Jahresbericht 2007 - Weisser Ring e.V.
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Rosemarie Berg: Hilfsbereit und einfühlsam<br />
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Ihre Hilfsbereitschaft und ihr soziales Engagement sind sprichwörtlich: Rosemarie Berg,<br />
die im vergangenen Sommer ihr 70. Lebensjahr vollendete, engagiert sich seit zehn Jahren<br />
für Kriminalitätsopfer im WEISSEN RING. Damals hatte sie im Nordkurier gelesen, dass<br />
im Raum Demmin ehrenamtliche Mitarbeiter gesucht werden. Die Aufgabe sprach<br />
Rosemarie Berg an, die als Krankenschwester und Rettungssanitäterin gearbeitet und<br />
mit ihrem Mann sechs Kinder großgezogen hatte. 2001 wurde die neue Außenstelle<br />
Bad Doberan geschaffen, die sie seither sehr engagiert leitet. „Dass sich das Ehrenamt so<br />
ausweiten würde, konnte ich damals noch nicht abschätzen. Aber ich bin zufrieden damit“,<br />
sagt Rosemarie Berg. Und wie zufrieden sie ist, wird deutlich, wenn man sie nach Hobbys<br />
fragt. Da sagt sie spontan: „WR, WR, WR.“ Und erst dann folgen Handarbeiten, Gartenarbeit,<br />
Ostseesteine suchen und klassifizieren. Daneben ist sie auch regelmäßige Blutspenderin,<br />
hat längst die Ehrennadel des Roten Kreuzes in Gold dafür bekommen. Bisher<br />
hat sie 92 mal gespendet.<br />
Zu ihrem Wesen gehört der offene und direkte Umgang mit den Mitmenschen. Dabei<br />
geht sie sehr einfühlsam vor, was auch betroffene Opfer zu schätzen wissen, ebenso wie<br />
ihre ehrenamtlichen Mitstreiter, mit denen sie regelmäßig zusammentrifft, um die aktuelle<br />
und die künftige Arbeit zu besprechen. Ihre Motivation gewinnt Rosemarie Berg auch<br />
aus den halbjährlichen Treffen der Außenstellenleiter in Mecklenburg-Vorpommern und<br />
dem Austausch mit den Kolleginnen und Kollegen. Im vergangenen Jahr standen sie und<br />
ihr Team über 50 Menschen zur Seite. Viele von ihnen waren Opfer von Körperverletzungen<br />
geworden. Andere waren von Stalking und Bedrohung, Diebstahl, sexuellen Übergriffen<br />
und Tötungsdelikten betroffen.<br />
Ein Fall aus ihrer Arbeit berührt sie ganz besonders: Der junge Mann, der am gleichen<br />
Tag zweimal von den gleichen Tätern beraubt wurde. Als sie ihm sein Bargeld abgenommen<br />
hatten, mit dem er die Lebensmittel für die nächsten Tage kaufen wollte, holte der<br />
Hartz IV-Empfänger nach einiger Zeit noch einmal 15 Euro, um einzukaufen. Auch dieses<br />
Geld kassierten die Täter, die ihn beobachtet hatten. Er freute sich riesig, als er von<br />
Rosemarie Berg den Schaden ersetzt und auch noch viele tröstende und aufmunternde<br />
Worte zu hören bekam. Unendlich dankbar dafür informierte er seinen ganzen Ausbildungskurs<br />
über die erhaltene Hilfe.<br />
Schwer lastet ein anderer Fall auf ihr: Ein 33-Jähriger, der gerade ein Programm des Ar-<br />
beitsamtes zur Selbständigkeit absolvierte, kam bei einem Fest dem Opfer eines brutalen<br />
Übergriffs zur Hilfe. Dabei wurde er selbst ganz erheblich verletzt. Auch nach drei Jahren<br />
ist er nicht in der Lage zu arbeiten. Immer wieder fällt er kurzzeitig in die Bewusstlosigkeit.<br />
Opferentschädigung oder Rente als Nothelfer erhält er bisher nicht. Die Verfahren ziehen<br />
sich hin, obwohl die Täter längst verurteilt sind, zu Haftstrafen und auch zur Zahlung von<br />
Schmerzensgeld. Doch dazu sind sie außerstande.<br />
