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Tinnitustherapierecherche - Deutsche Tinnitus Liga eV

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2 Der Hörvorgang<br />

(Haerkötter. Langner, Wallhäußer - Franke, Hellbrück)<br />

<strong><strong>Tinnitus</strong>therapierecherche</strong><br />

Nachfolgend zum besseren Verständnis der <strong>Tinnitus</strong>entstehung ein kurzer Abriss der wichtigsten<br />

Schritte und Fakten beim Hörvorgang.<br />

Vom Schall zur Hörwahrnehmung. Hören ist ein mehrstufiger Vorgang:<br />

Schallwellen werden durch den Gehörgang auf das Trommelfell und von dort über die Gehörknöchelchen<br />

zum Innenohr (Cochlea, Schnecke) geleitet.<br />

In der Cochlea erfolgt ein entscheidender Schritt der Signalverarbeitung: Die Umwandlung der<br />

Schwingungsenergie in einen Nervenreiz. Über den Steigbügel werden die Schwingungen auf<br />

die Flüssigkeit des Innenohrs übertragen und führen auf der Basilarmembran zu so genannten<br />

Wanderwellen. Dadurch werden die Haarzellen des Corti-Organs erregt und dabei die Bewegungsenergie<br />

in Nervenimpulse umgesetzt.<br />

Bei den Haarzellen als eigentliche Sinneszellen des Hörorgans werden anatomisch und physiologisch<br />

2 Typen unterschieden:<br />

• Die inneren Haarzellen (IHZ), die für die Umsetzung der Schallenergie zuständig sind<br />

und dabei afferent (sensorische Nervenweiterleitung an das zentrale Nervensystem<br />

Umwandlung von Schallwellen in elektr. Nervenströme) und<br />

• Den äußeren Haarzellen (ÄHZ), die kontraktionsfähig und aufgrund efferenter (Weiterleitung<br />

von Impulsen zu den peripheren Organen) Steuerungsmechanismen in der Lage<br />

sind, die Sensibilität der IHZ zu modulieren.<br />

Erst in jüngster Zeit ist klar geworden, dass die 12000 in 3 Reihen angeordneten äußeren Haarzellen<br />

als Verstärker dienen. Sie nehmen die Schallschwingung in der Cochlea auf und vibrieren<br />

aktiv mit derselben Frequenz. Dies verstärkt die Schallschwingung und damit werden die Härchen<br />

(Lilien) der 3500 inneren Haarzellen stärker umgebogen. Die inneren Haarzellen leiten die<br />

Signale als Nervenimpulse in das Gehirn weiter. Diese Weiterleitung ist ausgesprochen komplex,<br />

mehrere Schaltstellen im Hirnstamm gehören ebenso dazu wie zahlreiche Querverbindungen,<br />

etwa zu anderen Hirnhemisphäre, zum Sprachzentrum, zum Gleichgewichts-System etc....<br />

Nach mehreren Schaltstellen und Aktivierung sämtlicher Hörbahnstationen erreicht die Information<br />

schließlich den Cortex, wo es zur bewussten Hörwahrnehmung kommt.<br />

Signalverarbeitung und Rückkoppelung:<br />

Signale steigen im Hörsystem nicht nur (in 2 Hörbahnen) aufwärts, sondern laufen über zahlreiche<br />

Verbindungen auch abwärts zur Steuerung des Ohrs zurück. Diese Rückkopplungsschleifen<br />

dienen offenbar dazu, die aufsteigende Hörinformation je nach Bedarf zu filtern, wichtige Signale<br />

zu verstärken und unwichtige auszublenden (oder bei fehlendem bzw. zu schwachem Signal<br />

dieses bis zur Hörbarkeit zu verstärken).<br />

Die Evolution hat uns also auf allen Ebenen des Hörsystems mit neuronalen Steuer- und Kontrollmechanismen<br />

und Rückkopplungsschleifen versehen.<br />

Besonders wichtig zum Verständnis der <strong>Tinnitus</strong>entstehung scheint die kortikale Rückkopplung<br />

zum Thalamus zu sein. Darüber hinaus muss unser Hörsystem aber auch mit anderen Teilen<br />

des Nervensystems verbunden sein, um sinnvolle Reaktionen auf akustische Signale zu ermöglichen.<br />

Diese reichen von einfachen Reflexen (Kopfwendung) über komplexere Aufmerksamkeitsreaktionen<br />

bis hin zu emotionalen Reaktionen. Zu den Bereichen, die mit dem Hörsystem<br />

verbunden sind, gehören die aufmerksamkeitssteuernden Strukturen Locus coerulens und Formatio<br />

reticularis oder das für Gefühle zuständige limbische System, insbesondere den für<br />

Kampf- und Fluchtreaktionen (Stressreaktionen) zuständigen Mandelkern (Amygdala). Die enge<br />

Verbindung des Hörorgans mit den neuronalen Systemen zur Aufmerksamkeits- und Emotionssteuerung<br />

ermöglicht es, schnell und effektiv Flucht- und Verteidigungsreaktionen einzuleiten.<br />

Die damit verbundene Anspannung nennen wir heute Stress.<br />

<strong><strong>Tinnitus</strong>therapierecherche</strong> Seite 6 von 39

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