÄCHSPARTNER 6<br />

2010, 9).<br />

Schwerpunktthemen im Stadtbezirk 86


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

Ein besonderer Impuls geht durch die Funktion als Identifikationspunkt für die Bewoh-<br />

ner aus. Damit diese Identifikation nicht gehemmt wird, muss von Zollverein eine stär-<br />

kere Bindung zum Stadtteil ausgehen. Gegenwärtig wird Zollverein seitens der Bewoh-<br />

ner zwar grundsätzlich als eine Stärke für den Stadtbezirk gesehen, doch wird auch<br />

bemerkt, dass „die Zeche noch nicht richtig angedockt ist, und ich weiß auch gar nicht,<br />

ob das zu leisten ist“ (GESPRÄCHSPARTNER 7 2010, 12). Um eine stärkere Identifizierung mit<br />

der Zeche Zollverein zu erreichen bzw. die vorhandene Identifikation zu stärken, fehlen<br />

bisher aber noch weiterreichende Angebote. „Dazu wäre ein stärkerer Bezug zu der<br />

Bevölkerung, vor allem zu den Bedürfnissen der Kinder und Jugendlichen, notwendig,<br />

der leider nicht gegeben ist“ (GESPRÄCHSPARTNER 9 2010, 9).<br />

5.7 Förderungen im Stadtbezirk VI<br />

Nachdem sich bereits das Kapitel 3.3 der Thematik Soziale Stadt mit seinem Grundan-<br />

liegen und lokalen Verankerungen widmete, wird sich in diesem Abschnitt im Speziel-<br />

len mit den lokalen Wirkungsweisen auseinandergesetzt.<br />

Eines der ersten Projekte in Katernberg war die Umgestaltung des Katernberger Mark-<br />

tes Anfang der 1990er Jahre. Bis 2004 schlossen sich daran 41 Projekte an, mittlerwei-<br />

le sind es noch einige mehr (konkrete Zahlen liegen bis zum Jahr 2004 vor).<br />

An der Förderung durch das Soziale Stadt-Programm wird die „sehr steinelastige“ (GE-<br />

SPRÄCHSPARTNER 6 2010, 7) bzw. „betonlastige“ (GESPRÄCHSPARTNER 7 2010, 8) Förderung kriti-<br />

siert, wobei die Kritik nicht an die Kommune, sondern an den Fördermittelgeber adres-<br />

siert ist. Die Gefahr wird darin gesehen, dass lediglich Gebäudekomplexe saniert wer-<br />

den, ohne soziale Probleme zu beheben. In diesem Falle wäre das Programm „reine<br />

Geldverschleuderung“ (GESPRÄCHSPARTNER 7 2010, 8). Achtet man bei der Fördermittelvertei-<br />

lung von Städtebauförderungsmitteln schwerpunktmäßig auf Großprojekte, scheinen<br />

die absoluten Zahlen diese Aussagen zu bestätigen, da viele Mittel in die Bereitstellung<br />

von neuen Kunst- und Gewerbeflächen oder Bau- und Sanierungsprojekte geflossen<br />

sind (STADT ESSEN, 2004, 13F).<br />

Allerdings sind neben diesen großen Projekten, die gefördert wurden, eine sehr große<br />

Anzahl an kleineren Projekten zu finden, (z. B. Bewohnerbeteiligung und Aktivierung in<br />

belasteten Wohnbereichen (35.790 Euroi, Interkulturelle Konfliktvermittler (25.000 Eu-<br />

ro), Anschub Verkehrsverein (25.564 Euro), etc. (STADT ESSEN 2004, 15F). Sicherlich sind<br />

die Fördersummen bei diesen eher sozial ausgerichteten Projekten wesentlich gerin-<br />

ger, doch scheinen sie nach den Beschreibungen der Befragten fruchtbringend gewe-<br />

sen zu sein (GESPRÄCHSPARTNER 3 2010, GESPRÄCHSPARTNER 9 2010, GESPRÄCHSPARTNER 8 2010). Wei-<br />

Schwerpunktthemen im Stadtbezirk 87


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

terhin benötigt der Tourismus z. B. eine bauliche Infrastruktur sowie die Erhaltung der<br />

Bausubstanz von Zeche Zollverein, die ja in diesem Fall als Tourismusmagnet fungiert<br />

(PASTERNAK 2008, 89). Ferner argumentiert Gesprächspartner 1, dass das Programm Sozi-<br />

ale Stadt zwar den Titel „Soziale Stadt“ trägt, aber ein Investitionsprogramm ist, das<br />

aus Städtebaumitteln finanziert wird. Aus dieser Sicht betrachtet, scheint dieses Städ-<br />

tebauprogramm einen anderen Weg eingeschlagen zu haben, indem die Bevölkerung<br />

„mitgenommen wird“ (GESPRÄCHSPARTNER 1 2010, 10). „Vielleicht ist es ein überzogener An-<br />

spruch zu glauben, wir schaffen mit diesem Programm die Lösung aller sozialen Prob-<br />

leme“ (GESPRÄCHSPARTNER 1 2010, 9).<br />

Neben dem Vorwurf einer steinelastigen Förderung gehen Vermutungen einzelner Ak-<br />

teure dahingehend, dass das Programmgebiet „Soziale Stadt“ von Katernberg auf den<br />

gesamten Bezirk ausgedehnt wurde, weil „Zollverein nicht in Katernberg liegt, sondern<br />

in Stoppenberg und natürlich mit in diese Förderkulisse rein sollte“ (GESPRÄCHSPARTNER 7<br />

2010, 11). Daraufhin wurde auch der Vorwurf genannt, dass „auch Fördermittel aus der<br />

Sozialen Stadt nach Zollverein geflossen [sind], und zwar richtig viel“ (GESPRÄCHSPARTNER<br />

7 2010, 11). Diesen Behauptungen widersprechen jedoch zwei Tatbestände: Erstens<br />

wurde das Programmgebiet Katernberg nicht ausgeweitet. Als Fördergebiet für das<br />

Programm Soziale Stadt wurde von Anfang an, also seit 1993, der Stadtbezirk VI aus-<br />

geschrieben. Ausgeweitet wurde lediglich die Arbeit des ISSAB (s. o.), die sich zuvor<br />

nur auf Katernberg-Beisen beschränkte (PASTERNAK 2008, 79F). Zweitens gibt der Ge-<br />

sprächspartner vom Büro für Stadtentwicklung zu bedenken, dass das Programm So-<br />

ziale Stadt unter anderem auch deshalb begonnen hat, weil es Zeche Zollverein und<br />

den Förderbedarf gegeben hat. „Da gab es ein erhebliches Landesinteresse, das aus<br />

Zollverein auch was wird – es gehört ja größtenteils dem Land – und es war ein Ange-<br />

bot an die Stadt, könnt ihr euch vorstellen, dass ihr um Zollverein Sachen entwickelt.<br />

Und dafür hat das Land auch ganz schön viele Mittel zur Verfügung gestellt“ (GE-<br />

SPRÄCHSPARTNER 1 2010, 10).<br />

Dennoch ist das Gefühl, dass dem Industriedenkmal wesentlich mehr Geld zugute ge-<br />

kommen ist bzw. dass „relativ viel Soziale Stadt-Knete bei Zeche Zollverein liegt“ (GE-<br />

SPRÄCHSPARTNER 7 2010, 11.<br />

Ein erhöhtes Interesse an Zeche Zollverein und den angrenzenden Stadtteilen seitens<br />

des Landes lässt sich auch daran erkennen, dass insgesamt wesentlich mehr Gelder in<br />

das Programmgebiet Essen-Katernberg geflossen sind als in andere Gebiete. Die För-<br />

derung durch das Programm Soziale Stadt „wird von anderen Stadtteilen mit sehr gro-<br />

Schwerpunktthemen im Stadtbezirk 88


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

ßem Neid beobachtet“ (GESPRÄCHSPARTNER 6 2010, 6). Betrachtet man die landesweite Ver-<br />

teilung von Fördergeldern des Soziale Stadt-Programms, ist die Spanne der Mittel, die<br />

in der Summe auf einzelne Gebiete entfallen sind, sehr groß. Im Zeitraum von 1993 bis<br />

2005 sind in Nordrhein-Westfalen rund 425 Mio. Euro in die Gebiete der Sozialen Stadt<br />

geflossen. Im Durchschnitt wären das für jedes Gebiet knapp 8 Mio. Euro. Die Summe<br />

der Förderung in diesem Zeitraum reichte aber von 1 Mio. Euro bis 65,2 Mio. Euro pro<br />

Gebiet, wobei das Programmgebiet Essen-Katernberg diese Höchstsumme erhalten<br />

hat (STÄDTENETZ SOZIALE STADT 2008, 25). Ebenfalls kritisch wurde die Dauer einiger Förder-<br />

projekte gesehen, besonders die Förderung aus dem Programm LOS. „Das Problem<br />

ist nur, dass die Förderstruktur so angelegt ist, dass ein Projekt, egal ob das gut oder<br />

schlecht ist, nicht fortführen darf. Zumindest nicht mit dieser Finanzierung. Das ist halt<br />

die Projektitis, in der wir leben“ (GESPRÄCHSPARTNER 7 2010, 7).<br />

Auswirkungen des Programms Soziale Stadt im Stadtbezirk VI<br />

Eindringlich zu betonen ist, dass sich in den letzten zwanzig Jahren in Katernberg und<br />

Umgebung einiges getan hat. „Wir haben doch mit diesem Programm eine ganze<br />

Menge ausgelöst“ (GESPRÄCHSPARTNER 1 2010, 9). Zwar konnten grundlegende Problemla-<br />

gen nicht endgültig behoben werden, doch wurden Verbesserungen erzielt, die den<br />

richtigen Weg markieren. Daher scheint auch das Motto vom Stadtbezirk VI „Ein Stadt-<br />

teil macht sich auf den Weg“ die aktuelle Situation treffend zu charakterisieren: Katern-<br />

berg ist auf dem Weg, aber noch längst nicht am Ziel (PASTERNAK 2008, 87).<br />

Dies spiegelt sich auch in den Meinungen der Befragten wieder, die ihre realistische<br />

Einschätzung des Stadtbezirk VI in zehn Jahren äußern sollten. Es wurde prognosti-<br />

ziert, dass sich der Stadtbezirk „stärker normalisieren“ und „gegenüber anderen Stadt-<br />

teilen angleichen“ wird (GESPRÄCHSPARTNER 1 2010, 15). „Insgesamt könnte ich mir vorstel-<br />

len, dass der Stadtbezirk so stabil ist, dass er nicht mehr als benachteiligter Stadtbezirk<br />

gilt“ (GESPRÄCHSPARTNER 7 2010, 16). „Ich denke, der Stadtbezirk wird sich weiter positiv<br />

entwickeln“ (GESPRÄCHSPARTNER 4 2010, 16). Ebenfalls positiv äußert sich der Jugendkon-<br />

taktbeamte: „Wenn ich das vor zehn Jahren sehe und wenn ich das hier jetzt sehe, hat<br />

es eine unheimliche Entwicklung gegeben. Und in der Hoffnung sollte man auch die<br />

nächsten 10 Jahre angehen!“ (GESPRÄCHSPARTNER 9 2010, 14).<br />

Schwerpunktthemen im Stadtbezirk 89


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

6 Diagnose, Konsequenzen und Empfehlungen<br />

Aufgrund der bereits in Kapitel 1 erwähnten allgemeinen Problemlage und Überforde-<br />

rung einzelner Kommunen, gewinnt die Rolle der Unternehmen und privaten Initiativen<br />

für kommunale Aktivitäten stetig an Bedeutung. Ein daraus resultierender wachsender<br />

Einfluss der privaten Wirtschaft auf Gesellschaft und Politik, schafft gleichzeitig die<br />

Möglichkeit, Unternehmen zur Übernahme von Verantwortung aufzufordern (Corporate<br />

Social Responsibility). Dieser Gedanke, dass Unternehmen Verantwortung für die Ge-<br />

sellschaft übernehmen, ist nicht neu, da bereits in früheren Jahrhunderten Unterneh-<br />

men vor allem in durch Kaufmannstradition geprägten Städten einen Teil der Wohl-<br />

fahrtsaufgaben für ihre Umgebung übernommen haben (TAUBKEN 2006, 154).<br />

Das seit einigen Jahren viel diskutierte Konzept von Corporate Social Responsibility<br />

stellt laut Definition der Europäischen Kommission ein Konzept dar, „[…] das den Un-<br />

ternehmen als Grundlage dient, auf freiwilliger Basis soziale und Umweltbelange in ihre<br />

Unternehmenstätigkeiten und in die Wechselbeziehungen mit den Stakeholdern zu<br />

integrieren.“ (EUROPÄISCHE KOMMISSION 2002, 5).<br />

Dabei kann von dem Engagement eines Unternehmens eine Stärkung der Stadt bzw.<br />

