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Aktionstag Bildung 2010 der Handwerkskammer Dresden – ein ...

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4<br />

Mit dem Hammer zum Führersch<strong>ein</strong><br />

Projekt „Tami“ beschreitet ungewöhnliche Wege bei <strong>der</strong> För<strong>der</strong>ung<br />

junger Arbeitsloser<br />

Von Heiko Weckbrodt<br />

Klienten <strong>der</strong> Hartz-Arge stehen oft im Ruf,<br />

auf Staatskosten auf <strong>der</strong> faulen Haut zu<br />

liegen. Patrick Walter kann man das auf<br />

k<strong>ein</strong>en Fall nachsagen: Tagsüber schwingt<br />

<strong>der</strong> 18-jährige den Vorschlaghammer und<br />

zertrümmert Ruinen im Dresdner Stadtbild,<br />

zwischendurch büffelt er für die Führersch<strong>ein</strong>-Prüfung<br />

und abends drückt er die<br />

Schulbank für s<strong>ein</strong>en Realschulabschluss.<br />

Sicher, das sei <strong>ein</strong> ordentliches Programm,<br />

m<strong>ein</strong>t er. „Aber das passt schon, Schließlich<br />

will ich Autoverkäufer werden.“<br />

Patrick ist <strong>ein</strong>er von zehn Jugendlichen, die<br />

an <strong>ein</strong>em beson<strong>der</strong>en Projekt des Sächsischen<br />

Umschulungs- und Fortbildungswerkes<br />

(SUFW) teilnehmen: Bei „Tami“<br />

(„Testen, Arbeiten, Mobilität, Integration“)<br />

können sich die 18- bis 24-jährigen mit<br />

Hammer und Brechstange austoben und tun<br />

dabei <strong>ein</strong> gem<strong>ein</strong>nütziges Werk: Sie reißen<br />

alte Mauern und Gebäude ab, für <strong>der</strong>en<br />

Sicherung die Stadt sonst schwere Technik<br />

anfahren müsste. Derzeit zerlegen sie<br />

marode Teile <strong>ein</strong>er Höhenburg in Pappritz,<br />

um den Gebäudekern zu retten. Vorher haben<br />

sie <strong>ein</strong>e tote Straße im Rossen dorfer<br />

Wald, <strong>ein</strong> an<strong>der</strong>mal ruinöse Anbauten in<br />

Übigau im Elbschwemmgebiet beseitigt.<br />

Der Abriss ersparte dem Freistaat <strong>ein</strong>en<br />

drei Millionen teuren Damm, wie Gebhard<br />

Gülzow vom Umweltamt versicherte.<br />

Er ist mit im Boot, weil die Stadt die Jobs<br />

für die jungen Arbeitslosen vorgibt, ihnen<br />

aber auch <strong>ein</strong>en Bonus finanziert: Neben ih-<br />

rer Arbeit machen die Jungs<br />

den Führersch<strong>ein</strong>, <strong>der</strong> ist<br />

neben den 990 Euro Bruttolohn<br />

für 36 Wochenarbeitsstunden<br />

<strong>ein</strong> unbarer Entgeltanteil.<br />

„Das Ganze rechnet<br />

sich sogar für uns“, betont<br />

Gülzow. „Wenn wir diese<br />

schwer zugänglichen Gebäude<br />

mit Baggern beseitigen<br />

wollten, wäre das sehr<br />

aufwendig und den Schutt<br />

könnten wir nur auf die<br />

Deponie bringen. Bei <strong>ein</strong>em<br />

manuellen Abbruch dagegen<br />

werden die Materialien<br />

gleich sortiert, dadurch<br />

konnten wir Sandst<strong>ein</strong>e für<br />

Kitas bergen.“<br />

Das Projekt ist sehr beliebt und erfolgreich.<br />

Während nach normalen „Ein-Euro-<br />

Jobs“ oft nur je<strong>der</strong> dritte o<strong>der</strong> gar nur je<strong>der</strong><br />

zehnte Teilnehmer hinterher <strong>ein</strong>en Job o<strong>der</strong><br />

<strong>ein</strong>e Lehre bekommt, liegen die Vermittlungsquoten<br />

von „Tami“ um die 50 Prozent,<br />

wie Philipp Schäfer von <strong>der</strong> Hartz-Arge<br />

betont. „Wenn die Jugendlichen hier ihre<br />

Fahrerlaubnis machen, steigen ihre Job-<br />

Chancen erheblich“ erklärte er gestern bei<br />

<strong>ein</strong>em SUFW-Besuch, bei dem er „Tami“ als<br />

„Projekt des Monats“ auszeichnete.<br />

Auch bei den jungen Teilnehmern kommt<br />

„Tami“ sehr gut an. „Wir haben hier drei<br />

mal so viele Bewerber wie Stellen“ berichtet<br />

SUFW-Bereichsleiter Joachim Lux. Die<br />

Motivation, en passant die „Fleppen“ zu<br />

bekommen, sei eben sehr hoch. Allerdings<br />

müssen sich die Jugendlichen dafür auch<br />

ins Zeug legen, denn jede Bummelei, jede<br />

verpatzte Prüfung, jede Fehlstunde wird<br />

ihnen von <strong>ein</strong>em Punktekonto abgezogen<br />

und dann müssen sie <strong>ein</strong>en Teil des Führersch<strong>ein</strong>s<br />

selbst zahlen.<br />

Zudem wirkt - auf den ersten Blick erstaunlich<br />

- auch die harte Knochenarbeit selbst<br />

motivierend, wie Anleiter Matthias Philipp<br />

berichtet: „Die Jungs sind richtig scharf<br />

darauf, sich beim Abriss abzureagieren.“<br />

Patrick Walter kann das nur bestätigen: „Das<br />

macht richtig Spaß“, sagt <strong>der</strong> junge Mann.<br />

Artikel erschien in <strong>der</strong> DNN vom 29. September <strong>2010</strong>

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