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22 W E I H N A C H T S G E S C H I C H T E Des Studenten neue Oma Eine ganz alltägliche Weihnachtsgeschichte Ihr neuer Nachbar war sehr blass, erschrekkend dünn und roch immer nach Zigarette. Ein seltsamer Typ, unhöflich, unordentlich und ganz ohne Rücksichtnahme. Ständig verunreinigt er die Treppe mit seinen groben Stiefeln. Sein Gruß ähnelt mehr einem Knurren als einem menschlichen Laut. So sinnierte die 81jährige Herta B. über den neben ihr Wohnenden und schmückte dabei ihren Weihnachtsbaum. Sorgsam prüfte sie, ob Kugeln und Zierde perfekt angeordnet seien. Mit dem Schmuck war sie zufrieden, nur ihre Einsamkeit zum Fest versetzte ihr einen schmerzhaften Stich. Für Mann und Kinder hatte sie in ihrem Leben als leitende Oberschwester in der Chirurgie keinen Platz gefunden. Sie hatte nur für die Arbeit gelebt, war im Krankenhaus unentbehrlich gewesen. Doch sie war eine pragmatische Frau, wischte die Tränen der Einsamkeit fort und besann sich auf die Weihnachtsrituale. WO WIR WOHNEN • Dezember 2009 Der Gedanke an die Gans heiterte ihre Stimmung auf. Plötzlich wurde sie durch dröhnende Bässe aufgeschreckt. Die Weihnachtskugeln klirrten beständig und sie hatte das Gefühl, im Takt einer schrecklich lauten Musik auf der Couch zu vibrieren. Der Lärm wurde unerträglich, sie schaute raus, hatte schnell den Verursacher ermittelt: Der neue Nachbar! Sie griff zum Telefon und rief die Polizei. Durch ihren Spion beobachtete sie, wie die Beamten mit Fäusten an der Tür des jungen Mannes trommelten, weil der durch die laute Musik offensichtlich die Klingel nicht gehört hatte. Aufgeschreckt, mit wirrem Haar eilte dieser, um die Musik auszumachen. Sie setzte sich wieder, doch ihre Stimmung war dahin. Sie fühlte Unbehagen. Irgendwie hatte sie Verzweiflung in dem Gesicht des Nachbarn wahrgenommen. So etwas entging ihr nicht. Trotz ihrer Einsamkeit hatte sie nie den Blick für andere Menschen verloren. Am nächsten Morgen machte sie sich daran, ihre Festtagsgans zu bereiten. Ein herrliches Tier, frisch geschlachtet und direkt vom Bauernhof. Gegen Mittag, das Tier war gar, vernebelte der Bratenduft ihre Küche. Sie musste lüften. Sie wollte ihr Fenster kippen, als ihr in der Aufregung einfiel, doch lieber ganz aufzumachen. Noch in Gedanken nahm sie plötzlich wahr, dass sie ihr Fenster völlig ausgehebelt hatte, so dass es ihr fast entgegenstürzte. Voller Angst, es könnte aus der Ankerung brechen, hielt sie ihr Fenster mit aller Kraft und schrie laut um Hilfe. Zum Glück hatte sie ihren Wohnungsschlüssel von außen steckenlassen, als sie Kartoffeln herauf geholt hatte. Die Erlösung kam in Gestalt des dürren Studenten. Sanft schob er sie zu Seite und hebelte das Fenster fachmännisch wieder ein. Als sie ihm dankte, hörte sie seinen Magen knurren. Ihr als alten Krankenschwester entgingen die Signale des Hungers nicht und sie hörte sich fragen: „Darf ich Sie zum Essen einladen?“. Er wurde rot und schaute nach unten. Sie sah sein Loch im Pullover. Sie ging in die Offensive. „Sie decken jetzt den Tisch!“, befahl sie und drückte dem Verdutzten das Geschirr in die Hand. Sie schaute um die Ecke und sah, wie er liebevoll die Teller arrangierte mit geschickten, sehr schönen Händen. Zufrieden holte sie die Gans. Sie bat ihn Platz zu nehmen und musste lachen. Zwei völlig Fremde beim gemeinsamen Weihnachtsessen. Während sie vor lauter Genuss nichts sagen mochte, hörte sie ihn leise sprechen. Er studiere Geschichte, sagte er und setzte hinzu, dass ihn die Vergangenheit mehr interessiere als die Menschen der Gegenwart. Sein Leben wäre einsam, im Kinderheim groß geworden habe er sich immer eine liebe Mutter oder eine Oma gewünscht, umsonst! Freunde habe er auch keine. Trost spende ihm