Region ausgehen, die über klassische ökonomische Aspekte hinausgeht. Gleichzeitig<br />

wirkt sich das Übernehmen gesellschaftlicher Verantwortung auf den Unternehmens-<br />

standort aus, so dass zwischen Stadt und Unternehmen Wechselwirkungen bestehen.<br />

Da ein Unternehmen ein intaktes Unternehmensumfeld benötigt, um langfristig erfolg-<br />

reich wirtschaften zu können, ergeben sich so Synergien zwischen Unternehmen und<br />

Stadt.<br />

Vor dem Hintergrund, der in Kapitel 3 und 5 dargestellten vielschichtigen Problemlage<br />

des Stadtbezirks VI, scheint das gemeinsame Agieren von öffentlichen und privaten<br />

Trägern dahingehend anstrebenswert.<br />

Die folgenden Ausführungen sollten daher vor der Idee betrachtet werden, dass nicht<br />

ausschließlich die öffentliche Hand der tragende Akteur ist, sondern zusätzlich insbe-<br />

sondere wirtschaftsstarke private Akteure aktiv werden.<br />

Diagnose, Konsequenzen und Empfehlungen 90


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

6.1 Beschäftigung<br />

Diagnose<br />

Das Thema Beschäftigung hat einen hohen Stellenwert im Stadtbezirk VI. Besonders<br />

seit der Schließung der Zeche und Kokerei Zollverein – der ehemals größte Arbeitge-<br />

ber des Essener Nordens – wurde die Arbeitsplatzsituation aus naheliegenden Grün-<br />

den als vordringlichstes Problem gesehen. Aufgrund der problematischen Lage in vie-<br />

lerlei Hinsicht sind viele Fördergelder aus unterschiedlichen Programmen in den Stadt-<br />

bezirk VI geflossen. Finanzielle Unterstützungen durch Fördermittel im Bereich Be-<br />

schäftigung wirkten allgemein betrachtet in vier Bereichen:<br />

1. Direkte Beschäftigungsverhältnisse, aber keine nachhaltigen<br />

Einerseits bewirkte der Einsatz von Fördermitteln eine Beschäftigung auf Zeit für Ar-<br />

beitssuchende im Stadtbezirk VI, in dem z. B. Städtebaufördermittel mit Arbeitsmarkt-<br />

maßnahmen kombiniert werden konnten. Bei dieser Art der Förderung wurden direkte<br />

Beschäftigungseffekte für die Bewohner des Stadtbezirks VI erzielt, allerdings waren<br />

diese nicht langfristig, sondern nur für einen festgelegten Zeitraum während der Tätig-<br />

keit angelegt. Durch den Einsatz von Fördermitteln in diesem Bereich konnten daher<br />

nur geringe langfristige und nachhaltige Beschäftigungseffekte für die Bewohner des<br />

Stadtbezirks VI erzielt werden. Als positive Auswirkungen könnte allerdings das Sam-<br />

meln von Erfahrungen und Kontakten während der Beschäftigung oder ein potentieller<br />

Anschub zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt angesehen werden.<br />

2. Unternehmensneugründungen mit Beschäftigungseffekten<br />

Ein weiterer Effekt auf den Beschäftigungsbereich durch Fördermittel ist die Schaffung<br />

von neuen Arbeitsplätzen im Stadtbezirk VI. Gefördert wurden dabei besonders Neu-<br />

gründungen von Unternehmen. Neu geschaffene Arbeitsplätze können jedoch nur in<br />

geringem Umfang die Arbeitsplätze der ehemaligen Zeche und Kokerei ersetzen. Bis<br />

auf wenige Ausnahmen (z. B. Touristik Zollverein) wurden zwar neue Unternehmen<br />

gegründet – allerdings hauptsächlich von Firmengründern, die keine Bewohner des<br />

Stadtbezirks VI waren. Da bei Neugründungen von Unternehmen aufgrund der noch<br />

bestehenden finanziellen Instabilität oftmals keine Beschäftigung von mehreren Arbeit-<br />

nehmern möglich ist, gab es hier bislang ebenfalls nur geringe Beschäftigungseffekte<br />

für Bewohner des Stadtbezirks.<br />

Diagnose, Konsequenzen und Empfehlungen 91


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

3. Aufwertung von Zollverein<br />

Weiterhin konnte durch Fördermittel die grundsätzliche Sanierung von Zollverein er-<br />

möglicht werden. Erst eine Nutzbarmachung und Aufwertung des Geländes ermöglich-<br />

te die Schaffung neuer Arbeitsplätze auf dem Gelände. Die städtebaulichen Sanie-<br />

rungsmaßnahmen sind somit als Voraussetzung der nachfolgenden Maßnahmen zur<br />

Förderung der lokalen Ökonomie zu sehen, so dass der Umbau der Zeche und Kokerei<br />

Zollverein letztendlich eine Voraussetzung z. B. zur Errichtung des Gründungszent-<br />

rums TripleZ und für neue lokale Wertschöpfungen in Form des Projekts „Zollverein<br />

Touristik“ darstellte. Bei der Schaffung von neuen Arbeitsplätzen auf Zollverein durch<br />

die vorangegangene Sanierung ist allerdings wiederum darauf aufmerksam zu ma-<br />

chen, dass der größte Teil der Arbeitsplätze im Bereich Kreativwirtschaft liegt, so dass<br />

hier eine Einbindung bzw. Beschäftigung der Bewohner des Stadtbezirks aufgrund<br />

bestehender Bildungsbeschränkungen nicht möglich ist. Dennoch sollte eine grund-<br />

sätzliche Verurteilung des Einsetzens von Fördergeldern in Zeche Zollverein zur Sanie-<br />

rung und zum Umbau nicht stattfinden. Da ein großes Beschäftigungspotenzial für die<br />

Bewohner des Stadtbezirks im Bereich Tourismus gesehen wird, ist eine Erhaltung der<br />

Bausubstanz des Industriedenkmals wichtig, damit es nun als Touristenattraktion fun-<br />

gieren kann.<br />

4. Maßnahmen zur Berufsqualifizierung<br />

Ein weiterer Bereich des Fördermitteleinsatzes ist der Bereich Berufsqualifizierung. Die<br />

verschiedenen Maßnahmen (z. B. Computerkurs, interkulturelles Kompetenztraining,<br />

Telefontraining, Stärkung der Kommunikationsfähigkeit für Migranten) waren teilweise<br />

erfolgreich, allerdings kann keine genaue Zahl derer genannt werden, die daraufhin<br />

einen Ausbildungsplatz bzw. eine Arbeitsstelle gefunden haben. Inwieweit daher der<br />

Einsatz von finanziellen Mitteln zur Vermittelung dieser Kenntnisse Beschäftigungsef-<br />

fekte im Stadtbezirk bewirken konnten, kann bislang zwar vermutet, aber nicht nach-<br />

gewiesen werden.<br />

Zusammenfassend lässt sich herausstellen, dass lokale Fördermaßnahmen sowohl im<br />

materiellen als auch im nicht-materiellen Bereich teilweise sinnvoll und insbesondere<br />

entwicklungsgreifend waren. Allerdings kann ebenfalls konstatiert werden, dass in dem<br />

Bereich Beschäftigung durch diese Fördermaßnahmen keine komplette Problembesei-<br />

tigung im wirtschaftlichen Bereich herbeigeführt, sondern lediglich ein Anschub zu ers-<br />

ten Ansätzen einer Trendwende geleistet werden konnte. Das Auslaufen von Förder-<br />

maßnahmen birgt jedoch die Gefahr, dass bereits begonnene Prozesse und Strukturen<br />

Diagnose, Konsequenzen und Empfehlungen 92


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

potenziell gebremst werden, sich zunehmend verlangsamen und schließlich zum Still-<br />

stand kommen (z. B. Zollverein Touristik). Hoffnung schüren aber Entwicklungen in-<br />

nerhalb des Stadtbezirks, bei denen durch das Engagement ortsansässiger Unterneh-<br />

men, die nicht von einer Förderung abhängig sind, besonders nachhaltige und langfris-<br />

tige Strukturen – wie z. B. Beteiligungsprozesse und eine Verbesserung kultureller An-<br />

gebote durch die Schaffung und finanzielle Förderung von Stadtteilfesten – aufgebaut<br />

und gestärkt werden.<br />

Konsequenz und Empfehlung<br />

Ein großes Beschäftigungspotenzial für die Bewohner des Stadtbezirks VI wird dem<br />

Tourismus beigemessen. Aufgrund des steigenden Interesses an dem Weltkulturerbe<br />

Zollverein – vor allem vor dem Hintergrund, dass das Ruhrgebiet in diesem Jahr Kul-<br />

turhauptstadt Europas ist – werden für dieses und die kommenden Jahre weiter stei-<br />

gende Tourismuszahlen erwartet und durch einen Buchungsanstieg innerhalb der ers-<br />

ten drei Monate im Jahr 2010 bereits belegt. Dieses Potenzial gilt es in den kommen-<br />

den Jahren zu nutzen. Dazu müsste eine umfassende Tourismusstrategie in Zusam-<br />

menarbeit zwischen den bestehenden Akteuren im Tourismus – Zollverein Touristik<br />

und <strong>Stiftung</strong> Zollverein - möglichst zügig entwickelt werden. In einer solchen Touris-<br />

musstrategie sollten Zuständigkeiten, eine gemeinsame Vermarktung, die langfristige<br />

Sicherung von Arbeitsplätzen für Bewohner, etc. Schwerpunkt sein. Ist das gemeinsa-<br />

me Erarbeiten einer Tourismusstrategie aufgrund unterschiedlicher monetärer und<br />

ideeller Interessen nicht möglich, könnte hier die Stadt Essen vermittelnd agieren.<br />

Ebenso werden große Hoffnungen in den Dienstleistungssektor gesetzt. Durch die be-<br />

reits ansässigen Unternehmen auf dem Zeche Zollverein-Gelände könnten Beschäfti-<br />

gungseffekte ausgehen, die auch für die Bewohner des Stadtbezirks ansprechend und<br />

realisierbar wären. Hier werden Ansatzmöglichkeiten in Bereichen wie Veranstaltung-<br />

sauf- und -abbau, Gastronomie, Sicherheitspersonal, etc. erkannt. Um dabei positive<br />

Effekte für Stadtbezirksbewohner zu erzielen, ist eine Sensibilisierung der auf Zollver-<br />

ein ansässigen Unternehmen für die stadtbezirkbezogene Problematik von Nöten. Dies<br />

könnte durch die <strong>Stiftung</strong> Zollverein erreicht werden, da sie als Eigentümer eines Groß-<br />

teils der Flächen eine „Philosophie“ für Zollverein am besten vermitteln kann. Solch<br />

eine Philosophie sollte z. B. den Aspekt der Integration der Bewohner des Stadtbezirks<br />

VI beinhalten. Sollte eine Sensibilisierung durch persönliche Gespräche, Unterneh-<br />

mensabende, Informationsveranstaltungen, etc. der Unternehmen keine Erfolge zei-<br />

Diagnose, Konsequenzen und Empfehlungen 93


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

gen, könnten an die Vermietung von Flächen bzw. Gebäuden z. B. ein „Unterneh-<br />

menskodex“ gebunden sein, nach dem sich die angesiedelten Unternehmen halten<br />

müssten.<br />

Weiterhin festzuhalten gilt, dass das Ausbildungsangebot auf Zollverein unzureichend<br />

ist. Da Bildung aber als eine der wichtigsten Ressourcen für Zukunftsbranchen gese-<br />

hen wird, besteht hier unbedingter Handlungsbedarf. Durch die Schaffung von Ausbil-<br />

dungsangeboten für Jugendliche (hier könnte ebenfalls die <strong>Stiftung</strong> steuernd eingrei-<br />

fen) ergeben sich gleichzeitig für Zollverein Standortvorteile für Unternehmen. Die auf<br />

Zollverein ausgebildeten Mitarbeiter, die durch die Arbeit vor Ort mit Arbeitsabläufen<br />

und den örtlichen Gegebenheiten vertraut sind, könnten von dort bereits ansässigen<br />

Unternehmen übernommen werden, so dass sich Wettbewerbsvorteile gegenüber an-<br />

deren Unternehmen ergeben.<br />

Weiterhin könnte das „kreative Ambiente“ auf Zollverein im Bereich Beschäftigung und<br />

Bildung inspirierend und motivierend wirken. Neuartige Modelle der Beschäftigung von<br />

gering qualifizierten Personen oder andere Formen der Bildungsangebote (z. B. Holz-<br />

Kreativwerkstatt für Kinder) bieten Möglichkeiten, eine Einbeziehung der Bewohner zu<br />

erreichen.<br />

Insgesamt lässt sich eine Unzufriedenheit seitens der Bewohner und Akteure im Stadt-<br />

bezirk VI darüber feststellen, dass im Ganzen noch zu wenige Beschäftigungseffekte<br />

von Zeche Zollverein auf die angrenzenden Stadtteile und damit die Bewohner ausge-<br />

hen. Trotz dieses Unmuts besteht im Stadtbezirk eine hohe Bereitschaft der dort an-<br />

sässigen Unternehmen, durch eigene Leistungen zur Standortaufwertung beizutragen.<br />

