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(PDF) Gutachten Kontopfändung - vzbv

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Einleitung<br />

Vor zwei Jahren hatte der Bundestag die Bundesregierung aufgefordert, die Problematik der<br />

gleichzeitigen Pfändung von Arbeitseinkommen und Kontoguthaben sowie die sich daraus<br />

ergebende Gefahr der Kündigung des Girovertrags gesetzlich zu regeln 1 . Diese wichtige<br />

Frage ist weiter aktuell und soll im folgenden untersucht werden.<br />

Dem Konto des Schuldners kommt eine große Bedeutung zu, denn die Rechtsgeschäfte für<br />

die gewöhnliche Lebensführung werden regelmäßig mittels Lastschrift- und Einzugsermäch-<br />

tigung über das Konto abgewickelt. Die an die Pfändung von Kontoguthaben geknüpfte<br />

Sperrung des Kontos sowie die im weiteren drohende und oftmals ausgesprochene Kündi-<br />

gung 2 der Geschäftsbeziehung 3 durch das Geldinstitut hat für den Schuldner und seine An-<br />

gehörigen schwerwiegende Folgen, die ihre Lebensgestaltung nachhaltig beeinträchtigen.<br />

Aus diesem Grund enthält die Kontenpfändung eine sichtbare Druckfunktion, weil der auf<br />

diese Weise drohende Verlust des Kontos Schuldner und ihre Familienangehörigen motivie-<br />

ren kann, Gläubigerforderungen weit über den rechtlich möglichen Zugriff hinaus entgegen-<br />

zukommen 4 . In einer wachsenden Zahl von Einzelfällen haben Gerichte daraus die Schluss-<br />

folgerung gezogen, dass sich eine solche Pfändung als sittenwidrige Härte darstellen kann 5 .<br />

Die Problematik ist jedoch mit Hilfe des individualisierten Vollstreckungsschutzes nach § 765<br />

a ZPO nicht hinreichend zu bewältigen 6 , weil sich die Kontenpfändung inzwischen als eine<br />

massenhafte und formalisierte Zugriffsform etabliert hat. Im Jahr 1999 wurden allein an die<br />

Berliner Sparkasse 41.000 Kontenpfändungen zugestellt; im ersten Halbjahr des Jahres<br />

2000 waren es bereits 23.000 7 . In der Literatur wird daher der Kontenpfändung inzwischen<br />

ein größerer Umfang als der klassischen Entgeltpfändung zugeschrieben 8 und wegen dieser<br />

Druckfunktion attestiert, dass sich die Kontenpfändung „häufig am Rande des Rechtsmiss-<br />

brauchs“ bewege, so dass der Gesetzgeber hier „in besonderem Maße gefordert“ sei 9 .<br />

Im Folgenden sollen daher zunächst die Struktur der Zwangsvollstreckung nachgezeichnet<br />

und die Möglichkeiten des Schuldners, sich des Zugriffs auf seine finanzielle Lebensgrundla-<br />

1 BT-DS 14/5216 S. 2<br />

2 Die materiellrechtliche Wirksamkeit dieser Kündigungen ist nicht Gegenstand dieser Arbeit; vgl. nur LG Saarbrücken NJW-RR 2001, 418;<br />

Brügmann, Das Recht auf ein Girokonto im System des Verbraucherschutzes gegenüber Banken, 1999, S. 48<br />

3 Die effektive Umsetzung des Rechts auf ein Girokonto ist ebenfalls nicht Gegenstand dieser Arbeit; vgl. dazu Kaiser VuR 2000, 335;<br />

Brügmann, Das Recht auf ein Girokonto im System des Verbraucherschutzes gegenüber Banken, 1999, S. 205 ff.<br />

4 dazu z. B. Fischer RPfl 2002, 163, 164<br />

5 zuletzt LG Berlin ZVI 2003, 364; LG Rostock RPfl 2003, 37; vgl. OLG Nürnberg MDR 2001, 835 = RPfl 2001, 361; LG Essen RPfl 2002,<br />

162 = NJW-RR 2002, 283; vgl. Kohte VuR 2000, 352, 353<br />

6 vgl. nur LG Traunstein RPfl 2003, 309; AG Oranienburg ZVI 2003, 404; LG Frankenthal JurBüro 2000, 439 = VuR 2000, 319<br />

7 Presseerklärung LAG Schuldner- und Insolvenzberatung Berlin e.V. vom 31.08.2000<br />

8 Hofmann RPfl 2001, 113, 114<br />

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