nur seine wissenschaftliche Arbeit. Sie war berührt von seiner Ehrlichkeit und von der Erkenntnis, dass auch ganz junge Menschen schon einsam sein können. Sie beschloss, ihn aufzuheitern. Sie straffte sich. Sie wusste, dass sie eine ausgezeichnete Erzählerin war. Sie begann zu sprechen und lieferte dem angehenden Historiker ein lebendiges Bild ihrer Zeitgeschichte und betonte wichtige historische Details, um sein Interesse zu wecken. Das war ihr gelungen, spürte sie, als sie ihn ansah. Er war nicht mehr blass und seine großen grünen Augen hingen gebannt an ihren Lippen, begeistert wie ein Kind. Er weckte in ihr das starke Gefühl, plötzlich einen Enkel zu haben. Sie sagte zu dem Studenten, dass sie ihm eine Oma sein wolle, ihm seinen Pullover flicken möchte und ihm ab und an gern etwas Gutes zu Essen auf den Tisch stellen würde. Er brauchte Fürsorge, das spürte sie und sie brauchte das Gefühl, für jemanden da sein zu können. Sie nahm seine Hand und wartete auf Antwort. Verlegen und unsicher überlegte der junge Mann lange. Sie bemerkte, dass in seinen Augen Tränen schimmerten und ihm die Worte fehlten. Sie fühlte, dass sie ihn gewonnen hatte und dies machte sie glücklich. „Weihnachten ist doch voller Überraschungen!“, rief sie fröhlich aus und begann zu lachen. Er stimmte mit ein. Heike Pohl
40 Jahre DESWOS Die DESWOS (Deutsche Entwicklungshilfe für soziales Wohnungs- und Siedlungswesen) ist die Entwicklungshilfeorganisation der Wohnungswirtschaft. Seit 1969 verwirklicht sie mit Partnern in Entwicklungsländern Hilfsprojekte in Afrika, Asien und Lateinamerika. Dabei wird die DESWOS von den im GdW (Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen) organisierten Wohnungsunternehmen - auch unsere WGG gehört dazu - sowie deren Verbänden zusammen mit Unternehmen anderer Wirtschaftsbereiche und Privatpersonen getragen. In den Projekten werden in organisierter Selbsthilfe schlichte, sichere Wohnunterkünfte gebaut, einfache Infrastrukturen mit Wasserversorgung, Drainagen und Wegnetzen geschaffen, neue Einkommensquellen für Familien erschlossen und Grundbildung wie auch berufliche Bildung gefördert. Seit Beginn der direkten Projektförderung ab 1983 wurden über 300 Hilfsprojekte mit einem Volumen von über 45 Millionen Euro gefördert. Seit Jahren spendet auch die WGG für Hilfsprojekte der DESWOS. In diesem Jahr spendete die Genossenschaft 500 Euro für ein Projekt in Tansania. Tansania gehört seit Jahren zu den Hilfeschwerpunkten. Mit Hilfe von Geldern aus deutschen Wohnungsunternehmen werden Wasserleitungen gelegt, Hilfsprojekte für Kinder und allein erziehende Mütter organisiert oder Mädchenunterkünfte für eine Schule gebaut. M I T G L I E D E R I N F O R M A T I O N v.l. Bau einer Wasserversorgung für das Dorf Luwumbu in Tansania. In Arusha, einer Stadt in Tansania, leben viele unter unzumutbaren sanitären Bedingungen zu hohen Mieten in 10 m² Zimmern. Ein Junge aus Arusha, wo das Projekt Hilfe für Kinder und allein erziehende Mutter läuft. „Ein menschenwürdiges Zuhause, das ist mehr als die eigenen vier Wände. Es ist Geborgenheit, Nachbarschaft, Identität. Etwas, das man nicht zerstört. Etwas, das Frieden stiftet. Die DESWOS zeigt, wie man so etwas auf die Beine stellt.“ Ulrich Wickert, Schirmherr der DESWOS „Wohn- und Lebensverhältnisse, die der Würde des Menschen entsprechen, sind ein soziales Menschenrecht und Grundvoraussetzung für eine nachhaltige und am Menschen orientierte Entwicklung.“ Lutz Freitag, GdW-Präsident R.-Petershagen-Allee 20a Tel: 03834 511302 Laden-Bürozeiten 17489 Greifswald Fax: 03834 511303 www.Die 3umzuege.de Mo.-Fr. 8:00-18:00 Uhr Umzugsvertragspartner der WGG 23 WO WIR WOHNEN • Dezember 2009 Foto: Ultram©PIXELIO.DE
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