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E Leitfaade fir Schnitzelbänggler - Basler Zeitung

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2.5 Der gute Vers<br />

© BSG Basel (Bernhard Herrlich)<br />

BSG Bänggler-Laitfaade<br />

Gute Verse gibt es viele. Schlechte Verse sogar noch ein paar mehr. Es ist<br />

äusserst schwierig, exakt zu bestimmen, was einen guten Vers ausmacht.<br />

Für die meisten guten Verse passt aber die folgende Definition des Witzes.<br />

Was hier für den Witz gilt, gilt auch für den gelungenen Banggvers:<br />

Ein Witz verursacht ein Lachen durch plötzliche Einsicht in einen<br />

unerwarteten Zusammenhang. Ein Witz beruht im Wesentlichen auf<br />

einer überraschenden Kombination und Assoziation. Er bedarf einer<br />

Gliederung in Einleitung, Überleitung und Pointe, vermittelt durch<br />

leitmotivische Wörter, die oft in doppelter Bedeutung benutzt werden.<br />

Während Ironie, Spott und Zynismus eine konkrete Einzelperson oder<br />

soziale Gruppe als Gegenüber oder Opfer erfordern, sind Dritte für einen<br />

Witz zwar möglich, aber nicht notwendig: "Frage: Was gibt's für einen<br />

guten Witz? Antwort: Ein Jahr Gefängnis." Der Erfolg ist abhängig von<br />

der Klarheit der Form, der Kürze der Exposition und der Konfrontation<br />

der Bedeutungen oder der Figuren in direkter Rede. 10<br />

Auf die Frage, wie man Verse schmiedet, gibt es praktisch so viele<br />

Antworten, wie es Formationen gibt und alle haben sie ihre Berechtigung.<br />

Deshalb können wir hier nur Anregungen geben.<br />

Was aber auf alle Varianten des Verseschmiedens zutrifft: Das Dichten ist<br />

ein Prozess. Nicht umsonst heisst es: einen Vers schmieden oder einen<br />

Vers drechseln. Genau so wenig wie aus einem Stück Eisen oder einem<br />

Stück Holz innert Sekunden ein kunstvoll gefertigtes Tor oder ein sensibles<br />

Holzinstrument geschaffen wird, so wird auch nicht aus dem gesammelten<br />

Rohmaterial für Sujets – ausser in ganz seltenen Fällen – im Handumdrehen<br />

ein Jahrhundertvers.<br />

Wie bei den meisten handwerklichen Fähigkeiten geht ihr auch beim<br />

Verseschmieden von einem unbehauenen Stück Rohmaterial aus. Daraus gilt<br />

es nun nach allen Regeln der Kunst einen Vers zu erschaffen. Und weil ihr ja<br />

nicht nur einen Gebrauchsgegenstand herstellen wollt sondern ein<br />

Kunstwerk, lasst euch dabei von euren Vorstellungen leiten.<br />

Also los! Sucht euch das passende Stück Material, z.B. Marmor (beim<br />

Schnitzelbangg ist dies die Sprache), betrachtete es und überlegt, was da<br />

drin steckt z.B. eine Statue (beim Schnitzelbangg das Sujet). Und wenn ihr<br />

es gefunden habt, dann erarbeitet den in diesem Marmor enthaltenen David<br />

(Vers) heraus. 11<br />

Dazu ein paar Tipps, wie ihr euch ein Umfeld schaffen könnt, in welchem<br />

eine Meisterleistung eher gelingt:<br />

10 Vgl. dazu: http://de.wikipedia.org/wiki/Humor#Ironie.2C_Spott.2C_Zynismus_und_Witz<br />

11 Der David wurde hier absichtlich gewählt, denn viele vergeuden ihre Zeit nach der Suche des richtigen Sujets,<br />

oder sagen, uns kommt keines in den Sinn. Der Marmorblock, aus welchem Michelangelo den David<br />

herausgearbeitet hat, war bereits durch einen anderen Steinmetz verhauen und auf dem Weg, zu Platten oder<br />

sonst was verarbeitet zu werden. Michelangelo hat, Gott sei Dank, in dem verhauenen Stück Marmor den David<br />

entdeckt und diesen freigelegt!<br />

Seite 6

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