04.10.2012 Aufrufe

KURZNACHRICHTEN · KURZNACHRICHTEN · KURZNACHRICHT

KURZNACHRICHTEN · KURZNACHRICHTEN · KURZNACHRICHT

KURZNACHRICHTEN · KURZNACHRICHTEN · KURZNACHRICHT

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

herrschbar und kontrollierbar. Ressourcen<br />

sind nur begrenzt verfügbar, exakte Planungen<br />

unmöglich, aber auch die Prognosefähigkeit<br />

nimmt ab. Festgelegte Reaktionsmuster,<br />

also eine Lösung für alle<br />

Fälle, scheitern an der Vielfalt und Komplexität<br />

der Situationen. Manche Führungskräfte<br />

(und Regierungen) neigen<br />

dazu, alles bis ins Kleinste regulieren und<br />

genau kontrollieren zu wollen, damit<br />

keine Fehler (Abweichung vom Bekannten)<br />

passieren. Aber wie können dann<br />

Chancen gesehen und genutzt werden<br />

und Innovationen erfolgen? Gleichwohl<br />

werden Verlässlichkeit und Zuverlässigkeit<br />

staatlichen Handelns erwartet, wo Offenheit<br />

und Flexibilität notwendig sind. In<br />

diesem Spannungsfeld ist ein vorbereiteter,<br />

wacher Geist gefragt, ist Achtsamkeit<br />

(awareness) und Aufnahmefähigkeit<br />

(absorption) erforderlich.<br />

Mancher der in der aktuellen Managementliteratur<br />

vorgeschlagenen Rezepte<br />

und Methoden zum Umgang mit Unsicherheit<br />

erinnern an Früherkennungssysteme<br />

im Rahmen des strategischen Managements.<br />

Sieht man die Früherkennung<br />

nicht nur als Warnung vor Krisen,<br />

sondern auch als Hinweis auf Chancen,<br />

lassen sich durchaus Parallelen zwischen<br />

dem Management von Turbulenzen und<br />

dem Innovationsmanagement erkennen.<br />

Einige Ansätze seien hier genannt:<br />

• Die Aufmerksamkeit sollte sich<br />

auf Unterschiede und Abweichungen<br />

richten sowie auf Faktoren,<br />

die Abweichungen auslösen können<br />

(Sollbruchstellen, kritische Ereignisse)<br />

• Der Blick sollte über die Organisationsgrenzen<br />

hinausgelenkt werden.<br />

Von aussen nach innen und aus der<br />

Zukunft zurück, von der Lösung statt<br />

vom Problem her gedacht, um andere<br />

Perspektiven einzunehmen.<br />

• Vorliegende Berichte sollten nicht<br />

zu stark vereinfacht und nivelliert<br />

werden, um dezentrale Besonderheiten<br />

und Unterschiede bei einzelnen<br />

Entwicklungen zu erkennen.<br />

• Eigene Annahmen und Erwartungen<br />

sollten immer wieder auf ihre Übereinstimmung<br />

mit der Realität überprüft<br />

werden.<br />

• Fehler sollten nicht getadelt werden.<br />

Vielmehr ist um Offenlegung zu<br />

ersuchen, um daraus zu lernen.<br />

• Veränderungen von Kontexten<br />

innerhalb und ausserhalb der<br />

Organisation sollten sorgfältig<br />

analysiert werden.<br />

• Sich herausbildende und verändernde<br />

Muster sollten beobachtet werden.<br />

• Ein kritischer Blick auf ungeschriebene<br />

Gesetze, Tabus und eingeübte<br />

Verhaltensweisen ist erforderlich,<br />

um Gewohnheiten in Frage zu stellen.<br />

• Einwandfreie Verläufe und Erfolge<br />

sollten nicht dazu dienen, sich allzu<br />

sehr in Sicherheit zu wiegen.<br />

• Verschiedene Szenarien sollten<br />

entwickelt und durchgespielt werden,<br />

um Verfahrensouveränität zu<br />

erlangen.<br />

Insgesamt führt dies dazu, dass Ungleichgewichte<br />

akzeptiert werden müssen, allmähliche<br />

Veränderungen der Wahrnehmung<br />

bedürfen, eine strategische Orientierung<br />

an relevanten Aufmerksamkeitsfeldern<br />

und Bezugspunkten erforderlich ist<br />

und eine Kultur der Wechselbeziehungen,<br />

des Austauschs, Dialogs und der Perspektivenänderung<br />

etabliert werden muss. Die<br />

gute Nachricht dabei ist, dass Zukunft dabei<br />

