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Zwischen Schutz und Maskerade - RAV

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ielle Konsequenzen. Mit einigen folgenlosen<br />

Worten in einer Gedenkstätte ist es nicht getan.<br />

Auf dem Gipfel von Triest einigten sich die Regierungen<br />

Deutschlands <strong>und</strong> Italiens darauf, wie<br />

man die Opfer um ihre berechtigten Ansprüche<br />

bringen kann. Dabei wurde das Ganze mit großem<br />

medialen Aufwand öffentlich so präsentiert,<br />

als sei man wirklich an der Aufarbeitung<br />

der Vergangenheit interessiert. Tatsächlich soll<br />

die mittlerweile eingesetzte deutsch–italienische<br />

Historikerkomission das Feigenblatt für die<br />

deutsche Verweigerungspolitik liefern. Dass diese<br />

ausgerechnet in der Villa Vigoni ihren Auftakt<br />

nahm, ist kein Zufall, denn die Liegenschaft<br />

wurde bereits mit einer Sicherungshypothek belegt<br />

<strong>und</strong> könnte bei fortgesetzter Verweigerung<br />

zugunsten der Distomo–Kläger zwangsversteigert<br />

werden.<br />

Die B<strong>und</strong>esregierung weigert sich bis heute,<br />

mit den griechischen Klägern aus Distomo<br />

oder aus Italien in Verhandlungen über Entschädigungsleistungen<br />

einzutreten. Dies hat<br />

sie wiederholt erklärt. Die B<strong>und</strong>esregierung<br />

will also den Opfern nicht nur den Rechtsweg<br />

verwehren, sie will auch keine Lösung<br />

im Verhandlungswege. Die Konsequenz wäre,<br />

dass ein unbestreitbares Völkerrechtsverbrechen<br />

wie das Massaker vom 10. Juni 1944 in<br />

Distomo ohne jede Konsequenz bliebe. Denn<br />

auch die Täter wurden von deutschen Gerichten<br />

nicht bestraft.<br />

Die hier eingereichte Klage offenbart also<br />

eine Haltung, die sich als ignorant gegenüber<br />

den Opfern des nationalsozialistischen Terrors<br />

<strong>und</strong> revisionistisch gegenüber historischen<br />

Tatsachen erweist. Dieses Verfahren stellt den<br />

Versuch Deutschlands dar, die Ergebnisse <strong>und</strong><br />

Erkenntnisse des Nürnberger Hauptkriegsverbrechertribunals<br />

<strong>und</strong> seiner Folgeprozesse<br />

zu relativieren, um so die B<strong>und</strong>esrepublik<br />

Deutschland von der historischen <strong>und</strong> juristischen<br />

Verantwortung für die Verbrechen des<br />

Dritten Reichs zu entlasten.<br />

Das nationalsozialistische Deutsche Reich<br />

hat die Haager Landkriegsordnung bewusst<br />

gebrochen, um seine militärischen <strong>und</strong> ideologischen<br />

Ziele zu erreichen. Die B<strong>und</strong>esrepublik<br />

hat als demokratisch verfasster Rechtsstaat<br />

die Rechtsnachfolge eines Unrechtsstaates angetreten.<br />

Dies umfasst aber in der Konsequenz<br />

auch die Übernahme der Schulden dieses<br />

Unrechtsstaates. Die Haltung der deutschen<br />

Regierung aber, die Forderungen der Opfer<br />

nationalsozialistischer Verbrechen nicht anzuerkennen,<br />

führt den Völkerrechtsbruch des<br />

nationalsozialistischen Deutschlands fort.<br />

Wenn die B<strong>und</strong>esregierung das Leid der<br />

Opfer anerkennen wollte, dann müsste sie sofort<br />

die Klage gegen Italien vor dem Internationalen<br />

Gerichtshof in Den Haag zurück nehmen.<br />

Sie müsste die Urteile der griechischen<br />

<strong>und</strong> italienischen Gerichte anerkennen <strong>und</strong><br />

den Klägerinnen <strong>und</strong> Klägern endlich nach<br />

65 Jahren die ihnen zustehenden Entschädigungsleistungen<br />

zukommen lassen.<br />

5. waS tun?<br />

Wie der Internationale Gerichtshof in Den<br />

Haag entscheidet, ist offen. Italien wurde eine<br />

Stellungnahmefrist bis zum 23. Dezember<br />

2009 gesetzt. Mit einer Entscheidung wird daher<br />

nicht vor Beginn des Jahres 2010 zu rechnen<br />

sein.<br />

Ob Italien sich gegen eine Verurteilung<br />

ernsthaft wehren wird, ist fraglich, denn offenbar<br />

ist das ganze Verfahren eine zwischen<br />

Berlin <strong>und</strong> Rom abgesprochene Angelegenheit.<br />

Die Betroffenen selber könnten nach dem<br />

Statut des Gerichtshofs nicht angehört werden<br />

<strong>und</strong> keine eigene Stellungnahme beibringen.<br />

Damit besteht die Gefahr, dass der IGH letztlich<br />

eine Art Geisterverfahren führt, bei dem<br />

die entscheidenden Argumente für eine Abweisung<br />

des deutschen Antrags gar nicht berücksichtigt<br />

werden.<br />

<strong>RAV</strong> INfobRIef #102 AUGUST 2009 . Seite 9

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