Die Ruinen der Burg Hartenberg bei Meiningen - leclaire-kunst.de
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JOHANN CHRISTIAN REINHART<br />
1761 Hof - Rom 1847<br />
<strong>Die</strong> <strong>Ruinen</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Burg</strong> <strong>Hartenberg</strong> <strong>bei</strong> <strong>Meiningen</strong><br />
Gouache auf Papier. Um 1784-89.<br />
Rückseitig von alter Hand mit Fe<strong><strong>de</strong>r</strong> bezeichnet: le Vieux Chateau <strong>de</strong> <strong>Hartenberg</strong> / Reinhart, mit Bleistift die<br />
Nummer: 374 und die spätere Bezeichnung eines Besitzers: Karol Hoffmann 1845. 690 x 545 mm<br />
Johann Christian Reinhart studierte von 1782 bis 1784 zunächst unter Adam Friedrich Oeser in Leipzig<br />
und später an <strong><strong>de</strong>r</strong> Dresdner Aka<strong>de</strong>mie zusammen mit Christian Klengel und Conrad Gessner. Im<br />
Frühjahr 1784 unternahm er erste Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen durch Thüringen, das Voigtland und Böhmen. 1786<br />
kam er in die Thüringer Resi<strong>de</strong>nzstadt <strong>Meiningen</strong>, wo er Herzog Georg I. von Sachsen-<strong>Meiningen</strong><br />
kennenlernte, <strong><strong>de</strong>r</strong> sein Land im Sinne <strong>de</strong>s aufgeklärten Absolutismus regierte. Während Reinhart 1784<br />
ein briefliches Angebot, in die <strong>Die</strong>nste <strong>de</strong>s Herzogs zu treten, abgelehnt hatte, entschied er sich nunmehr<br />
zu bleiben, ohne jedoch eine feste Anstellung <strong>bei</strong> Hofe anzunehmen. Reinhart wur<strong>de</strong> mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Ausgestaltung<br />
von Innenräumen beauftragt und schuf Fresken für das fürstliche Schloss. Darüber hinaus<br />
war er vermutlich auch als Zeichenlehrer <strong>de</strong>s Herzogs tätig und soweit dies über die Stan<strong>de</strong>sunterschie<strong>de</strong><br />
hinweg möglich war, entwickelte sich zwischen ihm und <strong>de</strong>m gleichaltrigen Fürsten eine enge<br />
Freundschaft. 1 Bei<strong>de</strong> Männer stan<strong>de</strong>n Friedrich Schiller und somit <strong>de</strong>n I<strong>de</strong>alen <strong>de</strong>s Sturm und Drang nahe<br />
und <strong><strong>de</strong>r</strong> Herzog schätzte die unkonventionelle Art und die ehrlichen Meinungsäußerungen Reinharts.<br />
Im Frühjahr und Sommer <strong>de</strong>s Jahres 1787 unternahmen sie gemeinsam eine Studienreise an <strong>de</strong>n Rhein,<br />
um dort zu zeichnen. 2 <strong>Die</strong> Männer verband auch eine Vorliebe für mittelalterliche <strong>Ruinen</strong>. So ließ<br />
<strong><strong>de</strong>r</strong> Herzog 1784 die <strong>Ruinen</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> südwestlich von <strong>Meiningen</strong> gelegenen <strong>Burg</strong> Henneberg sichern um<br />
dort, im Sinne <strong><strong>de</strong>r</strong> beginnen<strong>de</strong>n Romantik, Feste auszurichten. Reinhart hat die <strong>Ruinen</strong> dieser <strong>Burg</strong><br />
in einem 1786 datierten Aquarell festgehalten. 3<br />
Das Studium <strong><strong>de</strong>r</strong> Landschaft war immer eines <strong><strong>de</strong>r</strong> vordringlichsten Anliegen Reinharts und so<br />
durchstreifte er auch alleine die Umgebung von <strong>Meiningen</strong>. <strong>Die</strong> Zeichnungen <strong>de</strong>s ab 1787 geführten<br />
sogenannten Thüringer Skizzenbuchs 4 geben einen Einblick über seine Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen. Reinhart zeichnete<br />
reine Landschaften, aber auch Dorfansichten, Wassermühlen und immer wie<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Ruinen</strong>, wie zum<br />
