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Zwischen Schutz und Maskerade - RAV

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echtsstaatliche Gr<strong>und</strong>lage. Der Erforderlichkeitsgr<strong>und</strong>satz<br />

werde missachtet <strong>und</strong> der Nutzen<br />

sei fragwürdig«. Hierbei handele es sich<br />

jedoch nur um »immanente Argumentationen,<br />

die weder nach dem Verhältnis des Staates<br />

zum vorgegebenen Ziel fragen, noch die gesellschaftlichen<br />

Machtverhältnisse infrage<br />

stellen. »Argumente zur Rechtsstaatlichkeit<br />

versuchen zwar, staatliches Handeln zu begrenzen<br />

<strong>und</strong> die BürgerInnen vor Willkür <strong>und</strong><br />

unbegrenzten Eingriffsbefugnissen zu schützen.<br />

Sie bleiben jedoch formal <strong>und</strong> vollziehen<br />

letztlich den schleichenden Bedeutungswandel<br />

mit«. Um diesem Bedeutungswandel etwas<br />

entgegenzusetzen, müsse man, so Steven, »die<br />

Entwicklung insgesamt in den Blick nehmen«<br />

<strong>und</strong> die Begründungen der Notwendigkeiten<br />

für Maßnahmen der inneren Sicherheit selbst<br />

angreifen.<br />

In die gleiche Kerbe schlägt Ron Steinkes<br />

Polemik »Radikal wie Karlsruhe«, in der er<br />

einen »Konformismus der deutschen Bürgerrechtsbewegung«<br />

beklagt. In dem Bemühen,<br />

das B<strong>und</strong>esverfassungsgericht für sich einzunehmen,<br />

würden nicht wenige KritikerInnen<br />

vorrangig mit Stichworten aus Karlsruhe argumentieren.<br />

Die Diskussion um die Einführung<br />

neuer Überwachungsmaßnahmen wie<br />

etwa der Online–Durchsuchung fokussiere<br />

deshalb vornehmlich auf »verfassungsrechtliche<br />

Knackpunkte« <strong>und</strong> rechtliche Einwände<br />

anstatt auf den »politischen Gehalt der Entwicklung«.<br />

In Folge dessen gäbe das B<strong>und</strong>esverfassungsgericht<br />

die Kritik vor: Zugleich<br />

würden »liberal–rechtsstaatlich argumentierende<br />

BürgerrechtlerInnen sich weniger<br />

für eine gr<strong>und</strong>sätzliche Zurückdrängung des<br />

Staates engagieren als vielmehr für die Stärkung<br />

der Dritten Gewalt im Staate gegenüber<br />

der zweiten«. Ein großer Teil der Empörung<br />

bestehe oft darin, dass die ›Exekutive‹ es an<br />

Respekt vor Gerichtsurteilen mangeln lasse:<br />

»B<strong>und</strong>verfassungsgericht gut, Politik böse«<br />

(Steinke). Dies führe zu einer Hilflosigkeit,<br />

wenn das B<strong>und</strong>esverfassungsgericht schließlich<br />

kritisierte Gr<strong>und</strong>rechtseingriffe billige.<br />

AktivistInnen sollten nach Auffassung von<br />

Steinke »statt sich mit liberalen Ex–Innenministern<br />

oder staatlichen Datenschützern in die<br />

Arme zu fallen, erkennen, wie wenig dieses<br />

Bündnis im Bereich staatlicher Überwachung<br />

gebracht hat, wie dominierend es aber gleichzeitig<br />

im Diskurs geworden ist«.<br />

In die gleiche Richtung weist schließlich<br />

auch der Beitrag von Ulf Treger: »Das Monster<br />

beschwören. Problemstellen der derzeitigen<br />

Überwachungskritik.« Zu Recht weist er darauf<br />

hin, dass die Urteile des BVerfG weder<br />

die verhandelten Sicherheitsgesetze entscheidend<br />

in Frage gestellt haben, noch zwingende<br />

Auswirkungen auf kommende Kontrollexzesse<br />

zeitigen. Zutreffend benennt Treger damit<br />

die Funktion des BVerfG, eben nicht zentrale<br />

politische Weichenstellungen vorzunehmen,<br />

sondern vielmehr nur Übertreibungen der Politik<br />

zu nivellieren. Daraus folgert Treger, dass<br />

Kampagnen, die staatliche Institutionen durch<br />

Unterschriftenkampagnen <strong>und</strong> Sammelklagen<br />

zur Besinnung bringen wollen, nicht nur einen<br />

begrenzten, sondern schlechterdings einen<br />

kontraproduktiven Nutzen haben. »In diesen<br />

Beschwörungen steckt das Potenzial, kritische<br />

<strong>und</strong> der Komplexität des Themas angemessene<br />

Debatten zu verhindern«.<br />

Die drei Beiträge von Steven, Steinke <strong>und</strong><br />

Treger üben eine berechtigte Kritik <strong>und</strong> vermögen<br />

hoffentlich, für diese Problematik zu<br />

sensibilisieren. Sie verharren jedoch in nahezu<br />

identischer Manier auf der Ebene der Appellation.<br />

Die Chance, hier konkretere Fragestellungen,<br />

Perspektiven oder Anregungen für<br />

zukünftige »Bürgerrechtspolitik« aufzuwerfen,<br />

wird damit vertan.<br />

Mit der Kritik an der inhaltlichen Stoßrichtung<br />

überwachungskritischer Initiativen vermengen<br />

die AutorInnen zugleich Stellungnah-<br />

<strong>RAV</strong> INfobRIef #102 AUGUST 2009 . Seite 55

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