Jahresbericht 2009 (PDF) - Zentrum für Zeithistorische Forschung ...
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Exporte in westliche Länder zu gewährleisten, da sich die internationale Konkurrenzfähigkeit<br />
der eigenen Produkte mehr und mehr verschlechtert hatte. Aufgrund dieser Entwicklungstendenz<br />
war abzusehen, dass es einer fortexistierenden DDR immer schwerer<br />
gefallen wäre, die <strong>für</strong> den Schuldendienst erforderlichen Devisen zu erwirtschaften.<br />
Diese Probleme und Defizite wurden komprimiert und schonungslos in einer internen<br />
Analyse der Wirtschaftslage angesprochen, die dem neuen SED-Chef Egon Krenz<br />
Ende Oktober 1989 vorlag. Sie kam zu dem Schluss, dass »eine grundsätzliche Änderung<br />
der Wirtschaftspolitik der DDR verbunden mit einer Wirtschaftsreform erforderlich« sei,<br />
wobei vor allem Leistung und Verbrauch wieder in Übereinstimmung gebracht werden<br />
sollten. Angesichts der Höhe der Verschuldung im westlichen Ausland – die von den<br />
Verfassern des Papiers allerdings 2,5 Mal höher beziffert wurde, als sie sich später nach<br />
Offenlegung aller geheimen Außenstände und Reserven erwies – gingen sie jedoch davon<br />
aus, dass »allein ein Stoppen der Verschuldung […] im Jahre 1990 eine Senkung des Lebensstandards<br />
um 23 – 30 Prozent erfordern und die DDR unregierbar machen (würde)«. Um<br />
das zu vermeiden, schlugen sie vor, mit der Bundesrepublik über die erforderlichen Kredite<br />
in Milliardenhöhe zu verhandeln und als Gegenleistung anzubieten, »die heute existierende<br />
Form der Grenze zwischen beiden deutschen Staaten überflüssig zu machen«. Mit<br />
dem Fall der Mauer am 9. November 1989 konnte das jedoch kein Verhandlungsgegenstand<br />
mehr sein. Über Nacht war aus der bis dahin eher »geschlossenen« Volkswirtschaft<br />
eine offene geworden und damit auch der in diesem Analysepapier anvisierten Wirtschaftsreform<br />
der Boden entzogen.<br />
Tatsächlich beschleunigte der Mauerfall den Niedergang der DDR-Ökonomie. Die<br />
letzte SED-Regierung unter Hans Modrow hatte kaum noch Einfluss darauf. In erster Linie<br />
ging die Produktion immer mehr zurück: Die industrielle Erzeugung blieb in tendenziell<br />
zunehmendem Maß hinter der des gleichen Monats des Vorjahres zurück. Die Ursachen<br />
waren vor allem der anhaltende Arbeitskräfterückgang und eine nicht unbeträchtliche<br />
Zahl von Arbeitsniederlegungen, die verschiedenen Engpässe und gestörte Kooperationsbeziehungen<br />
zwischen den Produzenten, ökologisch begründete Produktionseinstellungen<br />
sowie Importprobleme. Eine weitere Ursache <strong>für</strong> den Produktionseinbruch war, dass der<br />
Plan <strong>für</strong> die Kombinate und Betriebe rapide an Steuerungskraft verlor. Dieser Prozess konnte<br />
zwar bereits seit mindestens zehn Jahren beobachtet werden, gewann während des Umbruchs<br />
aber deutlich an Dynamik. Die Betriebe und Kombinate waren immer weniger<br />
bereit, die mit dem Plan und den entsprechenden Verträgen eingegangenen Verpflichtungen<br />
gegenüber anderen Produzenten zu erfüllen, sobald sich <strong>für</strong> sie lukrativere Absatzmöglichkeiten<br />
– beispielsweise gegen Devisen – ergaben. Bereits bestehende oder durch<br />
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