Jahresbericht 2007 - Weisser Ring e.V.
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Fortschritte für Opferbelange<br />
Der WEISSE RING setzt sich seit langem dafür ein, dass die Rechtsstellung des Opfers im<br />
Jugendstrafverfahren verbessert wird. Er bekämpft den verfehlten Ansatz des Jugendgerichtsgesetzes,<br />
den Opfern in Strafverfahren gegen junge Täter die Schutz- und Mitwirkungsrechte<br />
vorzuenthalten, die sie im Strafverfahren gegen erwachsene Täter haben und<br />
die sie brauchen, um sich gegen ungerechtfertigte Angriffe zur Wehr zu setzen und ihre<br />
legitimen Interessen zu vertreten. Für das Schutzbedürfnis des Opfers eines Gewalt- oder<br />
Sexualdelikts im Strafverfahren macht es schließlich keinen Unterschied, ob der Täter zur<br />
Zeit der Tat 17 oder 21 Jahre alt war.<br />
Im Jahr <strong>2007</strong> kam es mit dem 2. Justizmodernisierungsgesetz zu einem wichtigen Fort-<br />
schritt. Auch im Strafverfahren gegen einen Jugendlichen kann sich das Opfer nunmehr<br />
anders als bisher als Nebenkläger am Verfahren beteiligen und aus einer gesicherten<br />
Rechtsstellung heraus seine Interessen vertreten. Allerdings ist das auf einen sehr engen<br />
Kreis von Fällen beschränkt. Immerhin ist ein erster Schritt getan. Außerdem wurde den<br />
Opfern die Möglichkeit eröffnet, Schmerzensgeld- und Schadensersatzansprüche im<br />
Rahmen des Strafverfahrens gegen Heranwachsende auch dann geltend zu machen, wenn<br />
diese noch nach Jugendstrafrecht behandelt werden. Im Strafverfahren gegen Jugendliche<br />
ist dieses so genannte Adhäsionsverfahren, mit dem das Opfer rascher<br />
und einfacher zu einem Schadensausgleich kommt, bedauerlicherweise<br />
weiterhin ausgeschlossen.<br />
Der WEISSE RING betreut seit vielen Jahren Opfer von Stalking. Aufgrund<br />
der dabei gewonnenen Erfahrungen hat er sich dafür eingesetzt,<br />
diese Form der Kriminalität effektiver zu bekämpfen. Er hat die rechtspolitische<br />
Diskussion vorangetrieben, indem er die an der Technischen<br />
Universität (TU) Darmstadt und am Zentralinstitut für seelische<br />
Gesundheit (ZI) Mannheim durchgeführten wissenschaftlichen Untersuchungen<br />
gefördert hat, die gezeigt haben, welch große Verbreitung<br />
Stalking auch in Deutschland hat und wie tiefgreifend die Auswirkungen<br />
auf die Opfer sein können. Konnten Opfer bisher staatliche Hilfe nur<br />
in Anspruch nehmen, wenn Straftatbestände wie Nötigung oder Körperverletzung<br />
vorlagen, hat sich die Situation nun erheblich verbessert. Im<br />
Jahr <strong>2007</strong> wurde ein Straftatbestand gegen beharrliches Nachstellen in<br />
Kraft gesetzt, der den strafrechtlichen Schutz vor Stalking ausweitet<br />
und das Einschreiten der Polizei erleichtert.<br />
Eine Verbesserung für die Opfer von Kriminalität stellt es schließlich dar, dass die<br />
Justizministerien des Bundes und der Länder ihre Staatsanwaltschaften im Jahr <strong>2007</strong><br />
in den Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren (RiStBV) angewiesen<br />
haben, die Einrichtungen der Opferhilfe bei der Zuweisung von Geldbußen an gemeinnützige<br />
Organisationen angemessen zu berücksichtigen. Die Opferhilfeeinrichtungen,<br />
darunter als größte der WEISSE RING, erhalten auf diese Weise etwas größere Möglichkeiten,<br />
Opfern zu helfen. Freilich bleibt diese Regelung weit hinter den entsprechenden<br />
Zielvorgaben im EU-Rahmenbeschluss über die Stellung des Opfers im Strafverfahren vom<br />
15. März 2001 zurück.<br />
Gespräche mit der Politik – Lobbyarbeit für die Opfer<br />
Obwohl in den Jahren seit Gründung des WEISSEN RINGS zahlreiche Verbesserungen für<br />
die Kriminalitätsopfer erreicht werden konnten, ist der Handlungsbedarf weiterhin groß.<br />
Der WEISSE RING wirbt deshalb in Gesprächen mit der Politik für weitere Reformen und<br />
eine bessere Umsetzung bestehender opferfreundlicher Regelungen. Gesprächspartner<br />
sind nicht zuletzt die zuständigen Ministerinnen und Minister des Bundes und der Länder.<br />
Auch im Jahr <strong>2007</strong> fand eine Reihe solcher Gespräche statt. Themen waren u. a. die Ausweitung<br />
der Regelung über den Opferanwalt auf Staatskosten auf weitere Gruppen<br />
schwerst betroffener Opfer, die Erweiterung des Katalogs der nebenklagefähigen Delikte<br />
und die Verbesserung der Informationsrechte des Opfers.<br />
Der WEISSE RING wertet es als Erfolg, dass inzwischen in zwei Bundesratsinitiativen eine<br />
Erweiterung der Regelung über den staatlich bezahlten Opferanwalt vorgeschlagen wird.<br />
Er appelliert an den Deutschen Bundestag, entsprechend diesen Vorschlägen des Bundesrats<br />
zu beschließen.<br />
In einigen Ländern wie zum Beispiel Hamburg, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-<br />
Holstein ist der WEISSE RING in Überlegungen eingebunden, Stiftungen für Opferhilfe und<br />
Opferschutz nach dem Beispiel von Baden-Württemberg und Niedersachsen zu errichten.<br />
Die Überlegungen waren <strong>2007</strong> noch nicht abgeschlossen.<br />
Lobbyarbeit