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DER<br />

GEiSTERzUG<br />

EiNE ALTERNATiVE<br />

KARNEVALSfEiER<br />

Wer hat nicht schon einmal vom Geisterzug gehört oder ihn vielleicht<br />

sogar gesehen, und doch wissen viele nicht, worum es hierbei geht.<br />

Als Geisterzug bezeichnet man einen alternativen Karnevalszug und eine<br />

politische Demonstration in Köln am Abend des Karnevalssamstag. Häufig<br />

wird er auch als »organisierte Anarchie« bezeichnet. Denn jeder kann sich<br />

spontan anschließen. Die Kostümierung ist individuell oder in Grüppchen<br />

selbst organisiert. Sie soll sich nach dem jeweiligen Motto richten, dabei<br />

jedoch möglichst gespenstig sein. Das Motto ist häufig politisch inspiriert<br />

oder ehrt bekannte Künstler, z. B. Trude Herr. Der Zugweg ändert sich von<br />

Jahr zu Jahr und führt an Orten entlang, die mit dem Thema in Verbindung<br />

stehen. Die Geisterzüge sind aber berühmt dafür, dass nur wenige das<br />

fOTO: WiKiPEDiA / mUTANTE<br />

geplante Ziel erreichen. Das Motto 2009 war »Dr volljöhrije Ähzebär, die<br />

Meddelschich un ander ärm Kirchemüs« und spiegelt die Absicht der Veranstalter<br />

wieder, den Zug zugleich als eine Demonstration gegen Arbeitslosigkeit,<br />

Armut und die Unterdrückung andersdenkender zu sehen.<br />

DiE GEiSTERzÜGE SiND<br />

BERÜHmT DAfÜR, DASS NUR<br />

WENiGE DAS GEPLANTE<br />

ziEL ERREiCHEN.<br />

Der Geisterzug hat nicht nur eine lange, sondern auch sehr wechselhafte<br />

Geschichte: Bis 1823 spielte sich das karnevalistische Treiben mit seinen<br />

Umzügen und Feiern vor allem nachts ab. Gespenstische Kostümierungen<br />

und hässliche Masken waren besonders beliebt. Dann setzte die preußische<br />

Obrigkeit durch, dass der Karneval streng reglementiert wurde<br />

und aus Gründen von Sicherheit und Ordnung nur am Tag stattfand. Die<br />

Offiziellen gestatteten jedoch einen nächtlichen Fackelzug am Samstagabend.<br />

Um 1860 wurde auch dieser Zug schließlich von den Karnevalsgesellschaften<br />

übernommen und als Rekruteneinzug für die Funken<br />

gestaltet. Die bekannte Mundartautorin Lis Böhle erinnert daran in der<br />

dritten Strophe ihres Gedichtes<br />

VUN WiEVERfASSNACH BES äSCHERmETTWOCH<br />

SAmSTAG: GEiSTERzOG UN RUDE fUNKE,<br />

DEm mARiECHE WEED GEWUNKE,<br />

fREmBCHER KUmmE VUN WiCK HER,<br />

mETzOmAACHE fASTELEER.<br />

mASKENBALL UN miNSCHESPiLL,<br />

HAUPSAACH: KARESSEET WEED ViLL.<br />

JEDE GECK fiNGK SiNGE SCHATz,<br />

ALLE TRAPPE SiN BESATz,<br />

AN DER ECK KEiN AUTOS STON:<br />

iCH mUSS zO fOSS NOH KÖLLE GON…<br />

AUS »SCHWATz OP WiESS« KÖLN 1940, S. 102<br />

Während der beiden Weltkriege wurde der Zug verboten. Ab 1954 versuchte<br />

man, den Samstagabendzug mit dem Dreigestirn als Mittelpunkt<br />

wiederaufleben zu lassen, was jedoch scheiterte.<br />

Als im Winter 1990/91 die USA den Irak angriffen, wurde der Straßenkarneval<br />

aus Sicherheits- und Pietätsgründen verboten. Als Reaktion rief<br />

das Kölner Friedensplenum auf Vorschlag von Erich Hermans zu einer<br />

Anti-Golfkriegs-Demo am Rosenmontag auf dem üblichen Rosenmontagszugweg<br />

auf. Die Anhänger des offiziellen Karnevals schlossen sich an.<br />

Diese Mischung wurde einer der schönsten Umzüge der Kölner Geschichte<br />

unter dem Motto »Kamelle statt Bomben«.<br />

24 klaaf Kölsches Brauchtum<br />

Kölsches Brauchtum klaaf 25

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