Es ist im weiteren Vorgehen darauf zu achten, dass diese engagierte Bereitschaft sei-<br />

tens der Bewohner des Stadtbezirks eine intensivere Berücksichtigung findet. Durch<br />

das gemeinsame Entwickeln einer Strategie für Zollverein zwischen den Bewohnern<br />

des Stadtbezirks VI und den Akteuren auf Zollverein, vor allem der <strong>Stiftung</strong> Zollverein,<br />

könnten Potenziale und Ideen für die Förderung von Beschäftigungseffekten auf den<br />

Stadtbezirk freigesetzt werden. Sicherlich wird der Wunsch nach einer Stärkung der<br />

örtlichen Wirtschaftsstruktur in Verbindung mit der Schaffung und Sicherung quartiers-<br />

naher Arbeitsplätze schwer zu erfüllen sein. Doch sollte man die Einbeziehung und<br />

Mobilisierung des privaten Engagements auch im Bereich Beschäftigung anstreben.<br />

Diagnose, Konsequenzen und Empfehlungen 94


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

6.2 Kooperation<br />

Diagnose<br />

Ein hohes Maß an Wertschätzung gilt dem Aspekt der Kooperation und seinen damit<br />

verbundenen vielschichtigen Strukturen und einhergehenden umfangreichen Erfolgen<br />

im Stadtbezirk. Die derzeit bestehenden ebenenübergreifenden Kooperationsstruktu-<br />

ren sind der Erfolg langjähriger gemeinsamer Arbeit und eines auffallend hohen Enga-<br />

gements der Akteure vor Ort. Im Zentrum der Initiativen stehen gemeinsame und dau-<br />

erhafte Zielverfolgung, Offenheit und Vertrauen sowie gegenseitiges Respektieren.<br />

Genau diese sind die Basis für die funktionierende Kooperation im Stadtbezirk VI. Auf<br />

Grundlage dieser Strukturen konnte ein funktionierendes engmaschiges Netzwerk auf-<br />

gebaut werden, welches durch eine hierarchieübergreifende Akteursvielfalt zu charak-<br />

terisieren ist.<br />

Bei der Thematik Kooperation ist jedoch die Intensität der Zusammenarbeit quantitativ<br />

und qualitativ zu unterscheiden, so dass man von einer inneren und äußeren Koopera-<br />

tionsstruktur sprechen muss. Mit „innerer Kooperation“ sind die soeben beschriebenen<br />

funktionierenden Kooperationssysteme zwischen Akteuren innerhalb und außerhalb<br />

des Stadtbezirks gemeint. Hervorzuheben ist die hervorragende Zusammenarbeit der<br />

ansässigen Akteure im Stadtbezirk selbst. Dagegen bezeichnet die „äußere Kooperati-<br />

onsstruktur“ eher schwache Verbindungen und fehlende Strukturen. Neben den gerin-<br />

geren Verbindungen zur katholischen Kirche und zu einzelnen kommunal- und landes-<br />

politischen Partnern außerhalb des Stadtbezirks sind besonders die bislang unzurei-<br />

chenden oder abgebrochenen Strukturen hinsichtlich der Zusammenarbeit mit der Stif-<br />

tung Zollverein hervorzuheben. Besonders negativ fällt dabei auf, dass sich das Zeche<br />

Zollverein-Areal im Mittelpunkt der drei Stadtteile befindet. Gerade diese räumliche<br />

Nähe müsste eine intensive Zusammenarbeit und damit eine Zugehörigkeit zur inneren<br />

Kooperationsstruktur nicht nur voraussetzen, sondern unabdinglich machen. Gemein-<br />

schaftliches Handeln basierend auf Offenheit und Vertrauen als Ausgangspunkt für<br />

stadtteilbezogene Erfolgsmodelle müssen hier stärker aufgebaut werden, so dass ge-<br />

meinschaftlich Kooperationsstrukturen entstehen, die für alle Beteiligten gleichermaßen<br />

gewinnbringend sind. Die gefestigten inneren Kooperationsstrukturen scheinen hin-<br />

sichtlich einer gemeinschaftlichen Zusammenarbeit als eine gute Vorraussetzung.<br />

Grundvorrausetzung für das Gelingen des Kooperationsaufbaus sind Akzeptanz ge-<br />

genüber den bereits aktiven Beteiligten und eine grundlegende Bereitschaft für ein Mit-<br />

einander. Selbstverständlich ist auch hier eine vertrauensvolle Basis als Grundlage<br />

einer erfolgreichen Zusammenarbeit unabdingbar.<br />

Diagnose, Konsequenzen und Empfehlungen 95


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

Konsequenz und Empfehlungen<br />

Handlungsbedarf besteht ohne Zweifel im Ausbau und der Intensivierung der Koopera-<br />

tionsstrukturen. Vorraussetzung für ein gemeinsames Handeln ist die Schaffung eines<br />

Vertrauensverhältnisses. Möglicherweise ist das unzureichend wahrgenommene Mit-<br />

einander von verschiedenen Akteuren ungewollt oder auf Missverständnissen beru-<br />

hend. Hier wäre von jedem die Reflektion des eigenen Meinungsbildes anzuregen und<br />

gegebenenfalls verfestigte Verhaltensweisen aufzubrechen.<br />

Als ersten Schritt in der Erweiterung der inneren Kooperationsstrukturen sollte eine<br />

engere Zusammenarbeit mit der <strong>Stiftung</strong> Zollverein angestrebt werden. Der Stadtbezirk<br />

und die Zeche Zollverein dürfen sich nicht als getrennte und konkurrierende Standorte<br />

im Wege stehen. Vielmehr ist eine gemeinsame Zielverfolgung nötig, welche dem<br />

Stadtbezirk und der Zeche Zollverein nützlich sind. Vor allem in den Bereichen Touris-<br />

mus, Bildung, Beschäftigung, Image und Identität werden potenzielle Handlungsfelder<br />

gesehen.<br />

Der florierende Tourismus auf dem Zollvereingelände könnte noch stärker mit dem<br />

Stadtbezirk verzahnt werden. Dabei scheinen der weitere Ausbau der Gastronomie-<br />

und Übernachtungsstrukturen geeignete Ansatzpunkte. Die personelle Stärkung der<br />

touristischen Beschäftigungsstruktur auf der Zeche Zollverein ist durch den gezielten<br />

Einsatz von ehemaligen Zechenarbeitern denkbar, die am Besten die ehemalige Zeche<br />

als touristische Attraktion vorstellen können. Unter dem Motto die „Zeche zum Anfas-<br />

sen“ könnte ein derartiges Konzept verstanden werden. Identifikationssteigerung zwi-<br />

schen den Stadtteilbewohnern und der Zeche Zollverein wäre ein wünschwerter Ne-<br />

beneffekt dabei.<br />

Im Bereich der Bildung könnte insbesondere die Zusammenarbeit mit den im Stadtbe-<br />

zirk ansässigen Schulen und Kindergärten ein Ansatzpunkt darstellen. Kindern und<br />

Jugendlichen des Stadtbezirk könnte der Zugang zur Zeche Zollverein erleichtert wer-<br />

den, indem gezielte, themenbezogene und dauerhafte Angebotsstrukturen geschaffen<br />

werden (z. B. kostengünstige Eintrittspreise für die Stadtteilbewohner, problembezoge-<br />

ne Veranstaltungen für Kindergärten und Schulen des Stadtteils), welche in die Lernin-<br />

halte des Schul- und Kindergartenalltags integriert werden können.<br />

Auch die angesprochene ausbaufähige Zusammenarbeit zwischen der katholischen<br />

Kirche ist zu aktivieren. Das Engagement der katholischen Kirche darf sich nicht zu-<br />

nehmend aus dem Stadtbezirk entfernen, sondern muss gerade hier gezielt aktiv wer-<br />

Diagnose, Konsequenzen und Empfehlungen 96


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

den. Neue Herangehensweisen bei der Widerannäherung an den Stadtbezirk sind zu<br />

überlegen. Dabei dienen die umfangreichen Kenntnisse und Erfahrungen der Akteure<br />

vor Ort als eine entscheidende Handlungsbasis für die erneute Etablierung der katholi-<br />

schen Kirche im Stadtbezirk.<br />

Bei der Zusammenarbeit mit der Stadt(verwaltung) Essen ist besonders die Kooperati-<br />

onspflege keinesfalls zu vernachlässigen, um die bereits gut funktionierende Koopera-<br />

tion nicht zu gefährden und weiter auszubauen sowie neue Projekte / Themen der Zu-<br />

sammenarbeit zu kreieren. Wichtig ist die Zusicherung von Verlässlichkeiten in unter-<br />

schiedlichen Bereichen der Stadtteilarbeit. Insbesondere sollte es darum gehen, das<br />

Interesse für den Stadtbezirk wahrnehmbar für die Akteure vor Ort anzuheben, was in<br />

einem gesteigerten Vertrauensverhältnis münden sollte. Dabei stehen die Zusicherung<br />

finanzieller Unterstützungen, Wertschätzung des Stadtteils und allgemeines Interesse<br />

an der weiteren Stadtteilentwicklung im Zentrum der Überlegungen.<br />

Allgemein scheint für die funktionierenden Kooperationsstrukturen sowohl ein zuneh-<br />

mender Aufbau von Netzwerken von Nöten, als auch die weitere Stärkung und Siche-<br />

rung des Bestehenden, welche zu einer zeitlichen Beständigkeit der gut funktionieren-<br />

den Kooperationsstrukturen führt. Zielführend wäre dabei ein Monitoring der Koopera-<br />

tionsstrukturen, um zum Beispiel neue Akteure zu lokalisieren.<br />

Durch Beendigung größere Förderinitiativen (wie u. a. Soziale-Stadt-Programm) be-<br />

steht die Gefahr, dass finanzielle Unterstützungen stark minimiert werden oder gar<br />

absolut auslaufen. Im ungünstigsten Fall kann es dadurch zum Zerstören gefestigter<br />

Netzwerke kommen und jahrelange Mühen sowie Erfolge geraten in Zweifel. Dies gilt<br />

es zu verhindern, denn die bestehenden Kooperationsstrukturen bilden eine Basis für<br />

die weitere Entwicklung des Stadtbezirks. Insofern sind neue Finanzierungsmodelle zu<br />

schaffen, welche neben öffentlichen Trägern insbesondere auch private Träger bein-<br />

halten sollten.<br />

Diagnose, Konsequenzen und Empfehlungen 97


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

6.3 Bildung und Soziales<br />

Diagnose<br />

Der Bereich Bildung und Soziales stellte in den vergangenen Jahren ein entscheiden-<br />

des und aktiviertes Handlungsfeld im Stadtteil dar. Unterschiedliche Akteure sowie<br />

differenzierte Ansätze waren und sind maßgebend und gleichzeitig entwicklungsbe-<br />

stimmend. Verschiedenste kleinere und größere Erfolgsentwicklungen können dadurch<br />

vernommen werden. Diese reichen jedoch bislang nicht aus, um aus einem stark sozial<br />

benachteiligten Stadtteil einen Stadtteil mit ausreichend positiver raumwirksamer, sozi-<br />

aler Wirkung werden zu lassen. Die Bildungs- und Sozialsituation im Stadtteil stellt sich<br />

zwar differenziert dar, wobei aber von einer allgemein problematischen Gemengelage<br />

ausgegangen werden muss. Die Problembereiche sind vielschichtig und führen in ihrer<br />

Wirkungsgesamtheit zu einer mitunter generationsübergreifenden sozialen Benachtei-<br />

ligung eines erheblichen Bevölkerungsanteils. Neben extremen sozialen Problemlagen<br />

bestehen aber auch mitunter stabilere soziale Lagen, welche weniger durch eine viel-<br />

schichtige Problembelastung charakterisiert sind. Innerhalb der sozial benachteiligten<br />

Bewohner kann zwischen Bewohnern mit Migrationshintergrund und Bewohnern ohne<br />

Migrationshintergrund unterschieden werden. Soziale Benachteiligung ist somit nicht<br />

zwingend an die ethnische Herkunft gebunden. Die multi-ethnische Zusammensetzung<br />

der Bewohner ist im Stadtteil typisch und führt insbesondere im Bildungsbereich (früh-<br />

kindliche Bildung und schulische Bildung) auch zu starken Konfliktpunkten. Im Bil-<br />

dungs-Lebenslauf der Bewohner kommt es erfahrungsgemäß zu einer sukzessiven<br />

Konfliktintensivierung, welche ihren Höhepunkt in der (mangelhaften oder fehlenden)<br />

beruflichen Ausbildung und in (Nicht-) Erwerbstätigkeit erreicht.<br />

Bestehendes hohes Engagement im Bildungsbereich durch verschiedene Träger und<br />

Lehrkräfte schaffen zwar erste Ansätze positiver sozialer Bedingungen und Strukturen.<br />

