Tinnitustherapierecherche - Deutsche Tinnitus Liga eV
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Also nochmals zum besseren Verständnis im Klartext:<br />
<strong><strong>Tinnitus</strong>therapierecherche</strong><br />
<strong>Tinnitus</strong> wird (überwiegend) im Innenohr durch Haarzellenschädigung ausgelöst. Die eigentliche<br />
Aktivierung entsteht jedoch erst im Hörcortex und durch die permanente Rückkopplung wird<br />
dann der <strong>Tinnitus</strong> zu seinem eigenen Stressor, wodurch der <strong>Tinnitus</strong> weiter verstärkt wird und<br />
eine Chronifizierung entsteht. (Was sich wiederum verstärkend auf den emotionalen Stress auswirkt).<br />
Bleibt die Schädigung der Haarzellen und die stressbedingte Aktivierung der Amygdala<br />
über einen längeren Zeitraum bestehen, werden die plastischen Veränderungen im Hörcortex so<br />
stark, dass sie zu einer Selbsterregung der Neurone innerhalb des kortikalen Systems führen<br />
(Oder anders formuliert: Es entsteht eine ständige, selbstkreisende Rückkopplung).<br />
Wichtig: Gerade diese Rückkopplung zwischen Hörcortex und der zum Emotionssystem<br />
gehörenden Amygdala spielt beim <strong>Tinnitus</strong> eine, wenn nicht die entscheidende Rolle!!<br />
Daraus ergibt sich dann auch, dass eine Beeinflussung/Modifizierung der Amygdala und der<br />
negativen Emotionen (aufgrund der neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse) die (wahrscheinlich)<br />
sinnvollste <strong>Tinnitus</strong>therapie ist.<br />
Auch TBT, TDT, TRT u.ä. zielen auf eine Beeinflussung der negativen Emotionen und damit auf<br />
eine Beeinflussung der Amygdala. (Eine weitere Möglichkeit: Pharmakologische Beeinflussung<br />
der zentralen Amygdala. Auch hieran wird gearbeitet, siehe auch unter 10.6 Charité Berlin)<br />
8.1 Psychoterror <strong>Tinnitus</strong><br />
Bereits F. J. Ganz hat auf diesen Zusammenhang in seinem Klassiker „Ohrgeräusche, 1986“<br />
hingewiesen und diese Symptome volkstümlich als „akustisches Nervenschwirren“ bezeichnet.<br />
Denn er war überzeugt davon, dass <strong>Tinnitus</strong> nicht im Innenohr, sondern zentral im<br />
Gehirn entsteht (als bleibend veränderte Spontanaktivität). Dabei erzeugt die Rückkopplung<br />
ein ständig erhöhtes Dauererregungsniveau: Die Gehirnnerven beginnen zu „vibrieren“.<br />
Ich persönlich halte diesen Zusammenhang (auch aufgrund jahrelanger eigener, leidvoller Erfahrungen)<br />
für die Kernthese bei der chronischen <strong>Tinnitus</strong>problematik. Als weitere Konsequenz<br />
davon wird dann weiter das vegetative Nervensystem dauerhaft gestört. Die an vielen Stellen der<br />
Fachliteratur als „Deafferation“ (Teilabkopplung zum Gehirn hinführender Nervenfasern des peripheren<br />
Sinnesorgans) bezeichnende Ursache für den <strong>Tinnitus</strong> und die auf sie folgende nervliche<br />
Übererregung wären dann identisch mit dem „Nervenschwirren“ (Siehe hierzu auch F. J. Ganz:<br />
“Ohrgeräusche“. Eine aus heutiger Sicht evtl. gewagte These, die hoffentlich in einigen Jahren<br />
durch die Forschungsarbeiten von Neurophysiologen schlüssig bewiesen werden kann).<br />
Wie auch immer: Jedenfalls ist nach meiner Überzeugung nicht das primäre Ohrgeräusch, sondern<br />
die sekundären Rückwirkungen auf die Psyche (einschließlich dem gesamten Nervensystem)<br />
das Hauptproblem und das eigentliche Dilemma beim chronischen, dekompensierten <strong>Tinnitus</strong>.<br />
Mit Recht heißt es deshalb bei Kröner-Herwig denn auch: Das <strong>Tinnitus</strong>-Leiden wird primär durch<br />
die lang andauernden emotionalen Belastungszustände geprägt: Psychoterror <strong>Tinnitus</strong>, emotionaler<br />
Dauerstress, permanent überhöhtes Erregungsniveau, Nervenflattern, vegetative Rückkopplung<br />
auf Herz-Kreislauf u.ä.<br />
Die Folgen davon sind allen <strong>Tinnitus</strong>patienten mit chronischen, dekompensierten <strong>Tinnitus</strong> mehr<br />
oder weniger und mit unterschiedlicher Ausprägung bekannt: Hilf- und Hoffnungslosigkeit, Verzweiflung,<br />
Resignation, Unfähigkeit zur Entspannung, Enttäuschung über die ausbleibende Hilfe<br />
durch die Schulmedizin, Reizbarkeit, depressive Verstimmung, eingeschränkte Bewältigungsstrategien<br />
im Alltag (um nur einige bekannte Symptome zu nennen).<br />
Daran lässt sich erkennen: <strong>Tinnitus</strong> ist keine eindimensionale Funktionsstörung, sondern vielmehr<br />
eine sehr komplexe und eben teilweise auch sehr quälende Dauerstörung mit sog. „multifaktoriellen“<br />
Konsequenzen (insbesondere auf Nerven und Psyche). Die psychologischen Standardbehandlungsmethoden<br />
(TBT u.ä.) habe ich oben ausführlich beschrieben. Ich muss hierauf<br />
also nicht erneut eingehen.<br />
<strong><strong>Tinnitus</strong>therapierecherche</strong> Seite 22 von 39