Beispiel die Überreste <strong><strong>de</strong>r</strong> Kirche von Grimmenthal o<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Burg</strong> Henneberg.<br />
Auch die vorliegen<strong>de</strong> bildmäßige Gouache stammt aus Reinharts Frühwerk, entstan<strong>de</strong>n vor <strong><strong>de</strong>r</strong> Übersie<strong>de</strong>lung<br />
nach Italien 1789, wo <strong><strong>de</strong>r</strong> Künstler zu einer <strong><strong>de</strong>r</strong> zentralen Figuren <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>utschen Künstlerkolonie<br />
in Rom wer<strong>de</strong>n sollte. <strong>Die</strong> großzügige, sichere Handschrift, die überzeugen<strong>de</strong> Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>gabe <strong>de</strong>s<br />
verfallen<strong>de</strong>n, aus Steinen unterschiedlicher Färbung bestehen<strong>de</strong>n Gemäuers und nicht zuletzt die<br />
rechts unten sitzen<strong>de</strong> Gestalt eines Bauern, belegen überzeugend die alte Zuschreibung an Reinhart.<br />
Das Blatt zeigt die südöstlich von <strong>Meiningen</strong> auf einem Vorhügel <strong>de</strong>s Großen Gleichberges gelegene<br />
<strong>Burg</strong>ruine <strong>Hartenberg</strong> <strong>bei</strong> Römhild. <strong>Die</strong> aus <strong>de</strong>m 11. Jahrhun<strong><strong>de</strong>r</strong>t stammen<strong>de</strong> <strong>Burg</strong>, die 1179 <strong>de</strong>n Grafen<br />
von Henneberg und 1276/78 <strong>de</strong>n Herren von <strong>Hartenberg</strong> gehörte, war eine <strong><strong>de</strong>r</strong> großen Wehrbauten <strong>de</strong>s<br />
südthüringisch-fränkischen Raumes. <strong>Die</strong> <strong>Burg</strong> wur<strong>de</strong> 1465 aufgegeben und 1680 teilweise abgebrochen.<br />
<strong>Die</strong> Ruine hatte wohl gegen En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s 18. Jahrhun<strong><strong>de</strong>r</strong>ts noch eine beträchtliche Größe, heute sind davon<br />
keine Überreste mehr erhalten.<br />
In stilistischer Hinsicht markiert das Blatt einen Wen<strong>de</strong>punkt im Werk <strong>de</strong>s Künstlers. Einerseits steht es<br />
in <strong><strong>de</strong>r</strong> Tradition <strong>de</strong>s 18. Jahrhun<strong><strong>de</strong>r</strong>ts, was beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s in <strong><strong>de</strong>r</strong> Gestaltung <strong>de</strong>s Himmels und <strong><strong>de</strong>r</strong> Wolken, aber<br />
auch in <strong><strong>de</strong>r</strong> Vegetation und <strong><strong>de</strong>r</strong> Staffage spürbar ist. <strong>Die</strong> Vorbil<strong><strong>de</strong>r</strong> Giovanni Battista Piranesis und Charles-<br />
Louis Clérisseaus wirken hier noch nach. An<strong><strong>de</strong>r</strong>erseits weisen das Hell-Dunkel <strong><strong>de</strong>r</strong> Mauern und das genau<br />
beobachtete Spiel <strong>de</strong>s Lichts auf <strong>de</strong>n Steinen schon auf die kommen<strong>de</strong> Freilichtmalerei hin. Vergleichbare<br />
Blätter aus Reinharts Frühwerk sind eine aquarellierte Pinselzeichnung <strong><strong>de</strong>r</strong> Dornburg in Thüringen und eine<br />
Gouache mit einer Ansicht <strong><strong>de</strong>r</strong> Ruine <strong>de</strong>s Hospitals Turnau <strong>bei</strong> Bayreuth aus <strong>de</strong>n Jahren 1783/84. 5<br />
Wir danken Herrn Prof. Dr. Helmut Börsch-Supan für die Bestätigung <strong><strong>de</strong>r</strong> Autorschaft und seine Hilfe<br />
<strong>bei</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Katalogisierung <strong><strong>de</strong>r</strong> Gouache.