Sie reichen aber bislang nicht aus, um eine langfristige soziale Stabilität im Stadtteil zu<br />

sichern. Insbesondere knappe finanzielle Ressourcen sowie ein Bildungssystem, was<br />

nicht auf eine derartige sozial-räumliche Situation ausgerichtet ist, erschweren den<br />

sozialen Erfolg und damit die Bildungs- und Sozialchancen der ansässigen Bewohner.<br />

Die geschaffenen Bildungs- und Sozialstrukturen können als „erste Hilfe“ für eine so-<br />

ziale Sicherung im Stadtteil verstanden werden, welche weiter ausbaufähig und zu<br />

intensivieren ist.<br />

Neben schulischer und beruflicher Armut ist eine Armut im Stadtteil hervorzuheben,<br />

welche sich zum einen durch eine Armut an finanziellem Kapital und zum anderen, und<br />

Diagnose, Konsequenzen und Empfehlungen 98


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

dies ist das Problematische, auch durch eine Armut in sozialer Kompetenz, welche sich<br />

in (häuslicher) Gewalt und/oder Kriminalität äußern kann – mitunter als Ausdruck all-<br />

gemeiner Überforderung mit der eigenen bzw. familiären Lebenssituation zeigt.<br />

Konsequenz und Empfehlung<br />

Unabdinglich sind nachhaltig wirksame Maßnahmen im Bereich von Bildung und So-<br />

ziales. Dabei sind insbesondere dauerhafte Strukturen (u. a. Personal- und Projektbe-<br />

ständigkeit) zur Sicherung einer langfristigen Erfolgsentwicklung maßgebend, gekop-<br />

pelt an einen stabilen und dauerhaft angelegten finanziellen Rückhalt. Insbesondere<br />

die Stärkung des Bildungssektors, vor allem im Bereich frühkindlicher, schulischer und<br />

beruflicher Bildung von Kindern und Jugendlichen, um stabile Bildungs-Lebensläufe zu<br />

ermöglichen, sollte prioritäre Bedeutung haben. Die Kinder des Stadtteils müssen als<br />

Hoffnungsträger für zukünftige positive Stadtteilentwicklung gelten und demnach eine<br />

ganz besondere Aufmerksamkeit erhalten. Nicht zu vernachlässigen im Bildungszu-<br />

sammenhang ist der Bereich der Erwachsenenbildung, um bislang schwierige Bil-<br />

dungs-Lebensläufe zu durchbrechen und (neue) Zukunftsperspektiven zu schaffen.<br />

Bei allen sozialen Maßnahmen ist zu betonen, dass ausschließlich Beständigkeit ge-<br />

koppelt an (gewachsenem) Vertrauen zum Erfolg führt. Dabei wirken langfristig ange-<br />

legte Strukturen besser als kurzfristige Maßnahmen. Bei der Stärkung von Bildung ist<br />

projektbezogenes- und planbares Handeln genauso unabdinglich wie situationsabhän-<br />

giges und spontanes Agieren von Akteuren. Beide Handlungsstrategien müssen dabei<br />

gleichberechtigt im Stadtteil einsetzbar sein.<br />

Die soziale Stabilität im Stadtteil ist auch von dem Wanderungsverhalten der derzeit<br />

ansässigen und stadtteilfremden Bevölkerung abhängig. Wichtig scheint, dass sozial<br />

stabile Haushalte im Wohnquartier gehalten und gleichzeitig neue stabile soziale Be-<br />

völkerungsgruppen für den Stadtteil gewonnen werden. Eine Chance kann in diesem<br />

Zusammenhang in der Inszenierung von attraktiven, mitunter alternativen Wohnprojek-<br />

ten (u. a. Mehr-Generationen-Modelle, Familienbezogene-Modelle, Junges-Wohnen-<br />

Modelle) betrachtet werden, welche sich von konventionellen Wohnformen abgrenzen<br />

und durch ihren Ausnahmecharakter attraktiv sind. Das gezielte Aufgreifen spezieller<br />

studentischer, urbaner familienbezogener Wohnpräferenzen und/oder Wohnvorstellun-<br />

gen von älteren Menschen in einem städtischen Umfeld könnten dabei eine Gelegen-<br />

heit für den Stadtteil darstellen, um Ansätze eines ersten sozialen Wandels auszulö-<br />

sen.<br />

Diagnose, Konsequenzen und Empfehlungen 99


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

Zudem tritt die Sicherung sozialer Institutionen als entwicklungsrelevant hervor. Die<br />

Gewinnung und das Halten attraktiver Träger von sozialen Einrichtungen im Stadtteil<br />

sind zukunftsbestimmend. Beispielsweise kann ein interessantes Kindertagesstätten-<br />

Konzept, was beispielsweise ethnische Vielfalt als Chance sieht, zukunftswirksam sein<br />

und auch Familien ohne Migrationshintergrund begeistern und zum Verbleiben bzw. zu<br />

einem Zuzug in den Stadtteil motivieren, was die Stärkung eines sozial gemischten<br />

Stadtteils induziert. Fortgeführt werden kann dies durch kompetente, alternative Schul-<br />

konzepte (welche u. a. keine Trennung der Kinder nach der 4. Schulklasse vorsehen),<br />

nicht mit Herangehensweisen konventioneller Schulen arbeiten. Ein längeres Neben-<br />

einader von Kindern und Jugendlichen mit unterschiedlichem sozialem Hintergrund<br />

wäre so potenziell möglich. Im Idealfall führen derartige Maßnahmen zu einer Wert-<br />

steigerung des Stadtteils, was wiederum zu einer Verbesserung des Außen-Images<br />

führen kann.<br />

Einen Beitrag zur Identifikationsstärkung zwischen Zeche Zollverein und den Bewoh-<br />

nern, kann auch im Bereich Bildung und Soziales erkannt werden. Bislang fast fehlen-<br />

de Synergieeffekte zwischen Zeche Zollverein und den Bewohnern können gerade hier<br />

erzeugt und als eine entscheidende Chance gesehen werden. Zeche Zollverein könnte<br />

sich durch seine Kompetenzen im Bildungs- und Wohnsektor etablieren und erste<br />

Strukturen neuer Bildungs- und Wohnprojekte mit Pioniercharakter schaffen. Dabei<br />

sind auch langfristige Beschäftigungsverhältnisse als positiver Nebeneffekt für den<br />

Stadtteil denkbar.<br />

Diagnose, Konsequenzen und Empfehlungen 100


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

6.4 Kinder und Jugendliche<br />

Diagnose<br />

Der Bereich Kinder und Jugendliche stellt ein Schlüsselthema für die zukünftige Ent-<br />

wicklung des Stadtbezirks VI dar. Der große Anteil an Kindern und Jugendlichen im<br />

Stadtbezirk VI nimmt im gesamtstädtischen Vergleich eine Sonderrolle ein, die als gro-<br />

ße Chance gesehen werden muss. Während andere Stadtteile mit enormen Problemen<br />

aufgrund der zunehmenden Alterung der Bevölkerung zu kämpfen haben, steht der<br />

Stadtbezirk VI in Essen eher vor der Herausforderung, das vorhandene Potenzial an<br />

jungen Menschen zukunftsweisend zu nutzen. Eine reine Anwesenheit von vielen jun-<br />

gen Menschen reicht jedoch als Standortvorteil nicht aus. Es muss deutlich herausge-<br />

stellt werden, dass vielmehr das daraus resultierende Potenzial zu nutzen ist.<br />

Gegenwärtig gibt es im Stadtbezirk VI einige Familien, in denen aufgrund von wirt-<br />

schaftlichen und / oder sozialen Problemen eine ausgeprägte positive Entwicklung der<br />

Kinder nicht bzw. nur eingeschränkt möglich ist. Besonders problematisch daran ist<br />

eine bestehende und sich zunehmend verstärkt entwickelnde Perspektivlosigkeit bei<br />

den Kindern und Jugendlichen, die wiederum Auswirkungen auf ihren späteren Le-<br />

bensalltag als Erwachsene hat. Eine hohe Zahl an jugendlichen Arbeitslosen belegt<br />

dies bereits heute deutlich.<br />

Das Thema Jugendkriminalität hat aufgrund zahlreicher gemeinschaftlicher Initiativen<br />

deutlich an Brisanz verloren, was als eine sehr positive Entwicklung zu werten ist. Lei-<br />

der ist diese Entwicklung vor allem Außenstehenden nicht gegenwärtig, so dass das<br />

Außenimage des Stadtbezirks weiterhin unter der verfestigten negativen Meinung über<br />

Kriminalität von Kindern und Jugendlichen leidet. Der Bereich Jugendkriminalität ist nur<br />

ein Themenfeld von vielen, in denen bereits ein starkes Engagement der lokalen Ak-<br />

teure zu verzeichnen ist. Einrichtungen wie Jugendhäuser, Kindertagesstätten, Ar-<br />

beitsgemeinschaften, Musikgruppen etc. bieten den Kindern und Jugendlichen zum<br />

einen eine Vielzahl an Angeboten und zum anderen mitunter einen Halt in ihrem alltäg-<br />

lichen Leben. Derartige Angebote schaffen oftmals eine beständige Struktur in dem oft<br />

wenig strukturierten Tages- bzw. Wochenablauf. Einige Maßnahmen für Kinder und<br />

Jugendliche – vor allem im kulturellen Freizeitbereich – sind durch Fördermittel finan-<br />

ziert worden. Kritisch zu betrachten ist, dass viele Maßnahmen dabei einen Projektcha-<br />

rakter hatten. Diese auf einen gewissen Zeitraum festgelegte Projektarbeit ist aller-<br />

dings wenig förderlich, da durch das Auslaufen von Projekten keine kontinuierliche<br />

Begleitung und damit positive Einflussnahme (u. a. kognitive Förderung) auf die Ent-<br />

wicklung von Kindern und Jugendlichen möglich ist.<br />

Diagnose, Konsequenzen und Empfehlungen 101


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

Der Wohlfühl- und Freizeitaspekt hat für die Kinder und Jugendlichen eine besondere<br />

Bedeutung. Anhand der Äußerungen der befragten Kinder und Jugendlichen konnte<br />

herausgestellt werden, dass hier ein deutlicher Verbesserungsbedarf besteht. Durch<br />

das Interesse am Verbessern und Mitgestalten „ihres“ Stadtbezirks zeigen sich Ansät-<br />

ze einer Identifizierung mit der Wohnumgebung der Kinder und Jugendlichen. Eine<br />

ausgeprägte Identifikation mit dem Stadtbezirk schon in jungen Jahren würde evtl. ei-<br />

nen Wegzug in späteren Jahren vermeiden und eine positive Einstellung bzgl. des En-<br />

gagements für den Stadtbezirk stärken.<br />

Konsequenz und Empfehlung<br />

Vor dem Hintergrund, dass die momentan dort ansässigen Kinder und Jugendliche, die<br />

Zukunft des Stadtbezirks darstellen und somit ein großes Potenzial offenbaren, muss<br />

in diesem Bereich ein intensives Maßnahmenpaket entwickelt werden, welches viel-<br />

schichtig ist und unterschiedliche Schwerpunkte in den Bereichen Bildung, Gesundheit,<br />

Soziales, Freizeit, etc. beinhalten sollte. Grundanliegen muss es sein, dass vor allem<br />

im Bereich Bildung und Soziales für Kinder und Jugendliche vermehrt ein Angebot ge-<br />

schaffen wird. Da dieser Bereich einen sehr hohen Stellenwert hat, wurde er bereits in<br />

einem gesonderten Abschnitt thematisiert (siehe Kapitel 5.3 und 6.3). Dieser Abschnitt<br />

wird aus Sichtweise von Kindern und Jugendlichen besonders der Freizeitstruktur ge-<br />

widmet, wobei dieser Aspekt natürlich immer auch Einfluss auf den Bereich Bildung<br />

und Soziales hat. Die vorgeschlagenen Freizeitstrukturen sollen neben den Bewe-<br />

gungs- und Vergnügensaspekten auch Bildung und Soziales stärken und integrieren.<br />

Absolut entscheidend dabei ist das Anlegen langfristiger Strukturen, da kurzfristig an-<br />

gelegte Maßnahmen, die lediglich einen Projektcharakter aufweisen, mitunter frustrie-<br />

rend wirken. Da sich z. B. kleinere Kinder im Laufe der Zeit emotional stark auf ihr Ge-<br />

genüber einlassen, wirkt das plötzliche Wegbrechen solcher Strukturen sehr enttäu-<br />

schend und erzeugt (erneut) eine Haltlosigkeit. Damit Maßnahmen diese wichtige Be-<br />

ständigkeit aufweisen können, ist es notwendig, die bereits vorhandenen Kooperati-<br />

onsstrukturen zu nutzen und alle beteiligten Akteure einzubinden. Besonders das Ein-<br />

binden der Akteure vor Ort ermöglicht eine langfristige Handlungsbasis und verhindert<br />

das Wegbrechen geschaffener Strukturen. Empfohlen werden ebenfalls eine Berück-<br />

sichtigung der unterschiedlichen Altersgruppen und das Anpassen von Maßnahmen<br />

nach altersgerechten Kriterien. Auch in diesem Falle ist natürlich eine finanzielle Festi-<br />

gung unabdinglich.<br />

Diagnose, Konsequenzen und Empfehlungen 102


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

Ziel der Maßnahmen im Bereich Kinder und Jugendliche muss es sein, den Kindern<br />

und Jugendlichen aus benachteiligten Haushalten die Chance zu ermöglichen, aus<br />

ihren tradierten Lebensläufen auszubrechen. Dazu sind einerseits Förderungen in der<br />

