Die Ruinen der Burg Hartenberg bei Meiningen - leclaire-kunst.de
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Schwind kannte diesen moralisch höchst brisanten Stoff bereits seit seiner Wiener Zeit. 1826 hatte<br />
Eduard von Bauernfeld das Opernlibretto Der Graf von Gleichen für Franz Schubert verfasst. Bei <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Übergabe an Schubert war <strong><strong>de</strong>r</strong> mit <strong>bei</strong><strong>de</strong>n Künstlern eng befreun<strong>de</strong>te Schwind selbst anwesend. 3<br />
Allerdings wur<strong>de</strong> das Libretto von <strong><strong>de</strong>r</strong> Zensur verboten, noch bevor <strong><strong>de</strong>r</strong> Komponist seine Ar<strong>bei</strong>t richtig<br />
begonnen hatte. Bauernfeld bezog seinen Stoff aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Sage Melechsala, die Johann Karl August Musäus<br />
im fünften Teil seiner Volksmährchen <strong><strong>de</strong>r</strong> Deutschen (1786) erzählt hatte. 4 Der Stoff wur<strong>de</strong> später auch von <strong>de</strong>n<br />
Brü<strong><strong>de</strong>r</strong>n Grimm und Ludwig Bechstein aufgegriffen. 5 Moritz von Schwind beschäftigte sich über Jahrzehnte<br />
hinweg mit <strong>de</strong>m Thema. 1826 entstand seine erste Zeichnung, die die Begrüßung <strong>de</strong>s Grafen<br />
durch seine Ehefrau zeigt, mit <strong><strong>de</strong>r</strong> sarazenischen Prinzessin im Hintergrund. 6 Auf einer Zeichnung von<br />
1833/34, stellte er <strong>de</strong>n Grafen dar, <strong><strong>de</strong>r</strong> seine auf einem Pferd sitzen<strong>de</strong> morgenländische Gemahlin<br />
geleitet. 7 Erst En<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> 1840-er Jahre, nach<strong>de</strong>m er nach München übergesie<strong>de</strong>lt war, rückte das Thema<br />
erneut in <strong>de</strong>n Mittelpunkt seines Interesses. Intensiv bereitete er die Gemäl<strong>de</strong>fassung vor, die dann<br />
erst 1863/64 für die Sammlung <strong>de</strong>s Grafen von Schack fertig gestellt wur<strong>de</strong>. Um die topographische<br />
Situation kennenzulernen, reiste er 1849 nach Erfurt und Gotha, um die Gleichen-<strong>Burg</strong>en und <strong>de</strong>n<br />
Grabstein <strong>de</strong>s Grafen im Erfurter Dom zu besichtigen. 1848/49 entstan<strong>de</strong>n die <strong>bei</strong><strong>de</strong>n Kompositionsentwürfe<br />
mit Detailskizzen und eine Figurenstudie in Dres<strong>de</strong>n und Karlsruhe. 8 In ihnen entwickelte<br />
Schwind bereits die Grundkomposition <strong>de</strong>s späteren Gemäl<strong>de</strong>s, und in <strong>de</strong>n Detailskizzen beschäftigte er<br />
sich mit <strong>de</strong>n Köpfen <strong>de</strong>s Knappen und <strong><strong>de</strong>r</strong> Prinzessin. <strong>Die</strong>se Studien stehen <strong>de</strong>n vorliegen<strong>de</strong>n drei<br />
Zeichnungen stilistisch und motivisch so nahe, dass man auch für unsere Blätter eine Entstehungszeit<br />
um 1848/49 annehmen muss. 9<br />
Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s hervorzuheben ist, dass sich Schwind in <strong>de</strong>m behelmten Knappen mit <strong>de</strong>m markanten<br />
Schnurrbart selbst auf ironische Weise portraitiert hat 10 [Fig. 2].<br />
3 Otto Erich Deutsch, Schubert. A Documentary Biography, S. 545.<br />
4 Eine von Christopn Martin Wieland herausgegebene Musäus-Ausgabe war 1815/16 in Wien neu erschienen und wird<br />
Schwind ebenfalls bekannt gewesen sein.<br />
5 <strong>Die</strong> Brü<strong><strong>de</strong>r</strong> Grimm, Deutsche Sagen, Bd. 2, 1918. – Ludwig Bechstein, Der Sagenschatz und die Sagenkreise <strong>de</strong>s Thüringerlan<strong>de</strong>s, Bd. 3,<br />
1837.<br />
6 Angermuseum, Erfurt, [Inv. Nr. 3477]. Siehe: Kat., Karlsruhe 1996, op. cit., S. 34, Abb. 1.<br />
7 Aka<strong>de</strong>mie <strong><strong>de</strong>r</strong> bil<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Künste, Wien, Kupferstichkabinett [Inv. Nr. 6480]. Siehe: Ausst. Kat., Suche nach <strong>de</strong>m Unendlichen,<br />
Aquarelle und Zeichnungen <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>utschen und österreichischen Romantik aus <strong>de</strong>m Kupferstichkabinett <strong><strong>de</strong>r</strong> Aka<strong>de</strong>mie <strong><strong>de</strong>r</strong> bil<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Künste Wien,<br />
Winckelmann Museum Stendal, u. a., München, London, New York 2001, S. 154 f., Nr. 63, mit Abb.<br />
8 Staatliche Kunstsammlungen Dres<strong>de</strong>n, Kupferstichkabinett [Inv. Nr. 1914-13]. Siehe: Kat., Karlsruhe 1996, op. cit., Nr.<br />
329, mit Abb. – Staatliche Kunsthalle Karlsruhe, Kupferstichkabinett, [Inv. Nr. 1946-1 und 1946-2]. Siehe: Kat., Karlsruhe<br />
1996, op. cit., Nrn. 328 und 330, mit Abb.<br />
9 Der Katalog <strong><strong>de</strong>r</strong> Karlsruher Ausstellung (op. cit.) datiert unsere Zeichnungen nach <strong><strong>de</strong>r</strong> Entstehungszeit <strong>de</strong>s Gemäl<strong>de</strong>s<br />
um 1863.<br />
10 Der alte Ritter neben <strong>de</strong>m beten<strong>de</strong>n <strong>Burg</strong>kaplan auf <strong>de</strong>m Gemäl<strong>de</strong> trägt die Züge <strong>de</strong>s mit <strong>de</strong>m Maler befreun<strong>de</strong>ten<br />
Musikers Franz Lachner.