Gewaltopfer haben Anspruch auf schnelle Hilfe<br />
Die wichtigste Hilfe ist eine schnelle Hilfe. Dies gilt insbesondere im Bereich des Opferentschädigungsgesetzes<br />
(OEG), wo Heilbehandlung und ergänzende Leistungen sicherzustellen<br />
sind. Der WEISSE RING fordert im Interesse der Geschädigten, dass die Entscheidungen<br />
kurzfristig ergehen. Im persönlichen Gespräch mit den Entscheidungsträgern in<br />
Politik und Verwaltung und konnten bereits wesentliche Verbesserungen erzielt werden.<br />
So hat die Versorgungsverwaltung Bayern in einem Rundschreiben deutlich gemacht: Es<br />
müsse oberstes Ziel der Versorgungsverwaltung sein, den anspruchsberechtigten Opfern<br />
die gesetzlichen Leistungen umfassend und zügig zukommen zu lassen. Mit einem solchen<br />
vorläufigen Bescheid werde bis zum Erlass des abschließenden Bescheides Rechtssicherheit<br />
geschaffen. Außerdem müsse eine endgültige Entscheidung über den Leistungsanspruch<br />
binnen ein bis zwei Jahren möglich sein.<br />
Auch Niedersachsen hat hinsichtlich der Verfahrensdauer opferfreundliche Lösungen<br />
angeordnet. Nach einem Rundschreiben des Niedersächsischen Landesamts für Soziales,<br />
Jugend und Familie sind die Sachbearbeiter gehalten, mit Hilfe von Zwischenbenachrichtigungen<br />
kontinuierlichen Kontakt zum Antragsteller zu gewährleisten und schnellen<br />
Zugang zu den beantragten Leistungen zu ermöglichen. Ausdrücklich wird darauf hingewiesen,<br />
dass Feststellungen und Beweiswürdigungen der Strafgerichte für das OEG nicht<br />
bindend sind und die Verpflichtung zur eigenen selbstständigen Würdigung des Sachverhalts<br />
besteht. Wörtlich heißt es: „Der Ausgang des Strafverfahrens muss somit grundsätzlich<br />
nicht abgewartet werden, insbesondere in Fällen, in denen offensichtlich eine Gewalttat<br />
vorliegt, wenn auch ggf. der Täter unbekannt ist.“<br />
Übersendet die Staatsanwaltschaft angeforderte Akten nicht, reiche ein schematisches<br />
Abfragen nicht aus. Hier bedürfe es der konkreten Klärung der Hinderungsgründe. So sei<br />
durch telefonische Kontaktaufnahme mit der Staatsanwaltschaft abzustimmen, dass<br />
die Akten bei allernächster Gelegenheit für kurze Zeit übersandt oder auch in der Staatsanwaltschaft<br />
eingesehen werden oder dass die Staatsanwaltschaft einen vorläufigen<br />
Zwischenbericht, der den Stand des Verfahrens wiedergibt, übersendet. Auch ein eventuell<br />
bestehender Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung sei kein Grund,<br />
die Entscheidung nach dem OEG zu verzögern.<br />
Wenn vom Opfer Leistungen beantragt worden sind oder sich entsprechender Bedarf aus<br />
den Akten ergibt, sollen vor Anerkennung des Versorgungsanspruchs Vorbehaltsbescheide<br />
erteilt werden. Zudem soll eine Begutachtung nur dann erfolgen, wenn nicht auf andere<br />
aussagekräftige ärztliche Unterlagen zurückgegriffen werden kann.<br />
Der WEISSE RING begrüßt die neuen Regeln, ebenso ein Faltblatt der niedersächsischen<br />
Versorgungsbehörde, das landesweit von der Polizei an Opfer übergeben wird. Es enthält<br />
einen Kurzantrag, mit dem OEG-Leistungen beantragt werden können. Damit die Opfer<br />
nicht auf die Hilfe warten müssen, finanziert der Verein sie in vielen Fällen vor und bekommt<br />
sie dann von den Leistungsträgern nach Anerkennung der Ansprüche zurück.<br />
O p f e r h i l f e