Bildung, aber auch in Gesundheit und Sozialverhalten nötig, um ein mögliches Fehl-<br />

verhalten im Elternhaus zu kompensieren. Besonders durch eine intensive Betreuung<br />

von Einzelpersonen z. B. in sozialen Einrichtungen erleben die Kinder und Jugendliche<br />

Wärme, die sich positiv auf ihr Sozialverhalten auswirken kann. Kinder und Jugendli-<br />

che erfahren so Vertrauen, lernen mit Verantwortung umzugehen und erfahren ihnen<br />

vielleicht bislang unbekannte positive Alltagseindrücke. Eine Einbeziehung der Eltern<br />

ist in solchen Maßnahmenzusammenhängen ebenfalls empfehlenswert, um die Eltern-<br />

Kind-Beziehung und damit familiäre Strukturen zu festigen. Maßnahmen könnten z. B.<br />

eine Kreativschule nicht nur für Kinder, sondern gemeinsam mit Eltern, ein Eltern-<br />

Kinder-Nachmittag oder Babyschwimmen sein. In all diesen Prozessen sollte möglichst<br />

qualifiziertes Personal mitwirken, um problemspezifische Entwicklungsarbeit z. B. im<br />

gesundheitlichen Bereiche (u. a. durch medizinisches Fachpersonal), im Bildungsbe-<br />

reich (durch pädagogisches Fachpersonal) zu leisten.<br />

Darauf zu achten ist auch, dass bei den Maßnahmen nicht nur sozial benachteiligte<br />

Haushalte angesprochen werden, sondern eine soziale Durchmischung befürwortet<br />

wird.<br />

Neben der Stärkung oder evtl. Neuschaffung von sozialen Einrichtungen ist der Aufbau<br />

weiterer Freizeitmöglichkeiten von Nöten. Da die Kinder aus benachteiligten Haushal-<br />

ten aufgrund fehlender finanzieller Mittel kaum die Möglichkeiten haben, an Vereinsak-<br />

tivitäten teilzunehmen, müssten weitere Spielgeräte angeschafft und Freizeiträume<br />

geschaffen werden, die frei verfügbar sind. Durch das Einrichten von Spielplätzen wird<br />

neben der positiven physischen und psychischen Entwicklung auch die Identität mit der<br />

Umgebung gestärkt. Kinder und Jugendliche nehmen den öffentlichen Raum sehr be-<br />

wusst wahr, was oftmals unterschätzt wird. Eine Einbeziehung der Jüngeren in die<br />

Maßnahmenkonzeption zur Gestaltung des Freiraums z. B. durch eine Ideenwerkstatt<br />

speziell mit Kindern und Jugendlichen wäre sehr wertvoll. Neben der Konzeption von<br />

Maßnahmen, die eine Zustimmung und damit auch Nutzung von Kindern und Jugendli-<br />

chen erfahren, würde möglicherweise Vandalismus vorgebeugt werden können.<br />

Zu empfehlen wäre auch die Durchführung weiterer Ideenwerkstätten zu anderen<br />

Themen wie z. B. Städtebau und Wohnraumsituation.<br />

Diagnose, Konsequenzen und Empfehlungen 103


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Kinder und Jugendliche ein Potenzial für die<br />

Stadtentwicklung darstellen, das es durch die Durchführung intensiver, langfristiger<br />

Maßnahmen zu entfalten gilt. Um eine andauernde und ausgeprägte Identifikation der<br />

Kinder und Jugendliche schon heute mit dem Stadtbezirk zu erreichen, sind sie in die<br />

Ideenentwicklung und Planung mit einzubeziehen. Auch die Beteiligung der Akteure<br />

und Bewohner sind von Nöten. Anhand z. B. einer „Zukunftswerkstatt 2015“ könnte<br />

man gemeinsam mit tragenden Entwicklungsakteuren und der Jugend vor Ort Ideen<br />

austauschen und entwickeln, die zunächst einmal losgelöst von Trägerinteressen und<br />

Verwaltungsvorschriften sind.<br />

Diagnose, Konsequenzen und Empfehlungen 104


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

6.5 Image<br />

Diagnose<br />

Das Selbst- und Fremdbild im Stadtbezirk VI ist aufgrund deutlicher Unterschiede von-<br />

einander abzugrenzen. Während das persönliche Empfinden und die Wahrnehmung<br />

(Selbstbild) der im Stadtbezirk VI lebenden Bewohner im Hinblick auf die eigene Um-<br />

gebung und die bereits erkennbaren Veränderungen positiv sind, fällt die Beurteilung<br />

seitens Außenstehender negativer aus. Dieses eher negative Außenimage basiert<br />

zwar auf vorhandenen Problemlagen, doch werden das Stimmungsbild prägende In-<br />

formationen nur reduziert oder selektiert, teilweise sogar manipuliert (z. B. durch Nega-<br />

tiv-Berichterstattungen in der Presse) wahrgenommen. Neben den bestehenden sozia-<br />

len Problemen wird zusätzlich das gebündelte Negativbild des Ruhrgebietes auf den<br />

Stadtbezirk VI projiziert. Ein einmal bestehendes Image eines Stadtteils bzw. Stadtbe-<br />

zirks ist meist verfestigt und wird nicht selten generationsübergreifend weitervermittelt<br />

(ILS 2005, 6). Aufgrund des negativen Außenbildes von dem Stadtbezirk besteht die Ge-<br />

fahr einer Stigmatisierung. Demnach wird in der deutlichen Verbesserung des Außen-<br />

images ein wichtiger Handlungsansatz gesehen. Erst ein Wandel des Außenimages<br />

wird dazu beitragen, dass sich insbesondere externe wirtschaftliche und kulturelle Ak-<br />

teure raumwirksam im Stadtteil etablieren werden.<br />

Während der Stadtbezirk tendenziell eher mit negativen Aspekten des Zechenstand-<br />

orts in Verbindung gebracht wird, hat es Zollverein dagegen geschafft, die positiven<br />

Aspekte auf sich zu beziehen. Das Welterbe Zollverein hat mittlerweile eine Signal-<br />

und Symbolwirkung in der Außendarstellung inne und lockt jährlich tausende Besucher<br />

an. Um dieses positive Image von Zollverein für die Stadtteile zu nutzen, müssen die<br />

eher positiven Wertvorstellungen der Montanindustrie wie Wirtschaftskraft und Leis-<br />

tungsfähigkeit ihrerseits auf die Stadtteile übertragen werden. Ebenfalls müssten die<br />

Potenziale, die sich durch das Image als Design-Standort und durch die Kulturhaupt-<br />

stadt Ruhr 2010 ergeben, auch in den Stadtteilen Schonnebeck, Stoppenberg und Ka-<br />

ternberg wiederzufinden sein, damit Zollverein sich nicht vom Stadtbezirk löst, sondern<br />

mit ihm verwurzelt ist.<br />

Konsequenz und Empfehlung<br />

Bei einer gesteuerten Imageaufwertung spielt es eine enorme Rolle, dass die Außen-<br />

darstellung eines Stadtbezirks authentisch ist. Es sollte vermieden werden, eine<br />

Imageaufwertung lediglich durch Werbeaktivitäten erreichen zu wollen, ohne eine tat-<br />

Diagnose, Konsequenzen und Empfehlungen 105


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

sächliche Verbesserung der Lebensbedingungen für die Bewohner durchzuführen.<br />

Eine Verbesserung der Lebensbedingungen geht einher mit einer Wohnzufriedenheit<br />

im Stadtteil, die eine Identifizierung mit dem Stadtteil stärkt und die Fluktuation von<br />

Bewohnern gering hält. Zur Verbesserung der Lebensbedingungen und Steigerung der<br />

Wohnzufriedenheit können z. B. Maßnahmen im baulichen Bereich und im Wohnum-<br />

feld beitragen, die eine allgemeine Attraktivitätssteigerung des Gebiets bewirken und<br />

dieses nachfrageorientierter gestaltet. Weiterhin würden Qualifizierungsmaßnahmen<br />

(vgl. Kapitel 6.1) und Maßnahmen im Bereich Bildung und Soziales (vgl. Kapitel 6.3)<br />

dazu beitragen, die bestehenden Problemlagen in den Stadtteilen zu entschärfen.<br />

Im Stadtbezirk VI gibt es bereits einige Maßnahmen in diesen Bereichen, die durch<br />

Fördermittel und ein hohes Engagement verschiedenster Akteure und einer guten Zu-<br />

sammenarbeit zwischen ihnen (vgl. Kapitel 6.2) umgesetzt wurden bzw. werden. Be-<br />

sonders imagewirksam sind künstlerische und kulturelle Projekte (z. B. MUS-E Projek-<br />

te oder Gestaltung von Straßenraum), dessen Besonderheit darüber hinaus auch in<br />

der Aktivierung des nachbarschaftlichen Engagements liegt. Besonders für Kinder und<br />

Jugendliche ergibt sich in diesem Bereich die Möglichkeit, ihre Umgebung aktiv mit zu<br />

gestalten und damit ihre Identifikation mit dem Stadtteil zu stärken.<br />

Diese bereits begonnenen Entwicklungen sollten verstärkt unter Einbeziehung von<br />

Kommunikationsinstrumenten nach innen und außen getragen werden, um eine positi-<br />

ve Veränderung in der Außenwahrnehmung zu erreichen. Zusätzliche Stadtteilfeste<br />

könnten Bürger und Besucher über Entwicklungen informieren und lassen Besucher<br />

den Stadtteil und die dort lebenden Bewohner neu erleben. Weiterhin könnten Bro-<br />

schüren, Internetseiten und Stadtteilzeitungen über aktuelle Entwicklungen und Neuig-<br />

keiten berichten. Ferner könnte eine gezielte Ansprache der örtlichen Presse dazu füh-<br />

ren, dass die Stadtteile nach außen in einem besseren Licht präsentiert werden. Es<br />

müsste geprüft werden, ob bereits gute Kontakte zu den lokalen Medien bestehen.<br />

Sollte dies nicht der Fall sein, müssten diese aufgebaut werden, um eine faire Bericht-<br />

erstattung einzufordern und so das Außenimage zu verbessern.<br />

Weiterhin müsste das von Zollverein ausgehende Potenzial stärker für die Stadtteile<br />

genutzt werden. Es besteht die Hoffnung, dass Touristen, die Industriekultur im Esse-<br />

ner Norden erleben wollen, selbst erfahren, dass es mehr Grün gibt als vermutet und<br />

sich damit alte Bilder vom „schmutzigen Ruhrgebiet“ wandeln. Dabei sind Werbeeffekte<br />

von den Angeboten, die durchaus auch die Bewohner der umgebenden Stadtteile an-<br />

Diagnose, Konsequenzen und Empfehlungen 106


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

sprechen wie z. B. das Werksschwimmbad, die Eisbahn oder Zechenfest, etc. nicht zu<br />

unterschätzen. Durch diese Angebote lassen sich auch auswärtige Besucher anlocken,<br />

die so die Bewohner erleben und im Idealfall auch gleichzeitig noch die Fremdenver-<br />

kehrsangebote oder die privaten Übernachtungsangebote nutzen. Zwar sind die Aus-<br />

wirkungen durch den Fremdenverkehr nicht immer direkt messbar, doch wird das eige-<br />

ne Erleben immer stärker wirken, als Meinungen, die durch Presse oder andere Perso-<br />

nen vermittelt wurden.<br />

Eine deutliche Imageaufwertung könnte sich auch durch die Folkwang-Studierenden<br />

ergeben. Studierende könnten das Flair des Stadtbezirkes entscheidend mitbestimmen<br />

und gleichzeitig die Attraktivität steigern, indem gerade sie den Stadtbezirk als etwas<br />

Besonderes wahrnehmen. Hier gilt es, attraktive und mitunter auch besondere Wohn-<br />

angebote für Studierende aufzubereiten, um durch eine gute Angebotsübersicht das<br />

Mieten einer Immobilie im Stadtbezirk zu erleichtern.<br />

‚In der Regel ist die Änderung des Images eines Stadtbezirks oder Stadtteils ein lang-<br />

wieriger Prozess. Eine verstärkte Öffentlichkeitsarbeit in Kombination mit den realen<br />

Veränderungen vor Ort ist die Bedingung für eine nachhaltige Imageverbesserung.<br />

