Auf Salzburg schauen heißt gemeinsam anpacken.« - Salzburger ...
Auf Salzburg schauen heißt gemeinsam anpacken.« - Salzburger ...
Auf Salzburg schauen heißt gemeinsam anpacken.« - Salzburger ...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Fortsetzung von Seite 1<br />
Die Umstände dieser Wahl<br />
sind in der Tat so außergewöhnlich,<br />
dass es zu Erdrutsch-Ergebnissen<br />
und einer Wende<br />
kommen könnte. Das Land steht<br />
im Zentrum eines Justizfalls, Beamte<br />
und hochrangige Politiker werden<br />
von der Polizei und der Korruptionsstaatsanwaltschaft<br />
einvernommen,<br />
und externe Fachleute sind seit Monaten<br />
damit beschäftigt, den „finanziellen<br />
Giftmüllskandal“ (FP-Chef<br />
Schnell) zu entschärfen, den eine<br />
Handvoll Leute angerichtet hat.<br />
Das Machtsystem<br />
Wie konnte es passieren, dass ein<br />
kleines Landesreferat jahrelang Finanzgeschäfte<br />
tätigen konnte, die<br />
blanken Wett- und Spielcharakter<br />
hatten? Was sagt es über die Führungsebene<br />
aus, dass sie genau das<br />
15 / 2.5.2013 LOKALES 3<br />
WOLFGANG BAUER: Anführer der <strong>Salzburg</strong>er „Piraten“,<br />
die laut Umfragen den Einzug in den Landtag<br />
nicht schaffen dürften. Fotos (4): Neumayr<br />
ASTRID RÖSSLER: Die Grüne und Vorsitzende des<br />
Untersuchungsausschusses wird im Falle einer Dreierkoalition<br />
für ein Regierungsmandat gehandelt.<br />
Die Regierungsparteien SPÖ und ÖVP werden<br />
laut Umfragen dramatisch abstürzen, die<br />
kleinen Gruppierungen davon profitieren.<br />
Die herkömmliche Machtpolitik der Parteien<br />
stehe vor dem Ende, meinen Experten.<br />
systematisch vertuschten und die<br />
Öffentlichkeit darüber täuschten?<br />
„Politik und Landesverwaltung<br />
haben sich weit von der eigenen Bevölkerung<br />
entfernt“, urteilt die grüne<br />
Spitzenkandidatin Astrid Rössler.<br />
Zum Machtsystem gehöre auch,<br />
dass man „kritische Geister niedergebügelt<br />
hat.“ Die FPÖ sieht ein<br />
„System der Überheblichkeit und<br />
Verantwortungslosigkeit“, die ÖVP<br />
kritisiert „Desinteresse“ an Detailarbeit<br />
und mangelnde Qualifikation.<br />
Die Abgehobenheit<br />
Zur konstatierten Abgehobenheit<br />
von Politik und Administration<br />
kommt dazu, dass die Zeiten für die<br />
breite Masse deutlich härter werden.<br />
„Am Sonntag wird auch über die<br />
Themen Teuerung, Wohnen und Lebenshaltungskosten<br />
abgestimmt“,<br />
weiß IGF-Chefin Ernestine Depner-<br />
Berger aus Befragungen. SPÖ-Che-<br />
fin Gabi Burgstaller etwa bekommt<br />
bei ihren Hausbesuchen häufig zu<br />
hören, dass Wohnungen in der Stadt<br />
und Grundstücke auf dem Land unleistbar<br />
geworden sind. Bei den<br />
Wahlkampf-Diskussionen müssen<br />
sich die Politiker fragen lassen, warum<br />
sie die Energieindustrie eine zutiefst<br />
abgelehnte Strom-Schneise<br />
durch das Land schneiden lassen?<br />
Warum man auch noch ein Murkraftwerk<br />
durchdrücken muss?<br />
Auch die Verschandelung der Landschaft<br />
durch Zersiedelung und Wild-<br />
KARL SCHNELL: Der langjährige FPÖ-Chef wird<br />
von der SPÖ umworben. Schnell will angeblich aber<br />
mit gar keiner Partei eine Regierung bilden.<br />
wuchs von Konsum- und Gewerbeflächen<br />
wird kritisiert.<br />
Der Publizist Hans Holzinger vom<br />
Robert-Jungk-Institut für Zukunftsfragen<br />
fügt noch die Mobilitätsfrage<br />
dazu. „Das müssen wir anders hinkriegen,<br />
weil das den Zentralraum<br />
sehr belastet.“ Generell müsse die Politik<br />
sich wieder mehr mit Sachfragen<br />
befassen, die Menschen seien „angewidert<br />
vom Hickhack der Parteien“.<br />
Ungeeignete Politiker<br />
Die „real existierenden Politik-Systeme“<br />
(Holzinger) hätten sich in bestimmten<br />
Traditionen und Strukturen<br />
eingerichtet: „Man öffnet sich nur ungern,<br />
hat eigene Beratersysteme und<br />
eine problematische Personalauswahl“,<br />