als offen und damit auch zugleich gestaltbar<br />

erkannt wird.<br />

Effektuierung statt<br />

linear-kausales Denken gefragt<br />

Im Anschluss an grundlegende Arbeiten<br />

von Karl E. Weick und Kathleen M. Sutcliffe<br />

wird neuerdings wieder der Umgang<br />

mit Extremsituationen durch Aufbau organisatorischer<br />

Fähigkeiten am Beispiel<br />

erfolgreicher Hochsicherheitsorganisationen<br />

(High Reliability Organizations),<br />

wie Flugzeugträger, Atomkraftwerke<br />

oder Chemieunternehmen empfohlen.<br />

Dazu gehören:<br />

• Die intensive Beschäftigung mit<br />

Überraschungen und Fehlern.<br />

• Die Verhinderung vereinfachender<br />

Erklärungen.<br />

• Eine hohe Sensibilität gegenüber<br />

tatsächlichen Verläufen statt der<br />

Fixierung auf Pläne und Kennzahlen.<br />

• Eine Flexibilität und Redundanz<br />

in den Abläufen sowie alternative<br />

Kommunikationswege.<br />

NEW PUBLIC MANAGEMENT<br />

Krisenmanagment<br />

• Flexible Formen der Entscheidungsfi<br />

ndung mit dem Nutzen dezentraler<br />

Beobachtung, bei der entgegen der<br />

Hierarchie auch dem Flugzeugkapitän<br />

widersprochen werden muss.<br />

Im Rahmen des Umgangs mit Unsicherheit<br />

und Ungewissheit wird auch eine neue Art<br />

des Denkens vorgeschlagen. Das klassische<br />

linear-kausale Denken eigne sich demnach<br />

für eine planbare Zukunft mit fi xen Zielen<br />

und einer stabilen Umwelt. Bei ungewisser<br />

Zukunft, verhandelbaren Zielen und einer<br />

gestaltbaren Umwelt sei dagegen ein anderes<br />

Denken gefragt, das mit «effectuation»<br />

bezeichnet wird. Wer in einem stabilen Umfeld<br />

zielorientiert vorgeht, sucht nach Mitteln<br />

und Wegen, um ein zuvor festgelegtes<br />

Ziel möglichst effi zient zu erreichen. Die Logik<br />

der Effektuierung geht dagegen nicht<br />

von einem fi xen Ziel aus, das in einer ungewissen<br />

Zukunft auch schwer erreichbar<br />

wäre, sondern von den vorhandenen Mitteln<br />

und Möglichkeiten. Sie fragt statt nach<br />

dem erwarteten Ertrag nach dem leistbaren<br />

Verlust. Unerwartete Umstände und<br />

Zufälle werden nicht als Störung auf dem<br />

Weg zum Ziel wahrgenommen, sondern als<br />

Chancen und Hebel genutzt. Die rich tigen<br />

Partner werden nicht erst lange gesucht,<br />

vielmehr werden Vereinbarungen und Partnerschaften<br />

mit denen eingegangen, die<br />

bereit sind, mitzumachen.<br />

Diese Methode erscheint insgesamt pragmatischer<br />

als das klassische strategische<br />

Management. Sie geht von einer Beurteilung<br />

der aktuellen Situation aus und<br />

orientiert sich an tatsächlich vorhandenen<br />

Handlungs- und Gestaltungsmöglichkeiten.<br />

Möglicherweise ist dies in einem<br />

Zeitalter ständiger Turbulenzen eine Herangehensweise,<br />

die besser als bisher Achtsamkeit<br />

sowie Aufnahmefähigkeit garantiert<br />

und Handlungsfähigkeit für die Zukunft<br />

ermöglicht und sichert.<br />

* Prof. Dr. Hermann Hill ist Professor an<br />

der deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaften<br />

in Speyer. An der<br />

SGVW Herbsttagung sprach er zum<br />

Thema Risikomanagement und Krisenmanagement<br />

in der Praxis.<br />

Quelle: Hermann Hill, Staatliches Innovationsmanagement<br />

– Bilanz und Perspektiven,<br />

in: Hermann Hill/Utz Schliesky (Hrsg.),<br />

Innovationen im und durch Recht, Band 15<br />

der Schriftenreihe Verwaltungsressourcen<br />

und Verwaltungsstrukturen, Nomos-Verlag<br />

Baden-Baden, 2010, S. 285–302. Weitere Informationen<br />

fi nden Sie unter www.sgvw.ch<br />

SKR 1/11 23

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!