Dazu ist das Nutzen der vorhandenen Kooperationsstrukturen und die enge Einbin-<br />

dung von wichtigen Akteuren wie z. B. Wohnungsunternehmen Voraussetzung für ei-<br />

nen langfristigen Aufwertungsprozess des Stadtbezirks und eine dauerhafte Imagever-<br />

besserung.<br />

Diagnose, Konsequenzen und Empfehlungen 107


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

6.6 Zeche Zollverein als Freizeit- und Kulturort<br />

Diagnose<br />

Das Gelände der ehemaligen Zeche Zollverein bot über Jahrzehnte hinweg Arbeits-<br />

plätze für viele Beschäftigte. Heute stellt Zollverein einen geschichtsträchtigen Ort für<br />

Tourismus und Kreativwirtschaft dar und dient der Entwicklung des Stadtbezirks VI<br />

sowie des gesamten Ruhrgebietes als Impulsgeber. Mit Zollverein kann der Stadtbezirk<br />

seine Entwicklung vorantreiben, wenn in der bislang unterentwickelten Kooperations-<br />

und Kommunikationsstruktur zwischen den Akteuren des Stadtbezirks und den Akteu-<br />

ren von Zollverein in der Zukunft deutliche Veränderungen stattfinden.<br />

Von Bewohnern wird vor allem das Außengelände Zollvereins zu Freizeitzwecken ge-<br />

nutzt. Neben verschiedenen Freizeitangeboten (Werkschwimmbad, Eisbahn, etc.) ist<br />

vor allem das Zechenfest vorbildlich, das sowohl Menschen verschiedenen Alters als<br />

auch verschiedener kultureller Hintergründe integriert. Eine zunehmende Kulturnutzung<br />

seitens der Bewohner wird zwar schwach wahrgenommen, doch sind Art und Preise<br />

der Angebote nicht auf den Stadtbezirk zugeschnitten.<br />

Die zahlreichen Angebote im Event- und Veranstaltungsbereich auf Zollverein werden<br />

von Touristen gut angenommen, wie steigende Besucherzahlen belegen. Prinzipiell hat<br />

bislang vor allem eine Ausrichtung des Angebotes auf Touristen stattgefunden, was<br />

allgemein nicht zu kritisieren ist. Grundsätzlich sollten aber fehlende finanzielle Mittel<br />

der Bewohner kein Ausschlusskriterium für die Nutzung von Zollverein sein.<br />

Die geschaffenen Angebote auf Zollverein wurden insbesondere durch die <strong>Stiftung</strong><br />

Zollverein gelenkt. Bei der Auswahl und Planung sind Bewohner des Stadtbezirks<br />

kaum integriert. Es ist anzunehmen, dass dies einerseits aufgrund von mangelndem<br />

Interesse und andererseits aufgrund nicht vorhandener Kooperations- und Kommuni-<br />

kationsstrukturen geschehen ist.<br />

Allgemein wird Zollverein dennoch von den Bewohnern des Stadtbezirks positiv wahr-<br />

genommen und als Entwicklungschance gesehen. Besonders Kinder und Jugendliche<br />

haben Zollverein für sich entdeckt und nutzen das Gelände als Abenteuerspielplatz<br />

und Erholungsraum. Neben der Stärkung dieser Funktion für die Kinder und Jugendli-<br />

chen in den Stadtteilen muss Zollverein stärker als Ort des Lernens genutzt werden.<br />

Eine Beschäftigung schon in jungen Jahren mit der stadtteilprägenden Geschichte und<br />

Identität trägt neben der Stärkung der Identität und der Bereitschaft für ein späteres<br />

Engagement dazu bei, dass Kinder und Jugendliche den Vorurteilen und dem negati-<br />

ven Image – welches vor allem von außen dem Stadtbezirk aufgesetzt wird (siehe Ka-<br />

pitel 6.5) – ein Gegengewicht entgegenzusetzen haben.<br />

Diagnose, Konsequenzen und Empfehlungen 108


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

Eine stärkere Ausrichtung auf die Belange der „Nachbarn“ von Zollverein würde eine<br />

Integration fördern und letztendlich zu einer Aufwertung der Stadteile im wirtschaftli-<br />

chen, sozialen und kulturellen Bereich führen. Dabei sind Offenheit und Transparenz<br />

wichtige Motoren, um die Gesamtstimmung zwischen den verschiedenen Akteuren zu<br />

verbessern.<br />

Konsequenz und Empfehlung<br />

Für die zukünftige Entwicklung ist es daher absolut wichtig, Angebote zu schaffen, die<br />

auf die Bedürfnisse der Bewohner in den angrenzenden Stadtteilen zunehmend ausge-<br />

richtet sind. In unterschiedlichen Handlungsfeldern werden dabei Potenziale gesehen:<br />

1. Beschäftigungsangebote für Gering-Qualifizierte oder Unqualifizierte<br />

Wie bereits in Kapitel 6.1 beschrieben, besteht ein dringender Handlungsbedarf bei der<br />

Schaffung eines Beschäftigungsangebots für gering Qualifizierte oder Unqualifizierte<br />

des Stadtbezirks VI. Neben einer Qualifizierung über die Vermittlung von Fachkennt-<br />

nissen, Bewerbungshilfen und das Training sozialer Verhaltensweisen müssen konkre-<br />

te Arbeitsplätze geschaffen werden, die für gering Qualifizierte und Unqualifizierte ge-<br />

eignet sind. Ein hervorragendes Beispiel ist das Rikscha-Projekt, das durch Dr. Oliver<br />

Fehren vom ISSAB initiiert wurde (siehe Kapitel 5.1). Weitere Beschäftigungsmöglich-<br />

keiten auf Zollverein wären z. B. Parkplatzwächter, Wachdienste, Veranstaltungsauf-<br />

bau, etc.<br />

2. Unterschiedliche Bildungs- und Freizeitangebote für Kinder und Jugendliche<br />

Um den Kindern und Jugendlichen neben der Freizeitnutzung auf dem Außengelände<br />

auch einen weiteren Zugang zu Zollverein zu ermöglichen, müssen weitere Bildungs-<br />

und Freizeitangebote geschaffen werden. Bildungsangebote könnten sich einerseits<br />

auf die Ausbildung von Jugendlichen beziehen. Für Zollverein spezifische Angebote<br />

wie eine Ausbildung im Eventmanagement, Gastronomiebereich, Veranstaltungsma-<br />

nagement, Bühnenaufbau, Sicherheitspersonal etc. könnten einen späteren Berufsein-<br />

stieg erleichtern und den anbietenden Unternehmen Standortvorteile verschaffen (sie-<br />

he Kapitel 6.1). Anderseits müssten auch Angebote für die frühkindliche Bildung z. B.<br />

im musischen, künstlerischen Bereich oder handwerkliches Gestalten geschaffen wer-<br />

den. Angebote wie beispielsweise eine Holzwerkstatt könnten Kinder und Jugendliche<br />

in ihrer Freizeitgestaltung aufwerten und möglicherweise auch berufliche Perspektiven<br />

aufzeigen. Weiterhin sollte eine Integration zwischen Zollverein und den Bewohnern<br />

Diagnose, Konsequenzen und Empfehlungen 109


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

(insbesondere Familien) des Stadtbezirks intensiviert werden. Eine Möglichkeit wäre z<br />

B. die Etablierung eines Spielmobils, eine Art „reisender Spielplatz“. Unter einem<br />

Spielmobil versteht man ein Fahrzeug, das mit verschiedenen Spiel- und Sportgeräten<br />

ausgestattet ist. Zu regelmäßigen Terminen steuert das Spielmobil fest vereinbarte<br />

Plätze (z. B. Grünflächen, Spielplätze, Schulen, etc.) an, um dort Familien diese Geräte<br />

zur Verfügung zu stellen. Durch dieses Angebot werden Spielaktionen und kreative<br />

Projekte möglich. Dabei sollte berücksichtigt werden, dass sowohl Zollverein als auch<br />

die einzelnen Stadtteile in einem ähnlichen Verhältnis angesteuert werden.<br />

Es müsste bei den Angeboten darauf geachtet werden, dass eine Teilnahme auch von<br />

Kindern aus finanziell schwachen Familien möglich ist. Auch ist eine stärkere Koopera-<br />

tion zwischen der <strong>Stiftung</strong> Zollverein und den sich im Stadtbezirk befindenden Schulen<br />

anzustreben, um neben Finanzierungsproblemen auch Lehrinhalte und Zeitpläne für<br />

Besuche und Führungen abzustimmen.<br />

Bei Freizeitangeboten für Kinder und Jugendliche müssen natürlich die Ideen und Vor-<br />

schläge der Akteure des Stadtbezirks und der Kinder und Jugendlichen selber Berück-<br />

sichtigung finden. Wie bereits in Kapitel 6.3 dargestellt, können Kinder und Jugendliche<br />

sehr gut ihr Umfeld wahrnehmen und kreative Ideen zum Ausdruck bringen.<br />

Evtl. könnten weitere Freizeitangebote auf Zollverein den bislang unerwünschten Frei-<br />

zeitbeschäftigungen der Jugendlichen wie z. B. Vandalismus entgegen wirken. Hier<br />

wäre über ausgefallene Angebote, wie ein Kletterpark oder eine Mountainbikestrecke,<br />

zu überdenken. Diese könnten evtl. auch mit Übungen zur Verbesserung des Sozial-<br />

verhaltens verknüpft werden. Ein extra dafür eingestellter Sozialarbeiter mit ausge-<br />

sprochener Lokalkenntnis auf Zollverein könnte denkbar sein.<br />

3. Differenziertes gastronomisches Angebot<br />

Um einerseits die Bewohner des Stadtbezirks VI stärker in die Strukturen von Zollver-<br />

ein zu integrierten, andererseits eine Imageaufwertung seitens der übrigen Stadtbe-<br />

wohner anzustreben und für die Touristen eine Attraktion zu schaffen, muss eine diffe-<br />

renziertere gastronomische Angebotsstruktur geschaffen werden. Hier wäre über ein<br />

Nebeneinander von Biergarten-Kultur, Scene-Cafés und gehobenem Restaurant vor-<br />

stellbar.<br />

Weiterhin wäre die Stärkung der Übernachtungsstruktur durch attraktive Angebote ne-<br />

ben der Privat-Vermietung zusätzlich sinnvoll. Eine Idee wäre z. B. ein „kreatives“ Ho-<br />

tel, das in der mittleren Preisklasse angesiedelt ist.<br />

Diagnose, Konsequenzen und Empfehlungen 110


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

4. Strukturen zur Identitätssteigerung<br />

Ein wesentliches Ziel sollte es sein, die Akteure aus dem Stadtbezirk mit in die Planun-<br />

gen und Ideenentwicklungen von Zollverein einzubinden. Hierzu müssten zunächst<br />

Kooperationsstrukturen aufgebaut werden (siehe Kapitel 6.2). Um eine langfristige Un-<br />

terstützung bei der Umsetzung von Projekten, die den Stadtbezirk betreffen, zu ge-<br />

währleisten, ist hierzu ein transparentes Vorgehen und ein offenes Handeln von Nöten.<br />

Gerade auch Kinder und Jugendliche neigen zu einem intensiven Gestaltungsdrang.<br />

Dieser sollte positiv genutzt werden. Bisher fand eine Einbeziehung von Kindern und<br />

Jugendlichen in die Entwicklung und vor allem Gestaltung der Zeche Zollverein zu we-<br />

nig Berücksichtigung. Das sollte sich in Zukunft ändern. So sollte erfragt werden, wel-<br />

che Angebote von Seiten der Kinder und Jugendlichen erwünscht sind.<br />

Insgesamt lässt sich erkennen, dass alle Empfehlungen in diesem Bereich nur durch<br />

die bewusste und gewollte Steuerung seitens der Akteure von Zollverein möglich sind.<br />

Ohne eine gewünschte Verbesserung der Kooperationsstrukturen und ein ehrliches<br />

„auf den anderen Zugehen“ werden eine Umsetzung zur Verbesserung der Nutzungs-<br />

möglichkeiten und eine Erweiterung der Funktionen von Zollverein für die Bewohner<br />

nicht möglich sein.<br />

Diagnose, Konsequenzen und Empfehlungen 111


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

7 Schlussbemerkung<br />

Final lässt sich anhand der Auseinandersetzungen mit Zeche Zollverein und dem<br />

Stadtbezirk VI aus wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Blickrichtungen herausstel-<br />

len, dass auffallend vielschichtige Handlungsbereiche weiterhin bestehen. Auch wenn<br />

verschiedene Maßnahmen in unterschiedlichen Bereichen bereits zu einer positiven<br />