so Holzinger. In der Diskussion<br />
zum Finanzskandal fehlt dem Gesellschaftswissenschafter<br />
der Punkt,<br />
„dass Geld nicht arbeiten und sich<br />
vermehren kann“. Die öffentlichen<br />
Haushalten bräuchten nicht nur eine<br />
Schuldenbremse, sondern auch „eine<br />
Neujustierung der Steuern, weil alles<br />
Geld, das irgendwo ausgegeben wird,<br />
am Ende durch echte Arbeit hereingebracht<br />
werden muss.“ Insgesamt ist<br />
Holzinger jedoch optimisch: „Diese<br />
Krise wird das politische Leben wieder<br />
lebendiger machen.“<br />
TEAM STRONACH: Der Milliardär hat mit viel Geld<br />
eine neue Partei aus dem Boden gestampft. In Tirol ist<br />
er überraschenderweise jedoch gescheitert.<br />
Diese Wahl ist die Chance für Neues<br />
Finanzskandal: Von Wurstvorräten<br />
und flotten Unterschriften<br />
Die jüngsten Kapriolen in<br />
der Affäre zeigen, wie<br />
banal Politik sein kann.<br />
In der Finanzaffäre geraten nun auch die<br />
Spitzenbeamten in die Kampflinien. SPÖ-<br />
Klubobmann Roland Meisl will, dass Gabi<br />
Burgstaller ein Disziplinarverfahren gegen<br />
Landesamtsdirektor Heinrich Marckhgott<br />
einleitet. Der Hofrat, ÖVP-nahe und CV-Mitglied,<br />
habe sich eine „ungeheuerliche“ Kritik<br />
geleistet, indem Marckhgott öffentlich sagte,<br />
dass „endlich die Justiz und nicht der politisch<br />
besetzte Untersuchungsausschuss über die<br />
Schuld urteilen soll.“ Nicht näher genannte<br />
Politiker hätten „Millionen in den Sand gesetzt“.<br />
Gemeint waren die SP-Ressortchefs<br />
Othmar Raus und David Brenner. Raus fiel im<br />
Untersuchungsausschuss übrigens vor allem<br />
durch Erinnerungslücken und launige Bemerkungen<br />
auf. Laut ihm „legt eher ein Hund einen<br />
Wurstvorrat an, als ein Politiker Rücklagen“.<br />
Skurril auch die Sache mit den angeblich gefälschten<br />
Politiker-Unterschriften. Das Bun-<br />
WALTER BLACH-<br />
FELLNER: Unterschrift<br />
für Rathgeber „flott<br />
und sicher zu Papier gebracht“?<br />
Nein, sagt der<br />
SP-Mann. Foto: Neumayr<br />
deskriminalamt bezeichnet nach wochenlangen<br />
Ermittlungen die von Wohnbau-Landesrat<br />
Walter Blachfellner unterzeichnete Spekulationsvollmacht<br />
für Monika Rathgeber als<br />
echt. Ein von Blachfellner beauftragter Kriminalsachverständiger<br />
kommt bekanntlich<br />
zum gegenteiligen Schluss. Laut BKA sind<br />
aber die „die beiden Unterschriften äußerst<br />
flott und sicher zu Papier gebracht“. Ebenso<br />
flott das Dementi: Blachfellner und SP-Landesgeschäftsführer<br />
Uwe Höfferer gehen weiter<br />
„von einer Fälschung aus, weil viele Dinge<br />
nicht stimmten“.<br />
HANS HOLZINGER, Politikexperte: „Es<br />
kann nur besser werden.“<br />
Die geringe Wahlbeteiligung bei<br />
den Tiroler Landtagswahlen zeugt<br />
von der tiefen Frustration, die bei<br />
den Wählern herrscht. Es ändere<br />
sich „sowieso nichts, egal, wo man<br />
sein Kreuzchen macht“, lautet der<br />
häufig gehörte Satz.<br />
Politikwissenschafter Reinhard<br />
Heinisch spricht im SF-Interview<br />
(auf Seite 5) über diese Phänomene.<br />
Heinisch glaubt, dass bei der <strong>Salzburg</strong>-Wahl<br />
die Opposition und neue<br />
Gruppierungen aufgewertet würden,<br />
und dass die Wähler in Zukunft<br />
mehr Einfluss haben werden als<br />
eben nur das berühmte Kreuzchen-<br />
Votum. Von einem echten Persönlichkeitswahlrecht<br />
ist man aber auch<br />
in <strong>Salzburg</strong> noch meilenweit entfernt.<br />
So ist es nicht einmal möglich,<br />
die Vorzugsstimme für einen Kandidaten<br />
vom Parteivotum zu trennen<br />
(siehe auch Seite 10).<br />
Denkzettelwahl<br />
40 Prozent der Wähler werden sich<br />
laut Meinungsexpertin Depner-Berger<br />
erst in der Wahlzelle entscheiden.<br />
Die Nerven liegen blank. Die<br />
Wahlkämpfer wissen, dass sie diesesmal<br />
wohl einen Denkzettel erhalten<br />
werden, der sich gewaschen hat.<br />
Sonja Wenger