Entwicklung beitragen konnten, ist auf die Dringlichkeit des weiteren Handlungsbedarfs<br />

im Stadtbezirk nachdrücklich hinzuweisen. In Bereichen, die durch positive Entwick-<br />

lungsansätze bereits gekennzeichnet sind, muss eine Intensivierung der Erfolge maß-<br />

gebend sein. Darüber hinaus sollte auch eine Neustrukturierung stattfinden, um zu<br />

einer neuen und noch erfolgreicheren Entwicklungsstrategie zu gelangen. Dabei ist nur<br />

eine komplexe sowie problemspezifische und differenzierte Herangehensweise zielfüh-<br />

rend, um die noch immer umfassenden Herausforderungen zu meistern. Dazu sind<br />

weiterführende Studien, welche die einzelnen Schwerpunktthemen intensivierend be-<br />

trachten, unabdinglich. An dieser Stelle könnten die privaten wirtschaftsstarken Akteure<br />

als Initiator hervortreten.<br />

Ein bedeutender Ansatzpunkt für eine zukunftsfähige Entwicklung des Stadtbezirks ist<br />

die Schaffung neuer Nutzungsformen für das Zeche Zollverein Gelände. Dabei sind<br />

einerseits der weitere Erhalt der historischen Bausubstanz im Sinne von Industrie-<br />

denkmälern und andererseits eine Neubewertung als Wirtschafts-, Wohn-, Bildungs-<br />

und Freizeitstandort anzustreben. Selbstverständlich muss der Standort Zeche Zollver-<br />

ein als Touristenattraktionen weiter gestärkt werden. Gleichzeitig ist bei all diesen Am-<br />

bitionen die Integration der drei Stadtteile als prozessbegleitend und als gleichwertige<br />

Herausforderung zu behandeln. Synergien zwischen den Stadtteilen und der Zeche<br />

Zollverein sind nicht nur als anstrebenswert zu betrachten, sondern müssen eine maß-<br />

gebende Priorität im Handeln erfahren.<br />

Um eine dauerhafte positive Entwicklung des Stadtbezirks inklusive der Zeche Zollver-<br />

ein im Sinne dieses Integrationsgedankens zu gewährleisten, müssen langfristige und<br />

integrierte Strukturen aufgebaut und stabilisiert werden. Grundvoraussetzung für eine<br />

zukunftsfähige Entwicklung ist aber auch ein prinzipielles Umdenken der verschiede-<br />

nen am Prozess beteiligten Akteure, wobei ein Abbauen von entwicklungshemmenden<br />

Emotionen maßgebend für eine aufbauende Entwicklung scheint.<br />

Schlussbemerkung 112


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

Laufende positive Entwicklungen der unterschiedlichen entwicklungsbedürftigen Berei-<br />

che können im Sinne eines Kreislaufprinzips weitere Positivwirkungen ankurbeln und in<br />

einem sich selbst verstärkenden Prozess münden (vgl. Abb. 41).<br />

Kinder und<br />

Jugendliche<br />

Soziales<br />

und<br />

Bildung<br />

Nutzung<br />

und<br />

Funktion<br />

Zeche<br />

Zollverein<br />

Positive<br />

Entwicklung des<br />

Stadtbezirks VI<br />

einschließlich<br />

Zeche Zollverein<br />

Beschäftigung<br />

Kooperation<br />

Eigen- und<br />

Fremdbild<br />

Abb. 41: Positive Entwicklung des Stadtbezirks VI einschließlich Zeche Zollverein<br />

(EIGENE DARSTELLUNG)<br />

Abschließend ist festzuhalten, dass der Stadtbezirk nicht einer Chancenlosigkeit aus-<br />

geliefert ist, sondern über verschiedene Positiv-Kräfte verfügt. Steuerungsinstrumenta-<br />

rien und finanzielle Unterstützungen sind jedoch zwingend, damit der Stadtbezirk nicht<br />

nur eine Anschubentwicklung gewährleistet bekommt, sondern eine beständige „Auf-<br />

wärtsfahrt aus der Tiefe“ erfährt.<br />

Schlussbemerkung 113


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

8 Quellenverzeichnis<br />

8.1 Literatur<br />

BAUMER, MARKUS (2007): Stadtteile und Stadtbezirke der Stadt Essen<br />

In:http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Datei:Essen_Stadtteile_und_Stadtbezirke.s<br />

vg&filetimestamp=20070331143404<br />

BÖHN, D. (1985): Fachdidaktische Grundbegriffe in der Geographie, München<br />

BUNDESMINISTERIUM FÜR VERKEHR, BAU UND STADTENTWICKLUNG (BMVBS) (2010):<br />

Stadtentwicklung, Wohnen<br />

In: http://www.bmvbs.de/-,1500/Stadtentwicklung_-Wohnen.htm (abgerufen am<br />

19.01.2010)<br />

ENTWICKLUNGSGESELLSCHAFT ZOLLVEREIN MBH (2009): Welterbe Zollverein. Neuan-<br />

fang. Wachstum. Perspektiven, Essen<br />

ESF – REGIESTELLE DES BUNDESMINISTERIUMS FÜR FAMILIE, SENIOREN, FRAUEN UND<br />

JUGEND (2010): Stärken vor Ort<br />

In: http://www.esf.de/portal/generator/9324/programm__staerken__vor__ort.html (ab-<br />

gerufen am 23.02.2010)<br />

EUROPÄISCHE KOMMISSION (2002) : Mitteilung der Kommission betreffend die so-<br />

zialeVerantwortung von Unternehmen: ein Unternehmensbeitrag zur nachhaltigen<br />

Entwicklung.Brüssel<br />

EUROPÄISCHE UNION (1995 – 2010): ESF – Was ist der ESF?<br />

In: http://ec.europa.eu/employment_social/esf/discover/esf_de.htm (abgerufen am<br />

19.01.2010)<br />

EWG – ESSENER WIRTSCHAFTSFÖRDERUNGSGESELLSCHAFT MBH (2009): Standort Es-<br />

sen – Kreativwirtschaft (Broschüre)<br />

Literatur 114


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

FLEIß, DANIELA (2008): Die türkische Migrantenbevölkerung in KAternberg und das<br />

Weltkulturerbe<br />

In: Schwarz, Angela (2008): Industriekultur, Image, Identität. Die Zeche Zollverein und<br />

der Wandel in den Köpfen, Essen<br />

GABLER VERLAG (HG.) (2010): Gabler Wirtschaftslexikon, narratives Interview<br />

In: http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Archiv/11043/narratives-interview-v5.html (abge-<br />

rufen am 22.03.2010)<br />

GANZELEWSKI, MICHAEL; SLOTTA, RAINER (1999): Die Denkmal-Landschaft „Zeche<br />

Zollverein“. Eine Steinkohlezeche als Weltkulturerbe?!, Bochum<br />

KAMPMEIER, H. (1953): Kindliche Geländedarstellung.<br />

In: Westermanns Pädagogische Beiträge (5), S. 244-254<br />

KEIL, ANDREAS (1998): Industriebrachen: Nicht nur Nischen für Pflanzen und Tiere<br />

In: LÖBF-Mitteillungen, Heft 2, 1998, S. 62 - 69<br />

LAGEMAN, B.; TH. BAUER; W. DÜRIG; R. KAMBECK; J. KLUVE; U. NEUMANN UND CH.<br />

M. SCHMIDT (2005): Strukturwandel ohne Ende? Aktuelle Vorschläge zur Revitalisie-<br />

rung des Ruhrgebiets und ihre Bewertung (=RWI: Materialien 20), Essen<br />

LAMNEK, S. (1995): Qualitative Sozialforschung. Band 1 Methodologie, Weinheim<br />

LIEBMANN, HIEKE (2008): Stadtentwicklung unter Schrumpfungsbedingungen – ein Im-<br />

puls für städtische Kreativität?<br />

In: Heinrich Böll <strong>Stiftung</strong> (2008): Kreative Wirkungen. Urbane Kultur, Wissensökonomie<br />

und Stadtpolitik, Berlin, S. 21-24<br />

MAYRING, P. (2002): Einführung in die qualitative Sozialforschung. Eine Anleitung zu<br />

qualitativem Denken, München<br />

MAYRING, P. (2008): Qualitative Inhaltsanalyse. Grundlagen und Techniken, Weinheim,<br />

Basel<br />

Literatur 115


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

MINISTERIUM FÜR BAUEN UND VERKEHR NRW (MBV) (2009A): Städtebauinvestitionen<br />

des Landes NRW 2009. Einführung<br />

In:<br />

http://www.mbv.nrw.de/Service/Downloads/Stadtentwicklung/Staedtebaufoerderung/Ei<br />

nf__hrungstextSt__dtebauinvestitionen-2009.pdf (abgerufen am 11.12.2009)<br />

MINISTERIUM FÜR BAUEN UND VERKEHR NRW (MBV) (2009B): Städtebauinvestitionen<br />

des Landes NRW 2009. Übersicht aller geförderten Projekte<br />

In:http://www.mbv.nrw.de/Service/Downloads/Stadtentwicklung/Staedtebaufoerderung/<br />

Projektliste-St__dtebauinvestitionen2009.pdf (abgerufen am 11.12.2009)<br />

MÜLLER, MARION (2008): Von der Arbeitsstätte hinter hohen Mauern zum Ort des Ler-<br />

nens über Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft<br />

In: Schwarz, Angela (2008): Industriekultur, Image, Identität. Die Zeche Zollverein und<br />

der Wandel in den Köpfen, Essen<br />

OECD (HG.) (2003): Entrepreneurship and Local Economic Development –<br />

Programme And Policy Recommendations. Paris: OECD<br />

PASTERNAK, JAN (2008): Essen-Katernberg: Image und Identität und die sozialen Prob-<br />

leme<br />

In: Schwarz, Angela (2008): Industriekultur, Image, Identität. Die Zeche Zollverein und<br />

der Wandel in den Köpfen, Essen<br />

REUBER, PAUL; PFAFFENBACH, CARMELLA (2005): Methoden der empirischen Hu-<br />

mangeographie, Braunschweig<br />

QUESTER IMMOBILIEN (2009): 38. Marktbericht 2009. Gewerbeimmobilien in Duisburg,<br />

Duisburg<br />

SCHMEINCK, D. (2007): Wie Kinder die Welt sehen. Eine empirische Ländervergleichs-<br />

studie zur räumlichen Vorstellung von Grundschulkindern, Bad Heilbrunn<br />

STÄDTENETZ SOZIALE STADT NRW (2005): Schulen im Stadtteil. Fallstudie im Rahmen<br />

der Evaluation des integrierten Handlungsprogramms „Soziale Stadt NRW“, Hannover,<br />

Essen<br />

Literatur 116


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

STÄDTENETZ SOZIALE STADT NRW (2007): Förderung der Lokalen Ökonomie. Fallstudie<br />

im Rahmen der Evaluation des integrierten Handlungsprogramms „Soziale Stadt“ in<br />

Nordrhein-Westfalen. Projektbericht, Essen<br />

STÄDTENETZES SOZIALE STADT NRW 2010: Soziale Stadt NRW. Das Programm. Phili-<br />

sophie<br />

In: http://www.soziale-stadt.nrw.de/programm/philosophie.html<br />

STADT ESSEN (2004): Essen Katernberg / Soziale Stadt. Ein Stadtteil macht sich auf<br />

den Weg. Stand der Projekte 2004. Informationen und Berichte zur Stadtentwicklung<br />

Nr. 105, Essen<br />

TAUBKEN, N. (2006): Corporate Social Responsibility und Regional Governance - ein<br />

Zusammenhang? In: KLEINFELD ET AL. (Hrsg.): Regional Governance, Bd. 2. Os-<br />

nabrück, 153-166<br />

WESSEL, K. (1996): Empirisches Arbeiten in der Wirtschafts- und Sozialgeographie.<br />

Eine Einführung. Paderborn u.a.<br />

WIRTSCHAFTSFÖRDERUNG METROPOLERUHR GMBH (2009): Informationen über die Zu-<br />

kunftsregion Ruhr, 2. Auflage, Mülheim (Ruhr)<br />

Literatur 117


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

8.2 Gesprächspartner<br />

Gesprächspartner 1<br />

Gespräch am 08. Februar 2010, 16.00 Uhr und am 17. Februar 2010, 9.00 Uhr<br />

Gesprächspartner 2<br />

Gespräch am 17. Februar 2010, 10.30 Uhr<br />

Gesprächspartner 3<br />

Gespräch am 02. März 2010, 9.00 Uhr<br />

Gesprächspartner 4<br />

Gespräch am 16. Februar 2010, 14.00 Uhr<br />

Gesprächspartner 5<br />

Gespräch am 19. Februar 2010, 11.00<br />

Gesprächspartner 6<br />

Gespräch am 19. Februar, 13.00<br />

Gesprächspartner 7<br />

Gespräch am 17. Februar 2010, 8.30 Uhr<br />

Gesprächspartner 8<br />

Gespräch am 04. März 2010, 15.00 Uhr<br />

Gesprächspartner 9<br />

Gespräch am 02. März 2010, 11.00 Uhr<br />

Gesprächspartner 10<br />

Gespräch am 05. März 2010, 10.00 Uhr<br />

Gesprächspartner 11<br />

Gespräch am 26. März 2010, 9.00 Uhr<br />

Literatur 118


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

Kinder- und Jugendhaus Stoppenberg,<br />

Gelsenkirchener Str. 89 a, Essen<br />

Austeilen der Tagesprotokolle und erklären des Ablaufs am 04. März<br />

Ausfüllen der Protokolle seitens der Jugendlichen: 05. und 06. März 2010<br />

Einsammeln der ausgefüllten Unterlagen am 08. März 2010<br />

Jugendhaus Nord, Evangelische Kirchengemeinde Katernberg,<br />

Joseph-Hoeren Str. 274, Essen<br />

Austeilen der Tagesprotokolle und erklären des Ablaufs am 18. März<br />

Ausfüllen der Protokolle seitens der Jugendlichen: 20. und 21. März 2010<br />

Einsammeln der ausgefüllten Unterlagen am 22. März 2010<br />

Herbartschule – Gemeinschaftsgrundschule mit Offenem Ganztag –<br />

Auf der Reihe 106, Essen<br />

Kontaktaufnahme und Abklären der Aufgaben am 05. März 2010<br />

Einsammeln der Mental Maps der Kinder der Schulklasse 3a am 26. März 2010<br />

Literatur 119


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

Anhang<br />

Anhang 1: Tagesprotokolle mit Jugendlichen (Muster).............................................. 121<br />

Anhang 2: Interviewleitfaden (Muster)....................................................................... 129<br />

Anhang 120


Urbane Kultur und Lebensqualität in Stadtquartieren – Zeche Zollverein und Umgebung<br />

Anhang 1: Tagesprotokolle mit Jugendlichen (Muster)<br />

Tagesprotokolle und Fotodokumentation<br />

Die Tagesprotokolle sollen am Freitag, den 05. März und am<br />

Samstag, den 06. März geführt werden.<br />

1. Dokumentiere bitte alle „Stationen“ schriftlich an diesen<br />

beiden Tagen.<br />

Wann stehst Du auf?<br />

Wann gehst Du von zu Hause los?<br />

Wie kommst Du zur Schule?<br />

Wie lange bist Du in der Schule?<br />

Wo gehst Du nach der Schule hin?<br />

Was machst Du am Nachmittag?<br />

Triffst Du Dich mit Freunden? Wo trefft ihr euch? Was macht ihr?<br />

Was machst Du am Abend?<br />

Triffst Du Dich mit Freunden? Wo trefft ihr euch? Was macht ihr?<br />

Wann kommst Du abends nach Hause? Wo wohnst Du?<br />

2. Mache bitte Fotos von den Orten, an denen Du Dich<br />

aufhältst.<br />

Zuhause<br />

Schulweg (Bushaltestelle, vor der Schule, etc.)<br />

In der Schule (in der Pause auf dem Hof, etc.)<br />

Am Nachmittag<br />

Am Abend<br />

3. Beantworte bitte die Fragen auf Seite 7 und 8.<br />

Anhang 121


Freitag, 05. März 2010<br />

WAS<br />

Was habe ich während des<br />

Weges und während des<br />

Aufenthalts gemacht?<br />

(Aktivitäten auflisten)<br />

WANN<br />

Markiere den Beginn<br />

und das Ende<br />

deiner Wege<br />

und Aktivitäten<br />

6<br />

6.30<br />

7<br />

7.30<br />

8<br />

8.30<br />

9<br />

9.30<br />

10<br />

10.30<br />

11<br />

11.30<br />

12<br />

12.30<br />

13<br />

13.30<br />

14<br />

14.30<br />

15<br />

15.30<br />

16<br />

16.30<br />

17<br />

17.30<br />

18<br />

WO<br />

Zu welchen Orten bin ich gegangen<br />

und welche Wege habe ich<br />

genommen?<br />

(Genaue Wegbeschreibung bzw.<br />

Ortsangabe, Klebepunkt für Ort<br />

des FOTOs!)<br />

Anhang 122


Freitag, 05. März 2010<br />

18.30<br />

19<br />

19.30<br />

20<br />

20.30<br />

21<br />

21.30<br />

22<br />

22.30<br />

23<br />

23.30<br />

24<br />

0.30<br />

1<br />

1.30<br />

2<br />

2.30<br />

3<br />

3.30<br />

4<br />

4.30<br />

Anhang 123


Samstag, 06. März 2010<br />

WAS<br />

Was habe ich während des<br />

Weges und während des<br />

Aufenthalts gemacht?<br />

(Aktivitäten auflisten)<br />

WANN<br />

Markiere den Beginn<br />

und das Ende<br />

deiner Wege<br />

und Aktivitäten<br />

6<br />

6.30<br />

7<br />

7.30<br />

8<br />

8.30<br />

9<br />

9.30<br />

10<br />

10.30<br />

11<br />

11.30<br />

12<br />

12.30<br />

13<br />

13.30<br />

14<br />

14.30<br />

15<br />

15.30<br />

16<br />

16.30<br />

17<br />

17.30<br />

18<br />

WO<br />

Zu welchen Orten bin ich gegangen<br />

und welche Wege habe ich<br />

genommen?<br />

(Genaue Wegbeschreibung bzw.<br />

Ortsangabe, Klebepunkt für Ort<br />

des FOTOs!)<br />

Anhang 124


Samstag, 06. März 2010<br />

18.30<br />

19<br />

19.30<br />

20<br />

20.30<br />

21<br />

21.30<br />

22<br />

22.30<br />

23<br />

23.30<br />

24<br />

0.30<br />

1<br />

1.30<br />

2<br />

2.30<br />

3<br />

3.30<br />

4<br />

4.30<br />

Anhang 125


Nun noch ein paar Fragen zu deiner Freizeitgestaltung:<br />

1. Wo sind Deine Lieblingsorte im Stadtteil?<br />

2. Was findest Du an diesen Ort am schönsten?<br />

3. Wo hältst Du Dich in Deiner Freizeit nicht gerne auf?<br />

4. Was fehlt Dir noch im Stadtteil?<br />

Anhang 126


5. Warst Du schon mal auf dem Gelände von der Zeche Zollverein?<br />

nein, noch nie<br />

ja, aber erst 1 oder 2 mal<br />

ja, schon öfters als 10 mal<br />

klar, ich bin da regelmäßig<br />

6. Was findest Du an der Zeche Zollverein cool?<br />

7. Was könnte noch besser an der Zeche Zollverein sein?<br />

Anhang 127


Hiermit erkläre ich, dass die obigen Angaben der Wahrheit entsprechen.<br />

_____________________ _______________<br />

(Unterschrift) (Datum)<br />

Danke, dass Du mitgemacht hast! Wir können Deine Antworten<br />

sehr gut gebrauchen.<br />

Evtl. wird unsere Studie veröffentlicht. Dann können wir Deinen<br />

Namen nennen. Wenn Du das möchtest, dann schreibe uns doch<br />

bitte Deinen Namen und Deine Adresse auf:<br />

Name:<br />

Straße und Hausnummer:<br />

PLZ und Ort:<br />

Alter:<br />

Anhang 128


Anhang 2: Interviewleitfaden (Muster)<br />

Die Leifäden für die unterschiedlichen Interviewpartner variieren aufgrund des jeweili-<br />

gen Themenschwerpunktes des Befragten. Im Folgenden ist als Beispiel für die Inter-<br />

viewleitfäden der Leitfaden für das Gespräch mit dem Vorsitzenden des Katernberger<br />

Werberings verzeichnet.<br />

Fragen zum Werbering Katernberg e.V.<br />

1. Erläutern Sie mir bitte wer Mitglied im Werbering ist und wie viele Unternehmen es<br />

insgesamt sind.<br />

2. Was ist die Intention / das Ziel des Werbering Katernberg e.V.? Welche Vorteile<br />

bietet eine Mitgliedschaft im Werbering Katernberg?<br />

3. Inwieweit hat der Werbering Katernberg Einfluss auf die wirtschaftliche, soziale und<br />

kulturelle Entwicklung des Stadtbezirks VI?<br />

a. Welche Initiativen gab es oder gibt es?<br />

b. Welche Initiativen waren besonders sinnvoll? Warum? Warum nicht?<br />

c. Welche Initiativen waren weniger sinnvoll?<br />

d. Welche Projekte hatten eher kurzfristigen, welche längerfristigen Er-<br />

folg?<br />

e. Wer finanziert diese Initiativen?<br />

4. Inwieweit sind die Unternehmen des Stadtteils Katernberg kooperationsbereit und<br />

offen für Projekte? Was sind die möglichen Gründe für eine Scheu/Skepsis gegen-<br />

über neuen Projekten bei den Unternehmen?<br />

5. Inwieweit unterstützt die (lokale, nationale, EU) Politik (immer noch) die Aktivitäten<br />

des Werberings Katernberg?<br />

Wären Ihnen politische Unterstützungen (weiterhin) wichtig und warum?<br />

6. Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit zwischen dem Werbering Katernberg und<br />

den Akteuren des Stadtbezirks VI? (Triple Z, EGZ, Stadtteilzentrum, Stadt Essen,<br />

Kontakt, etc.)<br />

Wie ist die Zusammenarbeit zustande gekommen?<br />

Anhang 129


Wo liegen die Ursachen für eventuell fehlende Zusammenarbeit (in einzelnen Fäl-<br />

len)?<br />

Fragen zur Unternehmenssituation im Stadtteil Katernberg<br />

7. Wie bewerten Sie die Situation von Unternehmen im Stadtteil heute?<br />

Und wie bewerten Sie die Situation von Unternehmen im Stadtteil noch vor etwa 20<br />

Jahren?<br />

8. Welche Entwicklungen haben in den letzten 20 Jahren Einfluss auf die Unterneh-<br />

menssituation im Stadtbezirk gehabt (positive und negative Sichtweise)?<br />

9. Welchen akuten Handlungsbedarf sehen Sie für Unternehmen im Stadtbezirk?<br />

Welche Strategie würden Sie wählen?<br />

10. Gibt es neben der Konzentration von Unternehmen auf Zeche Zollverein weitere<br />

räumliche Schwerpunkte für Unternehmen im Stadtbezirk VI?<br />

11. Sehen Sie Potenzial für die Kreativwirtschaft auf der Zeche Zollverein bzw. im<br />

Stadtbezirk? Wenn ja, in welchen konkreten Branchen? Welche Standorte wären<br />

geeignet? Welchen Ansprüchen müssten potentielle Standorte genügen, um eine<br />

Ansiedlung zu fördern/gewährleisten?<br />

Fragen zur Funktion der Zeche Zollverein<br />

12. Welche Funktion hat die Zeche für die Bewohner und Unternehmer des Stadtbe-<br />

zirks (Aufenthalts-, Freizeit-, Kultur-, Arbeitsort)? (Differenzierung nach Alter, Her-<br />

kunft, etc.)<br />

13. Gibt es Unterschiede bei der Wahrnehmung der Zeche Zollverein zwischen Perso-<br />

nen mit und ohne Migrationshintergrund? Inwiefern?<br />

14. Wie unterschiedet sich die positive Wahrnehmung der Zeche Zollverein zwischen<br />

jüngeren (Kindern, Jugendlichen) und älteren (Senioren, über 65) Menschen?<br />

Anhang 130


15. Wie unterschiedet sich die negative Wahrnehmung der Zeche Zollverein zwischen<br />

jüngeren (Kindern, Jugendlichen) und älteren (Senioren, über 65) Menschen?<br />

16. Welche positiven Effekte gehen von der Entwicklung der Zeche Zollverein auf die<br />

angrenzenden Stadtteile bzw. auf die Unternehmen aus? Werden diese von den<br />

Unternehmern wahrgenommen?<br />

17. Was fördert die Einbindung der Zeche in die Stadtteile?<br />

18. Was behindert die Einbindung des Geländes in die Stadtteile?<br />

19. Welche Maßnahmen könnten eine stärkere Einbindung der Zeche Zollverein in die<br />

Stadtteile fördern? Ist eine Einbindung seitens der Bewohner und Unternehmer,<br />

aber auch seitens der Zeche Zollverein-Akteure überhaupt gewünscht?<br />

Fragen zum Stadtbezirk VI insgesamt<br />

20. Welche Stärken sehen Sie im Stadtbezirk? Welche bislang ungenutzten Potentiale<br />

sehen Sie? (wirtschaftlich, sozial, kulturell)<br />

21. Welche Schwächen weist Ihrer Meinung der Stadtbezirk auf? Wo ist der dringende<br />

Entwicklungsbedarf (wirtschaftlich, sozial, kulturell)?<br />

22. Inwieweit besteht Ihrer Meinung nach eine Verknüpfung zwischen Zeche Zollverein<br />

und dem Stadtbezirk VI? Inwieweit hat sich dies verändert?<br />

23. Wie könnten stärkere Synergien zwischen Zollverein und den umgebenden Stadt-<br />

teilen entstehen?<br />

24. Wer sind die tragenden Entwicklungsakteure derzeit und zukünftig? (wirtschaftlich<br />

und sozial)<br />

25. Wie stellen Sie sich realistisch den Stadtbezirk VI in 10 Jahren vor?<br />

Kontaktherstellung<br />

26. Welche Kontakte zu Unternehmen können Sie für weitere Gespräche empfehlen?<br />

Anhang 131

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